Wissens war schnell vorübergehend, wie der B itz einer Gewitterwolke. Er ließ die Entseelte beerdigen, nahm das Pistol wieder zu sich, und da es 'zu einem Paar seiner besten Pistolen, von einem berühmten Waffenschmiedt, gehörte, so hieng er es sorgfältig in seine Gewehrkammer wieder an den alten Play. Er tröstete sich bald über den Vorfall, und daß er die -Veranlassung dazu gewesen, daß unschuldiges Blut vergossen worden; hatte er Poch sein altadelifches Blut von einer Miß- heirath bewahrt. "Sein Sohn, der künftige einzige Erbe seiner großen Güter und seines beträchtlichen Vermögens, wurde einer andern weiblichen Psiege übergeben, die aber gar nicht dazu gemacht war, seine erste Pflegemutter, die mit liebender Sorgfallt über ihn gewacht hatte, zu ersetzen. An spateren Jahren erhielt er mehrere Hofmeister, aber auch ihre Wahl war-nicht die glücklichste, weil sich junge Männer von Geist und Herz,-im Gesühl ihres angebornen Menschenwcrths, nicht den stolzen Launen des Barons mit verächtlicher Kriecherei) fügen wollten. Endlich gab er den Knaben in eine adeliche Erziehungsanstalt.
Der schröckliche blutige Tod der lieben Pflegemutter hatte auf das Kind, so klein es noch war, doch einen unauslöschlichen 'Eindruck gemacht. Seine kindliche Heiterkeit war von dem Augenblicke an ausfallend verschwunden, und von der Zeit an äußerte sich eine Art von Stumpfsinn, der mit zunehmenden Jahren in Verschlossenheit und Anlage zur Melancholie ausartete. In der -Erziehungs-Anstalt wurde diese so auffallend sichtbar, daß man solches dem Vater melden mußte. Dieser eilte zu seinem Sohne, und nach dem Gutachten sachverständiger Actzte wurde es dringend nöthig, ihn in eine öffentliche Änstalt, wo Melancholische und Wahnsinnige geheilt'werden, untcrzubrip- gcn. Dieß geschah. Der junge Mensch schien auch nach einigen Monaten sich sehr
zu bessern; er wurde theilnchmcnder, gesprächiger, las gerne, und die seinen Fähigkeiten angemessenen Arbeiten, die er machen mußte, vcrriethen keine auffallende Spuren einer Abwesenheit des Verstandes. Der Arzt, dessen Kur und Obhut er anvertraut war, meldet daher dem Baron, wie sein Sohn so weit hergcstellt sep, daß er ihn ohne Gefahr abholen, und in seine vorige oder ähnliche Verhältnisse zurück- trcten lassen könnte.
Der Baron machte, gleich nach Empfang dieses Briefes, in andern Angelegenheiten eine Reise in die Stadt, wo sein Sohn in der Kranken- urld Irrenanstalt untcrgebracht war. Er schickte einen Bedienten an den Arzt, ließ ihm seine Ankunft melden, und bat ihn seinen Sohn zu ihm in das Wirthshaus, wo er abgestiegen, auf den folgenden Nachmittag, durch einen sichern Krankenwärter zu senden. Dieß geschah.
Der Vater empfieng seinen Sohn mit so vieler Zärtlichkeit, als sein Herz fähig war; der Sohn war tief gerührt, aber in 'diese Rührung mischte sich ein bitteres Gefühl über den Abstand zwischen seiner In- nigkeit und der Kälte des Vaters. Die beständigen Beschäftigungen, die fremden Umgebungen und der Mangel an Gegenständen, die ihn an frühere Zeiten erinnerten, hatten seine Schwermuth nicht ganz verscheucht, sondern nur unterdrückt. Sie kehrte mit voller Stärke zurück. Der Baron, fein Vater, verließ auf einige Augen- bltcke das Zimmer, um in dem daran stoßenden Schlafkabinet etwas aus seinem Reisekoffer zu holen. Diesen Augenblick benutzte der junge Mensch; er ergriff «in geladenes Pistol, das auf der Klappe de« offenen Sekretärs lag, und erschoß sich.
Das Pistol war das nämliche, mit welchem sich vor Mehreren Jahren seine unglückliche Pflegemutter den Tod gegeben hatte. Wie dem Baron dabei zu Muthe war, läßt sich denken.