Heftig erschrocken fragte ich: Wollen Sie mir grausam das Dcrmächtniß des Freun­des raube» ? Ich widerstrebte umsonst, schon hatte sich Zama des BildcS bemächtigt Mir rvar, als hatte ich in dem Augenblick einen Schatz von unermeßlichem Werth verloren.

Da ich zu klagen fortfuhr, und in lei- benschastlichen Aufwallungen mich auf den ganzen Inhalt meiner Briefes bezog, wurde Zama schneidend kühl, und stieß darauf leb­hafte Vorwürfe gegen Ski'rnsce'S Andenken auS. Er hat mich nie geliebt, schrie sie, sonst könnte er nimmer ein solches Vcrmächt- niß niedergeschricben haben. Behalte auch seine Familie alle Güter, ich verlange sie nicht.

Auf diesem Sinn beharrte sie wohl vier­zehn Läge, und ich. empfindlich darüber, sprach in dieser Zeit nicht- mit ihr, als waS unumgänglich nölhig und daneben sehr gleich­gültig war. Nur erinnerte ich sie, daß sie dem Andenken de- Verstorbenen mit weniger Achtung zu begegnen schien, wenn sie die ihr von ihm vermachten Güter nicht in Empfang nehmen wollte.

Endlich schien sie ernster über den Um­stand nachzudcnken, kam eine- Tage- zu mir heran, ergriff meine Hand und sagte: Schrei­ben Sie an Slirnsee'S Vater, denn ich ver­mag e- nicht. Machen Sie zugleich, daß ein Theii der Summe von Petersburg in -Berlin angewiesen werde, ich muß die Legate meine» Geliebten auSzahlen. War Sie be­trifft, Herr von M, so haben Sie zuge­sagt, für mich, wie für eine Schwester zu sorgen, und ich zähle auf die Erfüllung.

Ich antwortete auf den letzten Punkt nicht, traf sonst aber die von ihr gewünsch­ten Anstalten. Herr C- meinte, e» werde keine Schwierigkeiten finden, gegen Dorzei- gung dieser Wechsel sogleich bei einem Kauf- mannShause zu Berlin eine Summe zu he­ben. Ein Regimentsquartiermeistrr, sein Freund, der eben nach dieser Hauptstadt reiste, übernahm den Auftrag, und da« Hau» G nahm keinen Anstand ihm taufend Dukaten auszuzahlen, die er nach N - überbrachte.

Ich hatte übrigen« Herrn C alle« vier- traut, ihm auch Stirnsee'» Brief zu lesen gegeben. Er tröstete mich bei meinen Kla- gen über Jama. Nur Geduld, rief er a«»^

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di« Zeit wirb schon mit ihrer Liebe in Bund treten. Zu kurze Zeit liegt Stirnsee erst im Grabe, als daß sich schon da- Fräulein za ihrer Gunst entschließen könnte. Achten Sie ihren Kummer noch.

Das that ich redlich, doch weil ich nun hergestcllt zu meinem Regiment mußte, und der Weg zu dir. liebe Schwester der umher» schweifenden Feinde Willen, noch unsicher war, so brachte ich Zama. in Begleitung dk« alten Geistlichen, vor der Hand nach F. Eine Verwandte desselben, an einen dortigen Prediger Verheirathct, nahm sie willig bei sich auf. Meinen alten treuen Bedienten ließ ich ihr auch zurück, und beurlaubte mich dann ehrerbietig.

Wieder beim Regiment angelangt, schwebte Zama'S Bild unaufhörlich vor meinen inncm Blicken. Ehedem hatte ich den Krieg mit ehrgeiziger Leidenschaft geliebt, jetzt fühlte ich darüber ganz ander-, und viel zu weich, als daß mir alle Schrecknisse und Menschen» leiden, die er zu veranlassen pflegt, hätten so gleichgültig bleiben können, wie c« dem Soldaten nöthig wird, dafern er nicht in Ent- setzen und Trauer über fremde Pein unter­geben will. Ich sagte mir auch, daß ich. nachdem ich schon so manches Jahr unter den Waffen zugebracht, und mehr als eine Wunde davon getragen hatte, nach grade wohl ohne allen Nachthcil für meine Ehre da» Schwert mit einem ruhigen Landleben vertauschen, und auch dort noch dem Staate werde nützen können. Diese ganze nie gehoffte Sinnesänderung war eine Folge meiner Liebe und sie nahm mit den Briefen, die ich von > Zama erhielt, zu- Denn immer mehr Be­sorgnisse um mein Schicksal enthielten sie, und ich zog darau« eine gute Vorbedeutung. Endlich schrieb ich ihr, wenn sie meiner hei- ßen Liebe begegnen, und so Ltirnsce'S letzten Willen nach seinem ganzen Umfang voUstre. cken wolle, sep ich gesonnen, im nächsten Winterquartiere meinen Abschied nachzusuchen. Wo nicht, dann sollte der Krieg mehr al» je mir die willkommenste Beschäftigung sepn, ich hoffte auch denn bald in einer Schlacht meinen Tod zu finden.