8 S eite Nr. 108 _ Nagolder TagblattDer Gesell sch after« _ Samstag, den 11. Mai 1940

Das DskLV an die Aeichsresierrrrrs

Oberkommando der Wehrmacht Berlin, den 4. Mai 1940. Bericht

A) Belgien

Im Oktober 1936 erklärte der belgische König, daß Belgien m Zukunft jede Anlehnung an eine Großmacht vermeiden und eine Politik unabhängig von der Gruppierung der Mächte be­treiben wolle. Als Folgerung dieser Unabhängigkeitspolitik konnte erwartet werden, daß von jetzt ab militärische Vorberei­tungen zur Verteidigung der Unabhängigkeit nicht nur gegen Deutschland, sondern auch gegen Frankreich und England ge­troffen werden würden.

Demgegenüber ist festzuste Ilern

1. Die belgische Landbefestigung war seit dem Weltkrieg ein­seitig gegen Deutschland gerichtet.

Lüttich wurde zum mächtigsten Festungskampffeld Westeuropas ausgebaut, der Ausbau von Namur nur auf der Ostfront durch- gesührt. An der deutschen, luxemburgischen und niederländischen Grenze entstand ein tiefes und dichtes Netz starker Grenzbefesti­gungen. Die Grenze gegen Frankreich blieb dagegen völlig un­befestigt.

Daß dieses Ve^festigungssystem mit der neu begonnenen Un- abhängigkeitspolitik nicht vereinbar war, hat der belgische Gene­ralstabschef, General van den Bergen, im Sommer 1937 selbst zugegeben, als er erklärte, das ganze Verteidigungssystem Bel­giens habe zur Zeit noch wie das in der Natur der Dinge läge Front nach Osten. In absehbarer Zeit jedoch würde Deutschland Gelegenheit haben, zu beobachten, daß man bel- gischerseits der neuen politischen Lage Rechnung trage und sich nach allen Seiten sichere.

Diese belgischen Erklärungen wurden in den seither verflosse­nen zweieinhalb Jahren nicht eingehalten. Schon am 2. März 1938 erklärte der belgische Verteidigungsminister, Generalleut­nant Denis, in einer Kammerverhandlung, Belgien habe freie Hand über die Durchführung der Landesbefestigung, jedoch mit dem Vorbehalt, daß es dabeifremden Ratschlägen folgen könne bzw. der Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit anderen Staa­ten Rechnung tragen müsse". Nach Lage der Dinge bezog sich diese Andeutung auf die Zusammenarbeit Belgiens mit Frank­reich und England.

Während im Jahre 1939 für die Befestigung der Südgrenze 99 Millionen Fr. angesetzt waren, sollten für den Ausbau der ohnehin stark befestigten Ostgrenze weitere 270 Millionen Fr. ausgegeben werden. Damit wurde das Mißverhältnis, das zwi­schen beiden Grenzen bestand, noch weiter verschärft.

Die deutsche Luftaufklärung über den französischen Befestigungen an der belgischen Grenze hat einwandfrei fest­gestellt, daß die belgische Grenze gegen Frankreich noch immer völlig unbefestigt ist. Durch andere, zuverlässige Nachrichten ist bekannt, daß nur südlich Brüssel, etwa in der Linie Ninove - Halwaterloo, eine geringe Anzahl leichter Schartenstände er­baut worden ist. Diese schwache Stellung kann jedoch nicht als Befestigung an der Grenze gegen Frankreich gewertet werden. Sie stellt vielmehr eine Erweiterung des Reduit National, also des Rückzugraumes des belgischen Heeres für den Fall eines Krieges gegen Deutschland unter Einbeziehung der Landes­hauptstadt dar. Die südliche Hälfte des Landes beiderseits der Sambia und Maas steht nach wie vor einem französischen Durch­marsch gegen die deutsch-belgische Grenze völlig offen. Diese Tat­sache führte sogar am 8. Februar 1940 in der belgischen Kammer zu einem scharfen Wortwechsel zwischen dem belgischen Ver­teidigungsminister und dem belgischen Abgeordneten Erammens. Angesichts der mangelnden Tätigkeit an der französischen Grenze ist es um so mehr bezeichnend, daß nicht nur nach dem Sommer 1937, sondern auch jetzt noch weiter mit Nachdruck ausschließlich an den gegen einen angeblichen deutschen Angriff gerichteten Befestigungen gearbeitet worden ist.

