-^us 8tadt und l<reis Calw
Erfinderische Gefolgschafts-Mitglieder
Eine Verordnung des Reichsmarschalls
Der Beauftragte für den Vierfahresplan, Reichsmarschall Göring, hat eine Verordnung über die Behandlung der Erfindungen von Gefolgschaftsmitgliedern erlassen, die im Reichsgesetzblatt Vom 22. Juli veröffentlicht wurde. In der Einleitung >tellt die Verordnung fest, das, Erfindungen von Gefolgschafts-
mitgliedern die Leistung der Wirtschaft steigern. Sie dienen vor allem der Rüstung und müssen tatkräftig gefördert, ausgewertet und geschützt werden. Da wahrend des Krieges die vorgesehene ausführliche Regelung durch ein Reichsgesetz zuruckgestellt werden mutz, bestimmt die Verordnung folgendes:
den Betrieben (öffentlichen und Privaten) ist unter Aufsicht der Gauhauptämter für Technik der NSDAP, für, eine geeignete Be» treuung der erfinderisch tätig werdenden Gefolgschaftsmitglieder zu sorgen. Jedes Gefolgschaftsmitglied ist verpflichtet, die von ihm gemachten Erfindungen, soweit sie aus seiner Arbeit im Betriebe heraus entstanden sind, dem Unternehmer zur Verfügung zu stellen. Der Unternehmer hat dafikr eine angemessene Vergütung zu zahlen. Die Verordnung, die auch in den eingegliederten Ostgebieten gilt, ist mit des Verkündung in Kraft getreten. Der Reichsminister für Bewaffnung und Munition ist ermächtigt,„im Einvernehmen mit dem Neichsarbeitsminister und den sonst beteiligten Reichsministern die zur Durchführung und Ergänzung notwendigen Vorschriften zu erlassen..
Zum Winter neue Reisemarken
Nachdem die reichseinheitlich hergestellten Lebensmittelmarken und Reichskarten für Urlauber fetzt auf Papier mit dem gleichen Wasserzeichen gedruckt werden, sollen zweckmäßigerweise auch die Reise- und Gaststatten- marken, die bisher kein Wasserzeichen hatten, aus diesem Papier hergestellt werden. Diese Umstellung wird zum Anlatz genommen, die Marken in neuer Gestaltung herauszugeben und ihre Gültigkeitsdauer zu befristen. Der Reichsernährungsminister hat deshalb angeordnet, daß die geltenden Reise- und Gaststättenmarken für Brot, Fleisch, Butter, Margarine usw., Käse und Nährmittel mit Ablauf des 10. Januar 1943, dem Ende der 44. Zuteilungsperiode, außer Kraft treten. Es werden neue Marken für Brot, Fleisch» Butter, Margarine, Käse und Nährmittel eingeführt, die von den Ernährungsämtern und Kartenstcllen mit Beginn der 43. Zuteilungs- Periode am 16. November ausgegeben werden können und von diesem Tage an zum Warenbezug berechtigen. Bis zum 10. Januar gelten dann beide Ausgaben nebeneinander. Die neuen Reisemarken sind in ihrer Gültigkeit durch Aufdruck bis Ende September 1943 beschränkt.
Was geschieht mit unserem Geld?
Der Staatssekretär im Reichsfinanzministerium, Fritz Reinhardt, hat eine aufschlußreiche Broschüre „Was geschieht mit unserem Geld?" herausgegeben, in der in flüssiger, allgemeinverständlicher Form darüber berichtet wird wofür der Staat das viele Geld braucht, wie der Finanzbedarf des Reichs im Kriege gedeckt wird, wie es für die Reichsfinanzen nach dem Kriege aussieht usw. Von besonderem Interesse sind vor allem die ausführlichen Mitteilungen des Staatssekretärs zu der Frage, warum im nationalsozialistischen Staat eine Inflation ausgeschlossen ist. Im ersten Weltkrieg 1914/18 lagen nämlich auch hinsichtlich der Geldwirtschaft die deutschen Verhältnisse ganz wesentlich ungünstiger als heute. Damals sind nur 13 Prozent des gesamten Finanzbedarfs des Reichs durch ordentliche Einnahmen gedeckt worden, während es heute reichlich 50 Prozent sind. Da
mals verfügte das Reich nur über sehr ungenügende Steuerquellen, die bereits in den Vorkriegsjahren sehr gut entwickelt worden sind, und die sich während des Krieges ausgezeichnet bewähren. Die Finanzlage des Reichs kann deshalb in: gegenwärtigen Krieg zu einer Gefahr für die Währung nicht führen.
