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and es wäre auf Ummer um meine Exi­stenz geschehen.

Vernunft. Glaubst du ?

Mode. Allerdings, nichts ist gewißer.

Vernunft. Du irrst; ich meine, es ließe sich Beides recht gut vereinigen. Mache Du nur einmal, daß es Mode wird, vernünftig zu sepn und zu handeln.

Mode. Daß ich eine Thörin wäre! Frau Vernunft, ich sehe, daß Sie falsch und hinterlistig Md, und mir eine Falle legen wollen. Vergessen Sie nicht, daß, wer dem Anvern eine Grube gräbt, zu­letzt selbst hincinfallt.

Vernunft. Mich leitet kein ande­rer Grund, als das Wohl der Menschen; ich liebe sie und möchte sie glücklich und weise sehen.

Mode. Glücklich und weise? Vivat! Dicß wäre allerdings die neueste Mo­de, die sich erdenken ließ; wohlan! ich will Dir ein Brevet dalür geben. . . Auf wie läng? Zehn, fünfzehn. lün,zig . . .

Vernunft. Auf immer.

M 0 d e. Die Vernein lt ist närrisch geworden. Auf immer! Wo denkst Du denn hin? Laßt sich Mode und Bestän­digkeit .wohl vereinigen ?

Der n uni t.,- Wohlan ! sy will ich mich mit einem halben Jahrhundert begnügen.

Mode, (singt) -Vli ls xoveriiiL instta! Ich meinte, Minuten meine Theuerste. Ein vernünftiges halbes Jahrhundert: wie unvernünftig, so etwa» nur möglich zu glaube» ! Wenn die Menschen ein hal­bes Jahrhundert weise und glücklich wä­ren- dann wären mir Scestter und Reich entr.isi-.n- Nein, Dame Vernunft, da w'rrv nichts daran-.

' Virnunft. Fünfzig Minuten, Thö- rr'st! Dem Whist. Basion, Ecarl^ und andern Spielen hast ja schon viele Führe eing'eräumt.

Mode. .Das Spiel,, das darf mir Niemand tadeln. Alles, wäs es gewinnt, wird M. geweiht.

Vernunft. Ich sehe wohl, dag sich mit Dir nicht vernünftig reden läßt.

Mode. Undankbare, ungerechte Göt­tin! Habe ich nicht Addisson, Voltaire, Franklin und Jean Jaqucs gehoben? Ha­be ich es nicht dahin gebracht, daß es jetzt Mode ist, Verstand, Kenntnisse, Wissen- schäften und Talente zu besitzen, oder we­nigstens sich den Anschein zu geben, alt besäße man dergleichen? Was kann ich dafür, daß Dummtöpfe dieß nicht recht anzufangen verstehen. - Habe ich nicht die Aufklärung in die Mode gebracht? Selbst da, wo es stockfinster ist, zündet man we­nigstens Blendlaternen an. Ist es jetzt nicht die größte Schande, für einen Dumm­kops oder Ignoranten zu passiren, und sucht nunmehr nicht ein Jeder lieber zu- erst für gescheit, witzig, .vcr>länüig, unter­richtet, gebildet und talentvoll, als für reich oder adelig zu gelten, wenn er nicht ein ausgemachter SchaiSkopf ist.

Vernunft. In dem, was Du sagst, liegt manches Wahre; aber es ist mehr das Verdienst der Dame Eitelkeit, al» da» Dcinige.

- Mode. Ich sehe- wohl, wir werden nie einig werden; und sollte eS ja dahin kommen, daß die Vernunft Mode würde, so mag man mich sogleich begraben. Glücklicherweise ist aber in diesem und dem nächsten Jahrhundert noch keine Aus­sicht dazu. Die Narrheit und Thorheit habe ich einzig und allein zu permanen­ten Mode gemacht, und so lange Men­schen existiren, existiren diese, und folg­lich meine Macht, welche zu erschüttern die Vernunft viel zu schwach ist. Jetzt lebe wohl! So eben begehrt man mich auf der Börse, dann auf der Promenade, dann im Schauspiel' und zuletzt auf dem Ball. Du siehst, ich bip für alle Stun­den versagt und habe schon viel, zu viel Zeit bei dir zugebracht, ässje» » j-ms!,! (hüpft xslxUi singend, ab; di»

Vernunft schleift seufzend ins Gebüsch).