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Nagolder Tagblatt ^ver Sesellschafter

Dienst««, de« 24. Dezember IS4«

WML

Winiersonnenwende

Wintersonnenwende, heiliges Geschehen!

Großes Wunder in der Zeit der Not!

Um den Acker schwere Stürme gehen,

Und durch seine Furchen schleicht der Tod.

Da bricht in die Tage ungeheures Wissen'

Sonne wendet sich auf ihrer Bahn-

Aus des Winters starren Finsternissen Rührt uns heimlich Duft und Blüte an.

Laßt die Fröste klirren, lacht der Nachtgewalten, Schwingt die Feuerbrände, singt dem Licht! Lebenspendend wird es sich entfalten.

O du Menschenherz, verzage nicht!

Zoe Dropsen.

Kriegsweihnachten 1S4V

A« Heiligen Abend dieses zweiten ernsten und schweren Kriegsjahres sind die brennenden Kerzen an den Weih­nachtsbäumen in der Heimat und in den Unterkünften un­serer Soldaten im Osten und Süden, im Norden und im Westen ein besonders leuchtendes Sinnbild der Zusammen­gehörigkeit aller Deutschen. Millionen Gedanken, Millionen heißester Wünsche, die in diesen Nachtstunden über Land und Meer dahineilen. Vom Spielzeug unter dem Weihnachts­baum heben sich die Fragen unserer Kinder zum Weih- »achtsfest der Väter und Brüder an der Front. In vielen sreudigen, aber auch schmerzlich feuchten Augen unserer Mütter, Frauen und Bräute glimmt ein Lichtlein, das den Linen sucht, der in dieser festlichen Stunde nicht bei den Seinen weilen kann. Aber auch unsere Soldaten sind heute mit ihrem ganzen Herzen, ihrer männlichsten Sehnsucht bei den Lieben daheim. Ihre Worte tönen zu uns, sie strahlen Mut und Zuversicht in unser Herz. Keine Silbe dieses heilig­stummen Zwiegespräches geht verloren, auch wenn die Härte des Krieges sich keinen Augenblick verringert. Wir wissen, daß Hunderttausende unserer Liebsten jetzt draußen in Sturm und Wetter, vor der englischen Küste oder im To­ben der Atlantikwellen für uns Wache halten, daß die Mo­toren unserer Flieger donnern, wenn der Feind es fordert, und daß auch vor den Kerzen der schimmernden Tannen­bäume militärische -Anordnungen und Befehle, Vorsichts­maßregeln und Alarme nicht verstummen. Um so stärker fühlen wir in unserer eigenen Weihnachtsstimmung die sol­datische Kraft und Mahnung, die von dranßen zu uns her­einklingt. Wir wollen ihrer würdig sein in dieser zweiten Kriegsweihnacht des großen deutschen Entscheidungskampfes um Tod und Leben. Wir wollen eine Kette der Zuversicht und Tapferkeit um Front und Heimat legen, die unzerreiß­bar ist. Sie umschließt unser ganzes stolzes Erotzdeutschland, das sich auch in dieser Stunde unverwundbar und einig fühlt, getragen von einer Mission, die ewig ist und die auch dem kältesten Winterdunkel das Licht einer nationalen Wie­dergeburt von unzerstörbarer Kraft entgegenträgt.

Dieser Krieg war keine Notwendigkeit, wir alle wissen das. In Deutschland war niemand, der nicht den friedlichen Wettbewerb der Völker der kriegerischen Auseinandersetzung oorgezogen hätte. Wir alle hatten Arbeit und Brot, wir waren am Werk, um nach den Jahren des Niedergangs ein neues Reich der Wohlfahrt und sozialen Gerechtigkeit zu bauen. Die Mächte der Verneinung, die vor allem in Eng­land am Ruder waren, haben uns diese glückliche Zukunft nicht gegönnt. Sie haßten das wiedererwachende und empor­strebende Deutschland. Sie beschlossen kaltblütig die Er­drosselung und Vernichtung von Millionen deutscher Volks­genossen, um ihre eigene Machtstellung zu behaupten und deu politischen und sozialen Aufstieg des gesamten euro­päischen Festlandes ausschließlich zugunsten des britischen Egoismus und Imperialismus zu zerschlagen. Aus dieser Haßgesinnung entstand der jetzige Krieg. Er ist die große Prüfung über Echtheit und Unechtheit, über Gesundheit und Niedergang im Völkerleben. Wir Deutsche empfinden ihn ganz besonders als eine Zeitenwende und wir schauen gläu­big auf das Licht zukünftigen Werdens, das von uns durch diese Weltennacht hindurchgetragen werden will.

