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weiht, und auch seine Verwandten sollen ihn beweinen." Sie besohl der Kammerfrau, ein Stück Leunvand aus ihrem Zimmer zu holen. Diese breitete sie aus der Erde ans, und legte ihren geliebten G a- brioilo darauf. ' Unter sein Haupt legte sie ein Kiffen, drückte ihm den Mund und die Angen zu und bestreute den Leichnam mit Rosen. „Seine Wohnung isi nicht weit von hier, sagte sie, laß uns ihn dahin bringen. Bald wird der Tag anbrechen, und dann werden ihn seine Verwandten finden. Wenn das auch s i c nicht trösten kann, so ist es doch eine große Beruhigung für mich, in deren Armen er starb." So sprach sie warf sich von neuem über den Leichnam hin und vergoß einen Strom von Thronen. J-re Kammerfrau ermunterte sie, zu eilen, bevor der Tag anbräche. Sie kam wieder zu sich selbst, steckte dem Geliebten ihren Brautring an den Finger und sprach: ,,O mein Gabriollo, wenn dein Geist meine Thronen sieht, und sich meiner erinnert, so verschmähe nicht diese letzte Gabe deiner Göttin, die dich über alles liebt." Mit diesen Worten sank sic ohnmächtig über den Leichnam hin. Als sie wieder zu sich selbst gekommen war, hob sie mit Hülse ihrer Kammersrau das Tuch vom Boden aus, und beide trugen den todten Körper aus dem Garten über die Straße in seine Wohnung. Sie waren aber noch nicht weit gekommen, als ihnen die Nachtwache begegnete, die gerade ihre Runde machte. S>c wurden angehalten. Andrerola, die diese Menschen kannte, sagte entschlossen: „Ich kenne eure Pflicht, und bin bereit, euch zum Befehlshaber der Stadt zu folgen, um ihm den ganzen Vorfall zu erzählen. Mein, wenn ich ruhig mit euch gehen soll, so wage cs keiner, mich hart zu be» handeln, oder diesen Leichnam anzutasten. Ich werde mich sonst bei eurem Vorgesetzten beklagen, und die Strafe wird nicht ausbleiben."
Sie kamen ohne einen störenden Zufall mit dem Todten bet dem Pallaste des Statthalters an. Sobald ihm das Geschehene gemeldet worden war, erhob er sich von seiner Schlafstätte, und ließ Andrer oia zu sich in sein Zimmer führen. Er fragte sie genau nach dem ganzen Vorgänge, und nachdem er sich von allen Umständen hinlänglich unterrichtet hatte, ließ er den Leichnam sogleich durch ein Paar Aerzte besichtigen und untersuchen, ob nicht etwa Spuren einer gewaltsamen Ermordung durch Gift oder andere Mittel sich zeigten. Sie verneinten das, und gaben vielmehr als Ursache des Todes die Zersprengung eines Blutgefäßes in der Nähe des Herzens an.
Der Statthalter sah, daß das Mädchen auf jeden Fall einen sehr übereilten Schritt gethan hatte, und gab sich Mühe, sie zu einem sträflicheren zu verleiten. Er suchte sie zu überreden, ihm auch zu gewähren, was sie Gabriollen so gern gewährt hatte, und versprach ihr, wenn sie seine Wünsche erfüllte, sie augenblicklich in Freiheit zu setzen, aber seine Versuche waren fruchtlos, und als er Gewalt brauchen wollte, vcrthcidigte sich A n dre r o la, vom heftigsten Unwillen beseelt, mit männlichem Muthe, und strafte den Elenden durch die bittersten Vorwürfe.
Unterdessen war es Tag geworden, und Andre rola's Vater kam in-tiefer Betrübniß mit seinen Freunden in das Haus des Statthalters. Nachdem er über alles Geschehene genaue Erkundigung eingezogen hatte, bat er mit klagendem Tone, ihm seine Tochter zurück zu geben. Der Statthalter wollte lieber sein eigener Ankläger sepn, als auf Andrero la'S Anklage warten. Er sprach von ihr mit den größten Lobeserhebungen, pries besonders ihre Entschlossenheit, und führte als einen Beweis derselben ihre standhafte WÜ^r- setzlichkeit gegen seine letzten Versuche auf ihre. Tugend an. Er erklärte hierauf