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tor 2000, für Einbringung des Meuchelmörders selbst 6000 Frkn. (Nach den neuesten Nachrichten scheint die Ver- niuthung sich zu begründen, als habe Leu sich selbst entleibt.)
Man schreibt aus Deutz: Ein eigenes Schauspiel setzte den L. Juli unsere Stadt in Bewegung. Auf dem Buchheimer Hofe findet sich nämlich ein ziemlich bösartiger Ziegenbock, der besonders gerne Fremden neckisch nachrennt. Einige Bauernbursche, die sich an der Angst zweier Fräuleins zu weiden gedachten, welche gerade an dem Gute vorbeikamen, knüpften das bgrtige Ungechüm los, und so gab dieses sich bald an die Verfolgung der Stadtmädchen. Diese durch bas Getrappel hinter sich aufmerksam gemacht, schauten sich um und gewahrten das Unthier, welches seine langen Hörner gegen sie richtete, und schürzten sich in Todesangst zur raschen Flucht. Wie weiland Atalanta liefen die Deutzerinnen ihrer Stadt zu, der boshafte Bock lief nicht minder schnell hinten d'rein, die Bursche, welche den Bock zum Scherze losgebunden, wollten nun auch den Entlaufenen einholen und rannten demselben aus Leibeskräften nach, wqdurch Mädchen und Bock noch mehr zur Eile angespornt wurden. Bald polterte die Flucht durch das offene Stadtthor über die Zugbrücke in die Stadl. Die Zollbehörde aber glaubte in der Nennparthie eine listige Schmuggelei zu erblicken, welche die Schlachtsteuer zu defraudiren gedenke, schrie nach der Wache und schloß sich dem Wettrennen an. Wüthender ging nun der Zug durch die Stadt, bei fedem Schritte mehrte sich die Zahl der Nenner, der nun auch Militär nacheilte, bis endlich vor dem Gasthofe zur Landskrone die Haupt- und Vorrenner athemlos anhielten und der Hergang sich zum allgemeinen Gelächter aufklärte.
Der russische General Tolstoi hat in Warschau einen armen Droschkenführer im Zorn nicdergestochen, weil derselbe so unvorsichtig an dem General vorbei fuhr, daß er ihm den Arm ein wenig streifte. Der Unglückliche wollte sein Vergehen wieher gut machen, hielt still und that einen Fußfall vor dem General» indem er um Gnade bat, allein dieser zog racheschnaubend den Degen und gab dem Familienvater den Tod.
Im Courier de l'Äi n vom 26. Juni liest man: „In diesen letzten Tagen hat der Pfarrer von Semur- cn-Brionnais einen sonderbaren Besuch erhalten. Erlas sehr aufmerksam in seinem Brevier, als der Blitz »nt einem schrecklichen Getöse durch den Schornstein in sein Zimmer fallend, das Buch seinen Häirden entriß und erst das Haus verließ, nachdem er alle Ecken und Winkel vorwitzig durchsucht hatte."
Vier Au«ren.
(Schluß.) '
Noch waren die acht Tage nicht verstrichen, da sprengte auf schweißbedecktem Roß der Edelknabe Hugo in den Hof und Frau Carinte eilte ihn zu empfangen. Und als sie im einsamen Closet beisammen waren, ging des Knaben Mund über und er zählte Tag für Tag auf, was sein neuer Herr in Nürnberg getrieben, gesprochen, gethan und unterlassen habe. Die Wittwe aber saugte die Worte vou
des Knaben Lippen, und seine Rede floß wie Honig in ihr Inneres. Da that dieser aber wieder den Mund auf und erzählte von einem großen Bankett, das der Burggraf am fünften Tag gehalten, und wie jeder der Herren und Ritter Abenteuer aus seinem Leben zum Besten gegeben und wie sie zuletzt alle auf den edlen Herrn Albrecht eingestürmt und Jeder auf ein anderes Fräulein gerathen, dem er sein Herz geneigt. „Vfein Herr schwieg indeß," fuhr der Jüngling eifrig fort, „und lächelte zu dem Tumult; als aber zuletzt einer Euren Namen nannte, wurde er plötzlich ungewöhnlich ernst, stand auf, durchmaß einigemal den Saal und sprach also, den Becher hoch hebend: Sie lebe, die Schönste aller Frauen! Da gingen allen die Herzen auf; viele erhoben sich von ihren Stühlen, schüttelten dem edlen Herrn Grafen die Hand und wünschten ihm Glück; denn keiner hegte einen Zweifel, daß die Werbung fehlschlagen könnte. Herr Albrecht sah indeß schmerzlich vor sich nieder, und als sie ihn aufzurichten suchten, da sprach er seufzend: „Liebe Genossen, dem ist nicht also, wenn da nicht wären vier Augen, die auf diese Verbindung herabsähen, möchte Alles gut seyn." ....
Kaum batte aber der Knabe diese Worte gesprochen, so wurde Frau Carinte bleich wie der Tod, sprachlos saß sie auf dem Tabouret und winkte dem Sprechenden, sich alsbald zu entfernen. Und als sie sich nun ohne Zeugen sah, da ließ sie ihren Thränen vollen Lauf, verzweiflungsvoll rang sie die Hände und stöhnte laut: „O me ne unschuldigen Kindlein, warum muß ich Eurer in meinem Stolz gedacht haben! Warum habe ich nicht ermessen die Tiefe jener Leidenschaft, diemein Inneres durch- wühlt!" — so klagte sie Tag und Nacht fort und fand nirgends Ruhe, und als sie vergebens zu Gott und seinen heil. Heerschaaren gefleht — da wandte sie sich im finstern Wahnwitz dem Bösen zu. Am achten Tage aber seit des Edelknaben Rückkehr erhob sich zu früher Stunde ein gräßlich Zettergeschrei im Schloß; man brach die Thüren des Schlafkabinets der Gräfin auf und herein stürzten Zofen und Kammerfrauen. Gestern am Abend hatte harmlos und zum erstenmal wieder heiterer als seither Frau Carinte ihre Kinder zur Rübe gebracht und über Nackt knickte urplötzlich das Schicksal die zwei letzten Blüthen am Orlamündiscken Stamm - todt, ohne Leben lagen die Kinder in ihren Kissen. Als man der Mutter die gräßliche Mähr berichtete, da hatte ihr Schmerz keine Worte, keine Thränen; in starrsinnigem Hinbrüten blieb sie Tage lang versunken, keine Speise erquickte, kein Tropfen Wassers erfrischte sie. Drei Tage waren verflossen, die Kinder schliefen in der kühlen Mutter Erde, da rief sie Hugo, ihren treu ergebenen Edelknaben, und wiederum sandte sie ihn nach Nürnberg an die burggräfliche Hofhaltung, daß er ihr Rechenschaft gebe von dem Thun und Treiben des Grafen Albrecht. „Du siehst meinen Schmerz," schloß sie, „auf, zögere nicht, ihn mit Hellen Farben zu malen und wenn er wieder den Mund öffnet , um von „den vier Augen" zu sprechen, so sage ihm, die schliefen den ewigen Schlaf des Todes."
Der Knabe that wie ihm geheißen, er erreichte die