Emsigkeit und Einsicht vor, die sich immer durch die glücklichsten Folgen bewährte. Ihr Vergnügen litt dabei auf keine Weise; sie wußte es mit der Erfüllung aller ih­rer Obliegenheiten auf die ungezwungen­ste und verständigste Art zu verbinden. Ein besonderes Vergnügen machte ihr die Jagd; sie schoß wie der geschickteste Jager, bestieg und ritt kühn die unbändigsten und wildesten Rosse, und wetteiferte mit dem unerschrockensten Manne an Muth und Entschlossenheit. Dabei besaß sie Geist und eine sehr reihende Gestalt; ein hoher und angenehmer Wuchs vollendete ihre äusser- lichen Vorzüge.

Es war eine der Liebhabereien der Gräfin, daß sie gern Reisen machte. Ge­wöhnlich legte sie täglich nur einige Mei­len zurück, um die am Wege gelegenen Ocrter, und die Merkwürdigkeiten dersel­ben mit gehöriger Muße besehen zu kön­nen. Auf einer dieser Reisen von Paris nach ihren Gütern, die einige sechzig Stun­den davon entfernt lagen, hatte sie nie­mand bei sich als ihre eilfjährige Tochter, eine Kammerfrau, und einen alten ver­trauten Diener, Namens Vernier; den Kutscher ungerechnet, der eine vierspänni­ge Berlins fuhr. Als sie durch Bourges kam, ward ihr in dem Wirthshause, in welchem sie abgetreten war, gesagt: wenn sie ihren Weg um acht Stunden verkür­zen wollte, so müßte sie sich nach einem gewissen nahen Walde wenden, durch den eine höchstens vier Stunden lange sandige Straße führe, dann würde sie auf einem nicht so beschwerlichen Wege binnen weniger Stunden zu einem wieder an der Haupt­straße gelegenen großen Flecken gelangen.

Die Gräfin beschloß, nachdem sie mit dem Kutscher Rücksprache genommen, dem gegebenen Nathe zu folgen. Die Pferde wurden aber durch den sandigen Weg so ermüdet, daß in dem Walde angehaltcn werden mußte. Indem man sie verschnau­fen ließ, ward ein Bauer gefragt: ob es

noch weit nach einem Wirthshause hin seh? Er antwortete: eine halbe Meile weiter würden die Reisenden eines antreffen, daS zwar schlecht genug seh, wo man aber doch zuweilen abtrete, um füttern zu las­sen.

Diese Nachricht lautete eben nicht tröst­lich; da aber der Tag sich neigte, so mußte man sich entschließen, das Nachtlager da­selbst zu nehmen. Der Kutscher mußte seine entkräfteten Thiere auf's äußerste anstrcngen, damit man Abends um sieben Uhr die angezeigtc Herberge erreichte. Die Gräfin stieg ab, mit ihrem Hirschfänger und einer ihrer Pistolen bewaffnet. Sie tritt in das traurige Wirthshaus, und nie­mand kommt zum Vorschein darinn, als eine Frau, bei der sie sich ungesäumt er­kundigt: ob sie Futter für ihre vier Pfer­de bekommen könne? Sie erhält zur Ant­wort: zwei Scheffel Haber, und ein we­nig Stroh sep alles, was das Haus auf­zubringen vermöge.Es ist genug, ant­wortet die Gräfin; aber was giebt es für uns zu essen?"

Wirt hin. Fast nichts, als ein Bis­chen schwarzes Brod und etwas Käse.

Gräfin. Und Zimmer?

Wirt hin. Nur ein einziges.

Gräfin. Zeigen sie es uns.

Wirthin. Sie können es sehen, wenn es Ihnen gefällig ist, diese kleine Treppe hinaufzusteigen.

Gräfin. Gut, geben Sie uns Licht.

Wirt hin. Ich habe keines; in mei­ner Lampe ist nur noch Del für eine Vier­telstunde zu brennen.

Gräfin. Gleichviel! Zünden Sie nur an.

Die Wirthin gehorcht; man untersucht das Zimmer, es ist mit in der Länge aus­gestellten Tannenbrettern getäfelt, die in den Fugen schlecht zusammenpassen. Nahe daran stößt ein kleines Kämmerchen. Die Gräfin bestimmt das Bette im Zimmer für sich, läßt das im Kämmerchen ihrer