Als wir im letzten Jahr Kriegsweihnachten feierten, da lag das Kommende weit undurchsichtiger und dunkler vor uns. Damals war nur Polen zu Boden geworfen. Unsere Truppen lagen noch in den Bunkern des Westwalles und spähten gegen einen Feind, der mit höhnischen Worten den baldigen Zusammenbruch des Reiches in der Entscheidungs­schlacht ankündigte. Aber schon damals war die stolze Ent­schlossenheit und Zuversicht des ganzen deutschen Volkes bei- Mellos. Wir wußten noch nichts von Norwegen, Narvik, der Schelde und Maas, von Dünkirchen, Paris und Com- piegne, aber wir sehnten den Tag herbei, an dem der zweite Abschnitt des Krieges seinen Anfang nehmen sollte und der die deutsche Lawine aus Eisen und Stahl gegen den west­lichen Feind ins Rollen brachte. Dieser Glaube hat nicht getrogen. Mit einer zermalmenden Wucht ohnegleichen wur­den im Jahre danach alle Hindernisse überrannt. Unsere Fahnen wehen vom Polarkreis bis zum Golf von Biscaya. Heute sind die Männer des Heeres, der Luftwaffe und der Kriegsmarine des Eroßdeutschen Reiches viele hundert Mei­len von den Bunkern entfernt, in denen sie vor einem Jahre das Weihnachtsfest feierten. Von drei Soldaten, die damals vielleicht in einem Westwall-Bunker zusammensaßen, begeht der eine heute sein Weihnachtsfest im hohen Norden, der ander« an der spanischen Grenze und der dritte an der deutsch-russischen Grenze im Generalgouvernement. Aber der Geist und der Mut, der sie bewegt, ist in allen diesen s« weit voneinander entfernt liegenden Teilen Europas der gleiche. Wir sehen noch auf den Bildern des Vorjahres die Helle Freude vor uns, die aus ihren Augen leuchtete, als sie die Berge der Briefe und Liebesgaben aus der Hei­mat empfingen. Dieser stolze Schein des Glücks liegt auch heute über ihnen. Alle diese Männer sind in den letzten zwölf Monaten nicht schwächer, sondern stärker geworden. Eie find gereift. Und eine ähnliche tiefgreifende Wandlung, eise Härtung und Festigung darf auch die Heimat auf den Dabentisch der Volksweihnacht 1940 legen.

'- Damit aber hat unser Volk das Höchste erreicht und durch !den Krieg hindurchgetragen, was 85 Millionen Menschen GrfchtÄen sein kann: eine Kameradschaft, die keine Schran­

ken und Engen kennt, ein Verantwortungsbewutztsein, das auch Schwierigkeiten und Entbehrungen gegenüber nicht er­liegt, eine innere Treue, die sich immer wieder an deu höchsten Zielen dieses Kampfes aufrichtet, auch wenn ein­mal das Herz banger schlägt und die Sorge um das eigene Leben oder um die Gesundheit nächster Familienangehöriger sich vordrängen möchte. Von diesen Weihnachtssiaben, das empfinden wir alle heute, darf und wird auch in Zukunft nichts verloren gehen. Sie werden uns bei den großen Ent­scheidungen helfen, die das kommende Jabr für uns bereit­hält. Dann werden wir an die Kriegsweihnacht 1940 genau so zurückdenken wie an die vor einem Jahre. Wir werden ihre inneren Entschlüsse segnen und dem Schöpfer danken, daß er uns weiter beigestanden hat.

