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Laobcs sorgfältig beobachtet, von der Alten sogar mit ArgusÄugcn bedacht. Man bcgegttctc ihr zwar freundlich, und ffehatte nicht Ursache, sich über Be­leidigungen und harte Behandlung zu beklagen, aber es ist leicht begreiflich, daß die unregelmäßige Lebensart, die sie zu führen gezwungen war, das unstäte Umherziehen, das Wohne» in Wäldern und abgelegenen, ungesunden Schluchten und das ganze verwerfliche Treiben der häßlichen Menschen Race ihr immer mehr zuwider werden mußte. Schon mehreremale hatte die Horde ihr Lager verändert: jefik zog sie dem Lande der Bourb Iolof zu, um ihrem Häuptlinge und den unter seiner Führung befindlichen Gramm - Brüdern , von denen ihnen lange keine Nachricht geworden war, näher zu kom­men. Manuele halte während der Zeit die mau­rische Sprache, welche von den Laobcs gewöhnlich geredet wird, so gut gelernt, daß sie alles verstand und beantworten konnte.

Es vergingen, da der Zug sich nur langsam sortbcwegte und oft ein paar Tage lagerte, wieder einige Monate, ehe die Grenzen des jolofischen Lan­des erreicht wurden. Hier ward den Laobcs die traurige Botschaft: daß ihr Oberhaupt samt seine» Gefährten von den Negern bei einem Volksaussrande erschlagen worden sen. Diese Nachricht verbreitete Schrecke» und Bekrübniß bei der ganze» Horde, den lautesten Jammer aber äußerte die unglückliche Alte, die den beste» ihrer Söhne verloren hatte, so daß selbst Manuele, welche durch den Tod Babu- kar'S von einer großen Furcht befreit wurde, inni- gcs Mitleid für die Trostlose empfand. Die Lan­des mußten nun, da auch ihnen bei dem fortdauern­den Aufruhr im jolofischen Lande die größte Ge­fahr drohte, aus einen schleunigen Rückzug bedacht scyn. Man beschloß, durch das Reich Foutatoro über den Ba Fing oder Senegal in die große Wüste zu ziehen. Nach einer vicrmonatlichen zum Theil beschwerlichen Reise erblickte Manuele die Ufer des großen Stromes, den sie vor dritthalb Jahren schon einmal auf Brüsffcrcs Schiffe befahren hatte. Da­mals ahnte ihr Herz nicht, welchen Schicksalen sie cnkgegcneilte, denn sie wähnte ja die Rückkehr ins theure Vaterland angcireien zu haben. Mit andern Eccühlen betrachtete sie jekt die klaren Wellen, in Lene» sich die grünen Wipfel der Bäume spiegelten. Len» vor ihr lag eine dunkle trübe Zukunft, und die Nebel der Ungewißheit umhüllten ihre» Blick.

Seit der Nachricht von Babukar's Tode, war sie von den Laobcs weniger gut behandelt worden als früher, und als sic es einmal gewagt, um ihre Freilassung zu bitten, hatten Budaju und Montu- rab ihr die Gewährung mit harte» Worten verwei­gert. Auch das alle Weib war ihr seit des Sohnes Tode sichtlich abgeneigter geworden, und als Ma­nuele einst sich zu der Frage erkühnte: was denn nun ihr Schicksal scyn würdes harte die Gefragte in rauhen Tonen geantwortet:Das wirst Du schon erfahren, wenn es Zeit ist; störe mich jetzt nicht in meinem Grame!"

An den beholzten Ufern des Senegal machte der

Zug auf ein paar Tage Halt, und eS wurden in der Geschwindigkeit Bäume gefällt und von den be­laubten Acstcn und Zweigen einige leichte Zelte er­richtet.

Manuele saß beinahe vom Morgen bis zum Abend am Rande des Stromes und schaute sehn­suchtsvoll den sich fortdrängenden Wellen nach, die dem Meere und St. Louis zuströmten. In ihrer Brust regte sich eine leise Hoffnung: daß vielleicht in diesen Tagen ein europäisches Schiff auf den klaren Fluchen hergescgelt kommen und sic aufneh­men könne. Ach wäre sie jetzt frei gewesen, wie freudig hätte sie am Ufer des Senegal entlang der französischen Niederlassung zueilen und dieselbe wahr­scheinlich in ein paar Wochen erreichet: koncn. Aber nahe am Ziele dämmen sich dem Ringer oft noch unüberwindliche Hindernisse entgegen und hemmen seine» Lauf. Vergebens war das Hoffen der armen Manuele, vergebens schaute sie erwartungsvoll um­her und horchte halb freudig halb ängstlich auf, wenn das Rauschen der vom Wind bewegten Baum­gipfel sic täuschte cs zeigte sich kein rettender Kahn auf dem Wasser, nur Flußpferde tauchten bisweilen auf und verschwanden schnell wieder, wenn sie Men­sche» gewahrten.

Nach einigen Tagen setzte die Horde über den Strom; er war an der Stelle wo man den Ileber- ? gang unternahm, sehr seicht und ohne Gefahr zu j durchwaten. Nachdem ei» paar Bergrücken über­stiegen waren, breitete sich vor den Blicken der un- stälcn Wanderer die große unabsehbare Wüste Sa­hara aus. Mit einem Gefühle der Wehmuih schaute Manuele auf das vor ihr liegende ungeheure Sand- meer; hier schien die Macht der schaffenden Natur erlahmt zu sey». Ehe noch die Laobes den letzten fruchtbaren Hügel verließen, versahen sie sich reich­lich mit Früchten und füllten alle vorräthige» Schläuche voll Wasser. Man beschloß noch einen. Tag zu rasten und dieser Beschluß erwies sich als sehr heilbringend, denn gegen Mittag erhob sich der entsetzliche Samum und thürmte vor den Augen der noch in Sicherheit sich befindenden Nomadcn- Horde Berge von Sand empor. Gleich empörten Meereswellen wälzte» sich ungeheure Staubmassen auf und nieder, dem Donner ähnlich braus'tc der Sturm, aber kein lindernder Tropfen R:gen kühlte die glühene Elemente: Luft und Erde. Eine Menge Vögel fielen tvdt herab und das Angstgc- schrei der vicrfüßigen Thierc vermischte sich grausig mit dem Geheul des Windes.

Ein so furchtbares NaturMunder hatte Manuele noch nicht gesehen; ihr Herz bebte, und angstvoll schaute sie in das wilde Chaos und glaubte, der Untergang der Welt sey jetzt erschienen.

Glücklicherweise war der verderbliche Samum diesesmal nicht lang anhaltend. Als die vorher so empörten Elemente sich beruhigt hatten, trat die Horde ihren Zug wieder an. Aber bald wurde die­ser aufs neue unterbrochen, da die Alte sehr plötz­lich erkrankte und schon am zweiten Lage in den