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Glück, da« alle Ucbrigen in Erstaunen setzte, nicht den mindesten Eindruck; ja er wußte selbst nicht, wie e« geschah, daß sein Wider­willen gegen da« Spiel sich noch ver­mehrte, so, daß er am andern Morgen, als er die Folgen der mit Anstrengung durchwach­ten Nacht in der geistigen und körperlichen Erschlaffung fühlte, sich auf da» ernstlichste Vornahm, unter keiner Bedingung jemals wieder ein Spielhaus zu besuchen.

Noch bestärkt wurde dieser Vorsatz durch da« Betragen de» alten Obristen, der. sowie er nur eine Karte in die Hand nahm, da» entschiedenste Unglück hatte, und die« Unglück nun in seltsamer Bethdrtheit dem Chevalier aus den Hals schob. Auf zudringliche Weise verlangte er, der Chevalier solle für ihn pointiren oder ihm, wenn er spiele, wenig­sten» zur Seite stehen, um durch seine Ge- genwart den bösen Dämon, der ihm die Karten in die Hand schob, die niemals tra­fen, wegzubanncn. Man weiß, daß nir­gend» mehr abgeschmackter Aberglaube herrscht als unter den Spielern. Nur mit dem größten Ernst, ja mit der Erklärung, daß er sich lieber mit ihm schlagen als für ihn spielen wollte, konnte sich der Chevalier den Obristen, der eben kein Freund von Duellen war, vom Leibe Hallen. Der Chevalier verwünschte seine Nachgiebigkeit gegen den alten Thoren.

Ucbrigen» konnte es nicht fehlen, baß die Geschichte von dem wunderbar glücklichen Spiel de» Baron» von Mund zu Mund lief, und daß noch allerlei räthselhaftc, geheim- nißvolle Umstände hinzugedichtet wurden, die den Chevalier als einen Mann, der milden höhern Machten im Bunde, darstellten. Daß aber der Chevalier seines Glückes unerachtet, keine Karte berührte, mußte aber den höch­sten Begriff von der Festigkeit seines Charak­ter» geben, und die Achtung, in der er stand, «och um vieles vermehren.

Ein Jahr mochte vergangen sehn, als der Chevalier durch da» unerwartete Aus­bleiben der kleinen Summe, von der er sei- uen Lebensunterhalt bestritt, in die drückendste, peinlichste Verlegenheit gesetzt wurde. Er war genöthigt, sich seinem treuesten Freunde zu entdecken, der ohne Anstand ihm mit dem, was er bedurfte, aushalf, zugleich ihn aber

den ärgsten Sonderling schalt, den e» wohl jemals gegeben.

DaS Schicksal, sprach er, gibt un» Winke, auf welchem Wege wir unser Heil suchen sollen und finden, nur in unserer Indolenz liegt es, wenn wir diese Winke nicht beach­ten, nicht verstehen. Dir hat die höhere Macht, die über unö gebietet, sehr deutlich in'» Ohr geraunt: Willst Du Geld und Gut erwerben; so gehe hin und spiele, sonst bleibst du arm, dürftig, abhängig immerdar.

Nun erst trat der Gedanke, wie wunder­bar da» Glück ihn an der Farobank begün­stigt hatte, lebendig vor seine Seele, und träumend und wachend sah er Karten, hörte er dar eintönige: 8^8"« perck de» Ban­kiers, da» Klirren der Goldstücke!

Es ist wahr, sprach er zu sich selbst, eine einzige Nacht, wie jene, reißt mich au» der Noth, überhebt mich der drückenden Verlegen­heit, meinen Freunden beschwerlich zu fal­len; es ist Pflicht, dem Winke des Schick­sals zu folgen.

Eben der Freund, der ihm zum Spiel gerathen, begleitete ihn in« Spielhaus, gab ihm, damit er sorglos das Spiel beginnen könne, noch zwanzig Louisd'or.

Halte der Chevalier damals, als er für den Obristen pointirte, glänzend gespielt: so war dieß jetzt doppelt der Fall. Blindlings, ohne Wahl zog er die Karten, die er setzte, aber nicht er, die unsichtbare Hand der hö­hern Macht, die mit dem Zufall vertraut oder vielmehr das selbst ist, was wir Zufall nennen, schien sein Spiel zu ordnen. Al» da» Spiel geendet, hatte er tausend Louis­d'or gewonnen.

In einer Art von Betäubung erwachte er am andern Morgen. Die gewonnenen Goldstücke lagen aufgeschüttet neben ihm auf dem Tische. Er glaubte im ersten Augen­blick zu träumen, er rieb sich die Augen, er faßte den Tisch, rückte ihn näher heran. Als er sich nun aber besann, was geschehen, als er in den Goldstücken wühlte, als er sie wohlgefällig zählte , und wieder durchzählte, da ging zum ersten Mal wie ein verderblicher Gisthauch die Lust an dem schnöden Mammon durch sein ganzes Wesen, da war es geschehen um die Reinheit der Gesinnung, Sie er so lange bewahrt!