-4us Stadt und Kreis Calw
L/nrer aen eesren ...
vsx. „Da ich lctztesmal fehlte, möchte ich diesmal unter den ersten sein! Umseitig Inhaltsangabe der Sendung. Heil Hitler! Wilhelm P.. Lehrer, z. Zt. Obergefreiter."
Mit einer grösseren Anzahl auserlesener Bücher — auserlesen sicherlich im besten Sinne des Wortes — traf dieses Schreiben im Gau- schuluugsamt ein, nachdem neulich die kurze Notiz durch die Presse ging, daß im Gau Württemberg-Hohenzollern am 2b. und 27. September die vierte Buchersamm- lung für die Deutsche Wehrmacht durchgeführt wird. Sicherlich hat sich jener Lehrer einer kleinen Gemeinde des Kreises Münsingen — vielleicht für knappe 14 Tage als Fronturlauber in der Heimat, vielleicht zum Souutagsurlaub aus seiner Garnisonstadt heimgccilt — nicht leicht von jenen l:eb- gewordencn Büchern getrennt, die ihm einst in beschaulicheren Zeiten zur Erholung und Vertiefung dienten. Und doch weiß gerade er, der jetzt den grauen Rock des Soldaten trägt, am besten um die Kraft des Buches, die zur Stärkung der seelisch-geistigen Front verhilft. Und so ist aus der kleinen Lehrerwohnung des Albdorfes das beste gegeben worden, was auf dem Bücherbord stand: Ernz Moritz Arndt und Franz Grillparzer, Eduard Mörike und Jakob Bnrckhardt, Hermann Löns und Paul Ernst, Carossa und Johst, Dwinger und Beu- melburg. Ja, unter den ersten zu sein, das gilt es heute im kleinen wie im großen, in der Heimat wie an der Front!
Fünf tüchtige Jungen
Fünf Schüler veranstalteten am Sonntag im Anwesen Lederstraße 39 Märchen spiele und andere lustige Sachen. Der Reinerlös von 30 RM. wurde der Kreisstelle Calw des Deutschen Roten Kreuzes übergeben. Es ist dies wieder ein Beweis dafür, wie auch unsere Jugend die Größe der gegenwärtigen Zeit erfaßt und wie sie bereit ist, auch ihren kleinen Beitrag zu dem großen Ringen zu leisten. Den fünf tüchtigen und erfinderischen Jungen gebührt vollstes Lob.
Achtet
auf abgesprungene feindliche b. cger!
Besatzungen feindlicher Flugzeuge, die bei Einflügen in das Reichsgebiet durch die deutsche Abwehr zum Absturz gebracht oder zur Notlandung gezwungen werden, versuchen vielfach, sich durch geschicktes Tarnen oder durch Flucht der drohenden Kriegsgefangenschaft zu entziehen. Derartige Versuche wer- ' den vor allem während der dunklen Nacht und beim Absprung der feindlichen Flieger über i abgelegenen Gegenden begünstigt, weil Flug- ^ --»euanotlandunaen und Fallschirmabsprünge
bann nicht frei beobachtet werden können. Die deutsche Zivilbevölkerung wird deshalb zu tatkräftiger Mithilfe und größter Wachsamkeit aufgewrdert. Alle — auch die unscheinbarsten — Wahrnehmungen können oft von unschätzbarem Wert für die Landesverteidigung sein. Jeder, der irgendwelche Beobachtungen über Notlandungen feindlicher Flugzeuge usw. macht, hat im Interesse der Landesverteidigung den nachsier- reichbaren Dienststellen der Wehrmacht. Polizei oder Gendarmerie sofort Mitteilung zu machen.
Förderung der Arttervermietung
Bei der gegenwärtigen Wohnungsknappheit kann durch Untervermietung möblierter oder unmöblierter Zimmer eine fühlbare Erleichterung geschaffen werden. Der Reichsarbeitsminister fordert daher auf, Wohnungssuchenden durch Aufnahme als Untermieter Unterkunft zu geben, soweit dies die Größe der Wohnung zuläßt. Bei Wohnungen von Familien, von denen Angehörige zur Wehrmacht eingezogen sind, werben Einkünfte aus der Untervermietung möblierter oder unmöblierter Zimmer bei der Mmessung des Familienunterhaltes zwar nur noch in einem geringen, aber durchaus tragbaren Maße unter besonderer Berücksichtigung der Einzelverhältnisse ungerechnet, so daß der Wohnungsinhaber ein genügendes Entgelt für die Überlassung des Zimmers erhält.