Traum in fremden Sinken

Ein Weihnachtsbild von Berndt Hardeweg

Als draußen die schweren Stürme gingen und es anfing, kalt und regnerisch zu werden, hatten sie schon von Weihnachten ge­sprochen. Sie wollten früh genug Wein und gutes Elsen beseite tun, um es daran nicht fehlen zu lasten, wenn sie eines Tages immer noch hier sitzen sollten, in fremden Stuben, am Meer, weit von daheim.

Daheim? Was erinnerte sie jetzt noch daran? Gewiß, sie waren drei Woche» in Urlaub gewesen und hatten den Leuten zu Hause erzählt, wie es in Flandern gewesen war und daß sie einmal mehr als 8V Kilometer an einem Tage marschiert seien, dies und jenes, und mancher vielleicht auch ein bißchen mehr, als eigent­lich gewesen war. Sie hatten den Garten umgegraben und in der Fabrik vorgesprochen, ob alles noch beim alten sei, je nun, dann waren sie durch den Wald gelaufen, durch das raschelnde Laub der Bäume, und hatten den Duft der Wolken und feuchten Wie­sen, den Holzgeruch und das leuchtende Gold der Herbstsonne tief in sich hineingetruntcn. Einmal mußten sie sich dann doch los- reißen, und ein paar Tage später standen sie nach langer Bahn­fahrt vor dem Hauptmann und bekannten lächelnd, daß sie sogar ein wenig Sehnsucht gehabt hätten nach dem Quartier und den Kameraden, und eher fühle man sich nicht wohl daheim, als nicht der Dienst und die eiserne Verpflichtung des Soldaten von einem genommen seien

Dazu sagte der Hauptmann nichts. Er nahm es so selbstver­ständlich hin wie ein Vater, der von seinen Söhnen Treue erfährt. Sie hatten in schweren Kämpfen den Sieg davongetragen, in Polen anfangs, dann im Westen.

Nun war also Weihnachten. Das Fest wollten sie ordentlich feiern, wie sie es seit ihrer Kindheit damit gehalten hatten: Geschenke, und alte Lieder, und Kerzen am Baum. Aber ein Bäumchen ließ sich nicht finden, so lange sie auch suchen mochten und ins Land hineinliefen. Es gab keine Fichten, nur Apfel­bäume und Hecken, und Strandhafer die Küste entlang, grüne See und gischtende Brandung.

Sie pfropften einen Kerzenstumpf auf eine Flasche und zün­deten ihn an. Etwas Besseres fiel ihnen nicht ein, sie hatten vielleicht zu oft daran gedacht, was sie machen wollten, wenn einmal Weihnachten wäre, und nun war alles zerredet und da­von. Morgen würden sie mit der Kompagnie feiern. Nur diesen einen Abend, den wollten sie für sich haben, für ihre Erinne­rungen und ihre Heimlichkeiten. Sie tranken sich zu und atzen von dem Gebackenen, das sie sich tags zuvor bereitet hatten, einfache, halbverbrannte Plätzchen, mit einem blechernen Stern ausgesto­chen. Der Fischer, bei denen sie einquartiert waren, chatte ihnen zngeschaut und gemeint:Nix gutt", aber den Soldaten hatte es Spaß gemacht, einmal so zu tun, als gäbe es nichts Köstlicheres aus den Tischen der Welt als dieses harte, verbrannte Gebäck.

Als sie es aßen, sahen sie die Mutter am Tisch stehen, in der duftenden Küche, und sie selbst saßen als kleine Burschen auf der Bank und ließen kein Auge von den Händen der Mutter, wie sie den Teig walzten und die Sterne ausstachen und bisweilen ganz schnell, ganz flüchtig, das Haar des Kindes streichelten. Die Mut­ter war unendlich gut, sie sorgte für Essen und Trinken, für den Lichterbaum und für die Geschenke aus dem Tisch. Man durfte ihre Hand halten, wenn sie Geschichten erzählte und davon sprach, was einmal Großes aus dem Kinde werden müßte. Sie war das Fest recht eigentlich selbst. Aus ihrem Herzen strahlte aller Glanz dieser seligen Verzauberung, aus ihrem Munde lernten sie die Lieder und die stillen, schönen Geschichten, aus ihrer Hand empfin­gen sie das Erlebnis der Wintersonnenwende wie ein großes, nie vergehendes Geschenk, das sie unsagbar beglückte...