2. Der französische General Dosse, damals Inspekteur der fran­zösischen Reserveofsiziersausbildung, besichtigte im Januar 1939 die ecole de perfectionnement der französischen in Brüssel an­sässigen Reserveoffiziere, wie auch seine Vorgänger in früheren Jahren es getan hatten. Wie weit belgische Offiziere an dieser Veranstaltung beteiligt waren, ist nicht bekannt geworden; jedenfalls nahmen belgische Generäle, darunter der Ver­teidigungsminister, als offizielle Vertreter der belgischen Armee an einem im Anschluß an diese Besichtigung stattfindenden Essen teil. Offizielle Reden wurden ausgetauscht. Eine derartige fran­zösische Tätigkeit auf belgischem Hoheitsgebiet unter Billigung und Teilnahme offizieller belgischer Stellen war mit der vom belgischen König verkündeten Politik der Un­abhängigkeit nicht in Einklang zu bringen.

3. Belgien hat nichts getan, um den Boden für eine wirklich neutrale Haltung der Bevölkerung, insbesondere gegenüber der deutschen Wehrmacht, zu bereiten.

Während die engste Verbindung zwischen dem belgischen und dem französischen und englischen Heer gehalten würbe, während französische Ehrenkompanien noch 1939 zu Besuch bei belgischen Truppenteilen weilten und öffentliche Verbrüde­rungsszenen feierten, wurde die Hetze gegen dis deutsche Wehrmacht weiter geduldet, ja sogar gefördert. Bezeichnend dafür ist es, daß noch im Jahre 1987 die berüchtig­ten Greuelbilder in der Zitadelle von Namur, also einem mili- türeigenen Gebäude, angebracht und zur systematischen Hetze gegen Deutschland benutzt wurden.

4. Die in Warschau erfaßten Akten der 2. Abteilung des pol­nischen Generalstabes liefern die eilttvandsestr Unterlage für »ine polnisch-belgische Zusammenarbeit im Nachrichtenaustausch gege« Deutschland. So geht u. a. aus einem Schreiben des pol­nischen Militärattaches in Paris, Oberst des C.mcvnlstabes Fyda, an den Chef der 2. Abteilung des polnisches» General­stabes vom 7. Mai 1937 folgendes hervor:

Am 1. Mai 1937 wird zwischen dein Lhes des belgischen Gsne- ralstabes und Oberst Fyda folgende Vereinbarung getroffen:

a) Belgischer Eeneralstab stimmt mit Billigung des Kriegs­ministeriums der Zusammenarbeit mit der 2. Abteilung des pol­nischen Eensrälskabes bezüglich Nachrichtenaustausches über deutsche Wehrmacht zu; -

b) Unbedingte Geheimhaltung wird betont;

c) Durchführung des Nachrichtenaustausches durch polnischen Militärattache Brüssels.

Oberst Fyda berichtet, annehmen zu können, daß das belgische Außenministerium von der Zusammenarbeit unterrichtet sei. Der Chef des belgischen Eeneralstabes hat sofortigen Austausch der belgischen Ausarbeitungen vom März 1937 über Beurteilung des deutschen Landheeres, Beurteilung der deutschen Luftwaffe, Ve urteilung der deutschen Kriegsmarine angeboten. Oberst Fyda lehnt dies unter Vorwand ab und erbittete telegraphische Ent­scheidung des Chefs der 2. Abteilung.

Darauf ergeht nachstehendes Telegramm des Chefs der 2. Ab­teilung Warschaus an Oberst Fyda: Einverstanden. Polnisches Material wird Mitte Juni übersandt.

