Anekdoten und Erzählungen.

Der schwarze Fcitz.

(Fortsetzung.)

Angelangt auf dem Schlosse ihres Oheims, kam ihr dieser voll Freuden und mit der Nach­richt entgegen, daß idr Bräutigamrroch diesen Abend cintreffen werde. Luikgmde hatte das ungefähr gewußt, und doch beiührte sie diese Nachricht wie ein Donuerschlag. Sie war nicht im Stande zu antworten; die Müdigkeit, die Erschütterung der Reise (die Kammerfrau hatte sogleich ihren Unfall weitläufig erzählt) dienten ihr zum Vorwand, sich in ihr Zimmer zu begeben. Hier warf sie sich auf einen Stuhl. Ein Srurm erhob sich in ihrer Brust, tausend Gedanken, Bilder und Gefühle fuhren im chao­tischen.Streite durchetnander, Schmerz und Be­schämung, Sehnsucht und Bangigkeit, Schauer und Liebe, Widerwillen und Unmuth. Sie war unzufrieden mit sich selbst, mir Friedrichs plötzlicher Ankunft, mit des Fremden zudring­licher Neigung, mit der ganzen Welk! Da wurde es laut j,u Schlosse, Thüren giengcn auf und zu, Menschentritic schallten eilig über die Gänge, Friedrich war angckrmmen. Sic mußte sich ziisammeniichmcii und ihm geziemend entgegen gehen

Sie stand auf, sie fühlte, daß sic zitterte vnd ihre Knie wankte». O Gott, was iss das s rief sic: was wird mit mir's In dieser Be­wegung, wie sie die Hände jammernd erhob, fiel der R,g des Fremden aus den Fallen ihres Bnsentnches. Sic erschrack, wie vor ei­nem Geiste, vor dem Blinke» der Diamanten zu ihre» Füssen; aber man nahte sich ihrem Aimmcr, schnell hob sie den Ning auf, drückte einen flüchtigen Kuß darauf und verbarg ihn an der vorigen Stelle.

Die Lhüre des Dorsaals ging auf, sie hörte ihre» Oheim und eine feine zweite Männer­stimme, dir ihr Herz »mvandlc. Entschlossen raffte sie sich aus und cilie ihnen entgegen. Ihr Oheim stand vor ihr und ein junger Mann, in dessen ausgebrldetcn Zügen sie die Umrisse des jugendlichen Freundes' erkannte, bückte sich zierlich und tief. Da» ist mein Sohn, mein Friedrich, Dein Friedrich, sagte der Oheim freudig,nd das ist deine Braut.

Merne schöne Braut! lispelte Friedrich, und breitete die A>mc aus, sie zu empfangen. Ader irr ihr hatte der innere Sturm seine» höchsten Gipfel erreicht, ein unbeschreibliches Weh durch­zuckte ihre Brust, sie stieß einen undeutlichen Echrey aus und sank ohnmächtig auf Friedrichs Hchulttr.

Als sie z.i Isi b kam, fand sie sich auf ihrem Bette, der Oheim hielt sie in stirreu Arme», Friedrich kniete vor rhr und hielt ihre Hand, rräh cnd eine Kammerfrau sie mit Essenzen lab­te. Sie richtete sich auf, sah starr iinrbcr. Al­les kam ihr vor wie ein Lrauin, und j.tzl brach ein Strom von Thränen aus ihren Augen und machte dem gepreßte» Herzen Luft.

Wie ist Euch, liebe, schone Cousine 's fragte Friedrich. Ach Gott, Ihr weint! Wenn ich gedacht hätte, daß es dich so ergreifen könnte, ich hätte dich vorbereitet, sagte der alte Graf; aber wer konnte glaube»

Luitgarde suchte sich zu fassen. Beunruhigt Euch nicht, lieber Oheim, und du, Friedrich, vergib! Ich konnte wahrlich nicht dafür; aber jetzt ist er vorbei, mir ist es wieder leichter. Sic stand aus, sie stiebte ihren Vetter recht freundlich anzusehn und angelegentlich von sei­ner Reise, von seinem Aufenthalt in Wien zu sprechen. Es kostete sie unsägliche Mühe, aber es gelang.

Friedrich fieng an zu erzählen, der Vater hörte mit inniger Therlnahme zu, und Luitgar- dcns aufgeregte Gefühle beruhigte» sich nach und nach.

Von nun an war cs ausgemacht im Schlosse, daß Luitgarde ihren Bräutigam ganz unbeschreib­lich liebe, und Friedrich suchte sich uns alte Weise dieser schöne» Neigung wcrth zu machen. Luitgarde fuhlre das a» tausend geflissentlichen Aufmerksamkeiten, an bedeutsamen Worten, an zierlichen Best cbuiigc», ihre Wünsche zu errcr- thcn und ihr gefällig zu werden. Friedrich war ein kunsireichcr Mensch; in den vielen Ballen und Kisten, die er mitbr achte, waren nicht blvs Kunstwerke und Sammlungen, es waren auch Gerä-Hschasrc» und Werkzeuge aller Art- Sie durfte nur winken, nur wünschen, so war, was ihr an Arbei.szeug, an kleinem Geräthe fehlte, oder zerbr ach, her beigeschafft oder zurecht ge­macht, und sie mußte sich hüten, derlei Wün­sche ja nicht oft laut werden zu lassen, wenn sie nicht von allen Seiten mit Leistungen und Ver­bindlichkeiten umsponnen sey» wollte, in denen ihr B-äurigam zugleich seine Kunstfertigkeiten und seine Liebe zu ihr an den Lag zu legen strebte. Dre,e Geschicklichkeiten erstreckten sich auch noch weiter. Er fieng an, die Einrichtung des ganzen Schlosses zu übernehmen, er sprach und unterhandelte mit den Arbeitern, er griff selbst zu, er schmückte einige Zimmer mit Zeich­nungen von seiner Hand aus, er malte andere selbst, war pünktlich, anstellig, sanft, gefällig, voll Kenntniffc, volliLalent-

(Fortsetzung folgt.)