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chcn Anblick sticht ertragen; er entfloh, Nie­mand hat ihn je wieder gesehen.

Während deß kgm mit Windlichtern und Ge­sang ein Zug der Fischerlcutc von Schandau, welche dem Müller und seiner Frau ihr Kind suchen Helsen wollten. Unheil ahnend und bang um das lange Ausbleiben Rudolphs hatte sich der Oberförster dem Zuge beigescllt. Schon von Weitem sahen die Herbcikvmmenden Rudolphs Schmerz und des entseelten Mädchens holde Ge­stalt, einer geknickten Lilie gleich, auf der Klip­pe liegen.

Ein allgemeines Wehklagen erhob sich bei diesem Anblick. Wie vom Donner niederge­schmettert sank Vater Johannes neben der Leiche seines Kindes hin, im stummen, thränenloscn Jammer rang die Mutter die Hände, Alles weinte! Käthchen war die Rose der Gegend, die schönste, lieblichste von allen Mädchen ringsum, fromm, sittsam, ohne Tadel; um ihre Liebe zu Rudolph hatte Niemand erfahren, und hätten sic es, Niemand hätte Arges von ihr gedacht, einmüthig priesen sie die Wehklagende», die Müt- rer suchten die Mutter, die Greise den Vater zu trösten; weinend knieten die jungen Mädchen um die Leiche, liebreich drückten sie ihr die Au­gen zu und befreiten von Blutflecken die schöne Stirne. Rudolph aber starrte regungslos auf den ganten Vorgang hin; er weinte nicht, er klagte nicht, er antwortete auf keine Frage, nur als die Fischerleute sich der entseelten Hülle nab­ten, um sie aufzuheben und davon zu tragen, stieß er sic Alle mit Ungestüm fort, nahm sie selbst auf seine Arme und trug sie schweigend unter ihres Vaters Dach, wohin er sie gestern, fast um die nähmlichc Stunde, geleitet. Wie­derum glänzte das Haus im Mondlichte klar und alle Blüthen hauchten ihre Düfte aber die Seele aller Lieblichkeit war für ihn dahin.

Odcmlos angelangt in der Mühle, legte Ru­dolph seine süße und schmerzliche Last sanft nie­der und zog sich stumm in die Dunkelheit zurück. Während die Frauen um Kälbchens bleiche, wie im Schlummer friedlich lächelnde Gestalt be­schäftigt waren, trat der Oberförster weinend vor seinen Sohn .hi», bot ihm die Rechte dar und sprach: Rudolph,. Hab' ich noch einen Sohn s Schweigend »ahm der,Jüngling des Va­ters Hand, drückte sie an sein Herz und sprach: Siehst du, Vater, daß mein Mädchen unbeschol­ten war? Hörst du ihre Todtenfeier? L! ich bin zu hart gewesen, seufzte der Alte; wir arme Menschen alle »ergehen uns, so wir nicht Milde übenl Seufzend blickte Rudolph himmelan. -Wirst dich faßen können, Rudolph? klagte der Alte. Ja, Vater, ich will leben, denn ich muß büßen für. sie und mich! Jndeß wurden frische hlindrnd weiße Gewandt der jungfräuli­

chen Gestalt um-ethcm und die Mädchen um» wanden sie mit duftenden Blüthenrankcn, wei­nend und betend für die Ruhe ihrer «nsterdlichen Seele. Geweihter Bodett war ihr versagt, doch an der Felswand der Mühle gegenüber senkten die Fischer sie unter Gebet und frommen Lie­dern ein.

- Rudolph gedachte des Liedes, das ihm Käth- chen gestern gesungen:

Ein Häuschen will ich baue»

Auf mein fein Liedchens Grab,

Und will auf Gott vertrauen.

Bis kommt mein Sterbetag.

Und er baute sich seine Wohnung neben ih­rer Gruft.

Wo jetzt, der Mühle gegenüber, das ländli­che Forsthaus, bis an den Gnbel hinauf von Ro- scnbüschen umrcuikt, im Nußbaumschalten steht, dicht am Felshang, da lebte Rudolph in Thrä- nen hi», sanst und wchmmhsvoll, bis er in sei­nes Vaters Armen verschied.

Die Landlcute, eingedenk der letzten Worte Käthchens, nannten den Platz, wo sie sich in die Kirnitsch gestürzt: Käthchen-Täufe, und so ost ein Bewohner >e»es anmttthsvollen Tha­ies den Wanderer dort vorüber geleitet, bleibt er verweilend unter den flüsternden Erlen stehen, mit denen die verhäng,üßvolle Stelle neu be­pflanzt ist, und sagt, das ist Käthchen-Täu­fe! Höher wölbten sich hier die Felsmassen, ein frischer Schmelz schmückt die Wiesen hier, und vom ernsten Tannicht herüber und aus der rauschenden, gewaltigen Fluih klingt es, wie Liedesklagen oftmals schon glaubten die Land­lcute, vvrüberwandelnd dem Fcl-stück, Käthchen dort im Mondlicht sitzen zu sehen und ihr sanf­tes Lied zu vernehme».

Ein Haus hatte zum Schilde:Die heiligen drei Könige." Einer dieser z Könige war durch die Lange der Zeit vom Wetter weggewaschcn worden, so, daß nur die andern beiden bemerkbar waren. Der Hausverwalter meldete drcß dem Haus­herrn mit der Bitte, er möchte wieder ei­nen dritten dazu malen lassen. Dieser aber, ein Filz, gab zur Antwort, das verursache ihm zu viele Kosten, er möchte also nur die Unterschrift des Schildes da­hin andern lassen, daß darauf zu stehen käme:Zu den zwei heiligen drei Königen."