Kapitän White hatte sich jung verhcirathct, zuletzt bei Waterloo gesockten und dann, bis England seine Söhne auf? Neue zum Kampfe rufen würte, an der Seite seines Weibes das väterliche Erbe bezogen, hier den Künsten und Wissenschaften, dem Genüsse heiterer Geselligkeit und der Ausbildung seiner Tochter zu lebe». In ungestörter Ein­tracht gieng Tag um Tag vorüber, und i» ihrem acht­zehnten Jahre war Marie ein eben so schönes als gutes Mädchen, der Stolz und die F>ende ihrer Eltern. Whi- tes Charakter hatte früher den Makel mafioser, an Jäh­zorn streifender Reizbarkeit gehabt. Nichts weniger als Zänker, brauste er wild auf und handelte schnell, wenn er von denen sich getauscht glaubte, denen er seine Freund­schaft, sein Vertrauen geschenkt, und für die leiseste Ver­letzung seiner Ehre war er krankhaft empfindlich. Aber der wunderbare Wechsel, welchen ein liebenswürdiges und geliebtes Weib in dem Gatten ihrer Wahl ! ervorzubringen vermag, hatte sich auch an ihm bethatigt. Seit seiner Verbindung mit Fanny Morgan war sei» Jähzorn sicht­bar e.iiwiebcn, sein rei bares Eemüth sanfter, sein innerer Mensch harmonischer geworden, und schlummerte auch noch die Fcuennasse in seiner Brust, so brach sic doch nicht län­ger in wilden Blitzen hervor.

Wo Rosen blühen und Lilien schwanken, sagt ein englisches Spruchwort, fliegen Bienen zu. So konnten einem Matchen, wie Marie, in einem gastfreien Hause, wie das Whitesche, in einer lebendigen Nachbarschaft, wie die dortige, die Freier nicht fehlen. Ein ältlicher Baronct bot seine Krone, ein bejahrter Ritter wünschte die schöne Marie zur dritten Gemahlin, und einige junge Kauflcute warben um die reiche Erbin Gegen Alle bewies Marie sich gleichgültig, nicht weil sie meinte, daß jene etwas Anderes erwarteten, sondern weil sie für keine» etwas Anderes füiilrc, und da sie in keiner Pension erzogen worden war, wußte sie auch ruckt, daß sie in jedem Manne, der das altcrliche Haus beträte, einen Freier erblicken müsse. Nicht gleichgültig war ihr nur Kapitan Fihpatrick, der, ohne ihr besondere Aufmerksamkeiten zu erzeigen, oft im Hause einsprach.

Kapitän Fitzpatrick stand in der, eine kleine Weg­stunde entfernten Markistadt in Garnison und war, wenn auch kein schöner, doch ein angenehmer Mann. Für Ka­pitän White paßte er in mehrfacher Hinsicht. Gleich ihm war er ein wissenschaftlicher Dilettant, fischte und jagte gern und schoß zwar nicht so gut wie Kapitän White, aber immer recht leidlich; auch zeichnete er ganz hübsch und blies meisterhaft Flöte. Mistreß White äußerte gegen Marien, sie habe nie einen Mann seines Alters gesehen, der bei so vielen Talenten so anspruchslos gewesen, und wenn Kapitän White mit ihm vom Jagen, Fischen oder Scriepen. zurückkam, barer ihn zu Tsim, schickte sein Pferd nach der Stadt und ließ sein Nachtzeug holen. Fihpatrick blieb dann zu Tisch und blieb über Nacht. Er war je­doch ein früher Aufsteher, und das war Marie auch. Nebenbei trieb er Botanik, Marie auch. Er besaß eine Sammlung einheimischer Pflanzen, einen allerliebsten kor-

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t»s «iccus; einen solchen wünschte sich Marie. Also sam­melte Fitzpatrick Pflanzen für sic, trocknete und gummiere die gesammelten, und die er getrocknet, zeicünete Marie. Darauf beschränktem sich seine Aufmerksamkeiten, und we­niger konnte er für die Tochter seines Freundes füglich nicht haben.

Der Geist der Heiterkeit, stets mächtig im Wkiteschen Hause, herrschte in Fitzpatrickö Gegenwart fast unbeschränkt. Wenn dieser der vierte im Kreise saß, flogen die Stunden, unch während seine Lebhaftigkeit die schwere Kunst verstand, angenehm zu unterhalten, dünkte das Mitgefühl für fremde Leiden, das so schön von seinen Lippen klang und in sei­nen Augen leuchtete, Marien eine sichere Bürgschaft für den Edelmuth seines Herzens. Selbst daß seine frohe Laune bisweilen plötzlich verstummte, ein düsterer Schatten sich auf seine Stirn legte und er Gedanken nachzuhangen schien, die dem ernsten Leben angehörteu, selbst das mißfiel Ma­rien nicht. Vielleicht galt eS der Versöhnung mit einer trüben Vergangenheit, vielleicht dem Bangen vor einer zweifelhaften Zukunft.

Kapitän Whuc bemerkte den steigenden Eindruck, welchen Fltzpatrick auf seine Tochter machte, und bemerkte es nicht ungern. Fitzpatrick war Soldat, mit ihm von gleichem Range, Neffe eines Mannes, den er gut gekannt und der bei Waterloo gefallen, stammt aus einer achtba­ren Familie und besaß neben seinem Solde einiges Ver­mögen. Daher geschah cs, daß White eines Morgens zu seiner Gattin sagte:Weißt du wohl, daß ich den Fihpatrick gut leiten mag? Er ist ein kluger, gesezter, anständiger Männ. Ich kenne seine Familie; sie ist eine Empfehlung. Und irre ich nicht, so hat er ein Auge auf unsere Tochter. Marie ist ihm nicht abgeneigt, das ge­traue ich mir zu behaupten. Auch tadle ich sie deshalb durchaus nicht. Wie wär' es also, wenn du sic fragtest? Geheimnisse gibt cs bei uns nicht. Sag' ihr, sie solle aufrichtig scyn. Frage sic, ob er sich geäußert. Ich ver­stehe mich einigermaßen auf die Augcnsprache, und ist's, wie ich vermukhc, so habe ich nichts dawicder."

Wenige Stunden später kam Marie zu ihrer Mutter glühend roth, mit Thronen in den Augen. Ohne ein Wort zu sagen, schlang sie die Arme um der Mutter Hals und weinte.Was ist dir, liebes Kind?" fragte Mistreß White. Marie schwieg.So sprich, be­ruhige dich, sag', was ist dir?" bat die Mutter. Hein ­rich" begann Marie, und die Thronen erstickten ihre Stimme.Meinst du Heinrich Fitzpatiick?" fragte die Mutter. Da trat der Vater ein und löste die Befan­genheit des Mädchens, indem er die Ursache errieth. Fitz­patrick hatte um Herz und Hand geworben und Marie ihn an die Eltern gewiesen. Ehe die Welt eine Stunde älter wurde, waren Heinrich Fitzpatrick und Marie White ver­lobt.

Vater und Mutter theilten das Glück ihrer Tochter. Reich genug, sie sammt ihrem Gatte» schon je:t unabhän­gig zu machen, sahen >>e keinen Grund, ihre Einwilligung zu versagen, und Kapitan White hoffte, in dem Sohne

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