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der Müdigkeit floh der Schlaf .unser Auge ; so nahe dcrHcimath und dennoch so verlassen ; unser Sinnen war ernst und finster; nur in einzelnen Worten tauschten wir unsere Gefühle. Mein Gefährte dachte des kranken Weibes, ich der harrenden Braut. Im Begriff endlich zu entschlummern, klang mit einem Mal ein sanfter, weicher Ton auf uns nieder. Wir fuhren empor, eine Nachtigall schlug so innig so herzgewinnend, als wäre sie nur Scc-le nicht Körper. Eine Nachtigall in dieser le- tensarmcn Oedc, eine Nachtigall indes Wint ters Strenge.
Was ist das? rief ich; mein Geführte, sonderbar bewegt, antwortete: Das ist die unheimliche Sängerin des Landes, das ist die Nachtigall von Murom. Was kann sic uns künden ? forschte ich, mein Gefährte crwicdertc beklommen: Tod, Gefahr, Verbrechen, kündet sie an, wenn ihre Klage über einer Menschcn- brust tönt. Laß uns beten für mein krankes Weib, die vielleicht jetzt den Tod erleidet. Laß uns auch beten für uns, damit der Versucher ferne bleibe. Und als wir so beteten mit beklommenem Herzen, sang die Nachtigall immer lauter und endete endlich mit einem schneidenden Wehlaute. Jetzt herrschte um uns wiederum das todte Schweigen; mein Gefährte streckte sich wieder nieder und zog die Brannt- wcinflasche hervor. Trinke nicht, sprach ich besorgt, die Kälte ist heftig und cs ist nicht gut zu dieser Jahreszeit in der Nacht Branntwein zu trinken. Er sah mich bedeutend an und entgcgncte, wer weiß, ob es jetzt gerade wohlgcthan ist, Branntwein zu trinken. Er leerte nun die Flasche bis auf den letzten Tropfen, kreuzigte sich und war alsobald entschlafen. Ich hörte ihn laut und stark ath- mcn; über mich kam nur erst spät der Schlaf aber er blieb unruhig, und verworrene häßliche Träume ängstigten mich. Als ich am Morgen erwachte, war ich von der schneidenden Kälte kaum meiner Glieder Herr. Ich richtete mich empor und hörte nicht mehr den Athen; des Waffenbruders. Schon glaubte ich, er sey vor mir erwacht, aber da lag er noch in seiner Burka, wie er am Abend sich hingestreckt hatte. Ich wollte ihn wecken, da schauerte mich ein weißer, blutleerer Leichnam an; der Unglückliche war erfroren, der Genuß des Branntweins hatte ihm in der Kälte den Tod 1
gegeben. „Die Nachtigall von Murom," rief es in mir, und eine finstere Ahnung, daß. auch mein Weh nicht ferne sey, kam. über mich. Wie es mich nun auch hinzog zu der Hei- matbsstätte, so tönntemch doch die Hülle dcS Kampfgenossen nicht »»beerdigt lassen. EineS Kriegers Grab ist bald gemacht; im Schnee scharrte ich mit einem Sabel eine Gruft, legte den Ruhigen in das weiße Bette und deckte ihn mit. Tannenzweigen zu. Jetzt erst, nachdem ich dieß vollbracht, bemerkte ich, daß unsere Rosse.nicht bei. uns geblieben, dte Kälte odert die Wittentng eines Raubthicres, hatte sie verscheucht. Sie mußten weit entfernt seyn, denn auf meinen Ruf und meine Pfeife kehrten sie nicht zurück. Ich mußte zu Fuße weiter wandern; die Bewegung gab meinem Körper Lcbenswärmc und Kraft wieder, je näher ich der Heimath kam, desto schneller wurde mein Schritt. Jetzt begrüßten mich schon die Töne unserer Kirchcnglocken, sic klangen so festlich, so froh; sie riefen mich heim mit ihren wohlbekannten Lauten.
(Beschluß folgt.)
Es ist bckanut, daß Alexander der Große einem indischen Gaukler, der sich rühmte, eine Erbse durch ein Nadelöhr werfe» zu können, ein Limri Erbsen zum Lohne geben ließ; nicht so vielleicht, wie der briitische Salomo Jakob l. einem Manne verlieh, der zur Feier; deS Einzugs deS König» in Salisbury auf dem Thurmknopfe der Ka- thedrale sich auf de» Kopf stellte — ergab ihm und allen seinen männlichen Nachkommen, (die weiblichen sollen davon ausgeschlossen gewesen sepn) das Privilegium auf allere Kirchthurmknöpfen von England auss dem Kopse zu stehen.
Ein Kaufmann, der den Taufzettel für sein Kind als Vater unterschreibe» sollte, schrieb: „Peter Robert et Compagnie," (sc'ne Handlungs-Firma,) darunter.
Berichtigung.
In Nro. 54 dieses Blatts Seite 361, ersten Spalte, Zeile 18 von oben lies 49 50gcr, statt 49ger, 50gcr.