kenen Stelle nieder und eilte zum Wagen zu­rück. Luitgarde hakte sich ausgcrichtet, sic reich­te dem hülsreichcn Fremden die Hand ihr Auge begegnete dem scinigeii und eine Purpur- glurh schoß in ihre Wangen. Es war eines der schönsten, wenigstens der bcdentensten Männer­gesichter, die sie je gesehen. Große, dunkelglü­hende Augen blitzten sie unter schön gewölbten Braunen au, eine regelmäßige Nase senkte sich jU feingcspalttnen Lippe» nieder, und zwischen einem dunkeln Schnurrbart blickten blülhenwciße Zähne hervor, indem er mit Anstand und rei­ner Sprache ihr Hüls' anbot. Auch er schien betroffen übe: den Anblick seiner Geröteten, und Luitgarde bemerkte leicht, daß er sic mit mehr als gewöhnlicher Höflichkeit behandelte. Ec bot ihr seinen Arm, er leitete sie sorglich vnd an einer sehr sumpfigen Stelle erbat er sich die Erlaubniß, sie aus seine» Armen hinüber zu tragen. Ihr blieb nichts übrig als einzu- willigen, wenn sie nicht bis an den Knöchel ver­sinken wollte. Ehrerbiethig umfaßte er «ie, kein Unanständiges Nahen, kein kühner Blick miß­brauchte die verführerische Lage. ' -Ohne die Augen zu ihr zu erheben, ohne einen Laut trug er sie über den Sumpf, se»re sic am trockenen Rande des Weges hin und'wagge nur sie zu halten, bis sie sich gesammelt hatte, damit sie nicht vielleicht, vom Schwindel ergriffen, in die Tiefe stürtzcn möchte. Jetzt, als ihre ganze Besinnung zurückgekehrt war. dankte sie dem Fremden sehr verbtnSüch, der nicht ohne Ver­legenheit ihren Dank annahm aber sogleich zu dem Wagen eilte und hier durch Rach und Hülfe das Beste that. Seine Augen hatten schnell Alles gefaßt, AlleS bemerkt. Er befahl, er herrschte den Lenten zu; keiner war, der sich tvidersekte, dem auch nur cinfiel, .sich über de» gebietenden Lo» des Fremden-auszuhalten. Der Wagen wurde jusammengeknüpfr, so gut es möglich war, und langsam den Berg hinab in das Haus geleitet, das der Fremde ihnen de- zeichnete, und wo sic Gerächt, Werkzeug und helfende Hände finden sollten; er aber kehrte nun zu den Frauen zurück und fragte Luitgar­den, ob sie nicht ebenfalls mit hinunter in das Haus gehen wölkte, wo sie sich erhole» und mit mehr Bequemlichkeit warte» könnte, bis der Wagen wieder- zurecht gemacht seyn würde. Sie willigte ein, der Fremde ging.neben ihr her, die Kutsche mit den Domestiken folgte langsam. So kam der Zug den Abhang hiunn- ter. Der Fremde unterhielt sie mit verständigen Gesprächen und zeigte eine Denkart und Sit­ten, die weit über dem schienen, was sein An­zug verkündete. Unter anderm befragte er sie, warum sie nicht lieber den bequemer» -Weg un­ten durchs Waldthal gefahren wären, da die Straße,her den Berg in dieser Jahrszeit isn-

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wer schlecht wäre? Luitgarde lächelte rrnß sagte nach einem kleinen Bedenken: die Straße ha unten durch den Wald soll unsicher seyn, mein Obcim hat für mich gefürchtet.

- Und Ihr, edles Fräulein fürchtet Euch nicht?

Nein, erwicdecte Luitgarde: Man sagt, der Räuberhauptmanm, der schwarze Fritz, wie sie ihn nennen, hat stets gute Kundschaft von Allem, so wird er auch gewußt baden, daß ein Fräulein, welches mit ein Paar Domestiken eine Freundin» zu besuche» fährt, keine Schätze bei sich führt, die ihn rcitzcn könnten.

Ganz wrhl, mein Fräulein-, aber der schwarze Fritz soll nicht blos raubst,h,sg, er soll auch ocr- weaen uqd grausam seyn und oft zur Lust 'Nein, crwicdcrce Lnikgalde bestimmt: das glaube ich nicht. Ohne Zweck, ohne Aussicht aus reiche Beute, um blos Ucdcls zu thun, wird der Mensch kein Verbreche» begehen.

Habt Ihr de»n> eine bessere Meinung von ihm, als die Wclt's fragte der Fremde zwrt- fclnd-

Die bab ich antwortete Luitgarde.

W"irklick fuhr der Mann ans. Und war­um 's Woher 's

ES ma, Luch vielleicht seltsam scheinen, ant­wortete Luitgarde gelassen, als sie ans der Hef­tigkeit der Frage aus eine Mißbilligung ihr» Ansicht schloß. Es mag Euch seltsam scheinen» aber ich kam; nun einmal oe» die»-,» schwar­ze» Fritz mcht äli' da» Böse glauben, was man sich ercählk.

Der Fremde blieb einen Augenblick stehen und sah Luitgarde mit einem seltsamen Blick an. Wirklich, edles Fräulein's Thni Ihr das?

Ja, cntgegnele Luitgarde obgleich Jpr nicht meiner Mcinung zu seyn und das Urthcil der Menge zu thcilcn scheint. Und nun erzählte sie ihm sehr gesprächig allerlei Anekdoten, dir sie vom schwarzen Fritz gehört hakte, und in welchen allen sie bei wilden Lhate» und verwerf­lichem Beginnen eine gewisse Größe der Seelr und eine nickt gemeine Denkart zu finden glaubte. Der Fremde widersprach ihr öfters, er sah den Räubcrhauptmann in viel ungünstige­rem Licht, er schien von seinem Beginnen ziem­lich genau untcrrichtcl zu seyn, indem er ihr manches Unbekannte von ihm sagte und unter anderm auch gewiß versicherte, er ,'cy schwedischer Offizier gewesen, habe mit Auszeichnung ge­bient, und nach dem Frieden aus Kränkung und Verzweiflung seine jetzige Lebensart ergriffen, aber er erklärte sich bestimmt gegen ,hn.

Ich kann Euch üiu,t widersprechen, da Ihr so wohl unterrichtet seyd, sagte sie endlich; av,r ich versichere Euch, daß ich mit schwerem Her­zen meine bessere Meinung von diesem Men­schen aufgcbc.

(Fortsetzung folgt.)