Oer Rundfunk am Dienstag
Neickisprogramm: 16 bis 17 Ubr: Ovcrnkonzert: 26.26 bis 21.43 Ubr: NundfunkspieMar der Hitler- Jugend singt und spielt: 21 bis 22 Uhr: „Schöne Melodie«"'. — Dcntschlimdsendcr: 17.18 bis 1S.S6 Ubr: Konzertsendung: 26.18 bis 21 Ubr: Beliebte Untcrtznltungsweisen: 21 bis 22 Ubr: Tänzerische Musik unserer Zeit.
Ausweitung
der Kinderarbeit unerwünscht
Der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz hat sich erneut zu der Auffassung bekannt, daß eine Lockerung der Bestimmungen über die Beschäftigung von Kindern nicht in Betracht kommt. In Uebereinstimmung mit dem Reichsjugendführer hält er eine Ausweitung der gewerblichen Kinderarbeit für unerwünscht und legt nach wie vor Wert darauf, daß der gesetzliche Kinderschutz streng durchgeführt wird.
Gefallenenehrung in Hirsau
Hirsau. Am Sonntag nachmittag ehrte die Ortsgruppe der NSDAP, die Gefallenen der Gemeinden Hirsau und Ottenbronn in einer schönen und würdigen Feier, an der auch unser Krcisleiter teilnahm. Vom Podium grüßte die
Jugenderinnerungen an das „Sedanssest"
Im allen Lalvv wurde e8 am 2. Leptember begeistert Zeteiert
Wie in vielen anderen Städten des deutschen Vaterlandes wurde bis zum 1. Weltkriege auch in Calw zur Erinnerung an die Schlacht bei Sedan, die Gefangennahme Napoleons und den Zusammenbruch des französischen Kaiserreichs in dem ruhmvollen Krieg 1870/71 alljährlich am 2. September eine vor allem für die Jugend bestimmte Feier abgehalten.
Auf dieses „Sedansfest" freuten sich die Kinder schon viele Wochen vorher und beinahe noch mehr als auf Weihnachten, spielte es sich doch außer in der Kirche und Schule in breiter Öffentlichkeit, auf dem Marktplatz und dem Brühl ab, und war die Jugend hiebei nicht bloß der empfangende, sondern zugleich auch der gebende Teil, ohne dessen begeisterte Mitwirkung sich eine richtige Sedanfeier gar nicht denken ließ.
Schon die Vorbereitungen auf diesen bedeutsamen Tag versetzten die junge Welt in eine geschäftige Unruhe. Die Knaben holten beizeiten ihre Fahnen von der Bühne und aus den Schränken. Die älteren Lateinschüler aber erhielten einen oder zwei Tage vor dem Fest in der Turnhalle die eisernen Turnstäbe ausgehändigt und verwendeten nun ihre ganze Kraft und ' Kunst darauf, sie mit Ziegelsteinen, Glaspapier nnd dergl. Hilfsmitteln blank zu scheuern: sie mußten glanzen wie Silber.
Die Mädchen wollten nicht bloß feiern, sondern auch gefallen, und zu diesem Behuf wurden die Haare gelockt, Epheu- und Blütenkränzchen als Kopfschmuck besorgt, desgleichen Blumensträuße, die oft nur aus einigen Dahlien und Astern bestanden. Wer von den Mädchen gar dre von Lehrer Ansel geleitete Mittelschule besuchte, glaubte als höhere Tochter (kurz „An- sele" genannt) es der Anstalt und sich selbst Ichuldig zu sein, am Sedanstag ein Weißes Kleid möglich eine Schürze in den Reichs- diese Dinge waren für
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- ?^,en chfe Vorbereitungen aber alle «stick- stch getroffen und warf a,n Vorabend das au dem Hohen Fel,cn entzündete Höhenfeuer iei- nen stellen Schein in den Spiegel der Naaold und über die Stadt hinweg sausten oai
Scharwaldle herab emgeleitet. Spater eilten die freudig gestimmten Kinder in ihre Schulen oder ms Georgenäum nnd wurden von ihren
Lehrern in Ansprachen über die Ursachen und Folgen des deutsch-französischen Krieges, insbesondere über den Sieg bei Sedan belehrt; sie selber durften durch Gesang und Bortrag passender Gedichte einen erheblichen Beitrag zur Feier leisten.