Es ist einwandfrei nachgewiesen, daß die polnisch-belgische Zusammenarbeit bis Ansang des Krieges zwischen Deutschland und Polen bestanden hat.

5. Die Kräfteverteilung und der Ansmarsch des belgischen Heeres sind einseitig gegen Deutschland gerichtet.

Schon im Frieden war die belgische Ostgrenze in wesentlich stärkerem Maße mit Truppen belegt als die Slldwestgrenze. Dazu kam, daß sofort alarmbereite Erenztruppen zwar an der deut­schen Grenze, nicht aber an der französischen unterhalten wurden.

Mit Kriegsbeginn marschierte zwar noch das belgische 5öeer mit der Mehrzahl der Divisionen zur Deckung der Süd­westgrenze auf. Ende Dezember standen im wesentlichen mit Front nach Südwesten und Westen neun Infanteriedivisionen und zwei Kavalleriedivisionen, mit Front nach Osten nur drei, dazu eine Division in Reserve und zwei Divisionen in Auf­stellung in Gegend des Truppenübungsplatzes Beverleo.

Seit dem 2. Oktober 1939 wurde jedoch eine grundlegende Aenderung in der Aufstellung des belgischen Hee­res durchgeführt und der größte Teil an die Nordostgrenze ver­schoben. Auffallenderweise wurde gleichfalls am 2. Oktober die Aufstellung der restlichen, bisher noch nicht mobilisierten In­fanteriedivisionen dritter Welle angeordnet. Am gleichen Tage traten Erschwerungen bei der Einreise der Deutschen nach Bel­gien ein. Von der ziveiten Oktoberhälfte ab standen von den 21 mobil gemachten Divisionen des Feldheeres etwa 14 Divi­sionen an der Nord- und Ostgrenze zwischen Antwerpen und südlich Lüttich, 3 Divisionen als Heeresreserve iin Raum um Brüssel und etwa 4 Divisionen, meist dritte Welle, an der Süd­westgrenze und im Küstengebiet.

In der Nacht vom 7. zum 8. November wurde in Belgien sür die ganze belgische Armee Urlaubssperre verhängt und im ganzen Lande zahlreiche Kraftomnibusse und Lastkraftwagen ein­gezogen. Es hat sich bestätigt, daß am 8. November eine Trans­portbewegung angelaufen ist; durch sie wurden starke Kräfte aus dem Gebiet um Brüssel, aus dein Küstengebiet und von der Südwestgrenze abtransportiert. Dieser Abtransport hat zu einer fast völligen Entblößung der Küste und französischen Grenze geführt.

Die in der nachfolgenden Zeit durchgeführten geringen Ver­schiebungen geben weiter das Bild des Aufmarsches der bel­gischen Kräfte, daß unverändert über zwei Drittel an der Ost­grenze und hinter dem Albert-Kanal aufmarschiert sind. Der verbleibende Rest steht als Heeresreserve um Brüssel und im Küstengebiet.

Nur ganz schwache Sicherungen, fast ohne Artille­rie, sind an der französischen Grenze bzw. im Küsten­gebiet untergebracht. Noch schwerwiegender ist es, daß dieser völlig einseitige Aufmarsch des belgischen Heeres auch dann bei­behalten wurde, als sich immer deutlicher die Bereitstellung starker englisch-französischer motorisierter Kräfte an der bel­gischen Grenze bis an die Küste ergab.

Vom 10. April 1940 etwa ab wurden geringe Truppenver­schiebungen auch vom Albert-Kanal in das Innere des Landes vorgenommen. Es handelte sich hier jedoch nicht um eine Ver­stärkung der belgischen Südgrenze oder Küste gegen die West­mächte, sondern lediglich um Bereitstellung gewisser.Reserven hinter der Front. Ein Teil dieser Kräfte wurde in den nächsten Tagen wieder an die Nordostgrenze zurückgeführt. Es muß also sestgcstellt werden, daß das Gesamtbild des belgischen gegen Deutschland gerichteten Aufmarsches keine wesentliche Aende­rung erfahren hat.