Daran wird sich ohne Rücksicht auf die Dauer des Krieges nichts ändern. Von dem Volkseinkommen von gegenwärtig 120 bis 130 Milliarden Mark stehen zur Bildung von Kapitalvermögen monatlich 4 bis 5 Milliarden zur Verfügung. Aus diesem Teil des Volkseinkommens fließt dem Reich laufend in Form von Kreditmitteln der Betrag zu, den es über die Summe des Steueraufkommens und der anderen ordentlichen Einnahmen hinaus braucht. Der Zahlungsmittelumlauf ist zwar von 13,3 Milliarden Mark bei Kriegsausbruch auf 23 Milliarden Mark Ende Mai 1942 gestiegen. Diese Zunahme ist aber eine durchaus natürliche, erforderlich geworden durch die Eingliederung neuer Gebiete, durch das Steigen des jährlichen Volkseinkommens seit Beginn des Krieges bis heute um 30 bis 40 Milliarden Mark, durch das Steigen des Geldzeichenbedarfs der Wehrmacht, durch die erschwerten Verkehrsverhältnifse usw.
Ritterkreuzträger Schairer gefallen
Nagold. An der Ostfront um Leningrad fiel am 19. Juli der Ritterkreuzträger Hanptmann Hartmut Schairer, Staffelkapitän in einen: Sturzkampfgeschwader. Hauptmann Scharrer, als Sohn eines Pfarrers am 16. September 1916 zu Nagold im Schwarzwrckb geboren, trat nach Erlangung des Reifezeugnisses auf dem Stuttgarter Realgymnasium 1936 als Offizieranwärter in die Kriegsmarine ein und wurde als Oberfähnrich 1938 zur Luftwaffe versetzt; im gleiche» Jahr zum Offizier befördert, ist er seit 1939 Sturzkampfflieger. Im Kriege bewährte er sich als Flugzeugführer und Staffelkapitän auf allen Kriegsschauplätzen. Im Kampf gegen Seeziele im Kanal und im Mittelmeerraum versenkte er „einen
Zerstörer und vier Handelsschiffe. Durch kühne Angriffe auf Malta, in Nordasrcka und beim Kreta-Einsatz erzielte er neue hervorragende Erfolge. Ebenso zeichnete er sich im Ostflug durch schneidig geführte Tiefangriffe, auch wobei er u. a. bei der Vernichtung des im Raum Grodno—Bialhstok eingekeffclten Feindes maßgeblich mitwirkte. Im September 1941 verlieh der Führer dem damaligen Oberleutnant, der feinen Besatzungen stets ein mitreißendes Vorbild war, das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes.
Sulz. Am 19. Juli konnten die Eheleute Joh. Georg Brösamle, Alt-Rößleswirt, und seine Ehefrau Katharine geb. Nestle das Fest der Goldenen Hochzeit im Kreis ihrer 6 Kinder mit Ehegatten und 17 Enkeln feiern. Die beiden dürfen sich im Alter von 73 und 72 Jahren Noch bester Gesundheit und Rüstigkeit erfreuen. Der stellt). Bürgermeister überbrachte Glückwünsche und Ehrengabe der Gemeinde und der Württ. Staatsregierung. Auch ein Glückwunschschreiben aus der Kanzlei des Führers traf ein.
Wochendienstplan der HI.
Hitler-Jugend Standort Calw. Montag: 20 Uhr Sonderdienst für die Mo.-Schar. Antreten auf dem Brühl. — 20 Uhr Führerdienst. Antreten sämtlicher HJ.-Führer des Standortes auf dem Brühl. Schreibzeug ist mitzubringen! Die Hebung der Trommler fällt aus. — Dienstag: 20 Uhr Uebung der Pfeifer am Dienstzimmer. — Mittwoch: 20 Uhr Antreten des gesamten Standortes (Gef. Flieger-, Motor- und SRD.- Schar) auf dem Brühl.
BDM.-Mädclgruppe 1/401. Am Freitag sind sämtliche Mädel um 20 Uhr mit Turnzeug in der Turnhalle (auch Spielschar). Der Dienst für die Scharen 1—3 am Donnerstag fällt aus.
BDM.-Werkgruppe 1/401. AG. Pers. Lebensgestaltung tritt heute 19.30 Uhr in Dienstkleidung auf dem Bahnhof an. 80 Pfg. mitbringen!
