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Nr. 224

Samstag, de», 25. September 1926.

101. Jahrgang

Stresemanns Bericht über Thoiry.

Tages-Spiegel.

Grundsützliche Zustimmung

des Reichskabinetts.

Freie Bahn für weitere Verhandlungen.

Der amtliche Bericht.

TU Berlin, 25. Srpt. Amtlich wird mitgeteilt: In der gestrigen, unter Vorsitz des Reichskanzlers Dr. Marx abgrhal- tencn Sitzung des Reichskabinetts erstattete der Minister des Aeußcren, Dr Strescmann, Bericht über die Tätigkeit der deut­schen Delegation auf der Völkcrbrmdsversammlnng in Genf. Das Kabinett stimmte der Haltung der deutschen Vertreter zu und sprach dem Reichsministrr Dr. Strescmann, sowie den übrigen Mitgliedern der Delegation für die geleistete Arbeit sei­nen Dank aus.

Anschließend berichtete Dr. Strcseman» über den Inhalt seiner Verhandlungen mit dem französischen Minister des Aeußern, Briand, zur Frage des deutsch-französischen Aus­gleichs. Das Kabinett billigte einstimmig und grundsätzlich diese Verhandlungen, zu deren Wetterführung ein aus den in Betracht kommenden Ressortministern bestehender Ausschuß ge­bildet wurde, der dem Kabinett Bericht erstatten soll.

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An das Referat des Rerchsaußenministers Dr. Stresemann im Reichskabinett schloß sich eine kurze Aussprache an, deren Ergebnis die vorstehend gemeldete einmütig« und grundsätzliche Zustimmung zu den Beratungen von Thoiry war. Der inter­ministerielle Ausschuß, der zur Weiterbehandlung der Angele­genheit eingesetzt worden ist, besteht aus dem Reichsaußen- ministcr, dem Rcichsfinanzminister und dem Reichswirtschafts­minister. Die Reichsregierung ist somit dem Beispiel des fran­zösischen Kabinetts gefolgt, das gleichfalls Einzelverhandlun­gen durch die verschiedenen Ressorts vorgesehen hat. Das fran­zösische Communique wird als ein« grundsätzliche Zustimmung zu den Verhandlungen gewertet, in demselben Sinne, wie sic durch das Reichskabinett erfolgt ist. Die Weiterbehandlung der in Thoiry aufgeworfenen Fragen ist somit au? dem diplomati­sche» Verhandlungsweg verwiesen. Der französische Geschäfts­träger in Berlin ist von dem Beschluß des Reichskabinetts in Kenntnis gesetzt worden. Eine Einberufung des Auswärtigen Ausschusses des Reichstags kommt nach Ansicht der Regierung dann in Frage, wenn die gesamte Delegation aus Genf zurück- gekehrt ist und sich das Ergebnis der Genfer Verhandlungen als

Stellungnahme v. Schuberts

in der Vollversammlung.

TU Genf, 25. Sept. In der gestrigen Vollversammlung wurde die Abrüstungsdebatte zu Ende gebracht.

Als erster Redner erhielt Lord Celil das Wort. Er er­klärte: Zu Beginn seiner Ausführungen müsse er betonen, daß er in der Abrüstungsfrage mit Paul Boncour übereinstimmc. Lord Robert Ceeil stellte mit großer Befriedigung die Fort­schritte fest, die von der Abrüstungskonferenz bis jetzt erzielt wurden. Man habe stets gesagt, daß die Abrüstung eine der wichtigsten Lebensfragen des Völkerbundes sei. In den Ver­einigten Staaten behaupte man sogar, daß es sich hierbei um den Grundstein des Völkerbundes handle. Wir müßten daher in dieser Frage zu einem guten Ende gelangen. Denn solange die Bewaffnung der Welt fortbesiehe, drohe jeden Augenblick ein Angriff. Die Aufrechterhaltung bewaffneter Armeen be­deute eine schwere finanzielle Last für jedes Land und bedrohe außerdem die kulturelle Entwicklung. So lange die Regierun­gen an die Opferwilligkeit der Bevölkerung für eine» Kriegs­fall appellierten und den Krieg als eine Pflicht darstellten, der man sich aus Liebe zu seinem Vaterlands nicht entziehen dürfte, könne man keine Resultate in der Frage der Abrüstung erzie­len. Welches sind nun die Bedingungen für die Abrüstung? Internationale Konferenzen u. vor allem eine Abrüstungskonfe­renz können nur dann auf Erfolg rechnen, wenn die vorberei­tenden Arbeiten intensiv stattfinden können. Deshalb erscheine es ihm falsch, die Konferenz sofort -usammenzurufen. Er er­klärte weiter: Ich war stets Anhänger einer möglichst umfas­senden Vorbereitung. Welcher Grad der Bewaffnung kann nun einer jeden Nation zugestanden werden, damit sie ihre nationa­len Interessen verteidigen kann? Das ist eine politische Frage, die an die Wurzel der Existenz eines jeden Staates greift. Niemand wird leugnen, daß ihre Beantwortung ungeheure Schwierigkeiten bietet. Ich zweifle aber nicht daran, daß sie die Lösung bringt, wenn die Völker verstehen, daß hier eine der wichtigsten Fragen für sie besteht, von denen der Fneden der Welt abhängt. Lord Robert Lecil erklärte werter, ern Mer Delegierter müsse heute sagen können: Meine Regierung ist für die Entwaffnung und ick bin es auch und meine Regierung rst

