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Nagolder TagblattDer Gesellschafter'

Samstag, de« 11. Mai 181«

In den Bahnhöfen dieser Gegend und rückwärts davon ist zahlreiches Eisenbahnleermaterial bereitgestellt. Bei den fran­zösischen Divisionen befinden sich vor allem auch eine größere Zahl nordafrikanischer Divisionen, die als aus­gesprochene Angriffsdivisionen gelten.

Trotz dieses umfangreichen französisch-englischen für Belgien bedrohlichen Aufmarsches wurde die belgische Krästegruppierung gleichzeitig einseitig gegen Deutschland gerichtet. Es fanden dann am 13. Januar noch weitere Truppenverschiebungen nach Osten statt. Zwei bisher im Raum um Brüssel stehende Divisionen wurden an die Oft- bzw. Nordostfront hauptsächlich zur Ver­stärkung des Albert-Kanal-Abschnittes, eine weitere bisher im Küstengebiet eingesetzte Division ebenfalls nach Osten abbesördert. Ferner wurden ab 12. Januar die Erenz- sicherungs- und Sperrmatznahmen an der belgisch-deutschen Grenze plötzlich so verschalst, datz eine fast vollkommene Abschlietzung der Grenze eintrat. Dabei gab der Sender Vound Brock schon am 18. Januar 16.00 Uhr bekannt, datz an der Westfront die englischen Truppen znm Einmarsch in Belgien bereitständen.

In den folgenden Wochen und Monaten wurden der ver­schärfte Aufmarsch gegenüber Deutschland und die völlige Oess- nung der belgischen Südwestgrenze nicht rückgängig gemacht, sondern im Gegenteil noch weiter ausgebaut.

11. Auf dem Gebiet der Luftwaffe liegt ebenfalls eine militärische Zusammenarbeit Belgiens mit den Westmächten vor.

Sie ist bei ihrer einseitigen Durchführung ausschließlich gegen Deutschland gerichtet und vollendet das Bild der Zusammen­arbeit Belgiens mit den Westmächten zu Lande. Sie erstreckt sich auf Materiallieferungen, Unterstützung im Flugzeugbau und wird weiter erhärtet durch die Anlage von Flugplätzen und Einsatzhäfen für England auf belgischem Hoheitsgebiet. Diese Flugplätze sind nur für einen Einsatz gegen Deutschland be­stimmt. Durch diese Maßnahmen und durch weitere Unterlagen werden einwandfrei die der Reichsregierung bekannten Verein­barungen des belgischen Eeneralstabes mit denen der West­mächte bestätigt. Die Neutralitätsverletzungen bel­gischen Gebietes durch Flugzeuge der Westmächte ohne genügende Abwehrmatznahmen seitens Belgiens sind ein weiterer Beweis für diese einseitige Einstellung.

12. Auf dem Gebiete der Seekriegsführung unterstützt Belgien die Westmächte dadurch, datz es eine bisher streng durch­geführte belgische Verordnung, nach der im Hafen von Antwer­pen einlaufende Schiffe Sprengmunition über 300 Kg. entladen müssen, zugunsten der bewaffneten Handelsschiffe der Westmächte nicht mehr durchführt.

13. Es ist einwandfrei nachzuweisen, datz Belgien zur Vor­bereitung einer Teilnahme am Kriege gegen Deutschland auch eine weitgehende Begünstigung der Niederlande vorgesehen hat.

Die niederländisch»« Truppen und Polizei­kräfte im Maastrichter-Zipfel hatten am 11. November 1939 den Befehl, nach Erfüllung ihrer Gefechtsaufträge über bel­gisches Gebiet und unter Benutzung belgischer Eisenbahnen nach den südlichen Niederlanden auszuweichen.

11. Besonders schwerwiegend sind jedoch Meldungen aus letzter Zeit, die einwandfrei Nachweisen, datz England nicht nur einen Einmarsch in Belgien vorbereitet, sondern datz sich bereits Eng­länder in Belgien befinden und zur Besetzung wichtiger Punkte wie Flugplätze wenn natürlich auch getarnt geschritten sind.

