Das kann mir nicht genügen," antwor-- tetc der Kutscher,und ich berufe mich deß- halb auf meine beiden Zeugen."

Er muß cs schriftlich haben," antwor­teten diese,es handelt sich hier um die Ehre aller alten Soldaten, die wir rcpräsentircn." In diesem Fall sich' ich zu Diensten," antwortete St. Marc.

Jndcß meine Herren," rief auf's neue der erste der Zeugen des Grafen,Sie wer­den cingcstchcn, daß die Verachtung sein Ge­werbe traf."

Sey cs," antworteten die Zeugen Hy- polits,aber auch seine Person. Ein Kut­scher, den man als Hauswurst behandelt, hat das Recht, Genugthuung zu fordern, oder den der sie ihm verweigert, mit Peitschenhieben zu traküren."

Wohlan, meine Herren, so muß ich Ih­nen erklären, daß der Herr von St. Marc der einzige Sprössling einer alten Familie, und der einzige Sohn eines Pair von Frankrich ist."Und ich," rief Hypolit,bin Vater von drei Kindern. Der eine wiegt so schwer, wie der andere. Auf zu den Waffen."

Die beiden Kämpfer kreuzen aufs neue die Degen, und fallen sich an. Hypolit be­merkte bald den ungeheuren Vorthcil, welchen er über seinen Gegner hatte, den seine Jugend und Unerfahrcnhcit einem gewissen Tode über­liefert hätten, wenn der alte HusarcnOfficicr zugestoßcn hätte; aber dieser vortreffliche Mann wollte den jungen Grafen nicht des Löbens berauben; er selbst war Vater, und der Ge­danke, eine achtbare Familie in Verzweiflung zu stürzen, hielt seinen tapfern und furchtbar gewandten Arm zurück.

Die beiderseitigen Zeugen bemerkten, es, und bewunderten ihn.

Jndcß mußte doch der Lohukutscher seine Beleidigung abwaschcn, und sah sich durch die Ehre genöthigt, dem unbesonnenen jungen Herrn die Lcction zu geben, die er verdient hatte. Er machte darum eine Finte in Terz, pairte eine Quart, und gab dem jungen Herrn Grafen einen Degenstich unter die rechte Brust, der, ohne tief einzudringen, doch sein Blut fließen machte, welches alsbald an der auf- schwellenden und sich zuschlicßcnden Wunde stockte. Der Graf erblaßt, und fällt bewußt­los um. Die beiden Zeugen halten ihn für

todt, aber Hypolit, welcher gewiß war, daß die Spitze nicht tief eingedrungcn, und aus Erfahrung die Wirkung einer geschwollenen Wunde erkannte, rief den Zeugen des jungen LanzierOfficicrs zu:Nun meine Herren, eilen Sie nicht ihrem Gefährten zu Hilfe? Sie wissen nicht, wie ich sehe, daß der Erguß seines Blutes im Innern ihn zuletzt tödtcn könnte es ist keine Minute zu verlieren! aber wenn die Ehre ihre Genugthuung hat, dann spricht die Menschlichkeit." Mit diesen Worten stürht er sich auf den Grafen, preßt seine Lippen heftig auf die Wunde, saugt das Blut, welches nicht fließen konnte, ein, und speit cs in verschiedenen Zwischenräumen ans. Auf diese Weise unterhält er dessen Erguß, und gicbt seinem Gegner allmählig das Leben wieder. Nachdem er erfüllt hatte, was für alle wackern Männer Pflicht ist, ent­fernte er sich mit seinen beiden Zeugen, indem er zu denen des Verwundeten sagte:Meine Herren, ich empfehle ihn nun Ihnen, ich habe ihn in dem Zweikampf geschont, so sehr es mir möglich war; cs ist nun an Ihnen, durch Ihre Sorgfalt zu vollenden, was ich ange- fangcn habe. Möchte, Ihr jungen Herren nach der Mode, die Ihr Euch alles für er­laubt haltet, möckte diese Lection niemals aus Eurem Gedächtnisse entschwinden, und Euch beweisen, daß unter dem einfachsten Gewände oft eben soviel wahre Größe wohnt, als unter dem reichsten Kleide, und daß man bei Allem was den Namen Mensch führt, auf.das Herz sehen muß."

Die Zeugen St. Marks waren über die Worte und die heldenmüthigc Ergebenheit des Lohnkutschcrs erstaunt. Sie richteten ihre Sorge auf den Verwundeten, ließen eine Sänfte kommen: um die geringste Erschütterung zu vermeiden, und brachten ihn glücklich zu seinen Eltern, wo die Hilfe der Kunst, und die zärt­lichsten Sorgen sich vereinigten, um den Ver­wundeten zu heilen. Obgleich die Ohnmacht in welche er auf dem Kampfplatz gefallen war, ihn den Gebrauch der Stimme genommen, so hatte er doch Alles gehört, was Hypolit ge­sprochen. Er hatte empfunden, wie die wohl- thätigen Lippen desselben das Blut seiner Wunde saugten, und sein Herz schlug noch immer von Rührung und Erkenntlichkeit.

(Schlu ß selgw)