Gegen einen über die belgische Siidwcstgrenze vorgehenden Gegner kann von den dort stehenden belgischen Truppen kein nennenswerter Widerstand geleistet werden. Ein solcher Wider­stand soll auch nicht geleistet werden, da einwandfrei feststeht, daß am 14. April früh bei allen belgischen Truppen an der Südwestgrenze und im Ardennengebiet ein Verbot erlassen ist, auf einrückende englische und französische Truppen zu schießen.

K. Die pioniertechnischen Vorbereitungen zur Erenzsicherung sind einseitig gege» Deutschland gerichtet.

Schon bei Kriegsausbruch bestand an der deutschen Grenze ein dichtes Netz vorbereiteter und bewachter Sperrungen, an der französischen Grenze dagegen nur wenige ganz leichte Sperren. Während die Sperren an der belgischen Ost- und Nordgrenze fieberhaft weiter ausgebaut wurden, sind die Sperren an der französischen Grenze, wie einwandfrei festgestellt wurde, seit Oktober 1939, besonders aber seit Anfang Januar 1940, beseitigt und die Sprengladungen aus den Kunstbauten wieder entfernt worden.

7. Die Räumung militärischer Anlagen und kriegswirtschaft­lich wichtiger Betriebe und der Abtransport der Bevölkerung ist nur in den Gebieten an der deutschen Grenze vorbereitet worden. Bezeichnenderweise sind die Ziele der Räumung Orte an der französischen Grenze und Küste.

8. Seit Oktober 1939 häufen sich die Anzeichen, daß Belgien "scht nur England und Frankreich durch seine einseitige mili­tärpolitische Haltung begünstigt, sondern auch zu militärischen Abmachungen mit den beiden Staaten üüergegangcn ist.

Belgien hat sich das Recht zur Abhaltung von Eeneralstabs- besprechungen mit fremden Staaten in einer Erklärung des Aus­wärtigen Amtes des Senates am 22. Juni 1939 Vorbehalten.

Der belgische Verteidigungsminister hat in der Kainmer- u ussprache am 7. Februar 1940 hinsichtlich der militärischen Garantien gewisser Mächte erklärt:Diese Garantie muß schnell funktionieren, um wirksam zu sein... Unter Berücksichtigung »ieser Verpflichtungen kann versichert werden, daß kein Faktor vernachlässigt wurde, der den Earanticmächten der Unabhängig­keit es ermöglicht, die Verpflichtungen zu erfüllen, die sie frei­willig eingegangen sind."

Aus dieser Erklärung geht klar hervor, daß Besprechungen zwischen den Generalstäbeu Belgiens und der Westmächte durch- gesührt worden sind, denn an Deutschland sind derartige An­suchen niemals gestellt worden. Dazu mutz festgestellt werden, daß derartige Besprechungen, die die Unterlagen sür ein sofor­tiges Wirksamwerden der Garantieverpflichtungen Frankreichs und Englands geben, mit höchster Billigung durchgeführt sein müssen. 2n einer Verfügung des belgischen Verteidigungsministe­riums von 1937 sind genau Anordnungen über die Straßen­verteilung im Falle eines englisch-französischen Vormarsches schriftlich festgelegt.

Folgende Feststellungen Leweisen ferner, daß belgischerseits Vorkehrungen für den französisch-englischen Einmarsch getroffen sind, und beweisen damit ebenfalls das Bestehen belgisch-franzö- sisch-englischer Generalstäbsbesprechungen, die einseitig gegen Deutschland gerichtet sind:

a) Beseitigung der ohnehin geringfügigen Sperrmaßnahmen an der französischen Grenze (vgl. Ziffer 6).

b) Die Gendarmerie erhielt an der französischen Grenze am

6. November 1939 Anweisung, .die Wege im Falle eines fran­

zösischen Einmarsches sreizumachen und alle zivilen Fuhrwerke von den Einmarschstraßen zu entfernen. Während im deutschen Grenzgebiet alle Wegweiser und Ortsschilder entfernt worden sind, blieben sie im französischen Grenzgebiet bestehen oder wur­den wieder aufgerichtet. Die gleichen Beobachtungen wurden am.13. und 14. Januar 1940 gemacht. In den folgenden Wochen wurden entsprechende Maßnahmen fortgesetzt.

