Die Ostervakanz
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haben
Wie ich in die Ostervakanz gefahren bin. hat die Tante Fanny gesagt: „Vielleicht kommen wir zn Besuch zu deiner Mutter. Sie hat uns so dringend eingeladen, daß wir sie nicht beleidigen dürfen."
Und Onkel Pepi sagte, er weiß es nicht, ob es geht, weil er so viel Arbeit hat. aber er sieht es ein. daß er . ^ den Besuch nicht
» *—-> mehr hinausschieben / >- darf. Ich iragte ihn,
^ ob er nicht lieber im
' Sommer kommen
will, jetzt ist cs noch so kalt, und man weiß nicht, ob es nicht ans einmal schneit. Aber die Tante sagte: „Nein, deine Mutter muß böse werden, wir haben es schon so oft versprochen." Ich weiß aber schon, warum sie kommen wollen; weil wir auf Ostern das Geräucherte haben und Eier und Kaffeekuchen, und Onkel Pepi ißt so furchtbar viel. Daheim darf er nicht so, weil Tante Fanny gleich sagt, ob er nicht an sein Kind denkt.
Sie haben mich an den Postomnibus begleitet, und Onkel Pepi hat freundlich getan und hat gesagt, es ist auch aut für mich, wenn er kommt, daß er den Aufruhr beschwichtigen kann über mein Zeugnis.
Es ist wahr, daß es furchtbar schlecht gewesen ist, aber ich finde schon etwas zum Ausreden. Dazu brauche ich ihn nicht.
Ich habe mich geärgert, daß sie mich begleitet haben, weil ich mir Zigarren kaufen wollte für die Heimreise, und jetzt konnte ich nicht. Der Fritz war aber im Omnibus und hat zu mir gesagt, daß er genug hat, und wenn es nicht reicht, können wir im Bahnhof in Mühldorf noch Zigarren kaufen.«
Im Omnibus haben wir nicht rauchen dürren, weil der Oberamtsrichter Zirngiebl mit »einem Heinrich darin war. und wir h gewußt, daß er ein Freund vom Rektor lst und ihm alles ver- schuftet. Der Heinrich §
hat ihm gleich gesagt,/^ wer wir sind. Er hat^' es ihm in das Ohr gewispert, und ich habe gehört, wie er bei meinem Namen gesagt hat: „Er ist der Letzte in unserer Klasse und hat in der Religion auch einen Vierer."
Da hät mich der Oberamtsrichter angeschaut, als wenn ich aus einer Menagerie bin, und »uf einmal hat er zu mir und zum Fritz gesagt:
,,Nun„ ihr Jungens. gibt mir einmal eure Zeugnisse, daß ich sie mit dem Heinrich dem seinlgen vergleichen kann!"
Ich sagte, daß ich es im Koffer habe, und er liegt auf dem Dache vom Omnibus. Da hat er gelacht und hat gesagt, er kennt das schon. Ein gutes Zeugnis hat man immer in der Tasche. Alle Leute im Omnibus haben gelacht, und ich und der Fritz haben uns furchtbar geärgert, bis wir in Mühldorf ausgestiegen sind.
Der Fritz sagte, es reut ihn, daß er nicht gesagt hat, bloß die Handwerksburfchen müssen dem Gendarm ihr Zeugnis hergeben, aber es war schon zu spät. Wir haben im Bahnhof Bier getrunken, da sind wir wieder lustig geworden und sind in die Eisenbahn eingestiegen.
Wir haben vom Kondukteur ein Rauchkupee verlangt und sind in eines gekommen, wo schon Leute darin waren. Ein dicker Mann ist am Fenster gesessen, an seiner Uhrkette war ein großes silbernes Pferd.
Wenn er gehustet hat, ist das Pferd auf seinem Bauch getanzt und hat gescheppert. Auf der andern Bank ist ein kleiner Mann gesessen mit einer Brille, und er hat immer zu dem Dicken gesagt Herr Landrat, und der Dicke hat zu ihm gesagt Herr Lehrer. Wir haben es aber auch so gemerkt, daß er ein Lehrer ist, weil er seine Haare nicht geschnitten gehabt at. Wie der Zug efahren ist, hat der Fritz eine Zigarre angezündet und den Rauch auf die Decke geblasen, und ich habe es auch so gemacht. Eine Frau ist neben mir gewesen, die ist* weggerückt, und hat mich angeschaut, und in der anderen Abteilung sind die Leute . ^ aufgestanden und ha-
1 ben herübergeschaut.