Gesamtbild überblicken läßt. Die Regierung ist ferner der An­sicht, daß sich die Besetzung der deutschen Delegation durch Par­lamentarier ein Gedanke, der auch in westlichen Ländern ver­wirklicht ist ausgezeichnet bewährt hat. Die Rcichsregierung ist gewillt, diesen Weg bei den künftigen Verhandlungen im Völkerbund weiter zu beschreiten. Die Regierung legt beson­deren Wert auf die Feststellung, daß sich die deutsche Delega­tion Lei allen wichtigen Entscheidungen in Genf stets in voller Einmütigkeit befunden hat.

Keine Belastung Deutschlands über den Dan-csplan hinaus.

TU Berlin» 25. Sept. Das Gerücht von einer angeblichen Zahlung von 8 Milliarden Mark in vier Jahresraten durch das Reich im Zusammenhang mit den deutsch-französischen Abma­chungen ist auf dem Umweg über das Ausland in die deutsche Presse eingcdrungen. Demgegenüber kann erneut betont wer­den, daß nach Ansicht maßgebender Kreise in Berlin eine Bela­stung über die im Dawcsplan vorgesehene Höhe für Deutschland überhaupt nicht in Frage kommt. Umso unverständlicher ist es, wie eine so hohe Summ« von 8 Milliarden Mark überhaupt diskutiert werden kann.

Auch Belgien

mlinschl Verhandlungen mit Deutschland.

TU Brüssel, 25. Sept. Die belgische Regierung steht den deutsch-französischen Verhandlungen nicht ungünstig gegenüber, wünscht aber, daß gleichzeitig auch deutsch-belgische Verhand­lungen geführt werden. In Brüsseler Kreisen spricht man schon von einer bevorstehenden Unterredung Stresemann-Van- dervelde- Die belgischen Blätter betonen in ihren Ausfüh- rugen, daß eventuelle Verträge niemals in englandfeindlichem Sinne abgeschlossen werden dürften.

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Aus dem besetzten Gebiet.

Kein größerer Abtransport französischer Truppen.

TU Mainz, 25. Sept. Wie derMainzer Anzeiger" von zuständiger Seite erfährt, hat ein größerer Abtransport fran­zösischer Truppen aus dem Rhcinlande bisher nicht stattgefun- den und ist zurzeit auch nicht im Gange. Es treffe allerdings zu, daß in letzter Zeit kleine Truppenkontingente, die aber die Zahl 700 nicht erreichten, in französische Garnisonen ab- transporticrt worden seien.

bereit, alle Mittel zu ergreifen, um zu ihr zu gelangen. Ich bin überzeugt, daß die Konferenz mißlingen wird, wenn sich nickst ge­rade dieses Problem vollständig vorbereitet hat. Die zukünftige Abrüstungskonferenz wird von uns viel Mut und viel Klugheit verlangen, aber dazu ist es notwendig, daß die Negierungen die öffentliche Meinung ihrer Länder hinter sich haben.

Hierauf nahm ^

Staatssekretär von Schubert

das Wort zu längeren Ausfichrungen, in denen er etwa fol­gendes sagte: Deutschland habe schon vor seinem Eintritt in den Völkerbund an den Arbeiten des Vorbereitungsausschusses teilgenommen. Die Meinungsverschiedenheiten seien dort nicht geringer gewesen. Deutschland habe stets das allgemeine In­teresse im Auge behalten, die Aufgabe der Abrüstung sei die größtedes Völkerbundes, bei der'en Er­füllung es nicht nur um die eigene Festigung, sondernauchumdasWohldergesamtenMensch- heit gehe. Heute handele es sich nicht uni die anzuwendcn- den Grundsätze, die Paul Boncour .gestern dargelegt habe- lieber das Ziel seien sich gewiß alle einig. Es sei gesagt wor­den, daß selb steine internationale Konventton über die Ver­minderung der Rüstungen schon ein großer Fortschritt wäre, wenn sie sich nur auf die Festlegung des Gegenwartszustan­des beschränke. Auch Deutschland halte das stufen­weise Vorgehen unvermeidlich, sehe aber in der Festlegung des Ge g e n w ar ts z ust a nde s keine wirklichen Fortschrit te. Diese empfindliche Frage verlange zweifellos Rücksichtnahme auf die gegebenen Tatsachen, aber nur eine vollkommene Loyalität und der Wunsch einer gegenseitigen Verständigung, zu dem die gegen­wärtige Versammlung gewählt sei, werde den Weg ebnen kön­nen, der zu dem gemeinsam verfolgten Ideal führe.