Inzwischen hatten sich auch Stadt und Bürgerschaft in ein festliches Gewand geworfen; in den Hauptstraßen flatterten die Fahnen von den Häusern, im Rathaus hatten sich die Vertreter der Gemeinde um ihr Oberhaupt versammelt, vor demselben die mannigfach mit Ehrenzeichen geschmückten Mitglieder des Vetcranenvcreins mit ihrer Fahne aufgestellt, desgleichen die Angehörigen des Militärvcreins, um von da aus unter dem Geläute der Glocken in Gemeinschaft mit den wieder erschienenen Kindern in festlichem Zug zur Kirche zu gehen und in einem Festgottcsdienst dem Allmächtigen für seine Hilfe in schwerer Zeit zu danken.
Nunmehr bedurften die Kinder notwendig einer Stärkung. Hiefür wurde dank der Einsicht und Opferwilligkeit eines hochwohlweisey Gemeinderats in der Art trefflich vorgesorgt, daß während des Gottesdienstes verschiedene Bäckermeister der Stadt für die Schulklassen eine größere Anzahl von Körben mit frischge- Lackenen knusperigen „Kümmelküchlein" auf dem Rathaus ablieferten. Diese wurden dann von den Lehrern und etlichen Gemeinderäten nach dem Gottesdienst an die klassenweise in einem großen Rechteck zwischen den beiden Markt- brunnen ausgestellten Kinder verteilt.
Hremit hatte die Feier für den Vormittag ihr Ende erreicht; den auseinander gehenden und heimwärts drängenden Teilnehmern gab die Stadtmusik durch einen Choral vom Turm der Kirche herab noch das Geleite. Am Nachmittag aber zeigte sich bald nach dem Essen neues Le- oen aus dein Marktplatz und den Strafen seiner Umgebung. Von allen Seiten kamen die ^ „,en mit flatternden Fahnen, die älteren Schüler des Reallyzeums mit ihren glänzenden ^.urnstaben, die Mädchen in festlichen Kleidern und mit Blumen herbei, um sichln den vorher' bestimmten Plätzen zum Festzug anfznstellen. Wenn sich dann auch die verschiedenen Vereine, dre Fraucnarbeits- und Handelsschule, die bürgerlichen Kollegien mit der sonst nie zu sehenden gestickten Stadtfahne sowie das Militär des Be- zrrkskoinmandos versammelt hatten, bewegte sich der Fcstzug unter Vorantritt der Stadtmusik über den Marktplatz und durch die Lederstraße nstnbäume/nit schattenspcndenden Kasta-
--Ak dem Weg dahin sang die Jugend vater- Lieder und auf dem Festplatz erinnerte sodann ein Festredner die vor der Tribüne ver- lammcltcn Zuhörer an die Ereignisse des gro
Büste des Führers vor den Fahnen der Bewegung und einem großen Eisernen Kreuz. Mit dem gemeinsamen Gesang des Liedes „Heilig Vaterland" begann die Feier. In Liedern des BTM., in Worten des Führers und deutscher Dichter, die von Politischen Leitern gesprochen wurden und in der Ansprache des Kreisschu- lnngsleiters Pg. Haug wurde allen, besonders den Eltern und Angehörigen, ans Herz gelegt, daß kein noch so schweres Opfer umsonst gebracht ist, weil jedes zum Aufbau des Reiches beiträgt, und daß das Reich keinen der Männer vergessen wird, die zu den täglichen Opfern, die der Kampf auf allen Fronten von unseren Soldaten fordert, auch das letzte und einmalige Opfer brachten, das ihres Lebens. Das Reich wird ihr unvergängliches Denkmal sein, und ihr Kämpfen und Sterben wird den deutschen Menschen an der Front und in der Heimat Vorbild und Ansporn sein zum Durchhalten, zu Tapferkeit und Treue.
