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Anekdoten und Erzählungen.

Der schwarze Fritz.

(Fortsetzung.)

Indessen mehrten sich die Gerüchte von den Räuberbanden, die hier und da in Wäldern oder verwüsteten Schlösser» sich aufhielten, und von dort Schrecken und Unglück über ganze Gegenden verbreiteren- Die aller schrecklichsten, so wie die seltsamsten Erzählungen wurden von einer dieser Gesellschaften verbreitet, deren Haupt- mann der schwarze Fritz genannt wurde, und allgemein als der kühnste und entschlossenste Räuber bekannt war. Einige hielten ihn für ei­nen Mannsfcldschen Freibeuter, andere für ei­ne», dunkelfarbigen Italiener von des Kardinal Infa.ntc» Truppen, noch Andere machten ihn zu einem Kbhlers Sohn aus Sachsen, der sich durch Muth und Verstand bis zum Ossszier un­ter den schwedischen Truppen geschwungen habe, nach dem Kriege aus Mangel und Mißmuth in die Wälder gegangen und das Haupt von ei­ner Scbuar kühner Abenteuer geworden war, die, was das Schicksal nach ihrer Ansicht an ihnen gesündigt, nun an Beglückteren rächen wollten. Man trug sich mit einer Menge Anek­doten von diesem schwarzcn Fritz und sei­ner Bande. Sie waren bald schauerlich, bald wunderbar, bald gräßlich, nie aber gemein, und alle, besonders die, wo der Haupimann selbst eine Rolle spielte, trugen das Gepräge einer wilde» Größe, nicht ohne Reste von Mensch­lichkeit, ja manchmal Großmulh und kühner Verachtung jeder Gefahr.

Luitgarde konnte nie bei solchen Gesprächen ge­genwärtig seyn, ohne daß ihr nicht der Fremde vom Moldaustrande einficl. Das Blut am Schwere, die seltsame Kleidung, die dunkle Gesichtsfarbe, selbst die Scheu, mit der er floh, Alles schien ihr aus ein Mitglied jenes furchbarcn Bundes, wo nicht gar auf den Hauptmann desselben, den berüchtigten schwarze» Fritz zu deuten, und sie bedauerte nun noch mehr, daß sic seine Züge so wenig batte unterscheiden könne». Doch hörte sic mit lebhaftem Interesse allen Gesprä­chen von ihm zu und wenn auch ihr rechtlicher Sinn sich mit Abscheu von den erzählten Gi äuel- thaten abwandtc, so konnte sie doch einen lebhaf­ten Antheil nicht unterdrücken, der aus der Be- «rachtung so vielen Muthes, solcher-Willens­kraft und Kühnheit entsprang, verbunden mit dem innigsten Bedauern über den Mißbrauch so schöner Kräfte und einer zarten Regung von Mitleid, was dieses von der Natur so reich be­richte Wesen in ander» Verhältnissen hätte wer»

den können, und was nun fein Loos in dieser und jener Welt scy!

Immer näher, immer häufiger ficngen die Spuren von dem Däseyn jener Bande an, sich um Luitgardens Wohnsitz zu zeigen. GrafMar- tinitz dachte auf ernstliche Gegenanstalten, und mitten unter diesen Bewegungen und Erörte­rungen traf ein Brief von Graf Friedrich ein, der feine Ankunft auf die nächsten Lage fest- setzte. Auch er hatte von de» Gerückten gehört die über die Unsicherheit jener Gegenden sich schon bis Wien verbreitet hatten, auch ihm war der schwarze Fritz als ein gefürchtetes Un­gestüm geschildert worden, und er nahm daher seine Maßregeln sehr vorsichtig, so, daß er, von mehreren Bedienten begleitet, nur in kur­zen Tagereisen, um nie in die Nacht zu fah­ren, seinen Weg cinrichten und sich vor den bcrüchtigstcn Stellen Geleite von den nächsten Militairpostcn verschaffen wollte. Der alte Graf mar sehr froh über diese kluge Vorsicht seines SvkncS, dessen Reise ihn längst mit Bcsorgniß erfüllt hatte. Luitgarde fremc sich recht sehr auf den liebe» Iugcndzespiclcn, auf den treuen Theiinehmcr ihrer Einsamkeit, und so beschloß sie einen Besuch bei einer ihrer Freundinnen in der Nachbarschaft, den sie sich längst schon vor- genommen harte, lieber Mt gleich »» machen, r,,,d dann ungestört der Nähe und des Umgangs ihres Geliebten zu genieße». Der Oheim wil­ligte c>», die Frcundinn war nur zwei Stunden entfernt, Luitgarde sollte wohldcwaffnete Be­diente »»d ihre Kanrmerfrau mitnchmen, am Morge» deS Einen TageS hin, am Morgen dek dritten iurücksährcn und, um aller Gefahr z» entgehen, die offene Straße über den Ver­wählen.

Luitgarde ließ sich Alles gefallen, obwohl in ihr Herz keine Furcht gekommen war, und die Reise ging glücklich vor sich, bis auf den schlech­ten Weg, der durch lange Vernachläßigung und das Hcrbstwctter grundlos geworden war. Schon waren sic auf dem Rückwege und Hallen das Schloß der Freundin» lange verlassen, alS mitten ans der Anhöhe, wo der Weg sich am steilen Ufer eines Wild-Baches hinzog und die Pferde kaum mehr im Stande waren, die Kutsche in den tiefen Geleisen aufwärts zu ziehen, ein Rad brach und alles zusam- mcnstürzce. Das Jammer-Geschrei der Kam­merfrau, das Fluchen der Domestike» zogen ei­nen Mann herbei, der in sauberer bürgerlicher Kleidung vom Berge herab seines WcgcS kam. Ec sah den Unfall, eilte herbei, griff thätig zu und zog, indeß die Andern verwirrt durcheinander liefen, die erschrockenen Frauen aus der umge- stürjlcn Kutsche. Die Kammerfrau sprang ihm jucrst in die Arme, er sctzie sie an einer trok-

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