c) Um den Abtransport französischer und englischer Truppen zu erleichtern, wurde Eisenbahn material, darunter ins­besondere zahlreiche Lokomotiven, an der französischen Grenze bereitgestellt. Besonders zahlreiche Lokomotiven und Leer­züge wurden auf der Strecke MeninCourtrai, in Vaux-les- Tcurnai, Vlaton, Quisvrain und zwischen Charleroi und Mau­beuge am 10. November, dann wieder am 25. November und 2. Dezember 1939 festgestellt. Aehnliche Tatsachen wurden er­kannt am 23. und 24. Januar 1940, ferner Anfang April an der Grenze bei MonsMaubeuge und bei RoubaixCharleroi. Zu dem gleichen Zweck wurden Kraftfahrzeugkolonnen an der französischen Grenze gesammelt, u. a. in Quisvrain am 10. No­vember 1939.

d) In der Nacht vom 13 /14. Januar 1940 wurde von der Zentrale der belgischen Eisenbahnen in Brüssel ein Telegramm herausgegeben, durch das belgisches Eisenbahnleermaterial für die französisch-britischen Truppen zur Verfügung gestellt wurde. Das Telegramm hatte folgenden Wortlaut:Einer Benutzung des belgischen Eisenbahnmaterials durch die französisch-britischen Truppen steht nichts mehr entgegen."

e) Nach einer Mitteilung befand sich eine französische motori­sierte Kolonne am 15. Januar 1940 auf dem französischen Teil der Straße von Stcenvoord nach Poperinghs einmarschbereit m dem Abschnitt, wo diese Straße die Grenze zwischen Frank­reich und Belgien bildet. Der führende französische Offizier be­gab sich daun zwecks Feststellung, ob ein Vormarsch in belgisches Gebiet erfolgen solle, etwa 200 Meter weit auf belgisches Ge­biet, um mit dem dort anwesenden belgischen Offizier Rück­sprache zu nehmen. Da sich herausstellte, daß entsprechende Be­friste noch nicht gegeben waren, kehrte der französische Offizier wieder zu seiner Abteilung zurück und marschierte mit dieser ab. Eine Internierung des betreffenden Offiziers erfolgte nicht.

Am 15. Januar 1940 überschritt eine französische motorisierte Kolonne die belgische Grenze und marschierte einige Kiloineter in das Land in der Richtung auf Poperinghe zu. Der örtliche belgische Befehlshaber hat diesem französischen Truppenteil ohne weiteres gestattet, wieder auf französischen Boden zurückzukehren.

f) Die Bürgermeister im Ardennsngebiet erhielten am 10. Dezember 1939 Anweisung, sür die Unterbringung französischer Truppen Vorbereitungen zu treffen. Im Zusammenhang mit aus Frankreich vorliegenden Nachrichten ergibt sich, daß bel­gische Nachrichtentruppen im Dezember 1939 an der Errichtung einer für eine hohe französische Kommandobehörde bestimmten Befehlsstelle gearbeitet haben.

g) 2m November und Dezember 1939 hielten sich Vorkom­mandos für einen französischen Einmarsch in der Gegend von Lüttich und im Ardennengebiet »nit Wissen der belgischen Offiziere auf. Sie traten zur äußeren Tarnung als französische Urlauber in Erscheinung und führten ihre Uniform im Koffer mit sich.

h) Die unter Einsatz sehr zahlreicher Vautruppen bei Lüttich und am Albert-Kanal hergestellten Stellungen und Befestigungen sind offensichtlich von Anfang an sür den Einsatz englischer und französischer Kräfte berechnet, da ihr Umfang die Leistungs­fähigkeit des belgischen Heeres bei weitem übersteigt.

