lähmen, der anfänglich de» Städter wie den Bauer beseelte: zur Rettung des Landesherr» nach Kräfte» bcizutragen. Und so schwand die Hoffnung der Herzogin, ihren thcurcn Gemahl in einiger Zeit befreit zu sehe» — immer mehr und mehr. In gleichem Maße nahm daher auch ihr Gram überhand, und ihre täglich mehr erblassenden Wangen, ihre verweinten Augen, ihr matter Blick verkündeten nur zu deutlich, daß ihr wundes Herz in dem schweren Seclenkampfe unterliegen würde.
Das durchschnitt gleich einem scharfen Schwerdte die Brust des treuen Franz. Die hohe engelmilde Frau, die er im Stillen so unaussprechlich liebte, langsam dahinwelken zu sehen, ohne ihr Hülfe bringen zu kdnncn, das war für ihn mehr als Höllenqual. Längst schon war der Gedanke in ihm aufgekeimt, nach Palästina zu pilgern, den Herzog aufzusuchen und ihn zu befreien. Aber als sein Verstand genauer prüfte, fand er, daß dieser Entschluß nur ein schwärmischcc, eine Ausgeburt der erhitzten Fantasie sey, wenn die gehörigen Mittel fehlten, ihn vernünftig auszusüyren. Diese Mittel konnten zwar wie er wußte, leicht herbeigeschaffi werde» — aber durfte er wohl hoffen, daß man sie j ihm, dem unerfahrenen Jünglinge, für dessen Treue ^ Niemand sichre Bürgschaft stellen konnte, anver- traucn würde, da man schon Anstand genommen hatte, sie in die Hände zweier junge» Männer zu legen, die älter waren, als er, und schon vermöge ihrer glänzenden FamilienVerhältniffe in zehnfach größerem Ansehen standen. Nein, cs war nur zu deutlich vorauszusehen, daß man ihn, wenn,er sein Vorhaben bekannt machte, verlachen und nicht von dannen lassen würde. Darum mußte er seinen Plan noch still in sich verschließen, wie seine Liebe lind die Zeit erwarten, die vielleicht ein Mittel zur Ausführung für ihn hcrbciführen konnte. Alle seine geheimen Wünsche, all' seine Gedanken, selbst ß sein tägliches Gebet gingen nur dahin: daß ihm der Himmel bald vergönnen möge, das gewagte Abentheuer zu beginnen und glücklich auszuführcn, ehe noch-Sic holdseelige Herzogin ganz die Beute ihres Grames würde.
Einige Wochen waren seit der Rückkehr des Knappen Anselm verstrichen, und noch hatte man obgleich schon eine ansehnliche Summe Geldes eingegangen war, keinen bestimmten Entschluß wegen der Loßkaufung des Landesherrn gefaßt; da ereignete sich am Hofe zu Bricg ein höchst seltener, fast unerhörter Vorfall, der Alles in Erstaunen, Bestürzung und Aufruhr versetzte. Katharina vermißte an einem Morgen ihr Schmuckkästlein, in welchem zwei goldene Ketten von großem Werth, mehrere brillantene Ohrringe und eine bedeutende Anzahl anderer kvstaren Juwelen aufbewahrt lagen, die thcils Geschenke ihres Gemahls theils geerbter Schmuck ^ von ihrer Mutter waren. Ein Diebstahl in den geheimen herzoglichen Zimmern war ein Lreigniß ! das in einem Menschenaltcr noch nicht vvrgekom- j me» war, und pfeilschnell stch verbreitend jeden s
c mit Entrüstung gegen den stechen, aber noch unbc-
- kannten Thätcr erfüllte.
c Diesen ohne Verzug auszumitteln, war das ci-
t lige Geschäft der Justiz. Unter der eignen Leitung
> des Oberrichkcrs wurde sogleich eine strenge Unter-
- sucbung vorgcnommcn, und alle Hofbcamtcn, alle
, Diener, vom höchsten bis zum niedrigste» jmußtcn
- sich gefallen lassen, daß ihre Zimmer, so wie jedes
> darin befindliche Gcräth aus das Genaueste durchsucht wurde». Endlich kam man auch in Franzens Gemach, der so eben von einem herzoglichen Kam-
! merguie, wohin er heut in aller Frühe auf Befehl der Gebieterin geritten war, zurückkchrte, und von dem Vorgefallencn noch gar nichts wußte. Eine sichtbare Bestürzung ergriff ihn, als man ihm die Schlüssel zu seinem Schranke und Schreibepult abforderte. Er verlangte die Ursache zu wissen, warum dieses geschähe. Man sagte sie ihm und tröstete sein durch die seltsame Zammhung verletztes Ehrgefühl damit, daß stch jeder Schloßbewohner diesem Verfahren unterworfen habe, welches zwar harr scheine, aber durch den Drang der Umstände entschuldigt werde» müsse. Doch durch diese ^ Vorstellung wurde der Page nicht beruhigt. Seine Bestürzung wuchs vielmehr und schien in eine Betäubung überzngehen, die nothwcndig auffallen und Verdacht erregen mußte, obgleich Keiner der Untersuchenden geglaubt hatte, ln dem sonst so redliche» Franz einen Schuldigen zu finden. Er stand sprachlos da, senkte die Blicke starr zu Bode», zitterte am gaazen Körper und seine vorher erblaßte» Wangen überflog plötzlich der Schaamröthe Purpur Mit lauernde» Blicken beobachtete der Obecrichkcr den Jüngling eine lange Weile. Dann gebot er ihm noch einmal seine Schlüssel zu überliefern.
„Hier ist der, welcher den Schrank aufschließt/'
z sagte ticfaufscufzend Franz: „den zum Schreibepulte aber kann ich nicht geben!"
Warum nicht t fragte der Obcrrichter streng. Grad Eure Weigerung, Junker, macht es mir znr Pflicht, auf meinem Begehr zu verharren; denn sie erregt meinen Verdacht!
„Fragt meine Gebieterin," rief der Page gefaßter: „ob der treuste ihrer Diener wohl diesem entehrenden Verdacht preis gegeben werden soll. Auf der Steile will ich zu ihr, um sie inständig zu bitten, daß ich von der schimpfliche» Untersuchung verschont bleiben möge."
Nickt von dannen! befahl der, durch den plötzlichen Trotz des Jünglings gereizte Obcrrichter mir gebieterischer Stimme. Mit Euch wird die Herzogin keine Ausnahme mache». Und wollte sie cs, ich würde widerstreben; denn klar muß ich endlich sehen in dieser Sache. Darum ohne Umstände, den Schlüssel heraus, junger Herr — oder ich lasse das Schreibepult mit Gewalt erbrechen!
//Ich schwöre bei Ehre und Seligkeit!" rief Franz ausser stch und warf sich zu den Füßen des strengen Mannes: „der Schmuck ist nicht in diesem. Behällniß. Ich bin kein diebischer Bube, brr