JM.-Gruppe 1/401. Montag: 18 Uhr Führerinnendienst. Alle anwesenden Führcrinnen haben pünktlich zu erscheinen. — Mittwoch: 13.30 Uhr Antreten der gesamten JM.-Gruppe am Salzkasten. Gefäße zum Beerensammeln sind mitzubrmgen.
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Obstbaumpflege in Württemberg
vrauMkrun^ eines interessanten Obstbauledrtilms in 8tuttZart
Im Anschluß an die Bertretertagung des Landesverbandes der Gartenbauvereine Württembergs wurde im Ufa-Palast der im Auftrag der Landesbauernschaft Württemberg von der Kling-Film GmbH. Stuttgart hergestellte Obstbanfilm „Der Baumwart zeigt: Obstbaumpflege in Württemberg" uraufgeführt. Landesbauernführer Arnold gab in seiner Begrüßungsansprache der Ueberzeugung Ausdruck, datz der Film nicht nur in Württemberg, sondern auch außerhalb des Schwabenlandes die Anerkennung finden werde, die er verdiene. In seinen Worten betonte Landesfachwart Adolf Mauk-Launen a. N., daß der Reichsnährstand die Aufgabe habe, die Ernährung für die Soldaten und für die Heimat zu schaffen, und daß dank des erweiterten Gemüseanbaues die Gemüseversorguna jetzt eine zufriedenstellende sei. Auch im Obstbau würben alle Anstrengungen unternommen, Württemberg zu einem der wichtigsten Obstbaugebiete des Reiches zu machen; so seien in den letzten beiden Krieasjahren rund 70 000 Obstbäume in Gemeinschaftspflanzungen angebaut und über 900 Hektar neues Obstbauland gewonnen worden.
In dem nun zur Uraufführung gelangten Obstbaufilm, der von der Filmprüfstelle die Prädikate .vorbildlich und Lehrfilm" erhielt, sind in ungemein lehrreicher und gemeinverständlicher Weise alle Erfahrungen:m Obstbau zusammengefaßt, die für jeden Obstbauer bei sorgfältiger Beachtung und An- wenduna von großem Nutzen sein werden.
Gerade Württemberg als die Apfelkammer des Reiches hat auf dem Gebiete des Obstbaues dank der vorzüglichen Ausbildung der Obstbaumwarte große Erfahrungen gesammelt, denen es seine überragende Stellung im Obstbau vor allen übrigen deutschen Ländern verdankt. Was Leim Anpflanzen sowohl als auch bei der Pflege des Obstbaumes zu beachten ist, zeigt uns der Filmstreifen klar und eindringlich.
Der Film, zu dem die Obstbaumspektoren Engler und Spindler den Text schrieben, hinterließ einen starken Eindruck und wird bei allen Obsterzeugern lebhaftem Interesse begegnen und mit dazu beitragen, einen leistungsfähigen und gepflegten Obstbaumbestand zu schaffen. Zugleich stellt dieser Obstbaufilm auch eine öffentliche Anerkennung der verdienstvollen, uneigennützigen Tätigkeit der Baumwarte Württembergs dar.
Oer Rundfunk am Montag
Reichsvrogramm: 11 bis 11.80 Uhr: Kleines Konzert des Nürnberger Kammerorchesters, Werke von Mozart bis Gröner: IS bis 18 Uhr: Richard Straub begleitet seine Lieder: 17.1S bis 18.30 Uhr: Bunte Musiksendung; 1S.1S bis 20 Uhr: Musikstücke von Künnecke, Kollo u. a.: 20.18 bis 22 Uhr: Aus belieb- ten italienischen Opern mit bedeutenden Solisten. — Dentlchlandsender: „Prolos »u einem Rittersviel" von Philipp Jarnak: 20.18 bis 21 Uhr: Lieder unter Mitwirkung bekannter Scinser; 21 bis 22 Uhr: Schuberts 6-äur-Sinfvnie, Leitung: Hans Knap- vertsbusch.
Oie Disziplinarstrafe
Line Lescbiebte von Leneral Vork . Von Ueioksrck kraust
In seinem letzten Armeebefehl hatte Uorck, der alte Isegrim, wie ihn seine Landwehr nannte, jedem Unterführer empfindliche Strafen angeoroht, der es wage, im Regiment oder Kompanie die gänzlich überflüssigen Bagage- wagen zu dulden. Noch am gleichen Tage, als das Verbot bekanntgegeben worden war, entdeckte der General bei einer Truppenbesichtigung inmitten der vorbeimarschierenden Kolonnen ein einsames Troßwäglein.
