Dies sagend, riß Lr die Knieenbe empor, «in sie mit wildem Ungestüm an seine Brust zu drücken; da erhob sich draußen ein heftiger Lärm, Waffen- -etösc erscholl und einige Mauren stürzten im nächsten Augenblicke herein, deren Anführer im Tone der ängstlichsten Eile rief: „Führe uns schnell zum Streite, tapferer Amjr; denn ein Haufe räuberischer Berbern hat die Frechheit gehabt, uns bei der Dunkelheit des Abends zu überfallen. Ihre Zahl scheint nicht groß zu scyn, wir sind ihnen hoffentlich überlegen. Auf, laß uns die Buben züchtigen l"
„Verfluchte Stbrung murmelte Haffu» mit mühsam unterdrücktem Ingrimm und stampfte wü- »hend auf den Boden, während fein Feuer-Auge Zorn blitzte. Dann riß er benTürkensäbel von der Hinterwand des Zeltes und rief mit starker Stimmer „Ja, die Hunde sollen es büßen, keiner, der in Unsre Hände fällt, darf mit dem Lebe» davon kommen. Fort zur Vcrthcidiguug und gerechten Rache. Du aber, meine Sklavin, bleibst hier! Wag« es nicht, bei dieser Gelegenheit entrinnen zu wollen: Deine Wächter gehen nicht mit in den Streit; mit seinem Kopfe muß jeder von ihnen für Dich stehen!"
Er eilte hinaus, die klebrigen folgten.
Manuele aber warf sich aus die Knie nieder, hob die Hände gen Himmel und sprach: „O Herr mein Go», Du hast ein Wunder an mir getha» in dieser bangen Stunde, ach hilf mir ferner und wende Alles zum Beste», daß ich nicht dennoch «ntrrgehe in der Gewalt der Sünde!'<
Wüthender Lärm durchtobte während einer langen schauerlichen Halden Stunde das Lager der Mauren. Kampfgefchrei, Geheul der Verwundeten, Flintenschüsse und Säbelgeklirr vermischten sich rn grausen Tönen und schlugen immer stärker an bas Ohr der geängsteten Manuele, welche in jedem Augenblicke glaubt«, die räuberischen Feinde würden rindringen und mit blutdürstigem Grimme über sie verfalle». Ader even diese Furcht Hane etwas Tröstendes für sic. „Die rohen unmenschliche» Krieger," sagte sie zu sich selbst: werden mich im wilden Rausche der Siegeswuth wahrscheinlich lödlen, und was kann mir Arme» in den jetzigen Verhältnissen willkommener seyn, als schuldlos zu sterben. Muth, Manuele! Der Tod ist besser als Schande. Ein kurzer Schmerz und du bist deiner Leiden und deiner Angst enthoben!"
Aber der Kampfeslärm wurde jetzt ferner und Immer ferner, bis er sich endlich ganz verlor. Eine dumpfe Grabesstille herrschte nun beinahe eine Vier- j telstunbe lang. Dann wurde es wieder laut und! SicgesIubel tönte fröhlich durch das Lager. Das Zelt öffnet« sich. Haffun, den linken Arm mit :i- nem Tuche verbunden trat von einem Priester begleitet herein. Er ließ sich auf eine Ottomane nieder. Sein Begleiter nahm die Binde hinweg und sagte: „DemPropheten sey gedankt, Deine Wunde,
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Herr! ist nur sehr unbedeutend. Könne Dir einen Lag vollkommene Ruhe und Du wirst bald geheilt seyn."
Der Häuptling versprach, diesem Rathe zu folgen, und versicherte, daß er nur wenig Schmer» an der verwundeten Stelle fühle. Jetzt erschien ei« bewaffneter Maure und brachte die Nachricht, daß sämmiliche Berbern, die im Kampfe mit dem Leben davon gekomm n, jetzt auf seinen Befehl nie- dergesäbelk worden scycn. Nur fünf gefangene Neger und einen Christen, die man sämmilrch unbewaffnet und hülflos gefunden, habe man geschont.
„Diese Beule werde ich nebst der übrigen morgen am Tage vertheilen! Bis dahin bewahrt sic in einem desvnbern Zelte und haltet gute Wache!"
So sagt« Haffun und gebot dem Maurcnj, sich zu entferne». Auch der priestcrliche Arzt ging, nachdem er Manuelen den Auftrag erthcilt, bet ihrem Gebieter zu wachen und ihn zu pflegen.
Des andern Tages wurde die Beute von Haffu» vertheilt, wie auch die fünf gefangene Neger, und der Christ. Lezterer aber mit seiner Zulhcilung als Sclavc nicht zufrieden, treu drcistvor das Oberhaupt, gab ihm mehrere Lehren und vcrwicß ihn aus die Gesetze welche er mit Würde und ohne Furcht ihm ciline. Höchst erzürnt über diese Worte stürzte Haffun auf den Christen zu, und feines Türkcn- säbcls Schärfe zerspaltete dem Christen de» Kopf, baß er todt zur Erde sank. Er befahl den Getödrctcn auszuziehe», was er bei sich führ« ihm in sein Zelt zu bringen, und den Körper zu verscharren-
Manuele erwartete mitIittern und Herzensangst ihren Gebieter, welcher ergrimmt in wenigen Mr- ^ nuten ins Zelt trat, und ehe er sich von seinen Zorne erhvji, kam ein Maure mit den bei dem Gciödtcten Vorgefundenen Effekten, worunter auch ein Tagebuch sich befand, der erste Blick von Manuelen fiel auf dasselbe, und ein Schrei des Entsetzens entflog ih!e» Lippen. Närrin rief ihr Haffun zu, was schauderst Du zurück! sie konnte aber nicht weiter antworten, als „0 edler Henri hast du so dein Leben enden müssen," bei diesen Worten griff Haffun schnell nach dem Tageduchc, welches Manuelen beim ersten Anblick erkannte, blätterte, und eine Wchmuth »durchzuckte seine Adern, er fiel auf sei» Ruhepolstcr, und konnte längere Zeit keine Wort« pndcn, feinen Schmer» auezudrückcn, Nach einiger Erholung faßte er Manuelen hei der Hand, und fragte mit herrschendem Blick woher sic den leider nun ermordeten Henri, dessen Bruder, was er aus dem Tagcbuche ersehe,— sey, kenne,
Manuele erfüllte sein Begehr, aufmerksam hörte er ihr zu. Sein Auge füllte sich mit Lbränen, als sie ihm berichtete, was Henri ihr einst über sein Leben mitgeiheilt hatte.
„Q ich Elender!" rief Haffun; „so bin ich ein dreifacher Mörder, denn auch meine Eltern habe