4rz
M a st u r '
(Fortsetz ung.)
Dl« Wandernden sahen einander ftrstaunt an; henn die Stimme, deren Sprecher 'nicht gesehen Wurde, klang so dumpf und eintbnig, ja fast gcisier- «riig, daß Manuele sich eines Schauders nicht erwehren konnte.
Ader Henri faßte sich bald 'und antwortete: '„Wer Du auch sry» magst, Bewohner dieser einsamen Stätte: wenn Du ein Unglücklicher bist, so Nahen wir Dir gern, denn in unser» Herzen ist baS Gefühl des Mitleids noch nicht erstorben. Wir sind ein paar Reisende au- fernem Lande, die schon Mehrere Lage in diesen öden Gegenden umhcrirrcu und sich lange keines guten Obdach- erfreuten. Darum übe Gastfreundschaft an uns, und gestalte: daß wir cintrcten dürfen in deine abgelegene Wohnung; Du hast »ichkS von un-S zu fürchten."
„Fürchten s" ließ sich die dumpfe Stimme wieder vernehmen, „sch fürchte schon lange nichts «lehr in dieser W>lt, wes, ich nichts mehr hoffe!"
Der Ton, in welchem diese Worte gesprochen wurden, klang durchaus nicht wie Hohn; er hatte vielmehr Nehnlichkeir mit einer Klage, in die sich ein tief gealterter, lief im Busen verschlossener Schmerz der einer unvermulhcien Anreizung un- lvillkührlich ergießt.
„Dann bist Du wohl sehr unglücklich, Du armer Einsamer!" rief der Missionär.
„Ja daS bin sch!" antwortete die Stimme.
„Kann ich Dir vielleicht Helsen s" fragte Henri theil nehmend.
„Nein, daS kannst Du nicht!" war die Antwort, die von einem schwere» Seufzer begleitet wurde.
„Aber Deiu Leide» wohl durch Mitgefühl Und sanfte» Trost linder» s" fuhr Henri fort.
„Ich zweifle," erwicdcrtc die Stimme.im Garten. Spare Deine Mühe, gutherziger Frager und dekümmre Oifh nicht um meiu Unglück. Ich trage cs schon seit Jahren allein und ich lebe noch. Aber ich hoffe, e» wird bald zu Ende seyn. Doch genug von mir. Du begehrst ein Obdach; das soll Euch werden. Geht an der Unzäunung dieses Gartens vorüber. Auf der andern Seite dcS ThurmcS werdet Ihr eine Hütte sehen, sdie von demselben kaum 2M Schritte entfernt ist. Sic kann Euch zur Mvhnu«S dienen, so tauge cs Euch hier gefällt.
l Kommt nach einer Weile iwieder an dies- kleine Gartenpforte, da Iwccdet Ihr LedcnSmittel finden. Mein Gehege aber betretet nicht, noch weniger de»
^ gehrt mich zu schauen!"
„Warum," fragte Henri: „verweigerst Du uns so hartnäckig Deinen Anblick, edler Unbekannter? Die Gabe erhält für de» Empfänger einen unendlich größeren Werih, wenn ein freundlicher Bück dcS Spenders sie begleitet."
„Eben weil ich keinen freundlichen Blick habe," wurde dem Frager zur Antwort: „spende ich die ! Gabe der Gastfreundschaft ungesehen, denn mein ' Anblick würde sie Ejich verleiden. Drängt Euch nicht zu mir, begehret nicht mein Antlitz zu sehen, wenn Ihr nicht wollt, baß Euch Abscheu und Entsetzen erfassen sollen."
„J h scheue mich nur vor dem Lasterhaften,' aber nie vor dem Unglücklichen, i» welcher Gestalt er auch erscheinen möge!" versetzte der Missionär. „Darum verbirg Dich nicht vor mir, wenn Dich auch die Natur noch so stiefmütterlich behandelt und mißgestaltet habe» sollte. Meine Thcilnahme kann sich in diesem Fasle nur noch vermehren!"
„Laß sehn, ob Du wahr sprichst!" erwiebertc die Stimme und ein schwarzbrauner Man» trat in die geöffnete Gärkciuhür, bei dessen Anblicke Manuele erschrocken zurückwich und einen Schrei des
> Entsetzens, der sich unwillkührlich auch ihrer Brust i drängte, nicht unterdrücken konnte. Auch der sonst
> immer gefaßte Henri stand betroffen, denn eine
> solche Jammergestalt hatten seine Augen noch nie gesehen. Ein Aussätziger stand vor ihnen, dessen Gesicht von der fürchterlich zerstörenden Krankheit auf da- schrecklichste entstellt war. Hautfarbe. Haar und Klcidung des Unglücklichen dczcichnelerr
I einen Mann aus dem Stamme der allen kupfer- braunen Poulen.
! „WaS schaut mein Blick;?" rftf der Aussätzige: „Ihr scyd Weiße, u»d wenn meine Vermuthuag , nicht trügt, wohl gar Christ!»? Q dürste ick Euch ' doch willkommen heißen in meiner einsamen Wohnung. Aber ach, ich sehe auch Euch vor Schreck erstarrt und von dem Entsetzen ergriffen, das mein Anblick jedem menschlichen Wesen einflößt. An efteter Probe wird Euer Miilcid, oder vielmehr die Neigung, Unglückliche zu trösten, wohl scheitern, und Ihr werdet gleich den Bewohnern dieses Er»- strschcs, schaudernd ven dannen flieh», nachdem Ihr mich gesehen f"