Wir haben uns .. n k „ furchtbar gefreut, daß
sie alle so erstaunt sind, und der Fritz hat recht laut gesagt, er muß sich von dieser Zigarre fnnf Kisten bestellen, weil sie so gut ist.
Da sagte der dicke Mann: „Bravo, so
wachst die Jugend her", und der Lehrer sagte:
„Es ist kein Wunder, was man lesen muß, wenn man die verrohte Jugend sieht."
Wir haben getan, als wenn es uns nichts angeht, und die Frau ist immer weitergerückt, weil ich so viel ausgespuckt habe. Der Lehrer hat so giftig geschaut, daß wir uns haben ärgern müssen, und der Fritz sagte, ob ich weiß, woher es kommt, daß die Schüler in der ersten Lateinklasse so schlechte Fortschritte machen, und er glaubt, daß die Volksschulen immer schlechter werden. Da hat der Lehrer furchtbar ehustet, und der Dicke hat gesagt, ob es heute
Der Lehrer sagte, man darf es nicht mehr anwenden wegen der falschen Humanität, und weil man gestraft wirb, wenn man einen bloß ein bißchen auf den Kopf haut.
Alle Leute im Wagen haben gebrummt: „Das ist wahr", und die Frau neben mir hat gesagt, daß die Eltern dankbar sein müssen, wenn man solchen Burschen ihr Sitzleder verhaut. Und da haben wieder alle gebrummt, und ein großer Mann in der anderen Abteilung ist ausgestanden und hat mit einem tiefen Baß gesagt: „Leider, leider gibt es keine vernünftigen Eltern mehr."
Der Fritz hat sich gar nichts daraus gemacht und har mich mit dem Fuß gestoßen, baß ich auch lustig sein soll. Er hat einen blauen Zwicker aus der Tasche genommen und hat ihn aufgesetzt und hat alle Leute angeschaut und hat Rauch durch die Nase gehen lassen.
Bei der nächsten Station haben wir uns Bier gekauft und wir haben es schnell aus- gctrunken. Dann haben wir die Gläser zum Fenster hinausgeschmissen, ob wir vielleicht einen Bahnwärter treffen.
Da schrie der große Mann: „Diese Burschen muß man züchtigen", und der Lehrer schrie: „Ruhe, sonst bekommt ihr ein paar Ohrfeigen!" Der Fritz sagte:
„Sie können's schon probieren, wenn Sie eine Schneid haben."
Da hat sich der Lehrer nicht getraut, und er hat gesagt: „Man darf keinen mehr an den Kopf hauen, sonst wird man selbst gestraft." Und der strotze Mann sagte: „Lasten Sie es gehen, ich werde diese Burschen
schon kriegen." Er hat das Fenster aufgemacht unst hat gebrüllt: „Konduktor, Konduktör!"
Der Zug hat gerade gehalten, und der Kondukteur ist gelaufen, als wenn es brennt. Er fragte, was es gibt, und der große Mann sagte: „Die Burichen haben Biergläser zum Fenster hinausgeworfen. Sie müssen arretiert werden."
Aber der Kondukteur war zornig, weil er gemeint hat, es ist ein Unglück geschehen, und es war gar nichts.
Er sagte zu dem Mann: „Deswegen brauchen Sie doch keinen solchen Spektakel zu machen." Und zu uns hat er gesagt: „Sie dürfen es nicht tun, meine Herren." Das hat mich gefreut, und ich faßte: „Entschuldigen Sie, Herr Oberkondukteur, wir haben nicht gewußt, wo wir die Biergläser hinstellen müssen, aber schmeißen jetzt kein Glas mehr hinaus." Der Fritz fragte ihn, ob er eine Zigarre will, aber er sagte, nein, weil er keine so starken raucht.
Dann ist er wieder gegangen, und der große Mann hat sich hingesetzt und hat gesagt, er glaubt, der Kondukteur ist ein Preuße. Alle Leute haben wieder gebrummt, und der Lehrer sagte immer: ,Lerr Landrat., ich muß mich furchtbar zurückhalten, aber man darf keinen mehr auf den Kopf hauen." Wir sind weiter gefahren, und bei der nächsten Station haben wir uns wieder ein Bier gekauft. Wie ich es ausgetrunken habe, ist mir ganz schwindlig geworden, und es hat sich alles zu drehen angefangen. Ich habe den Kopf zum Fenster hinausgehalten, ob es nicht bester wird. Aber es ist mir nicht bester geworden, und ich habe mich stark zusammengenommen, weil ich glaubte, die Leute meinen sonst, ich kann das Rauchen nicht vertragen.
