Es mochten ungefähr zehn Tage seit dem unglücklichen oder vielmehr glückli­chen Falle vom Esel verflossen, als Tina ihre -beiden Cölibatsschwestern eines Mor­gens zu einer Tasse Chocolade unter dem Zelte hinter dem Cnrsaale cinlud. Man fand sich ein, und wurde mit einem etwas feierlich ceremcniösen Phatos em­pfangen, worauf die Chocolade ziemlich stillschweigend, nur mit einigen Bemer­kungen über den wundcrlieblich - schö­nen Morgen unterbrochen, eingenommen wurde. Nach einer langen Pause und einem tiefen, Seufzer nahm die Choco- ladefpinndcrinn endlich das Wort«, und redete ihre unzertrennlichen Gefährtinnen also an:Die Schicksale und Beslim- munungen des Menschen werden durch den unerforschlichen Willen der Vorsehung geleitet, und unsere festesten Vorsätze oft mit einem Hauche von derselben erschüt- tert und umgestürzt. Deswegen sollten wir kurzsichtigen Menschenkinder nie et­was fest beschließen, und immer die Clau­se!:wenn es Gort nicht anderst haben will" bei unserem Vornehmen mit cinfließen lassen. So, traute Schwestern, ist es auch mir ergangen! Wohl bin ich des unerschütterlichen Vorsatzes noch einge­denk, den wir vor langer Zeit (ich ent­sinne mich nicht mehr recht, wie lange cS gerade ist) einstimmig faßten, uns dem ewigen Cölibat zu weihen; die Vorsehung hat es aber anderst mit mir beschlossen. Herr R . . ., ein Mann ganz nach Fouque'schcr Manier und Art, also ganz wie für mich geschaffen, hat mir gestern einen sehr annehmlichen HcirathSantrag gemacht, den ich um so eher angenom­men, da ich wahrend der Zeit bedacht habe, daß cs doch eine gar zu ärgerliche Sache um so eine ganz allein dastehende von Gott und von der Welt verlassene alte Jungfer ist, welche zur Zielscheibe aller Spötter und Witzlinge dient. Ich bin demnach entschlossen/in den von Gott

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geheiligten Stand der Ehe zu treten, und in Kurzem die feurigen Wünsche des Herrn R . - zu krönen. Ich rathe Euch, meine tl^ue.rn, unzertrennlichen Freundinnen (denn unsere Freundschaft soll und wird dadurch uicht leiden), so­bald sich eine passende Gelegenheit dar- - bietet, ein Gleiches zu thun, und dem guten Beispiele, mit dem ich Euch vor­angehe, zu folgen.

Obgleich den beiden andern Mädchen etwas der Art nicht so ganz unerwartet kam, so machte diese runde und freie Er- klärung dennoch einen gewaltigen Ein­druck auf sie; eine- Zeitlang saßen sie sprachlos und sich wechselseitig verwunde- rungsvoll anstaunend mit offenem Munde da. Endlich brach Lina in ein lautes Gelächter aus, und sagte:Da haben wir's! Nun gebe nur Gott, daß der Tau­nus nicht wanke, oder gar über uns zu- sammensiürze. Tina muß wissen waS sie zu thun hat; ich meinerseits gratuliere ihr von ganzem Herzen, und wünsche, daß sie recht glücklich sepn möge." Ich auch, gähnte Sina, und alle drei begaben sich wieder in den schwarzen Bä­ren , wo der Bräutigam schon die Braut erwartete, und die Glückwünsche der An­dern empfing.

Nach Verfluß eines halben Jahres, war Lina und Sina auch mit männlichem Geschlechts versehen, und dankten Gott daß sie so glücklich waren, an dem edeln Männer - Geschlechte Theil zu haben.

Ein böses Weib schalt einst ihren Mann wegen seiner Geldbegierde, und sagte in ihrem Zorne:Ich glaube, du wärest im Stande, nach meinem Tode des Teufels seine Tochter zu heurathcn» wenn er dir nur brav Geld mitgäbe." Das könnte wohl sepn' versetzte der schalkhafte Mann, aber das schlimmste ist, daß. man nicht zwep Schwestern Heurathen darf.