Schon im April befand sich englisches Militär ge­tarnt in Belgien. Eine zuverlässige Quelle meldet: ...England hat schon alles vorbereitet und Maßnahmen ge­troffen. Man kann sagen, datz die Engländer schon in Belgien sind und datz im geeigneten Augenblick England die Maske ab­nehmen wird."

Eine andere ebenso zuverlässige Quelle bestätigte diese Mel­dung durch die Mitteilung, datz sich ajn IS. April in St. Niklas bei Lüttich 18 britische Flugzeuge befanden, bei denen es sich angeblich umSportflieger" gehandelt habe. Diese sogenannten Sportflieger" seien englische Offiziere, die als Tarnung in der belgischen Armee als Instrukteure dienen.

Der Berichterstatter hat ferner in Knocke-Zoute am See an der belgisch-holländischen Grenze auf dem Flugplatz 14 englische Ma­schinen beobachtet, die wieder als angeblicheSportflugzeuge" be­zeichnet worden sind.

Auf die Tatsache, datz es sich auch hierbei umTarnmatznah­men" handelt, braucht nicht besonders hingewiesen zu werden.

Zu diesen Berichten sind in den letzten Tagen weitere aus völlig sicheren Quellen stammende Meldungen hinzugekommen, die darin übereinstimmen, datz seit den letzten Apriltagen bei einer ganzen Reihe belgischer Kommandostellen englisch-franzö­sische Vorkommandos eingetroffen sind. Diese Meldungen bewei­sen, datz das Einrücken der englisch-französische» Truppen in Bel­gien binnen kurzem bevorsteht.

So wird z. B. von der belgisch-französischen Grenze am 30. April folgende auf die Mitteilung eines belgischen Beamten zurück­gehende Meldung erstattet:Dieser Tage sind in Gruppen von jeweils mehreren Personenkraftwagen, die belgische Nummern trugen, aber zweifellos zum französischen Heer gehörten, franzö­sische Offiziere mit Begleitpersonal nach Balgien gekommen. Die Gruppen haben die Grenze fast alle in den frühen Morgenstunden passiert, so datz ihre Einreise nur von den Grenzbeamteu und Grenzposten gesehen werden konnte."

Von einem Gewährsmann wird am 1. Mai d. I. aus Ant­werpen folgendes bekannt:In zwei Hotels in Antwerpen stie­gen gestern Gruppen von Engländern ab, aus deren Verhalten ohne weiteres zu entnehmen ist, datz es sich bei ihnen um eng­lische Offiziere handeln mutz. Dies wurde auch dadurch bewiesen, datz alsbald nach dem Eintreffen der einen Gruppe zwei belgische Offiziere in dem Hotel vorsprachen, um mit den Engländern ge­raume Zeit zu konferieren."

Nach einer Meldung aus Belgien vom 1. Mai d. I. sind in Namur feit einigen Tagen Franzosen anzutresfen, die augen­scheinlich auf den belgischen Kommandostellen zu tun haben. Dies wird auch durch die Aussage eines belgischen Soldaten bestätigt, der gehört hat, datz es sich bei den Franzosen um vorausbeför­derte Teile des Stabes einer Division handle, die an der fran­zösischen Grenze den Befehl zum Einmarsch nach Belgien in kürzester Frist erwarte.

Aus Brüssel trifft am 3. Mai folgende Meldung ein:Nach Informationen aus sicherer, streng geheimer Quelle sind englische und französische Verbindungsstäbe im Lause der letzten Tage bei verschiedenen höheren belgischen Kommandostellen eingetroffen. Nähere Meldungen darüber liegen bereits aus Gent, Antwerpen, Aerschot und Lüttich vor. Wie ich weiter erfahre, steht das Ein­rücker! der Armeen der Westmächte in Belgien noch im Laufe des Mas bevor; es ist möglich, datz der Termin hierfür angesichts der allgemeinen Lage noch eine Verlegung erfährt."