Mit den Liedern der Bewegung schloß die Feier im Kursaal. Eine Fahnenabordnnng legte dann noch einen Eichenkranz am Ehrenmal auf dem Friedhof nieder.
Engelsbrand. Auf dem hiesigen Friedhof wurde der 42jährige Schneider Adolf Zell zur letzten Ruhe gebettet. Zell, immer ein lebensfroher Mensch, wurde bald nach Kriegsausbruch zur Wehrmacht einberufen. Nun ist er einer Ge- hirnerkranknng erlegen. Ein großes Trauergefolge erwies ihm die letzte Ehre. Der Frauenchor umrahmte die Grabpredigt mit ergreifenden Trauergesängen und die Alterskameraden ließen einen Kranz niedevlcgen.
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BDM.-Miidelgruppe 1/401. Tie Spielschar tritt Dienstag um 20 Uhr am Salzkasten an.
BDM.-Werkgruppe 1/401. Am Donnerstag Antreten der AG. Nähen und Pers. Lebensgest. um 20 Uhr im Salzkasten. Am Freitag tritt die ganze Gruppe zum Appell an. Tadellose Dienstkleidung. Pflichtdienst.
Hitlerjugend Gef. 1 Calw. Dienstag: Übung der Pfeifer um 20 Uhr. — Mittwoch: Heimabend. Antreten der Scharen Calw um 20 Uhr vor der Alten Post. Schreibzeug und Ausweise sind mitzubringen. SZ. mit Instrumenten. Alles erscheint in Uniform. — Freitag: Führerdienst. Näheres wird noch bekannt gegeben. — Samstag: Erfassung der Jahrgänge 1925 und 1926 zur Ausfüllung der Stammlaufkartcn. Näheres wird noch bekannt gegeben. — Sonntag: Jugendfilmstundc.
Deutsches Jungvolk Fähnlein 1/401. Mittwoch tritt der Führerzug um 14 Uhr vor dem Heim und das ges. Fähnlein um 15 Uhr auf dem Brühl -an. X
Lin kllexer-komsii
ßen Krieges und die Gründung des einigen Deutschen Reiches unter Hinweis auf die Pflichten jedes Einzelnen gegenüber dem Vaterland; vor ihm und nach ihm trugen einige Schüler noch passende Gedichte vor. '
Bei den Klängen der Stadtmusik entwickelte sich nunmehr auf dem Festplatz und' in dem benachbarten Garten des „Badischen Hof" ein . fröhliches Kinder- und Volksfest. Die einzelnen Schulklassen veranstalteten Spiele, die oberen Klassen des Reallhzeums sogar ein Preisschießen. Mit einex Armbrust wurde nach einem stinter der Turnhalle auf einem Gerüst ausgestellten Adler geschossen, dessen Teile wie Szepter, Reichsapfel und Schwingen nur leicht mit dem Körper verbunden waren und sich deshalb von einem Pfeil getroffen auch wieder leicht lösten. Je nach dem Wert und der Nummer der hcruntergeschossenen Stücke konnten die glücklichen Schützen größere oder kleinere Preise wie Taschenmesser, Spazierstöcke, Tintenzeuge u. dergl. davontragen.
An den Tischen unter den Kastanienbäumen war für die leiblichen Bedürfnisse gesorgt. Die wohlhabenden Familien pflegten an eigenen weißgedeckten Tischen mit eigener Bedienung ihre Angehörigen zum Kaffee und im Anschluß daran zum Vesper zu versammeln; für die andern Festgäste sorgten die Wirte durch Speise und Trank an ihren Wirtstafeln, außerdem konnten die Kinder, die ohne Begleitung von Eltern oder Verwandten Mi waren, bei den Händlern mit Back- und Zuckerwaren und Obst für ihren Zehrpfennig etwas ihrem Geschmack entsprechendes kaufen. Zur weiteren Unterhaltung war meistens auch ein Karussell aufgestellt.