Solche Erinnerungen hatten sie an diesem Abend. Sie kramten aus ihren Taschen die Bilder ihrer Mädchen und der Eltern hervor und lehnten sie rings an die Flasche. Draußen ging der Sturm und warf Sand an die Fensterscheiben. Das Meer rauschte.

Weltbild-Büchner (M)

Mühl, im Sch««

Fcheyeichnm»« *»n Robert Büchner, ^

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Va» WKW. Ist »ine praktisch» knieipm, zur volkagemeinschaft.

So hockten sie da, den Kopf in die Hände gestützt, und träumten über dies alles hin der Mutter zu, weit, weit, über Meer und Land und lange Jahre. Der Soldat wurde klein in sich, und das Kind wuchs und stand auf, und es lächelte ein Mann in fremdem Lande über sich selbst, daß er da so sitzen und weihnachtsselig werden konnte. Aber es war gut so, und er hatte es sich immer gewünscht, einmal wieder wie als Kind Weihnachten feiern tu dürfen und in der Nähe der Mutter zu sein. Jetzt war ihm die Mutter nahe wie seit langem nicht mehr, er bat ihr alles «b, und er beschwor sie, und er küßte ihr heiß ihre Hände...

Als der Kerzenstumpf zu Ende gebrannt war, lasen fie »och eine Weile vor den glühenden Scheiten im Kamin und ließen sich von der wohligen Wärme leise in Schlaf bringen. Der Fischer stand da und flickte an einem Netz, und eine junge Frau brachte ihr Kind und hob es zur Brust. Draußen sang der Sturm. Das Meer atmete mächtig.

Weihnacht Im Bunker

Eine Erinnerung von Georg Büsing

Gefreiter Timm hatte vier Kinder zu Hause. Alle Man« im Bunker wußten das, obgleich er nie davon sprach. Aber es ist ja auch nicht immer nötig, daß ein Mensch redet. Wenn man lauge mit ihm auf engstem Raum zusammenlebt, Tag und Nacht, dann erfährt man oft viel mehr aus seinem Schweigen und au» seinem stillen Tun.

Timm tat immer etwas. Ganz im Gegensatz zu seinem Munde, der sich höchstens einmal zu einem trockenen Witz ösfnete, waren seine Hände immer beschäftigt. Sie tischlerten, malten, mauerten, zogen Blumen, bastelten bunte Lampenschirme und pflanzten 'Erdbeeren, falls der Krieg doch länger dauerw sollte. Eigentlich bot der Bunker ja schon alle Bequemlichkeiten, aber Karl Timm machte fast ein Wochenendhaus mit allen Finessen daraus. Und wenn auf der anderen Seite einmal ein Schutz fiel, war er immer ganz erstaunt darüber. Es schien, als sei er in-seiner heimatlichen Tätigkeit nur durch die Bahnfahrt zum Westwall unterbrochen worden.

Den Kameraden behagten Timms Geschäftigkeit und Seelen­ruhe. Es dauerte nicht lange, da begannen auch sie sich an einem Holzstück mit dem Messer zu versuchen. Urkomische Gebilde gab das bei manchen und viel Heiterkeit bei den andern. Aber als es gegen Weihnachten ging, wurde die Arbeit ernster genomme». Jeder hatte plötzlich den Ehrgeiz, ein halbwegs vernünftige» Ge­bilde aus den Waldhölzern des Westwalls seinen Lieben schicken zu können. Und bei dieser Gelegenheit erfuhr man auch von Timms Kindern. Vier reichverzierte Kästchen entstanden unter seinen geschickten Händen, und aus den Deckeln waren die Namer­eingeschnitzt. Karl, Friedrich, Christa und Heinz.

