Die Zärtlichkeiten, die er dem Mädchen- vorsagte, blieben nicht unerhört, aber mit- teu in dem feurigsten Gespräch wurden beide von der Mutter überrascht» Man, kann glauben, daß sie den erschrockenen Liebhaber nicht mit freundlichen Augen ansah; derber und eindringender waren jedoch ihre Vorstellungen unter vier Au­gen. Richardson nahm zu Bitten seine Zuflucht, und- erhielt Verzeihung. Die eifersüchtigen Augen der Wtttwe beobachte­ten ihn von nun an sorgfältiger als zuvor., Demohngeachtet wurde er kurz darauf mit der jüngsten Tochter auf ähnlichem Wege ertappt. Jetzt konnte die Wittwe sich nicht länger halten.. Sie erfüllte das ganze Haus mit Geschrei,, rief um Rache gegen den Verführer, und erklärte zu­gleich, daß ihre älteste Tochter bereits die Folgen des verbotenen Umgangs an sich spüren laste.

Richardson ließ den ersten Zorn vor­über rauschen. Als er die Mutter ei» wenig besänftigt glaubte, stellte er-ihr vor, daß alles Gepolter und Lärmen hier wenig helfe, daß er nicht beide Töchter zugleich heirathen könne; wenn sie aber einen Mann für die erste auszukundschaf­ten wisse, so wollte er die zweite heira­then. Glücklicherweise fand sich gerade ein Goldschmid,der eineHausfraubrauchte. Die älteste Schwester kam dadurch unter die Haube. Richardson ließ sich nun we­gen der jüngsten sehr dringend bitten, und erfüllte sein Versprechen nicht eher, bis die Mutter eine ansehnliche Mitgabe aus­zahlte. Kaum war dieß geschehen, kaum hatte man ihm das Geld abgelicfert, als er sich heimlich davon machte, uud Mut­ter und Tochter allen Nachwehen ihrer eigenen Thorheit preis gab.

Vielleicht war es mehr Mangel an Gelegenheit, als Ueberdruß an der bishe­rigen Lebensart, daß Richardson jetzt ei­nige Zeit sich in bessere Ordnung fügte. Er that etliche Seereisen als Schiffszim­

mermann, auf denen er sich den Beifall seiner Obern in vorzüglichem Grade er­warb. Der Eigenthümcr des Schiffes selbst, ein Pflanzer in Südkarolina, würdigte ihn eines nähern Umgangs, und gab ihm die deutlichsten Proben seiner Zuirieden- heit. Die gute Laune und Lustigkeit, wel­che Richardson überall verbreitete, machte ihn zu einem angenehmen Gesellschafter, und erweiterte den Kreis seiner Bekannt­schaft. Aber eben jene Neigung zum weib­lichen Geschlechte, die er nie überwinden konnte, brachte ihn in Feindschaft mit der Welt und mit sich selbst. Sie hatte nur eine zcitlang geschlummert, um ihn aus'S neue in Verlegenheit und Unglück zu stür­zen.

Der Schiffsherr, der ihn nährte und mit Wohlthatcn überhäufte, hatte eine Tochter von achtzehen Jahren. Sie war die Unschuld selbst, und eben deshalb ge­gen männliche Fallstricke weniger auf ih- rer Hut. Ihre Bekanntschaft mit Richard- son ging anfänglich in Freundschaft, und endlich in Liebe über. Bei dem sanfte­sten Mondschein, unter dem Schatten dicker Kastanienbäume, hatte er ihr zuerst daS Herz gerührt. Er hatte ihr mit den hei­ligsten Schwüren Treue gelobt, und das Mädchen war leichtgläubig genug, sich Liebe und Ewigkeit nie anders als ver­eint zu denken. Die Fortschritte dieser ersten Unterhandlung waren daher die ge­wöhnlichen. Richardson, der jede Gele­genheit aufsuchte, das Mädchen allein zu sprechen, brachte eine Mohrin, die in des Vaters Hause diente auf seine Seite. Diese öffnete, wenn alles schlief, dem Harrenden die Hausthüre, geleitete Ihn unbemerkt in die Arme der Geliebten, und wandte sorgfältig jede Gefahr der Entdeckung ab.

(Beschluß folgt.)

Auflösung des Logogrpphs in Nro. So. Treue. Reue.