Ebenso wurde im Dezember 1939 festgestellt, daß im Gebiet von Dinant und nordostwärts Mons die neuen Befesti­gungsarbeiten unter Leitung französischer Ingenieure ausgeführt wurden. Die Franzosen überschrit­ten für diese Arbeiten täglich in französischen Kraftwagen die Grenze und wurden von Djnant aus in belgischen Militärkraft- wagen zur Arbeitsstelle gebracht.

Die Vauarbeiten im Bezirk Ervelde in Flandern für einen Umgehungskanal und Stellungen für Flak, Artillerie und weit- rragende Geschütze wurden durch englische Ingenieure geleitet.

Am 20. April wurde aus Antwerpen gemeldet, daß der DampferCity of Simla" (ca. 11000 BRT.) mit Waffen, Munition und großen Tanks für bri­tische Truppen aus London eintraf und gelöscht wurde.

Aus allen diesen Feststellungen geht einwandfrei hervor, das: zroischeu Belgien und den Westmächten nicht nur Eeneralstavs abmachungen bestehen, sondern daß Belgien seit Mitte Oktober die offene Unterstützung der Wejtmiichte vorbereitet. Dem bel gischen Heer fiel die Ausgabe zu, den zu erwartenden deutschen Gegenangriff gegen die zur Ruhr vorstoßenden Engländer nnd Franzosen in der Nähe der Grenze solange auszrihalten, bis die englisch-sranzösischen Kräste herangekommen sind.

9. Hinsichtlich des Einsatzes der französisch-englischen Truppen auf belgischem Gebiet besteht in der belgischen Oeffentlichkei: schon seit langem eine geistige U e b e r e i n st i m m u n g mit den West Mächten: ihre Einstellung wird laufend mit behördlicher Billigung im Siune der Westmüchte weiter beein­flußt und verstärkt.

a) Am 26. Februar 1940 veröffentlichte der .Temps" ans höheren Befehl einen Artikel, in dem ganz offen gstagt wird, daß die Verteidigung Belgiens besser gesichert wäre, wenn sich französisch-englische Streitkräfte an der Seite der belgische» Einheiten am Albert-Kanal. an der Maas und in den Ar­dennen befinden würden. Ein osfizieller Protest belgischerseits gegen diesen Artikel oder ein Verbot der Zeitung ist daher auch nicht ersolat. Lediglich die flämische ZeitungStandaard" hat in scharfer Formegen diese französische Forderung Stel­lung genominen.

b) Eine Meldung vom 15. Februar '1940 stellt fest, daß ge­rade in der letzten Zeit kleine belgische Tageszeitungen in längeren oder kürzeren Artikeln darauf hinwiesen, daß es zweifellos vom strategischen Gesichtspunkt unter Umständen besser sei, wenn Engländer und Franzosen schon jetzt an der Maas stehen würden.

cf In Paris sprach der belgische Abgeordnete Pierard über dieunlösbare Verbundenheit" zwischen Belgien und Frank­reich. Auch hier ist ein offizielles Abrücken von seiten der belgischen Regierung nicht erfolgt.

dj In der belgischen ZeitungMetropole" schreibt Augur nach einer Meldung vom 23. Februar 1940, daß England die einseitige Neutralität Norwegens und anderer Staaten" nicht dulden wolle. Es sei nur eine Frage der Zeit, daß diese Neu­tralität als hinfällig erklärt werde. Auch hier ist von einem Einschreiten der belgischen Behörden nichts bekannt.

e) Die französische ZeitungJournal" schreibt nach einer Meldung vom 9. Januar 1940 in einem aus Brüssel datierten Artikel, daß diejenigen in Frankreich sich täuschten, die glaub­ten, Belgien stehe nicht an ihrer Seite, usw.

10. Alle über den französisch-englischen Aufmarsch vorliegen­den Nachrichten sowie die Ergebnisse der Luftausklärung lassen einwandfrei erkennen, daß der linke Flügel zu einem Angriff durch belgisches Gebiet bereitgestellt ist.

An der belgischen Grenze stehen nahezu sämtliche motorisierten und mechanisierten Infanteriedivisionen, sowie die Panzer- und Kavalleriedivisiouen,