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und Wehklagen zu vernehmen. Ob wahr oder falsch, diese Geschichten haben mein Haus in üblen R uf gebracht, und kein Micths- mann will darin bleiben."

Genug!" sagte der Maurer herzhaft laßt mich in Eurem Hause uucntgcldlich woh­nen, bis sich ein besserer Micthsmann findet, und ich mache mich verbindlich, cs wieder in Stand zu setzen, und die bösen Geister, die darin spucken, daraus zu vertreiben. Ich bin ein guter Christ und ein armer Mann) und werde mich nicht fürchten."

Das Anerbieten des redlichen Maurers wurde freudig angenommen, er bezog mit seiner Familie das Haus, und erfüllte alle seine Verbindlichkeiten. Nach und nach kam es wieder in seinen vorigen Stand. Das nächtliche Klingen des Goldes wurde nicht mehr länger in dem Zimmer des verstorbenen Priesters gehört, aber in den Taschen des fröhlichen Maurers wurde cs bei Tage ver­nommen. Mit einem Wort, cs wuchs zum Erstaunen aller seiner Nachbarn sein Ver­mögen und er wurde einer der reichsten Män­ner in Granada. Er gab der Kirche große Summen, ohne Zweifel, um sein Gewissen zu beruhigen, und nie entdeckte er däs Ge­heimnis seines Rcichthums als auf dem Tod- tenbettc seinem Sohne und Erben.

Ein junger Buschmann, erzählt der Ka­pitän Alexander, jagte einmal eine Heerde Zcbra's, und hatte eben eines der Thicre mit einem Pfeile verwundet, als ein Löwe aus einem gegenüberliegenden Dickichtsprang, und seine Absicht zu erkennen gab, dem Jäger die Beute streitig zu macken. Zum Glücke be­fand sich der Buschmann bei einem Baume, er ließ seine Waffen fallen, und kletterte ohne Verzug bis auf den höchsten Ast hinauf. Der Löwe ließ gegen alle Erwartung das verwundete Zebra entkommen, wendete seine Aufmerksamkeit auf den Baum, gieng um denselben herum, brüllte einige Male, und sah sehr bösartig zu ihm hinauf. Zuletzt legte sich der Löwe am Fuße des Baumes nieder, und hielt die ganze Nacht Wache. Gegen Morgen überraschte der Schlaf den Buschmann, der sich bis dahin munter erhal­ten hatte, und er träumte, er sey dem Löwen in den Rachen gefallen. Darüber fuhr er vor Schreck zusammen, verlor das Gleichge­wicht, und fiel von dem hohen Zweige, auf

dem er gesessen hatte, herunter, und stürzte gerade auf die Rippen des Löwen. Das Unthier war aus einen solchen Anfall nicht vorbereitet, sprang mit fürchterlichem Gebrüll auf, und jagte davon; der Buschmann dage­gen verlor keine Zeit, nach der entgegen­gesetzten Richtung hin zu entfliehen, und wollte kaum seinen Sinnen trauen.

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Der blinde Milton war zum dritten Male und nichts weniger als glücklich ver- hcirathct. Lord Bussingham sagte ihm eines Tages, daß seine Frau eine Rose wäre. An ihrer Farbe," entgcgnete der Dichter, kann ich es nicht erkennen, denn ich bin blind; aber an ihren Dornen fühle ich cs um so mehr, daß Sie Recht haben.

Verschiedenes.

Die Schulmeister können stolz scyn, taß ste ei­nen großen Herrn zum College!» bekommen haben. Der Kronprinz von Schweden hat eine Schrift über Volksschulen und Erziehung geschrieben und macht an seinen eigenen Kindern die Probe seiner neuen Grundsätze in der Erziehung.

Ihr Bauern dürft froh seyn, daß ihr das La» teinschreibcn in eurer Schule nicht gelernt, habt, sondern hübsch demsch geblieben seyd, den» jetzt gehi's mit Macht daran, den gelehrten Herren den lateinischen Rock auszuziehen. Es soll nicht mehr lateinisch disputirt und auch nichts Lateinisches mehr geschrieben werden, denn man müsse sich nur mit den Worten herumquälen und käme vor lauter Redensarten zu keinem vernünftigen Gedanken. Das wird besonders auch euren Schulzen lieb seyn, die manchmal auf der Amtsstube eine lateinische Nuß aufzuknacken bekamen und sich die Zähne dar­über auSbissen.

Bei der Einweihung der neuen IudcnSynagoge zu Kassel wohnten die Männer, abweichend von der alten Sitte, mit unbedecktem Haupte dem Gottes­dienst bei, der grSßtcntheilS in deutscher Sprache abgehalten wurde. Selbst die Gebete wurden deutsch gesprochen.