,Laltl..." Der General hob die geballte Rechte, und der Marsch stockte. Auch das armselige Planwäglein Hielt, der Fahrer zog die Zugel an, und die mageren, struppigen Pferde ^M°uften. Der Kutscher stieß mit dem Peitschenstiel die Plane beiseite, unter die er bei dem beginnenden Regen gekrochen war, und schaute ärgerlich nach den Ereignissen dort draußen. Als er einen General mit verlangten Zügeln hereinreiten sah und hinter /Myomen Stab. Generäle und erbleichende riß er, unerwartet aus feinem Halbschlttmmer in den Mittelpunkt der Welt- ^ ^ gestoßen, die Gäule auf die Stelle fest und nahm zum Gruß straffe Haltung an.
„Sieh da, ein feines Kaleschlein!" schrie der General mit seiner schrillen Stimme so daß dem Fahrer vor Entsetzen die Peitsche ent- glitt. „Was für gute Dinge werden da mitae- fuhrt — wie, gegen meinen Befehl?" fuhr er fort und die feurigen Augen in dem Greisen- SfsiKt sunkelten. Verwirrt senkten nun auch die Militanten, lue kein reines Gewissen haben mochten, die Kopfe, aber der unerbitterliche A te nahm keine Rücksicht: „Die Kameraden hungern, weil sie auf den Märschen hinter dem Fenld kaum das Nötigste mitnehmen können, aber ,o em feines Herrlein führt seinen damit es den Schleckermäulerge- lusten fronen kann!"
V»nwi.5?n"pcr auf dem Bock zitterte, aber vermeinte, mm fei die Zeit gekommen, da
er sich in die Weltgeschichte einschalten müsse: „Herr General, melde gehorsamst —"
„Was ist in dem Wagen?"
Verächtlich hieb Uorck die Reitgerte nach der Plane. Die Adjutanten zögerten verlegen, doch dann ermannte sich einer, sprang vom Pferd und hob das barmherzig verdeckende Tuch ein wenig auf. „Stroh ..
„Wie, man will sich weich betten? Der Kerl hat seine Disziplinarstrafe weg! Wer ist es?"
„Exzellenz", brummte der andere Adjutant, „wir sachten —"
„Schweigen Sie! ..." Dagegen war nicht aufzukommen, man kannte diesen Ton. „Herr Leutnant", so an den ersten, „was gibt es noch da drin? Schnell, die Truppen wollen bei Nesem Negenwetter ins Quartier!" Und dabei ah er in den regendnnklen Himmel und mauerte ein wenig, weil er früh keinen Mantel mitgenommen hatte.
„ Der Offizier: „Einen alten —" Beinahe strahlend: „Unfern alten Regenmantel, Exzellenz."
„Wie, einen Regenmantel? Den gebt her, der wird requiriert! Ich will es dem noblen Herrn schon hennzahlen."
Verlegen zog ihn der Militant heraus, er reichte ihn dem General. Uorck warf einen verwunderten, halb erkennenden Blick darauf.
Den Adjutanten stockte der Atem. Nur das verschmitzte Bauerngesicht des Fahrers verzog sich zu einem breiten Grinsen:
„Exzellenz, melde —"
„Was? — Schweig!" Gallig: „Wem gehört die vermaledeite Karre?"
„Dem General von Uorck, Exzellenz."
„Was — mir? Daß dich der Schwernot, Kerl!"
Belustigt wandte sich Uorck nach seinen beiden Adjutanten. Aber die Herren Leutnants, die fürsorglich ihren geliebten alten Isegrim betreuten, blickten wie ertappte Diebe auf den Wagen. Da lachte Uorck hell auf. und auch der Krümper lachte in vorsichtigem Abstand mit. Das Er freute Uorck am meisten, und er sagte schmunzelnd: „Was. Kam'rad. ist ein nobler Lund, dein General?"
Dieser Hohn schien den Adjutanten, die ihren General kannten, unangebracht: der erste meldete: „Exzellenz, die Schütte Stroh —," und schnell siel der andere ein: „Falls Exzellenz im Freien nächtigten! ..." Und der erste: „Wegen der Gicht, Exzellenz!" Und jener: „Auch den Mantel —
„Und den Wagen?" fragte Uorck. Dann schnitt er ihnen zede weitere Erklärung ab: „Den Kommandeur!" Da mußten die Adjutanten losreiien, und sie hetzten, bis sie den Oberst ausfindig machten, dem sie Uorcks Bagage anvertraut hatten.