Darauf wurde die von der Kommission vorgeschlagene Re­solution in der Frage der Abrüstung angenommen. Die Voll­versammlung verhandelte weiter und genehmigte den Bericht der 5. Kommission über Kinderschuh, der 2. Kommission über den finanziellen Wiederaufbau Oesterreichs und Ungarns und schließlich den Bericht über die Arbeiten der Fiuan-ckommMon.

Das Reichskabinett hat die Ausglcichsverhandlungen mit Frank­reich einstimmig gebilligt.

Der ministerielle Ausschuß für den deutsch-französischen Aus­gleichsplan besteht aus dem Reichskanzler, dem Außen-, dem Wirtschafts- und dem Finanzminister.

Die Rcichsregierung hat dem französischen Ministerpräsidenten ihre grundsätzliche Zustimmung zu weiteren Ausgleichsver Handlungen mitgeteilt.

Die Völkerbundsversammlung nahm nach einer Rede des Staatssekretärs v. Schubert eine Entschließung an, die die Abrüstungskonferenz vor der nächsten Völkerbundssitzung fordert.

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Das Reichskabinett wird in der kommenden Woche die Bestäti­gung des Generaldirektors der ReichsbahngesUlschaft Dr Dorprnüller beschließen.

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In Polen ist gestern abend die erwartete Regierungskrise aus- gebrochen. Man rechnet mit der Gesamtdemmission des Ka­binetts Barthel.

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Primo de Rivera hat in einem Schreiben an Chamberlain und Briand den Vorschlag gemacht, die Tangerkonferenz erst in der zweiten Hälfte des November abzuhalten.

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Nach einer Meldung aus Lissabon hat ein vier Minuten lang wütender Zyklon große Verwüstungen in der Gegend von Santarcm angerichtet. Ganz besonders wurden die Städte Alplar und Almeirim heimgesucht.

Regierungskrise in Polen.

Mißtrauensvotum gegen de« Innen- und den Unterrichts, minister.

TU Warschau, 25. Sept. Wie zu erwarten war, ist die Re­gierungskrise noch am Freitag zum Ausbruch gekommen. Die Rechtsparteien haben cs vorgezogen, einem Kampfe mit Pil- sudsky selbst aus dem Wege zu gehen und haben ihren Vorstoß gegen den Minister des Innern, Mlogzianowski und Unterrichts­minister Suikowski gerichtet. Zum Schluß der Sejmsitzung wur­den zwei Mißtrauensanträge gegen diese beiden Minister ein­gebracht, die mit 176 gegen 82, bezw. mit 158 gegen 82 Stim­men angenommen wurden. Darauf wurde die Sejmsitzung ver­tagt. Die beiden Minister reichten sofort ihr Rücktrittsgesuch ein. Das Kabinett trat gegen halb 12 Uhr zu einer Sitzung zusammen. Es wird allgemein angenommen, daß sich das Ka- binet mit den beiden Ministern solidarisch erklären und dem Präsidenten der Republik das Rücktrittsgesuch des Gesamtmini­steriums überreichen wird.

Wie dieVossische Zeitung" meldet, erklärte Ministerpräsi­dent Barthel nach der Annahme des Mißtrauensvotums gegen den Innen- und den Unterrichtsministcr, er werde dem Staats­präsidenten die Demission des Kabinetts überreichen. In Par- lamenskreisen nimmt man an, daß die Demission angenommen und Barthel wiederum mit der Kabinettsbildung beauftragt werden wird. Man nchnet damit, daß der Präsident möglicher­weise am Sonnabend das Parlament auslösen wird, sodaß eine längere parlamentslose Periode einsetzen würde. Wie weiter gemeldet wird, kehrt Pilsubski am heutigen Samstag nach Warschau zurück.

Poineares Sparpolitik.

Protest französischer Bürgermeister gegen di« Ersparnis- Maßnahmen Poineares.

TU Paris, 25. Sept. 160 sranzösisch« Bürgermeister haben geschlossen gegen die Eiuschränkungsmaßnahmen Poineares auf dem Verwaltungsgebiet protestiert. Auf ihren Versuch, am Frei­tag nachmittag bei Poincare vorzusprechen, ließ Poincare ihnen erklären, daß er nur diejenigen Bürgermeister empfangen würde, die Parlamentarier seien, worauf diese zu ihrem Delegierten den Abg. Falcoz wählten. Falcoz lehnte es jedoch ab, nur mit einer Abordnung von Parlamentariern bei Poincare vorzuspre- chrn. Poincare erklärte, daß er es nicht dulden könne, daß die Bürgermeister gegen die Gesamtheit der Regierungsbeschlüsse protestierten, daß er aber bereit sei, die Bürgermeister derjeni­gen Gemeinden zu empfangen, deren Lage eine besondere sei. und daß er sie schriftlich verständigen werdc, wann er sie empfangen wolle. Einge Senatoren und Abgeordnete unter den Bürger­meistern werden versuchen, bei Poincare nochmals vorzuspre­chen. Unter Len Persönlichkeiten, die gegen die Maßnahmen der Regierung protestierten, befindet sich auch der chemalige Präst. dent der Revubkik Loubet.

Deutschland und Las Abrirstungsproblem.