Nach der Aussage einer soeben aus Belgien zurückgekehrten Persönlichkeit herrscht seit einigen Tagen in belgischen Armee­kreisen eine weit zuversichtlichere Stimmung. Ein ihm seit Jah­ren bekannter Geschäftsfreund, der ihm hiervon erzählte, gab da­bei der Vermutung Ausdruck, datz dem wohl bestimmte Anzei­chen zugrunde liegen müßten, daß Belgien nicht mehr Gefahr laufe, das Schicksal Polens oder Norwegens zu erleiden, .

V) Niederlande

Die häufige Betonung der Neutralität!»- und Selbstandigkeits- politik durch höchste Stellen in de» Niederlanden lieh erwarte«, datz die Niederlande dieseSelbständigkeitspolitik" nach allen Seiten hin wahren und jede Verletzung der Neutralität, von welcher Seite sie auch kommen würde, entsprechend abweyren würden.

1. Der Aufmarsch des holländischen Heeres bei Kriegsbeginn Anfang September 1939 trug auch der Tatsache Rechnung, datz für die Neutralität des Landes die Hauptgefahr in einer eng­lischen Landung lag. So standen Ende September im westlichen Teil Hollands, also mit Front im wesentlichen gegen England fünf Divisionen, an der Gerbbe-Linie zwei Divisionen, an der Ostgrenze außer Erenzschutztruppen (dabei die leichte Division) zwei Divisionen.

In der zweiten Oktoberhälfte wurde jedoch wie beim belgischen Heer eine Verlagerung des Schwerpunktes innerhalb der Festung Holland von der Küste zur Grebbe-Linie sestgestellt. Am 28. Ok­tober standen bereits an der Grebbe-Linie etwa drei Divisionen, in der Festung Holland nur noch etwa zwei bis drei Divisionen.

Die Lage südlich der Maas blieb bei V. und leichter Division im wesentlichen unverändert, während die VI. Division bisher mit Schwerpunkt an der Küste eingesetzt sich ebenfalls nach Osten verschoben hatte.

Mitte' November war schon die Masse von sechs Divisionen an der Grebbe-Linie und ihrer südlichen Fortsetzung bis zur Maas anzunehmen. In der Festung Holland standen wahrscheinlich nur noch Teile der ersten und zweiten Infanteriedivision, zwölf In­fanterieregimente! dritte Welle und die Ersatz-(Depot-)Ein- HMen.

Anfang Dezember standen mit Front nach Osten an der Jjß- Linie und südlich mit vorgeschobenen Kräften an der Eifel-Linie etwa sechs Divisionen, südlich anschließend an der Maas (Peel­heide und Suid-Wc?llms-Kanal) etwa zwei Divisionen und die Massen der leichten Division im Maastricht-Zipfel etwa ein ver­stärktes Regiment, in der Festung Holland nur Teile von zwei Divisionen.

Mit Front nach Westen an der Küste Marine-Infanterie, Teile einer Division, einige Regimenter zweiter Welle, rund zwölf Regimenter dritter Welle und Depot-Bataillone.

Anfang Januar 1910 wurde in der Peelheide, also ebenfalls mit Front nach Osten, eine neugebildete Division, diePeel- Division", gemeldet. Auch zwei weitere neugebildete Divisionen oder Brigaden wurden in der südlichen Verlängerung der Grebbe- Linie mit Front nach Osten eingesetzt.

Der einseitige, mitFrontnachO st en, alsogegen Deutschland, gerichtete Aufmarsch des holländischen Heeres ist seitdem nicht wesentlich geändert worden. Die Siche­rungs- und Sperrmatznahmen gegen Deutschland wurden laufend weiter verstärkt, während ein Ausbau von Sperrmatznahmen an der Küste und der holländischen Südgrenze nicht oder nur zur Täuschung erfolgt ist.

In der Nacht vom 7. zum 8. November wurde wie in Belgien auch in den Niederlanden Urlaubssperre und Urlauberrückbeför­derung angeordnet. Am 11. Januar und in den folgenden Tagen wurde wieder in gleicher Weise auch in Holland Urlaubssperre befohlen, sowie Sperr- und Sicherungsmatznahmen an der hol­ländisch-deutschen Grenze getroffen. Die Gleichzeitigkeit dieser Anordnung beweist die enge Zusammenarbeit beider General­stäbe.