Eine Woche vor Weihnachten gingen die Pakete ab. Und mm begann Timm mit dem Schnitzen von Christbaumschmuck. Die Kameraden malten den Zierat an. In Goldbronze und Preußisch­blau. Aus Farbtuben, die Timm irgendwo aufgetrieben hatte. Einmal mußte diese Tätigkeit durch einen Feuerüberfall unter­brochen werden. Vier Stunden dauerte die Geschichte. Einer der Kameraden wurde leicht verwundet, Timm verband ihn. Und an­schließend griff er wieder zum Schnitzmesser. Formte weiter an einem kleinen Kinderköpfchen, das von Wolken umgeben auf der Spitze des Tannenbaums schweben sollte. Vielleicht dachte «r bei dieser Arbeit an das Köpfchen seines Jüngsten, sein Gesicht war ganz ernst und gesammelt dabei.

Der Tag des Heiligen Abends brach an. Die Feldpost kam mit einem Berg von Paketen, und mit ihr kam das Gerücht v»n einem Festmahl, das am Abend verabreicht werden sollte. Die Stimmung war vortrefflich. Auch Timm, der einzige Familien­vater zwischen lauter jungen Soldaten, ließ eine Reihe von Witzen vom Stapel. Zudem fiel weit und breit kein Schuß, und die Landschaft prangte in weihnachtlichem Schneeschmuck.

Als abends jedoch der Lichterbaum brannte und die Pakete der Heimat ausgepackt wurden, wollte anfangs keine rechte Stim­mung aufkommen. Alle starrten in die brennenden Kerzen, dachten an ihre Eltern. Bräute und Geschwister. Keiner wußte mit seinen Geschenken allein etwas Rechtes anzufangen. Die Freude der Familienangehörigen fehlte. Bis Timm aus seiner dunklen Ecke auftauchte. Er hatte am Morgen ein großes Paket erhalten und zeigte nun stolz den Inhalt. Eine Handharmonika, Geschenk seiner vier Kinder. Mit Ausbuddeln von Kartoffeln hätten fie es zu­sammen verdient.

Es verstand sich von selbst, daß Timm spielen konnte. Mächtig griff er in die Bässe, und ein Kranz von Heimatliedern klang auf. Es dauerte nicht lange, und alle sangen mit. Ernste und heitere Weisen, Märsche und Tänze. Was gewünscht wurde, lockte Timm aus seinem Instrument heraus. Und in den Ruhepausen erzählte er. Seine ganze Schweigsamkeit war fortgeblasen. Wie ein alter Märchenvater saß er im Kreise seiner jungen Kameraden da. Bedrückte Stimmung? Kommt gar nicht in Frage, Jungens! Haben wir sechzehn auch nicht gehabt. Obgleich wir in einem verschlammten Graben an der Somme lagen, ohne Tannenbaum, ohne Licht, ohne Wärme und Verpflegung. Wir haben trotzdem gesungen. Wäre ja gelacht!" Und wieder griff er in die Taste«, schmetterte einen Marsch heraus, der alle mitriß.

Der Leutnant kam in diese Fröhlichkeit hinein. Er blieb eine Stunde und freute sich herzlich. Timm hatte aber auch seinen Elanztag. Es war, als habe er sich all seine Worte und Witze in den langen Wochen des Schweigens für diesen Abend auf­gespart.

Als der Leutnant schließlich ging, begleitete der Gefreite ihn ein Stück.

Ich habe gar nicht gewußt, Timm, daß Sie so gesprächig sind", sagte er.

Alles zu seiner Zeit, Herr Leutnant", entgegnete Timm ruhig. Da haben Sie recht, Timm. Alles zu seiner Zeit! Das Lied, die Pflicht, das Reden und das Schweigen Gute Nacht, Timm."

Gute Nacht, Herr Leutnant!"

Der Schritt des Offiziers versank im Schnee des Waldes. Tief unten rauschte der Rhein. Timm hob den Kopf und sah in den sternenübersäten Himmel hinein. Es war derselbe Himmel, der sich auch über seinem Hause in der Heide wölbte. Und über den Köpfen von Karl, Friedrich, Christa und Heinz.

Eine Weile stand Timm ganz still im Schnee und lächelte ver­sonnen. Dann ging er wieder zu seinen Kameraden zurück und griff von neuem in die Tasten, auf denen daheim die kleinen Hände seiner Kinder geruht hatten. Und diesmal spielt« er die Weise von der stillen, heiligen Nacht.