„Es wird nicht so schlimm werden," brummte der Oberst. Aber die Adjutanten murmelten wehmütig: „Es langt", womit sie die schlechte Laune des Generals meinten. Darauf erwiderte der Oberst, an ihm sollte es nicht liegen, dann nähme er eben seine Disziplinarstrafe hin. „In Gottes Namen", sagte er noch und meldete sich bei Uorck.
„Ich muß Ihnen einen strengen Verweis erteilen, Herr Oberst," sprach ihn Uorck an. „Entgegen meinem Befehl führen Sie einen Troßwagen beim Regiment."
„Euer Exzellenz Adjutanten Laten..."
„Wessen... "
Der Oberst wußte, daß Uorck keine Unterschiede duldete. So widerspruchsvoll cs auch war, meldete er also: „Die Adjutanten des Generals von Uorck."
„Die haben einen Dreck was zu bitten." fauchte Uorck. „Der General und seine Adjutanten haben nichts zu wünschen, was ihnen der Korpsbefehl verbietet."
Nach einem Weilchen, mit einem Blick auf den Krümper, dann zu dem Obersten — und alle drei lächelten nun — schloß Uorck ganz ruhig: „Bestrafen kann ich den General nicht, aber seinen Mantel habe ich reauiriert. Und damit warf er ihn um die nassen Schultern. „In den Wagen aber lassen Sie schleunigst marode Landwehrmänner laden, auf Ihre Kosten, Herr Oberst, und zur Hälfte, das sei auch seine Disziplinarstrafe, auf Kosten des Generals von Uorck!"
VON vkkl Evk
„Ach?" meinte Erika Segal langgedehnt, und mit prüfendem Blick versuchte sie in den Augen ihrer Freundin zu lesen. „Der seit Tagen spurlos verschwundene Sasso soll nach Afrika fliegen?"
Errötend senkte Ulla den Kopf.
„Ich — ich wollte ihn allerdings darum bitten."
„Und wo steckt der Bursche?" wollte Erika Segal wissen.
„In seinem Heidehaus, wie man mir erzählte."
Erika Segal stand auf und lief ein paarmal im Zimmer hin und her, dabei pfiff sie eine Schlagermelodie. .
Einmal blieb sie seitlich stehen und warf eine« lauernden Blick über die Schulter zu der Freundin hin.
„Man sagt, daß Sasso — gekniffen habe?" warf sie spöttisch ein.
Da stampfte Ulla Ramm plötzlich wütend mit dem Fuße auf.
„Ausgeschlossen! Sasso kneift nie vor einer gefährlichen Aufgabe, hörst du? Ich möchte wissen, wer diesen Unsinn aufgebracht hat? Wenn unsere Freundschaft nicht heute in die Brüche gehen soll, Rika, dann bitte ich dich, nicht mehr in diesem verächtlichen Tone über Sasso zu sprechen!"
„So, so!" machte Erika Segal nur und begann sich schmunzelnd die Hände zu reiben. „So also steht die Geschichte I" In ihrem spitzbübischem Gesicht stand ein fröhliches Grinsen. Sie sah aus wie ein Junge, der einen tollen Streich im Schilde führt. Gemächlich trat sie näher und baute sich vor Ulla Ramin auf, die Arme in die Hüften gestemmt. „Du willst zu Sasso fahren! Ihn in feiner Hütte aufsuchen, ja? Köstlich, dieser Gedanke! Am liebsten möchte ich dabei sein. Dieses Bild möchte ich sehen!"
Mit Befremden schaute Ulla zu der Freundin auf. „Ich verstehe dich nicht! Was meinst du damit?"
„Nun, ehe du zu Sasso gehst, mußt du dir doch erst einmal klar sein, warum er nicht mit Borsten den Wüstenflug unternommen hat?"
„Darum wollte ich ihn fragen, Rika."
,Lhn fragen? Da kennst du aber die Männer schlecht! Bilde dir ja nicht ein, daß er dir seine Herzensnöte auf die Nase binden wird!"
Und Erika Segal lachte zu ihren Worten.
.Herzensnöte —?" murmelte Ulla verständnislos.