Es hat nichts mehr geholfen, und da habe ich geschwind meinen Hut genommen.
Die Frau ist aufgesprungen und hat Serien, und alle Leute sind aufgestanden, und er Lehrer sagte: „Da haben wir es." Und der große Mann sagte in der anderen Abteilung: „Das sind die Burschen, aus denen man die Anarchisten macht."
Mir ist alles gleich gewesen, weil mir so schlecht war.
Ich dachte, wenn ich wieder gesund werde, will ich nie mehr Zigarren rauchen und immer folgen und meiner lieben Mutter keinen Verdruß mehr machen. Ich dachte, wieviel schöner möchte es sein, wenn es mir jetzt nicht schlecht wäre, und ich hätte ein gutes Zeugnis in der Tasche, als daß ich jetzt den Hut in der Hand habe, wo ich mich hineingebrochen habe.
Fritz sagte, er glaubt, daß mir von einer Wurst schlecht geworden ist.
Er wollte mir helfen, daß die Leute glauben, ich bin ein Gewohnheitsraucher.
Aber es war nicht recht, daß er gelogen hat. Ich war auf einmal ein braver Sohn und hatte einen Abscheu gegen die Lüge.
Ich versprach dem neben Gott, daß ich keine Sünde nicht mehr tun wollte, wenn er mich wieder gesund werden läßt.
Die Frau neben mir hat nicht gewußt, daß ich mich bessern will, und sie hat immer
eschrien, wie lange sie den Gestank noch aus- alten muß.
Da hat der Fritz den Hut genommen und
__ _ __ _ hat ihn zum Fenster hinausgehalten und hat
ein Mittel mehr gibt für freche Lausbuben.' ihn ausgeleert. Es ist aber viel auf das Tritt
brett gefallen, daß es geplatscht hat, und wie der Zug in der Station gehalten hat. ist der Expeditor hergelaufen und hat geschrien: „Wer ist die Sau gewesen? Hergottsakrament. Kondukteur, was ist das für ein Saustall?" Alle Leute sind an die Fenster gestürzt und haben hinausgeschaut, wo das schmutzige Trittbrett gewesen ist. Und der Kondukteur ist gekommen und hat es angeschaut und hat gebrüllt: „Wer war die Sau?" Der große Herr sagte Zu ihm:
„Es ist der nämliche, der mit den Bierflaschen schmeißt und Sie haben es ihm erlaubt."
„Was ist das mit den Bierflaschen?" fragte der Expeditor.
„Sie sind ein gemeiner Mensch", sagte der Kondukteur, „wenn Sie sagen, daß ich es erlaubt habe, daß er mit Bierflaschen schmeißt."
„Was bin ich?" fragte der große Herr.
„Sie sind ein gemeiner Lügner", sagte der Kondukteur, „ich habe es nicht erlaubt."
„Tun Sie nicht so schimpfen", sagte der Expeditor, „wir müssen es mit Ruhe abmachen."
Alle Leute im Wagen haben durcheinander geschrien. daß wir-solche Lausbuben sind, und daß^man uns arretieren muß. Am lautesten hat der Lehrer gebrüllt, und er hat immer gesagt, er ist selbst ein Schulmann. Ich habe nichts sagen können, weil mir so schlecht war, aber der Fritz hat für mich geredet, und er hat den Expeditor gefragt, ob man arretiert werden muß, wenn' man auf einem Bahnhof eine giftige Wurst kriegt. Zuletzt hat der Expeditor gesagt, daß ich nicht arretiert werde, aber, daß das Trittbrett gereinigt wird, und ich muß es bezahlen. Es kostet eine Mark.
In Eudorf ist der Fritz ausgestiegen, und dann ist meine Station gekommen.
Meine Mutter und Aennchen waren aus dem Bahnhof und haben mich erwartet.
Da war ich froh, daß es schon Nacht war. weil man nicht gesehen hat. wie ich blaß bin. Meine Mutter hat mir einen Kuß gegeben und hat mich gleich gefragt: „Nach was riechst du, Ludwig?" Und Aennchen fragte: „Wo hast du deinen Hut. Ludwig?" Da habe ich gedacht, wie traurig sie sein möchten, wenn ich ihnen die Wahrheit sage, und ich habe gesagt, daß ich in Mühldorf eine giftige Wurst gegessen habe, und daß ich froh bin. wenn ich einen Kamillentee kriege.