Diese Zusammenarbeit der General st äbe wird weiter bestätigt durch die Tatsache, datz am 18. Februar hol­ländische Generalstabsoffiziere in Zivil nach Brüssel gereist sind. Sie haben dort im Palace-Hotel gewohnt. Am 16. Februar abends war ein großes Essen mit belgischen Offizieren imSa- voy"-Hotel und am 17. Februar fanden die Besprechungen auf dem Kriegsministerium statt.

Die schon in Teil K Belgien Ziffer 9 erwähnte beabsichtigte Abbeförderung niederländischer Truppen über belgisches Hoheits­gebiet ist ein weiterer Beweis für das Bestehen von genauen Absprachen beider Eeneralstäbe.

Am 12 Januar fanden in Breda Besprechungen zwischen nie­derländischen, belgischen, englischen und französischen Eeneral- stabsoffizieren statt. Eine weitere Nachricht vom 9. Februar 1940 aus zuverlässiger Quelle besagt, datz trotz Verabschiedung hoch- gestellter Militärs die noch höher gestellten niederländischen Per­sönlichkeiten zu einem vorbereiteten, jähen Hereinlassen einer Entente-Armee fest entschlossen bleiben.

Am 12. April sind im HotelStadt Weimar" in Rotterdam höhere englische Offiziere abgestiegen darunter ein General­major zwecks Besprechungen mit den holländischen Behörden.

Die Zusammenarbeit zwischen dem holländischen und englische» Nachrichtendienst wird eindeutig belegt durch die Meldung eines sehr zuverlässigen Beobachters vom 12. März 1910, datz die bol- ländische Grenzpolizei über die Angaben, die dieser einige Zeit vorher in England über sein Reiseziel und seine persönliche Ver­bindung gemacht hatte, genauestens unterrichtet war.

Das Oberkommando der Wehrmacht verfügt aber noch über weitere Unterlagen, die eine Zusammenarbeit des niederländi­schen mit dem englischen militärischen Nachrichtendienst schlagend beweisen.

2. Auf dem Gebiet des See- und Luftkrieges gingen entsprechende Meldungen über eine Unzahl von Neutrali­tätsverletzungen und anderen neutralitätswidrigen Hand­lungen vor, die einseitig gegen Deutschland gerichtet sind und dann eine offene Stellungnahme gegen Deutschland zeigen.

Als besonders einseitige Unterstützung der Feindmächte bei ihrer Blockade gegen Deutschland und damit als feindliche Hand­lung gegen Deutschland ist folgendes hervorzuheben: Während Anfang November festgestellt wurde, daß eine große Anzahl hol­ländischer Motorschiffe in englischer Charter, aber unter hollän­discher Flagge zwischen Dänemark und England fährt, haben sich Mitte Dezember holländische Lotsen angeblich auf Befehl ihrer Regierung geweigert, deutsche Dampfer von Emden nach holländischen Häfen zu bringen.

8. In der L u ft k r i e g fLH r u n g liegen ebenfalls die Be­weise für eine einseitige Stellungnahme Hollands zugunsten der Feindmächte vor. Verschiedene Quellen melden Absprachen zwi­schen dem englischen und dem holländischen Generalstab über Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Luftwaffe. So haben schon im Juni 1939 englische Offiziere und englisches Flugpersonal niederländische Flugplätze und Luftabwehrmatznahmen überprüft sowie den Flugmeldedienst vorbereitet. Die Flugplätze und die Bodenorganisation der niederländischen Luftwaffe sind deshalb auch erheblich größer, als es für den eigenen Bedarf notwendig ist.

Ende Dezember 1939 wurde bestätigt, datz die verschiedenen niederländischen Flaksormationen aus England mit Geräten be­liefert wurden. So kam es, datz z. V. schon am 30. September auf dem niederländischen Flugplatz Schipol sechs englische Mili­tärflugzeuge zum Tanken gelandet sind.

Nach einer Meldung vom 2. Februar 1940 liefert die Flugzeug- fabrik Koolhoven, Rotterdam. Flugzeuge nach Frankreich. Die Flugzeugteile werden in Poisfy westlich Paris von französischen

Arbeitern unter Anleitung holländischen Personals von Köol- hoven montiert.

