Neues unter der Sonne. Die Königin von England hat in höchsteigener Person zu Gevatter gestanden, was in England noch nie eine Königin gethan hat. Das Pathchen, eine Tochter des Herzogs von Sutherland, erhielt den Namen Victoria; vom Eingebinde ist'S noch still. Wenn etwa die Königin eine besondere Vorliebe für das Gevatterstehen zeigen sollte, so werde ichS meinen Lesern sogleich mittheilen.

Auch an Häringen ist das Jahr fruchtbar. Der Harnigkfang an der Küste der Ostsee ist ungewöhnlich gut ausgefallen und die Hä­ringe sind vorzüglich groß und schön, wie ein Häring eben schön ist. Dagegen sind die bremer Häringe so klein, daß man sie gar nicht sieht.

Aus Göttingen. Vor einigen Tagen gab'« bei uns in vielen Hausern traurige Gesichter und schmale Bissen., Als der Tag des Schützenfestes angebrochen war, die Och­sen geschlachtet und die Gaste geladen waren, ließ ein boshafter Branntweinbrenner alle Effecten und Vorrath- des Schützenwirths wegen einer Forderung gerichtlich mit Beschlag belegen, und die geladenen Gaste, zu denen auch der wohllöbliche Magistrat gehörte, mußten gegen Mittag wieder abbcstellk wer­den. Man denke sich den Schrecken der Haus­frauen und den Schmerz des treuen Schaff­ners, Herrn EberweinS.

Die auSgewanderten Separatisten aus Preußen halten in Hamburg und können nicht weiter. Es sind über 600 Köpfe. Der SchiffScapitan hat erklärt, erwürbe die Fahrt nicht eher übernehmen und antreten, als bis sie für einen Arzt gesorgt hatten. Es wur­den in der Geschwindigkeit mehrere junge Chirurgen examinirt, allein entweder waren sie nicht gescheidt oder nicht fromm genug. In London treffen sie mit ihrem ehemaligen Prediger zusammen, der schon früher, weil er die Agende nicht annehmen wollte, die Heimath verlassen mußte. Sie freuen sich sehr auf die Wiedervereinigung und noch mehr auf das neue Leben in Südaustralien. ES herrscht übrigens die größte Ordnung. Reinlichkeit und Mäßigkeit bei ihnen und am Morgen und Abend singen sie geistliche Lie­der und beten gemeinschaftlich. Sie sind

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heiter, aber eS geht kein unreines Wort aus ihrem Munde.

Die Augsburger sind sehr in Angst, es möchte ihre Weinlese, die sie im Herbst bei dem Manöver zu halten gedenken, zu Wasser werden, da das Gerücht geht, das bayrische Heer müsse im Namen des deutschen Bundes die belgische Grenze besetzen.

London ist außer sich vor Erstaunen. Der russische Botschafter war zu dem Gast­mahl, das der belgische Gesandte in Lon­don den Diplomaten gab, nicht cingcladen.

Die Pariser freuen sich allgemein über die Leutseligkeit ihres Königs. Er läßt jetzt die Zöglinge aller höherer Schulanstalten in Paris auf Wagen nach Versailles kommen, führt sie selbst durch alle Gallericcn, erzählt und erklärt ihnen an den Bildern die wich­tigsten Ereignisse aus der vaterländischen Ge­schichte mit vieler Gewandtheit und Beredsam­keit. Das macht doch, daß er auch einmal Schulmeister war. So was hängt Einem fürs ganze Leben an.

Ein Schustcrgeselle hat sich in der Um­gegend von Naumburg für den Prinzen Agr gust von Preußen ausgcgeben und anfangs die Kasscnbeamtcn, bei denen er Revision hielt, in große Schrecken gesetzt, bis er end­lich entlarvt und fcstgchaltcn wurde, Betro­gen hat er jedoch niemand, sondern seine ge­sparten Goldstücke als Trinkgelder ausgcgeben, Dafür ist er auch vierspännig gefahren und ein großer Herr gewesen wie Fricdcrlc von Obcrjcttingcn.

Mehre Standesherren im Badischen haben dem Staate ihre Besitzungen zum Kauf angcboten und wollen nach Ungarn und Amerika auswandcrn. Die Regierung ist nicht abgeneigt, auf die Anträge cinzugchen, und die Abschätzungen werden bereits vorgc- nommen.

Aus RioJaneiro schreibt ein Deutscher, er wünsche lieber in der Hölle zu wohnen, als noch länger in Brasilien. Der Wahl­spruch des dortigen Volkes sey: gut leben, nichts thun und andere Menschen bestehlen. Seines Lebens sey man keinen Augenblick sicher, denn Raub und Mord gehören zu dem täg­lichen Handwerk. Die hochgelobte Freiheit sey