es war der nur halbbckämpste Unwille eines Despoten, der zu viel Tugend besitzt, um den menschlichen und religiösen Vor­schriften zu trotzen, aber auch zu viele Selbstsucht, um es gerne zu thun. Er verschwand, um die Verlobten nicht Zeu­gen dessen sepn zu lassen, was in seinem Herzen vorgieng.

Giaffar sank zu den Füßen des schönen Mädchens hin, und bedeckte ihre Hand mit Küssen. Ihr stummer Blick zum Himmel sprach alles aus, was sie empfand bei dem Gedanken, daß eS ihr vergönnt sepn sollte, den Mann bald an ihr Herz drücken zu dürfen, der ihre ganze Zärtlichkeit befaß. Ehrerbietig zog sich Giaffar zurück, um dem mächtigen Herrscher seinen gefühltesten Dank darzu­bringen. Er fand ihn in der größten Un­ruhe.Danke nicht, Giaffar, rief er ihm zu, was dir das größte Glück zu sepn scheint, kann dir die trübsten Stunden bereiten!" Heiße Thranen rollten über die glühende Wangen des Kalifen. Er warf sich, auf's äußerste verstört, an des Jünglings Brust, und gestand ihm, was ihn quäle. Giaffar erschrack; dieses hatte der Edle nicht erwartet.Ja, sagte Harun, sich die Thronen trocknend, sie war meine treue, unermüdete Gefährtin, trotzte allen Gefahren, schlief oft mit mir in unzugänglichen Höhlen, ergötzte mich mit ihrem süßen Geschwätze, heilte meinen Trübsinn mit ihrer Musik, ihren schön gedichteten Liedern, und die Schwache, die Furchtsame, Zartgebaute, ward aus Liebe zu dem irrigen Flüchtling kühn und stark. Wie nun die reine Bruderliebe in eigen­nützige, leidenschaftliche ausartete, dieß weiß ich nicht! Es begann, es war ent­standen, ohne daß ichs wußte, ohne daß ichs ahnte oder wollte, und da sie da war und in meinem Busen glühte, da könnt' ich nicht mehr wollen, daß es anders sep. Ich faßte den Entschluß, sie sollte nie et­was anders sepn, und nur mir leben.

Sie sollte sich mit meiner Tugend und meinem Ruhme vermählen, in ihnen den Lohn der Aufopferung finden, meine Stirn mit den an ihrer Seite erkämpften Lor­beer» kränzen. So hoffte ich, die wilden Flammen in ihrem Glanze zu reinigen, und gelungen wär es mir, ohne dich. Es ist vorbei, ich habe sie nicht mir gebildet, ich habe für Andere die Blume gewartet."

Der Zorn des Kalifen loderte bei die­sen Worten von neuem in seinem Busen auf. Mit donnernder Stimme rief er: Bei dem Propheten! kein Lebender soll die schöne Blüthe bestecken! Rein, duf­tend, wie sie ist, soll sie die verheißenen Gärten des Propheten schmücken; dort will ich sie wieder finden, wie ich sie hier gezwungen hingebc, und dieß ist es, was ich dir nun sagen muß. Raserei ergreift mich bei dem Gedanken, daß sie eines Andern Weib werden soll. Ich starre, zit­tere, erblasse, bebe, wenn ich denke, daß sie Kinder zeugen Allmächtiger, laß

michS nicht aussprechen- Giaffar

ich vermähle sie heute mit dir, noch die­sen Abend, doch vorher noch mußt du mir auf das heilige Wort des Propheten schwö­ren, ihr nie als Mann zu nahen!"

Man denke sich die Lage des unglück­lichen Giaffars! Er fühlte nur zu gut, wie schwer das Opfer war, aber theils hoffte er von der Zukunft, daß der Ka- life ihm seinen Eid erlassen werde, daß die Tugend, die Pflicht, bei ruhiger Ueber- legung über seine Leidenschaft siegen müße, welche durch Entfernung des Gegenstan­des derselben keine Nahrung erhalten wer­de, theils glaubte er auch stark genug zu sepn, im schlimmsten Falle bis dahin Herr einer Liebe zu bleiben, die ihm schon so Viele Seligkeiten versprach.

(Beschluß folgt.)

Herr N. ist doch verzweifelt grob, klagte Jemand; er grüßte mich nicht, und ich dankte ihm doch."