Am 8. März 1940 wird von einem Angehörigen der holländi­schen Flakartillerie gemeldet, daß mit Flak auf befreundete Flugzeuge (gemeint Westmächte) nicht geschossen wird, um diese zu treffen, sondern nur um sie aufmerksam zu machen.

Als besonders schwerwiegend müssen aber die zahlreichen Neu­tralitätsverletzungen durch Ueberfliegen niederländischen Hoheits­gebietes durch englische Flugzeuge angesehen werden, bei denen keine genügende oder überhaupt keine Abwehr stattgefunden hat Sie werden ergänzt durch mehrere andere neutralitätswidrige Handlungen und durch Beobachtungen von Leuchtsignalen, die auf niederländischem Boden für britische Flugzeuge gegeben wor­den sind.

4. Auf dem Gebiete derWirtschaft nimmt Holland auf den Druck Englands hin ebenso eine völlig feindselige Haltung gegen Deutschland ein.

5. Zusammenfassend ist festzustellen, datz die Niederlande ent­gegen ihren Betonungen des Neutralitätswillens in ihren Hand­lungen sowohl auf dem Gebiete der Land- wie der See- und Luftkriegführung einseitige und damit feindselige Maßnahmen gegen Deutschland ergriffen haben.

6. Infolge der Entwicklung der militärischen Lage in den letz­ten Wochen ist die Möglichkeit englischer Landung in Holland besonders bedrohlich geworden. Bereits am 18. April meldet der deutsche Marineattachs in Den Haag, datz in der Nacht vom 14. auf den 18. und vom 13. auf den 16.. April von See aus Bewegungen englischer Schiffe auf die holländische Küste zu gemeldet wurden, ll. a. wurde ein großes englisches Kriegs­schiff auf der Fahrt entlang der Küste von Hoek van Holland nach Denhelder gesichtet. In der Nacht vom 13. auf den 14. April sind aber schon britische Torpedojäger in holländische Hoheits­gewässer eingefahren.

In den letzten Tagen gehen lausend Meldungen ein über Transportbewegung von den französisch-englischen Kanalhäfen nach Nordosten. Da der norwegische Kriegsschauplatz infolge der Räumungsmatznahmen der Westmächte für eine solche Verschif­fung nicht mehr in Frage kommt, ist die Möglichkeit der Lan­dung dieser bereits eingeschifften, aber auch der aus Norwegen zurückkehrenden Truppen auf holländisches oder belgisches Hoheitsgebiet nun in bedrohlichste Nähe gerückt. Dafür spricht auch die soeben verfügte Sperrung der Handelsschijfahrt im eng­lischen Kanal.

Schließlich ist am 3. Mai d. I. auf sicherem Wege folgende Meldung aus Utrecht eingeganoen:Seit dem 29. März sind eine größere Zahl Zivilisten in Utrecht zu beobachten, bei denen es sich um englische und französische oder belgische Offiziere han­delt. Man sieht sie jedenfalls ständig in Begleitung niederländi­scher Offiziere. Eine Gruppe dieser Herren hat gestern Utrecht in mehreren Kraftwagen mit der Fahrtrichtung nach Osten ver­lassen. Auch diesmal befanden sich niederländische Offiziere in ihrer Begleitung." Es ist offenkundig, datz es sich bei den in die­ser Meldung erwähntenZivilisten" um englisch-französische Ver­bindungsoffiziere zum niederländischen Oberkommando handelt.

C) Zusammenfassung

In den letzten Woche» ist es immer mehr zur Eewitzheit ge­worden, datz französisch-englische Maßnahmen, wie Massierung der motorisierten und Panzerdivisionen an der belgischen Grenze, Verstärkung aus dem linken Flügel durch nordafrikanische An- grisssdivisionen, Landung kanadischer Einheiten aus französischem Boden «. a. einen in der nächsten Zeit bevorstehenden Angriff der Westmächte über belgisch-holländisches Gebiet auf Deutschland vorbereite«.

