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ihn der Gedanke, sich nur einer einzigen Bemerkung zu bedienen, die in einer Volks­versammlung und vor Gesetzgebern wohl den Grund zu einer vollkommenen Dcrkhei- digung halte abgeben können.Die Ange­klagte," sagte er:bekennt ihre fürchterliche Thal mit kaltem Blute, und daß ihr Vor­satz schon langst gefaßt und überlegt war; belennt mit kaltem Blute die abscheulichen Umstände; kurz, sic bekennt aller, findet ih­ren Ruhm in allem, und sucht sich über nichts zu entschuldigen. Hierin liegt ihre ganze Rechtfertigung. Diese so unerschüt­terliche Ruhe bei einem so jungen Mädchen, diese erhabene Entsagung ihrer selbst, gleich­sam im Angesicht de- Todes, sind nicht na­türlich, sondern entspringen aus dem politi- scheu Fanatismus, der ihr den Dolch in die Hände gab. An Euch ist eS, diese Bemer­kung auf der Waage der Gerechtigkeit zu wiegen !" Bei diesen Worten glänzte Zu­friedenheit aus Charlvtt'cnö Gesicht; die Ge- schwornen sammelten ihre Stimmen; natür­lich war Tod das einstimmige Urkheil. Der Präsident sprach daS TodeSurtheil aus, sankt der Konfiskation ihres Vermögens. Daraus fragte er sie: ob sie etwas gegen die An­wendung des Gesetzes cinzuwenden habe? Statt aller Antwort ließ sie durch die Wache sich zu ihrem Vertheidiger führen und sagte zu demselben mit vieler Anmuth und Gra­zie :Mein Herr, ich danke Ihnen für den Muth, womit Sic. mich auf eine Art vcr- thcidigt haben, die Ihrer und meiner wür­dig war. Diese Herren (indem sie sich ge­gen die Richter wendete) haben mein Ver­mögen konfiszirt aber ich will Ihnen ein größeres Merkmal meiner Dankbarkeit ge­ben; ich bitte Sie, für mich zu bezahlen, was ich im Gsfängniß schuldig geworden bin und ich zähle aus Ihre Großmuth. Nicht mehr als 36 Livres in Assignaten betrugen diese Schulden, welche der edle Vertheidiger, am folgenden Morgen sofort bezahlte. In einen rothen Mantel gehüllt, ward sie nun auf das Blutgerüst geführt; mit lächelnder Miene ging sie durch das Volk, für das sie starb unv von dem sie verwünscht wurde.

Diese ruhige Fassung behielt sie bis zum letzten Augenblicke. Aus der Volksmenge, die das Schaffst umgab, ries eine Stimme in höchster Bewunderung solchen Muthes: Seht, sie ist größer als Brutus!" ES war ein Deputirker der Stadt Mainz, Namens Adam Lux; um ihr ins Grad zu folgen, schrieb er an das Tribunal, und verlangte zu sterben, wie Charlotte Cerdap, deren Hinrichtung durch die Guillotine am 17. Julius 179z Statt hatte.

Andächtiges Gebet.

In der Kirche zu H . . . saß eine alte Frau und betete sehr andächtig halblaut aur dem Gesangbuche. Einem Nachbar von ihr, fielen einige Worte ihres Gebets son» dcrbar aus, und er hörte deswegen aufmerk­sam zu, was sie sprach. Hier vernahm er nun unter andächtigen Seufzern die Worte: Wir Friedrich, von Gottes Gnaden, Köniz von Preußen thun kund und fügen hicmit zu wissen;" und mit verzücktem, gen Him­mel gerichtetem Blicke fuhr sie fort:Nach­dem unser Departement der geistlichen An­gelegenheiten dem hiesige» Buchhändler Au­gust Mplius den Verlag des neuen Gesang­buchs für die Kur- und Nenmarkt unter der Bedingung zugestanden hat." Hier hielt sie wieder iuue, seufzte tief und lat nun das Privilegium bis zu den Worten: Aus Sr. Königl. Majestät allcrgnädigsten Spezialbefehl Von Münchhausen." Als sie das Buch zugeschlagen hatte, sprach der Horcher zu ihr:Aber, liebe Frau! wie kommt sie dazu, ein Privilegium für ein Gebet zu halten?"Ich hab's nicht be­merkt," versetzte die Beterin;ich dachte nur an meinen versoffenen Mann, der mir heute Morgen schon das Leben recht sauer gemacht hat. Kann ich dafür? Warum druckt man solch Zeug in ein Gesangbuch.