Die der Schule entwachsene Jugend aber verstand es durch gute Worte und einige Gläser Bier die immer durstigen Musikanten zu veranlassen, an Stelle der vaterländischen Weisen und Märsche zur Ilbwechslung auch einige Tänze zu spielen und bald drehten sich die Paare auf dem freien Platz vor der Tribüne ebenso vergnügt wie in einem Tanzsaal.
So vergingen die paar Stunden unter der Voraussetzung günstigen Wetters in lauter Freude und Lust; nur zu bald däuchte manchem das Trompetenzeichen gegeben zu sein, das zur Sammlung und Heimkehr mahnte. Ungefähr in derselben Ordnung, wie er gekommen war, bewegte sich dann gegen Abend der Festzug über me Bischofstraße und die mittlere Brücke zum Marktplatz zurück; hier sprach ein Geistlicher noch einige Schlußworte nnd sämtliche Teilneh- iu^.sangen das Lied: „Nun danket alle Gott".
Die Jugend aber und nicht minder die Erwachsenen zogen befriedigt heim, hatten die Teilnehmer doch als Glieder einer Stadt nnd eines Volkes mit einander ihr „Sedansfest" geviert, von dem sie sagen konnten: „es war ein elten schöner Tag im Jahr".
C. Klöpfer.
Ihr Kops lag an seiner SchuNer, und ihn Blicke folgten den Wolke», die gen Osten zogen
„Nun weih ich es'> suhr Casio fort, „das; es an uns Menschen liegt, dem Schicksal Trotz zu bieten und mit festen Händen zuzupacken und eir Werk auszubauen. Unsere Hoffnung und unser Selbstvertrauen sollen der gute Wind sein, der unser Schiss in den Haien treibt."
Manja schwieg lange.
Erst, als Sasso neben ihr sanft eingeschlummert war. öffneten sich ihre Lippen.
„Wir sind ein Sandkorn vor dem Winde, mit dem uns das Schicksal reibt. — Wohin? Wohin?"
lö.
In Gedanken versunken blätterte Albrecht Ramm in dem vor ihm liegenden Aktenband.
„Berufungsverhandlung dürfte kaum vor Ablauf eines halben Jahres stattfinden", sprach Doktor Woldsen, der Verteidiger Sasso Folkenings. „Unter Umständen könnte sogar eine noch längere Zeit verstreichen. Es wird dem Untersuchungsrichter nicht leicht sein, schwerwiegendes Beweis- material gegen Folkening aufzutreiben. Die sich den weiteren Nachforschungen in den Weg stellenden Schwierigkeiten sind in dem vorliegenden Fall außerordentlich groß."
„Wie denkt man sich die Suche nach Beweismitteln, um Folkening seine Schuld Nachweisen zu können?"
„Vorläufig bewahren die amtlichen Stellen tiefstes Schweigen. Ich vermute, daß man eine Kommission nach Afrika entsenden wird, um dis Leiche Harald Boysens zu exhumieren und zu untersuchen."
Albrecht Ramin schüttelte verständnislos den Kopf.
„Wie stellen sich eigentlich die italienischen Behörden zu diesem Vorhaben?"
„Sie werden ohne Zweifel der d-utschen Kommission nach besten Kräften behilflich sein."
„Mühte ein im Ausland begangenes Verbrechen nicht auch im Ausland zur Aburteilung ge- lanaen?" fragte Albreckt Ramin weiter.
„In der Regel ist dies allerdings der Fall", bestätigte Doktor Woldsen, „sosern den ausländischen Behörden genügend Beweismatcrial vorliegt und sie dadurch in die Lage versetzt, einen Prozeß durchzuführen."
„Demnach hat man in Tripolitanien die Angaben Sasso Folkenings als durchaus glaubwürdig empfunden?"
