es wird Dir doch am Ende kein anderer Retter übrig bleiben, als ich."

Alle setzten sich nun wieder zu dem gro­ßen Tische und sprachen dem Humpen flei­ßig zu. Auch die Schildwache von draußen kam auf des Hauptmanns Ruf herein, that ein paar kräftige Züge, und gieng dann wie­der hinaus. Aengstlich zählte ich nun die Minuten an der Wanduhr. Es fehlte nicht viel mehr als eine Stunde zum Ablauf der Frist. O Gott, laß mir mein Wagestück gelingen ! betete ich still : und senke des Schla­fes bleiernes Gefieder auf die Augen dieser Verworfenen, ehe die kurze Zeit verrinnt.

Endlich fing sich an, die Wirkung des narkotischen Mittels zu zeigen. Ei» Räuber nach dem andern^ fiel in festen Schlummer. Nach einer Viertelstunde schnarchten Alle laut. Ich sank auf meine Kniee, dankte Gott für den bisherigen guten Erfolg mei­ner List, und bat ihn, mir ferner zu Helsen.

Leise gieng ich dann zu Lorettas Lager, und flüsterte der Unglücklichen ins Ohr: ,,Willst Du mit mir fliehen? Ich werde sür Dich sorgen.

Sie, sah mich mit thränendcn Augen an, und nickte mit dem Kopfe- Ohne Geräusch und auf den Zehen schlichen wir aus der Schauderhöhle. Der auf Schildwacht ste­hende Bandit war zu unserer Freude gleich­falls in tiefen Schlummer gesunken, und welcher glückliche Fund! nicht weit von ihm stand mein Maulesel, an einen Baum gebunden. Nun konnten wir auf eine schnel- lere Flucht rechnen; wir setzten uns nun Beide auf das Thier, und ließen es in den Wald hineintrabcn. Ich fragte Loretta, ob sie den Weg nach Giaveno wüßte. Sie be­jahte, wollte ihn aber nicht einschlagen, aus Furcht, wir möchten auf die zwei von dort zurückkehrenden Räuber stoßen. Ich mußte ihr Recht geben, und wir nahmen eine an­dere Richtung, etwas seitwärts von dieser. Aber kaum waren wir eine halbe Stunde fortgeritten, als wir Lärme» hinter uns hör­ten, und die Stimmen der nachsetzenden Räuber zu vernehmen glaubten. Don To­desangst ergriffen, trieben wir das Thier zu

noch größerer Eile. Es setzte mit uns über Stock und Stein aber plötzlich stürzte es über einen Felsblock. Mit dem Ausrufe: ich bin verloren! fiel ich mit großer Heftig­keit gegen einen Baumstamm. Schreck, Schmerz und Todesfurcht beraubten mich meiner Sinne.

Als ich wieder zu mir selbst kam, hiel­ten eines Mannes Arme mich fest umschlun­gen. Ich glaubte in der Gewalt des häß­lichen Räubers zu sehn, und rief, ohne auf­zusehen, mit mattem Tone: Ermorde mich, schrecklicher Mensch! kühle Deine Rache in meinem Blute; aber mache es kurz, und martere mich nicht!

Meine geliebte Jennp, antwortete eine liebe- bekannte Stimme. Ich blickte auf, und lag am Halse meines Bräutigams. Welch' ein Uebcrgang von der höchsten Noth zum süßesten Glücke!

Vor mir stand mein Schwager, ein paar unsrer Bedienten, einige Sbirren, und etwa fünfzehn bis zwanzig Soldaten, ein Paar gefangene Räuber in ihrer Mitte; cs waren die, welche das Lösegeld holen sollten.

Oberst Steane hatte, als ich gestern über­fallen wurde, obwohl er eine große Strecke voraus war, meine Gefangennehmung den­noch gehört, und war entschlossen gewesen, sein Leben für meine Befreiung zu wagen. Ohne zu bedenken, daß er, der Einzelne (denn die Führer hatten die Flucht ergriffen, und die zwei Bedienten waren bei seiner Frau zurückgeblieben,) gegen eine Menge gut be­waffneter Räuber bald erliegen müße, war er mit gezogenen Pistolen dem Schalle nach- gegangen. Aber ein Angsigeschrci meiner Schwester hatte ihn, weil er glaubte, daß auch diese hinter seinem Rücken von frechen Buben angcfallen worden sei, wieder zurück- geführt. Nun konnte er bei der großen Dunkelheit meine Spur nicht mehr finden. Schnell entschlossen, dennoch Alles zu meiner Rettung aufzubieten, eilte er mit der größ­ten Hast nach Giaveno, und fand dort welch' seltsamer Zufall! ein Commando Soldaten, von einigen Sbirren angeführt, eben zum Aufbruch bereit, um die in der