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Aller Augen sehen sich in -Portugal nach Geld um. Seit vielen Monaten konnte kein Gehalt mehr ausgczahlt werden, weil die Hanptqncllc so erschöpft ist, daß der Finanz- minister kaum den Nächsten, nämlich sich selbst mehr befriedigen kann. Die Königin ist aber nicht verlegen und weiß Rath zu schaffen.

Sie gedenkt die Cortes nach ihrer Nieder­kunft zu Gevatter zu bitten und hoffentlich werden sich die nicht lumpen lassen.

In London wnthete ein Orkan, der nicht nur Bäume entwurzelte, sondern ganze Häu­ser cinwarf, daß man meinte, der jüngste Tag scy gekommen. Won der Eisenbahn wa­ren 4 Wagen von dem Sturm mehrere Stunden weit fortgctriebcn, andere ganz und gar umgeworfen worden.

Marschall Walce läßt in Afrika eine neue Stadt bauen, in welcher sich Europäer an- sicdeln sollen und will sie seinem König zu Ehren Philippcville heißen. Won Elsaß sind in diesen Tagen viele Hunderte nach Algier ausgcwandcrt.

Ans dem alten großen Rad, wo Abends unten ist, was Morgens oben war, sind jetzt die Runkelrüben wieder unten, die vor einigen Jahren sich oben herrlich ausnahmcn. Im Badischen liegen mehrere Rubcnzuckerfabriken in den letzten Zügen, und andere haben sich auf den Colonialzucker geworfen, der ganz ruhig seinem jungen Nachfolger zugesehcn hatte und nun wieder zu der alten Ehre kommt.

Als am 18. Oktober bei der allgemeinen Beleuchtung in Bremen ein dortiger Bürger, der aus Frankreich stammt, aus Patriotis­mus sein Haus, dunkel ließ, kam das Volk . in Haufen herzu und schlug ihm die Fenster ein. Sicherlich wäre das ganze Haus dcmo- lirt worden, hätte nicht ein Hausfreund noch einige Talglichter in der Eile auf Weinfla­schen gestellt und hinausgerufen:nur Ge­duld , es wird illuminirt, die Gesinnungen haben sich geändert.

S p i e l e r g l ü ck.

Eine Erzählung.

Mehr als jemals war im Sommer rg.. Pyrmont besucht. Don Tage zu Tage mehrte

sich der Zufluß vornehmer, rckcherrFremben, und machte den Wetteifer der Speculanten jeder Art rege. So kam eS denn auch, daß die Unternehmer dcrFarobank dafür sorgten, ihr gleißendes Gold in größeren Massen auf­zuhäufen als sonst, damit die Lockspeise sich bewahre auch bei dem edelsten Wilde, das sie, gute geübte Jäger, anzukörnen gedachten.

Wer weiß e« nicht, daß, zumal zur Ba­dezeit. an den Vadeörtern, wo jeder, aus seinem gewöhnlichen Verhältnisse getreten, sich mit Vorbedacht hingicbt, freier Muße, sinnzcrstreucndem Vergnügen, der anziehende Zauber des Spiels unwiderstehlich wird. Man sieht Personen, die sonst keine Karte anrühren, an der Bank als die eifrigsten Spieler, und übcrdem will eS auch, wenig, siens in der vornehmer» Welt, der gut-Ton, daß man jeden Abend bet der Bank sich ein» sinke und einiges Geld verspiele.

Von diesem unwiderstehlichen Zauber, von dieser Regel des guten Tones schien allein ein junger deutscher Baron (wir wol­len ihn Siegfried nennen) keine Notiz zu nehmen. Eilte Alles an den Spieltisch, wurde ihm jedes Mittel, jede Aussicht, geist­reich zu unterhalten, wie er eS liebte abge­schnitten. so zog er eS vor, entweder auf einsamen Spaziergängen sich dem Spiel sei­ner Phantasie zu überlassen, oder auf dem Zimmer dieses oder jenes Buch zur Hand zu nehmen, ja wohl sich selbst im Dichten Schriftstellern zu versuchen.

Siegfried war jung, unabhängig, reich, von edler Gestalt, anmuthigem Wesen, und so konnte es nicht fehlen, daß man ihn hoch­schätzte, liebte, daß sein Glück bei den Wei­bern entschieden war. Aber auch in Allem, war er nur beginnen, unternehmen mochte, schien ein besonderer Glücksstern über ihn zu walten. Man sprach von allerlei aben­teuerlichen LiebeShändeln, die sich ihm auf­gedrungen, und die, so verderblich sie allem Anschein nach jedem Andern gewesen scpn würden, sich auf unglaubliche Weise leicht und glücklich auflösten.

(Fortsetzung folgt.)

Auflösung des RäthselS in Nro. gi. Der Reif.