Unsere alte Köchin Therese ist hergelaufen, und wie sie mich, gesehen hat. hat sie ausge-
Es wird wieder schön!
Ach sch die Sonne ist wieLer La! Es wir- wieLer' schön! Anü Lie Welt wir- wieLer lang! Oie Sonn» ist wieLer La! Es wir- Frühling!
UnL wir wollen es wie Ler Frühling üraußen« machen unL aufräumen mit Len Erinnerungen -es Winters unL sie mit neuem Leben un- mit neuer! ZugenL überblühen! ,
Es soll «Ostern werLen! Es ist Zeit, enLlich, -aß es Ostern wirL! - -
Horch, Lie Glocken, mein Zunge! Ommer lauter; unL lauter unL Heller unL liegenLer: Frühling un- . . Ostern!
Ostern, mein Zunge! An- Frühling! verstehst Lu, was Las heißt?! - Ostern!
Sieh, Las ist Lie Welt, hier vor uns, Lag Tal, Lie Wiesen . . . alles wieLer grün unL in Knospen - - -er Fluß, zur Ebene hin, Lie StaLt, Lie Villen an Len Hängen hinauf . . . unL Lrüben Lie Hohen, mit ihren Straßen über Lie Berge . . . unL Lie Menschen . . . Lie Menschen unten!
Guck, nur Lie Lie Glocken läuten, sinL wach, Lie an» Lern liegen noch unL schlafen, anstatt auf zu sein in Glauben unL FreuLe unL Ler Sonne entgegenzuwachen, Lie ihnen Frühling unL Ostern bringt!
Läsar blaisclileil
rufen: „Jesus Maria, wie schaut unser Bub aus? Das kommt davon, weil Sie ihn so viel studieren lassen. Frau Oberförster."
Meine Mutter sagte, daß ich etwas Unrechtes gegessen habe, und sie soll mir schnell einen Tee machen.
Unser Bürschel ist immer an mir hinaufgesprungen und hat mich abschlecken gewollt. Und alle haben sich gefreut, daß ich da bin. Es ist mir ganz weich geworden, und wie mich meine liebe Mutter gefragt hat, ob ich brav gewesen bin. habe ich gesagt ja. aber ich will noch viel braver werden ' Ich sagte, wie ich die giftige Wurst drunten hatte, ist mir eingefallen, daß ich vielleicht sterben mutz, und daß die Leute meinen, es ist nicht schade darum. Da habe ich mir vorgenommen. daß ich jetzt anders werde. Aennchen schaute.mich an und sagte: „Du ast gewiß ein furchtbar schlechtes Zeugnis eimgebracht. Ludwig?"
Aber meine Mutter hat ihr verboten, daß sie mich ausspottet, und sie sagte: „Du sollst nicht so reden, Aennchen, wenn er doch krank war und sich vorgenommen hat. ein neues Leben zu beginnen. Er wird es schon halten und mir viel Freude machen." Da habe ich weinen müssen, und die alte Theres hat es auch gehört, daß ich vor meinem Tod solche Vorsätze genommen habe. Sie hat furchtbar laut geweint.
Da bin ich ins Bett gegangen, und es war so schön, wie ich darin gelegen bin. Meine Mutier hat noch bei der Türe hereingeleuchtet und hat gesagt: „Erhole dich recht gut, Kind." Ich bin noch lange aufgewesen und habe dacht, wie ich jetzt brav sein werde.
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Das Osterwasser heilt de« Müden
Von HeiuL Ltexuveit
Sie litt an Schmerzen und wußte nicht, wie sie gekommen. Vielleicht spar der Winter zu hart gewesen, da mußte sie viel Reisig über den Kamm schleppen bis zur Hütte auf dem Lauterer Graseck. Das hatte Mühe gekostet und Anstrengung, der Thomas konnte ihr nimmer helfen, weil er tagtäglich hinunter mußte zum Werk, zur Sägemühle, der Pflichten wegen und dem Brot zuliebe. Heute war's nun zu arg mit dem Hüftweh und der Pein an den Füßen: legen mußte sie sich, die Hedwig vom Lauterer Graseck, und ihre Kindlein, drei an der Zahl, liefen hinunter zur Holzmüble, dem Vater alles zu melden. Der kam bald, keuchend und voll Not: „Was hast bloß, Hedi? Kann ich dir helfen im Schmerz?
