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Ircssig bereits eine Anzahl kraftvoller Jünglin­ge, die als Knaben einst seine Zöglinge gewesen, und jene belustigenden Kampfspiele jetzt, in ernste­rer Gestalt zu wiederholen entschlossen waren, in eigner Person nach einer mehrere Meile» ent­fernte» Stadt, allwo, der eingegangcnen Kunde acmäst die berbeisi, ömcndcn Freiwilligen sich streitlustig versammelten, um der vaterländischen Heeresmacht beigefügt zu werden. Das leichte Bündel auf dem Rücken, und von fröhlichem Muihe beseelt, schritt Anton, dessen ermuntern­des Wort während der letztverwrchencn Tage den In alle» Gemütbcrn aufgluümcnden.Funkcn schnell zur lebendigen Flamme angcfachk hatte, stink und rüstig unter den ausziehendc» Iugcndgenossen da­hin. Der Gedanke an den neuaufgchenden, aus der Ferne mächtig herübcrwinkciiden Thatenruf hatte die Bilder des Trübsinns und Unmuihö fast bis auf die letzte Spur ihm aus der Brust hinwcggcbannk, und nur ihm in begeistertem Ei­fer sich hingehend, war sein ganzes Wese» von den frischgcwecktcn Triebe» und Neigungen er­füllt. Mit leichtem Herzen hatte er Banmscbccre und Gartenmesser an die Seite geworfen, mit zufriedenem Sinn von den Lieblingsplätzcn, die ihren Anspruch auf seine Anhänglichkeit »och aus den früher» Zeiten herleiketen, sich getrennt, und aus den heimischen Bezirken folgte nach der frem­den Ferne kein andres Erinnerungszeichen ihm nach, als Karolinens Abschiedszeilen, die er, von einem schwarzen Bändchen umwickelt, auf der bloßen Brust trug.

Mit innigem Behagen drängte sich Vater Drvfsig, als er die für ihn so mühselige Wan­derung vollbracht und das Ziel derselben mit sei­ner jungen Mannschaft erreicht hatte, unter den Söhnen des Landes umher, von denen es in al­len Straßen der Stadt wimmelte, indem sic schaarenwcis herbeigeeilt, jetzt i» kampfbcgieriger Ungeduld der Stunde des Ausbruchs entgegen» harrten. Die kriegerischen Iurüstungcn, die er hier treffen sah, das fröhliche Getöse der Waffen und der Jubel der Glücklichen, denen cs vergönnt war, sie zu führen, hatte» seine ganze Seele in Bewegung gesetzt, und des eigenen Zustandes ver­gessend, stimmte er in das Jauchzen der versam­melten Menge oft mit so glühender Heftigkeit ein, daß ibm die Kopfwunde darüber zu bluten anfing. Erst dann schien er es zu bemerken, baß für ihn selbst kein Tagwerk solcher Art mehr zu vollbringen sey, und indem er zu gleicher Zeit euien Blick auf den Stelzfuß warf, fing er all- on, sich ruhiger zu verhalten. Als end­lich der Abzug der jungen Krieger erfolgt und mit ihnen der einzige Reiz verschwunden war, der au die-Stadt ihn zu fesseln vermochte, begab er sich nucy wieder auf den Weg, und wunderte langsamen Ganges und mit düsrerm Ecbcrdespiel aus der einsamen Heerstraßeach seinem Wohn­orte zuruck.

Hier führte er von nun an ein sehr stilles zw rückgezvgcnes Leben. Der Weg über Hie Zug­brücke büeb, indem der Alke cimam hinter seiner Werschanzung saß, oft mehrere Tage nach c,»an­der gesperrt, ohne daß er den Sebloßgarten oder das Amtbaus besucht hätte. Erst nachdem Ka­rolinens Znrückkebr gegen Ende des Maimvnats erfolgt war. dcgad er sich in den Nachmittags- stundcn bisweilen nach dem Gärtchen jenseits der Plankcnwand, um traulich und trcubcrzig mit der Eigcnthümcrin desselben sich zu unterhalten, die um diese Zeit fast täglich in einer daselbst befind­lichen Jasminlaube, mir weiblicher Arbeit be­schönigt, sich aufuibalten pflegte. Mit behagli­chem Ergötzen verweilte sein Blick auf der edlen, blühenden Gestalt, zu welcher die Jungfrau wäh­rend ihrer Abwesenheit sich entwickelt und ausgc- biidct hatte; vor Lust und Freude begann das alte redliche Herz ihm zu klopfen, wenn sie mit sanfter Freundlichkeit thn am Eingänge der Lau­be willkommen hieß, und von der Anmuth ihres Wesens wunderbar an ihre Nähe gefesselt, konnte er nicht umhin, einen Theil der innigen Zuneigung, die sein entfernter Liebling be>, auch auf sie übcrzmragen.

Die erste schriftliche Nachricht, die Anton: schon in der ersten Woche seines ncnangctretcncn: Berufs ihm hatte zu Theil werde» lassen, blieb- zugleich auch die letzte, da bald nachher, zufolge der kriegerischen Begebenheiten und Verhältnisse alle fernere Mittheilungcn dieser Art erschwert und gehemmt wurden. Erst im Lause des Spät­sommers ging über die aus dem Städtchen fort- gezogenen Freiwilligen wieder ein ziemlich unbe­stimmter und schwankender Bericht ein, welcher zugleich die Angabe enthielt, daß Anton in einem Treffen verwundet, nach seiner Wiederherstellung aber als Feldwebel zu einem anderweitigen Re- gimeote versenk worden sey. Karoline selbst war cs, aus deren Munde der Alte dieses Gerücht zuerst vernahm, da er zufolge seines einsamen und abgeschiedenen Wandels mit dem Orte selbst in nur geringer Verbindung stand.

Feldwebel? schon Feldwebel?" rief er aus, indem er mit einer Miene, in welcher ehrerbie­tiges Staunen und freudige Rührung sich um den Vorzug stritte», die Mütze vom Kopfe zog, und einen tiefen Bückling machte.Kaum in den Krieg gezogen, und schon Feldwebel? Petz Element! da hat mir der Junge nunmehr wohl gar schon den Rang abgelaufcn?"

Aber auch verwundet ist er gewesen!" cr- wicdcne Karoline mit ivehmüthig bewegter Gc- öerdc;und wer weiß, ob er nicht in diesem Augenblick wieder mit neuen Wunden bedeckt, hülfios und verlassen auf dem Schlachtfelde liegt! Früh genug wird er dazu sich abermals eine gün­stige Gelegenheit ausgesucht haben; denn er kennt und scheut nun einmal keine Gefahr!"

z,Das muß er auch nicht!" fiel der Alte ihr