Trotz dieser für Belgien bedrohlichen Tatsachen sind belgischer- seits gegen Frankreich keinerlei Maßnahmen ausgelöst worden. Der Aufmarsch blieb einseitig gegen Deutschland gerichtet, ob­wohl angeblichealarmierende" Nachrichten Monate hindurch keinerlei Bestätigung fanden. An der belgisch-französischen Grenze wurden die Straßensperren im ganzen Gebiet bis zum Meer beseitigt, während gleichzeitig gegen Deutschland erhebliche Verstärkungen und Verschärfungen an der Grenze vorgenommeu wurden.

Die belgisch-französische Grenze steht damit einem überfall­artige» Einmarsch der Westmächte jederzeit offen.

Ausschlaggebend ist dazu die innere Einstellung besonders Bel­giens, die nicht als neutral, sondern als einseitig gegen Deutsch­land zu bezeichnen ist. Erst so erklärt sich die Begründung, die belgischerseits dem einseitigen Aufmarsch gegen Deutschland vnd der Aufhebung der «tcki-nsnoc-matznahmen gegen Frankreich trotz des für Belgien bedrohlichen Aufmarsches des französisch-eng­lischen Stoßflügels an der belgischen Grenze gegeben wird.

Diese Begründung geht dahin, datz Belgien sich nur von einem deutschen Aufmarsch bedroht fühle. Der französisch-englische Ein­marsch und seine unleugbare Begünstigung durch Belgien habe immer ein deutsches Eindringen zur Voraussetzung. Hierin liegt die Unaufrichtigkeit, die den Zweck verfolgt, die von Belgien be­günstigten Angriffsabsichten Englands und Frankreichs zu ver­schleiern. Das plötzliche llmgruppieren der belgischen Kräfte an die Ostfront mit dem 2. Oktober 1939, obwohl keine Bedrohung Lurch deutsche Maßnahmen bestand, hat einwandfrei die feindliche Haltung der belgischen Regierung bewiesen. Ein solches Ent­blößen einer Grenze kann nur mit Vereinbarung der an den Grenzen stehenden Mächte, also der Westmächte, durchgeführt worden sein. Dementsprechend haben die weiteren von Belgien vertretenen Maßnahmen bestätigt, datz die schnellbeweglichen französisch-englischen Truppen mit belgischer Unterstützung be­schleunigt auf belgischem Hoheitsgebiet, und zwar an der Nord­ost- und Ostgrenze, gegen Deutschland eingesetzt werden sollen Die letzten eingegangene Nachrichten erbringen den Beweis, daß nunmehr in kürzester Frist mit dem Beginn der englisch-franzö­sische» Offensive über Belgien und Holland gerechnet werden muß

So besagen die letzten Meldungen aus Brüssel, datz die Eng­länder sich in Belgien und Hollandkeinesfalls von den Deut­schen zuvorkommen lassen würden". Darüber hinaus steht fest, datz die unmittelbare' militärische Vorbereitung des Angriffs durch Entsendung englisch-französischer Vorkommandos auf belgi­sches Gebiet bereits in vollem Gange ist.

Außerdem zeigt die Frontrichtung des niederländischen Auf­marsches und die Gleichzeitigkeit von niederländischen Sperrmaß- nahmen gegen Deutschland die enge Zusammenarbeit zwischen dem belgischen und holländischen Eeneralstab, die auch aus an­deren Quellen bestätigt worden ist.

Die Lage an der deutschen Westgrenze hat mit Beginn des Frühjahrs Md der damit verbundenen Verbesserung der Ge­lände- und Witterungsoerhältnisse einen bedrohlichen Charakter angenommen. Die Westmächte wollen daher jetzt von der angeb­lichen Voraussetzung eines von ihnen in Wirklichkeit dringend erhofften deutschen Einmarsches abfehen und ihrerseits in nächster Zeit über belgisches und holländisches Gebiet gegen Deutschland Vorgehen.

Die Unterlagen und Belege für die in diesem Bericht angeführ­ten Tatsachen liegen dem Oberkommando der Wehrmacht vor.

Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht: (gez.) Keitel,