Den Doktor holen aus der Stadt? Oder ein Pulver aus der Apotheken weither? Sag's, ich lauf gern, so lang du willst . . ." Sie winkte ab, müd und doch nicht sonder Zutrauen zum Leben:
„Weh tut's in der Hüften, aber 's ist nit schlimm, Thomas. Eins nur brauch ich: Osterwasser, daß düs weißt."
„Bist abergläubisch.
Hedi -"
„Geh': Nach des Winters Plag und Ach - hol's Osterwasser aus dem Bach!"
Sie wollte es so.
Unnachgiebig wie alle die Leut von der hohen Senn. Gut war's gemeint, dies Hartnäckige,
und auch der Thomas mutzte willfahren: „Also Osterwaster, richtig und heilig? Sollst's haben, Hedi, akkurat so. wie's im alten Buch steht, das im Schapp liegt vom Großvater her."
Wer glaubte noch zum Frühling ans heilige Osterwaster? Die Welt war allenthalben überschlau geworden und unheilig vor den höheren Dingen.
Um die Mitternacht stieg Thomas, das älteste Töchterchen an der Hand, zum Grat hinauf, wo ein Wald wuchs, duftig wie alles Wachsende zur lenzlichen Stunde. Wie rochen die bemoosten Rinden nach gärendem Wein! Wie rieselte es fruchtbar durch Gräser und Büsche! Wie bauten die Himmelsvögel ihre Nester, wie rief sich das Wild neue Lockung zu!
In alten Bauernbüchern, der Großvater hatte solch eines Übermacht, stand zu lesen: Am Wendentag in der Pfefferleinsfrühe soll man am Bach vor Sonnenaufgang das Wasser schöpfen. Die Quelle muß gegen Morgen liegen, und den Becher hat eines schuldlosen Kindes Hand zu tragen.
Zehn
Thomas fanL eine Ouelle
Herrgott, wie lange war's schon her, daß die Menschen noch so gläubig, so voll liebevoller Einfalt lebten! Und die Hedwig, die geplagte, wollte es immer noch wahr haben. Welche Kräfte schrieb man dem Osterwaster der Frühjahrsbäche zu: es erquicke die Siechen, heile die Müden, mache schön; es erfrische jeden, der sich beklommen fühlt vom Winter . . .
Thomas fand eine Quelle, und das Kin> hielt den Becher. Er füllte viele Flaschen.
Wie freute sich Hedwig, die blasse. Sie trank, was sie begehrt hatte, schlief Vieh nach zwei, Tagen waren die Schmerzen weniger gewor» den, dasschmale Gesicht konnte lächeln.
Tage gingen vorbei, da stand die Frau auf aus dem Bett, zum erstenmal — und ein Herr aus der Stadt kam. der den Glauben vom Osterwaster kaum billigen wollte: „Da» ist ein ganz natürlicher Vorgang, liebe Leut. Das ist kein göttliche- Wunder, bewahre."
„Was Sie sagen. Herr -?"
„Je nun, um die Osterzeit gärt die ganz, Natur, die Erde entwickelt heilsame Salze und Säuren, auch Jod > und Eisen treibt in den Wasseradern, nein liebe Leute, meidet den Abewlauben, die Wissenschaft hat für alles eine Erklärung —I"
Und er ging. Dock Hedwig umarmte ihren Mann: „Laß ihn. Weisheit hin, Stadtleu? her: frag den Herrn, wer die Salze und Säu- ren, das Jod und das Eisen, den Frühlim und alles andere in die Natur zauberte? Schau, die Antwort wird er schuldig bleiben. Nein, die Menschen sind undankbar geworder» und die aus der Stadt ganz besonders. Sii. haben die freiwilligen Segnungen Gottes schon lange dem Schöpfer zur selbstverständ lichen Pflicht gemacht. Das Brot wächst auf den Feldern, die Sonne wärmt uns jede, Sommer, das Osterwaster heilt den Müden alleweil im Lenz zur fruchtbaren Frist. Die Wissenschaft, wie sie's heißen, nimmt aber alles wie eine natürliche Regel hin; Wunder soll'» unscreinem geben, solange wir ans Wmr- derbare glauben. Der größte Gelehrte ist nur ein kleiner Angestellter vom lieben Gott."
Thomas war nun zufrieden. Seine Hedwig genas, das schien die Hauptsache. Und da§ Osterwaster soll gesegnet bleiben; denn wer hat seine Quellen' geschaffen? War's nicht derselbe, der den Menschen ihre Gelehrsamkeit gab?