„Ohne Zweifel! Die Amtsstellen des Gover- natorats Tripolitanien zeigen sich an dem Fall uninteressiert. Kommissar Battiglia hat formgerecht das Protokoll im Beisein des Leutnants Gadoni ausgenommen. Damit ist für die Italiener der Fall erledigt. Man scheint der ganzen Angelegenheit wenig Bedeutung beizumessen, sicherlich aus dem Grunde, weil man dort unten die Gefahren und Tücken der Wüste genau kennt. Man weiß .sehr gut, zu welchen Verzweiflungstaten ein Verschmachtender fähig ist."
„Das ging auch aus den Aussagen der deutschen Sachverständigen in der Gerichtsverhandlung hervor", fügte Albrecht Ramin hinzu. „Um so mehr wundert es mich, daß man die Untersuchung weiter betreiben will. Ich kann mir beim besten Willen nicht denken, daß noch irgend etwas Positives herauskommen sollte."
„Das ist durchaus meine Meinung", sprach Woldsen. „Es hat der Staatsanwaltschaft ohnehin einige Mühe gekostet, den Prozeß überhaupt aufzurollen. Unser Doktor Krueger ist zäh. Sein Schlußantrag in der Verhandlung ließ erkennen, daß er gewillt ist, die Angelegenheit unbedingt weiter zu verfolgen."
„Was können wir inzwischen tun?"
„Nichts als abwartenl Vielleicht gelingt es der Kommission, das verschollene Tagebuch des Toten zu finden?"
Albrecht Ramin sah das feine Lächeln im Gesicht seines Rechtsberaters.
„Ah — jetzt verstehe ich! Aus diesem Grunde haben Sie keinen Einspruch gegen die Methoden der Untersuchungsbehörden eingelegt, wie ich es anfangs wünschte?"
„Im Gegenteil! Ich habe den Antrag des Staatsanwalts, eine Untersuchungskommission nach Tripolitanien zu entsenden, auf das wärmste unterstützt! Glaube ich doch felsenfest daran, daß Herr Folkening dieses verschwundene Tagebuch des Toten in den Händen gehalten und dessen Selbstbekenntnis gelesen hat. Findet man das Buch, so ist die Unschuld meines Klienten erwiesen. Ich setze danrt' eine erneute Verhandlung durch, in der Folkening vor aller Oeffentlichkeit auf Grund der vorliegenden Beweise freigesprochen wird, eine Verhandlung, in der festgestellt werden muß, daß Harald Boysen tatsächlich Selbstmord beging."
„Wenn das gelänge —ließ sich Ulla Ramin vernehmen, die bisher still und reglos in einer Ecke des Zimmers gesessen hatte.
„Ich hoffe noch immer auf eine Wendung zum Guten", erklärte Doktor Woldsen.
„Ist es nicht möglich, den Beschluß des Gerichts anzufechten, wonach Folkening das deutsch» Reichsgebiet bis zum Abschluß der Berufungsverhandlung nicht mehr verlassen darf? Es könnten ja vielleicht Jahre vergehen
„Mein Antrag, diesen Beschluß auszuhebcn, wurde leider abgelehnt", antwortete der Verteidiger Sasso Folkenings. „Ich werde ihn nach einigen Monaten erneuern, das ist alles was wir in diesem Punkte tun können."
Ulla stampfte mit dem Fuße auf.
„Ist das nicht eine Quälerei für Sasso! Er fühlt sich als Gefangener!- Ihn. dem die Freiheit über alles geht, bedrückt diese harte Maßnahme ungemein. Ganz abgesehen davon, daß er sich nun nicht mehr an ausländischen Flugwettbewerben beteiligen darf."
Woldsen konnte nur erneut versichern, daß im Augenblick dagegen nichts getan werden könne. Man müsse erst einige Zeit verstreichen lassen, um einen erneuten Vorstoß gegen diesen Beschluß des Gerichts zu unternehmen.
Nachdem der Verteidiger Casio Folkenings gegangen war, trat Ulla zu ihrem Bruder, um sich von ihm zu verabschieden.
„Ich habe noch zu arbeiten", erklärte sie und lächelte dabei
„Du —? Zu arbeiten?" rief ^ltbrrcht Mmi« ochend und ungläubig aus. (Forts, jolgt)