„Na, sage mal, bist du denn ganz und gar mit Blindheit geschlagen? Hast du es noch nicht bemerkt, daß Sasso in dich verliebt ist?"
Von neuem ergoß sich eine jäh aufkommende Röte über das Gesicht Ulla Ramins. Sie wich dem Blick der Freundin aus.
„Du bist im Irrtum, Rika". antwortete sie leise. „Vielleicht — hat Sasso mich einmal geliebt. Das ist möglich. Aber das ist lange her
,Zch kann es dir sogar ganz genau sagen, wie lange das her ist!" trumpfte die Freundin auf. „Zwei Jahre sind vergangen, als Harald Boysen hier auskreuzte. Der Ruf eines Draufgängers ging ihm voraus. Sein Vater gehört zu den reichsten Pfeffersäcken der Handelswelt. Der schöne Harald hatte die Ehre und das Vergnügen, das Geld feines Vaters mit vollen Händen auszuwersen. Ging ihm ein Flugzeug leicht zu Bruch, so ließ er es liegen und kaufte sich eine neue Maschine. Boysen kannte das Gesetz der Ellbogenfreiheit besser als Sasso. Was war ein Chefpilot der Ramin- Werke gegen Herrn Doktor Harald Boysen?"
„Rika! Du sprichst von meinem Verlobten!"
„Ganz recht! Es wird höchste Zeit, daß ein Mensch, der es gut und ehrlich mit dir meint, darüber mal in aller Offenheit spricht", fuhr Erika Segal in ihrer forschen Weise unbeirrt fort. Man konnte ihr nie ernstlich böse sein, wenn sie ihr Herz ausschüttete und dabei ihren Mitmenschen all die Schwächen und Fehler an den Kopf warf, die sie aufzuweisen hatten. Auch heute sah man es ihr an, daß sie auf diesen Augenblick seit langem gewartet haben mochte. Es hätte ihr das Herz abgedrückt, wenn sie weiterhin über ihre heimlichen Beobachtungen und Feststellungen schwelgen müßte. „Es hat mich jedenfalls mächtig geärgert, daß du Sasso abfallen ließest, als Boysen dir den Hof zu machen begann. Bitte, unterbrich mich nichtl Ich rede die Wahrheit! Sassa ist nicht der Mann, der viele Worte machen kann. Boysen dagegen versteht es um so besser, sich in Frauenherzen einzuschmeicheln. Kurz gesagt: die Bekanntgabe eurer Verlobung gab den letzten Ausschlag! Sasso Folkening wußte in diesem Augenblick, daß du für ihr verloren warst. Das raubte ihm die Ruhe, die er brauchte, um ein großes Werk durchzuführen. Ich behaupte sogar, daß Boysen ganz absichtlich wenige Stunden vor dem Start unserem ahnungslosen Sasso Kenntnis von eurer Verlobung gab. Den letzten Wüstenflug-Wettbewerb hatte bekanntlich Sasso Folkening gewonnen, den Saharaflug aber wollte Harald Boysen um jeden Preis gewinnen!"
Das Gesicht Ulla Ramins war aschfahl geworden. Matt hob sie die Hand.
„Rika — das — das hätte ich nie von di? erwartet! Bitte — geh!"
Da schrak Erika Segal sichtlich zusammen. Ein hilfloser Ausdruck trat in ihre Augen.
Ulla sah an der Freundin vorbei.
Langsam und mit hängenden Schultern schlich Erika Segal zur Tür. Che sie das Zimmer ver- ließ, mußte sie sich noch einmal umwenden. Ein Schluchzen drohte ihre Stimme zu ersticken, sie setzte ein paarmal vergeblich zum Sprechen an« Und dann purzelten ihr die Hellen Tränen über die Wangen.
„Ulla!" flehte sie. „Sei mir nicht böse! Bitte, bitte, nein! Eines Tages wirst du es cinsehen, daß ich es gut gemeint habe mit — mit euch beiden!"
Doch Ulla Ramin erhob sich, wandte ihr den Rücken und trat zum Fenster.
Da schloß ihre Freundin, mutlos geworden, dis Tür. Lange Zeit blieb es still im Raum.
Das Mädchen am Fenster stand reglos und starrte verlorenen Blickes hinab in den herbstlichen Garten. . .
Ein Klopfen an der Tür unterbrach da, Schweigen ringsum.
„Ein Brief aus Tripolis!" meldete die hell, Stimme eines Botenjungen.
(Fortsetzung!»lgt.) .