K. Seite Nr. 270

Nagolder TagblattDer Gesellschafter'

Samstag, de» 18. November Mo

Erstes Bildtelegramm von der Erdbebenkatastrophe in Bukarest

Aufräumungsarbeiten am Carl- ton-Hochhaus unmittelbar nach dem Erdstoß. Der eine Flügel ist vollkommen zusammengestürzt.

(Associated Preß, Zand.-M.-K.)

um den befohlenen Auftrag zu erledigen. Er ließ, den Karabiner an der Seite oder die Pistole am Koppel, den Motor Kilometer um Kilometer fressen und hatte die Augen überall, um sich nicht zuverfranzen". Und er dankte es den Franzosen, daß sie im Drange der Ereignisse vergehen hatten, es den Holländern und Belgiern gleichzutun, die während des Rückzuges alle Straßen­markierungen hinweggeräumt hatten. Er war sich seiner Sache sicher.

2m Verlauf von wenigen Tagen und Wochen wüchsen Ser Nachschuborganisation und den rückwärtigen Diensten dann neue Aufgaben zu. Da galt es gewissermaßen über Nacht die Veute- bestände zu registrieren, die Brennstoffvorräte an den Flüssen und Kanälen sicherzustellen, Lebensmittellager zu übernehmen und alles sogleich einzuordnen in den Organisationsplan, um die eigenen Transportmittel zu entlasten und die Zufuhr aus der Heimat auf das gebotene Maß zu beschränken. Mit der dem Deutschen eigenen organisatorischen Gründlichkeit wurden unver­züglich die ordnenden Prinzipien wirksam, die im scheinbaren Wirrwarr des Bewegungskrieges den Zusammenhalt verbürgen. So wurden, wenn das große Ersatzteillager in den Werkstattzügen nicht ausreichte, um zu den vielen deutschen Typen nun auch noch für französische und englische Wagen herzugeben, blitzartig ortsfeste Reparaturwerkstätten eingerichtet, und der deutsche Kraftfahrer war Spezialist genug, um alsbald neue Ver­teilerstellen schaffen zu können, die den nachfolgenden Truppen wertvolle Dienste leisteten und alle Ausfälle, die sich beim Vor­marsch ergaben, mehrfach aufwogen. Soldaten, welche die Praxis eines deutschen Vierjahresplanes hinter sich haben, entwickeln in solchen Augenblicken eben besondere Talente und lassen sich in ihrer Erfindungsgabe von niemandem übertreffen.

Wollen wir die Erfahrungen der deutschen Nachschuborgani­sation zusammenfassen, so bleibt nur die eine Feststellung: Sie hat sich in hervorragender Weise dem Auftrag gewachsen gezeigt, der gestellt war. Sie fühlte sich nicht an ein Schema gebunden, sondern war von der federnden Elastizität, welche die Automatik des Offensivkrieges bestimmt, und hat damit eine militärische Leistung vollbracht, die Führung und Mann zu allerhöchster G-- nugtuung berechtigt.

Elsässerinnen mit am Werk

Großes Interesse an sozialen Berufen

NSK. Man kann sich kaum vorstellen, daß noch vor wenigen Monaten auf den Plätzen und Straßen der Stadt Straßburg das Gras in dichten Büscheln stand so viel buntes Leben ist jetzt schon wieder in derwunderschönen" Stadt eingezogen. Und wenn in den reichen Vierteln auch manche Wohnung noch nicht wieder bezogen ist, weil ihre fremdrassigen Bewohner nicht zurück­kehren werden das Volk, das deutsche Volk von Straßburg, ist wieder da. In den Wäscherhüesli an der 2ll bürsten und spülen die Frauen die Wäsche, und in den sonnigen Winkeln der alten Fachwerkhäuser spielen die Kinder in ihren schwarzen Alpaka­schürzen die alten elsässischen Spiele, wie einst wie immer von nun an. Und wenn auch noch die große Rheinbrücke bei Kehl zerstört und der llebergang nur über eine von Pionieren erbaute Behelfsbrücke möglich ist, wenn auch Bilder der Verwüstung, die von den Franzosen zerstörten Gaswerke und Mühlenbetriebe, den Eingang zur Stadt beherrschen die Verbindung zwischen den Menschen diesseits und jenseits des Rheines ist hergestellt und wird von Tag zu Tag fester.

Nicht zuletzt sind es die Straßburger Mädel und Frauen, die in ihrer Lebhaftigkeit, ihrer aufgeschlossenen heiteren Art sich schnell in die neuen Verhältnisse hineinfinden und mit beitragen zu dem tätigen bewegten Leben. Besonders glücklich sind sie über die Vielfalt von Berufen und die gute Berufsausbildung, die es unter französischer Herrschaft nicht gab. Vor allem die sozialen Berufe waren bisher ein Vorrecht für die Begüterten, und so ist es verständlich, daß eine große Zahl von jungen Mädchen sich zur Ausbildung als Kindergärtnerin und NS.-Schwester meldet. Die Anwärterinnen werden im Reich geschult, und nach vier Wochen können sie dann schon als Helferinnen und bei Eignung als Leiterinnen in Kindergärten im Elsaß eingesetzt werden, die anderen nach jähriger Ausbildung ebenfalls in ihrer Heimat als Gemeindeschwestern. Die ersten Kurse sind schon angelaufen, und viele werden folgen, weil der Zustrom der Elsässerinnen immer stärker wird.

Für die Mädchen und Frauen, die bisher im Geschäftsleben hauptsächlich französisch sprechen, schreiben und stenographieren mußten, ist die Umstellung auf die deutsche Arbeit vielleicht auf den ersten Blick nicht leicht. Ihnen Hilst besonders Das Amt Berufserziehung in der DAF., das in großer Zahl kostenlos Deutschkurse durchführt. Mehr als 600 Frauen und Mädel haben sich bisher in Straßburg dazu gemeldet. Die Ar- Leiterin hat sich angemeldet und die Studentin und viele junge ISchülelinnen, Haustöchter und Berufstätige, das Lehrmädchen «nd die Filialleiterin. Nach den Sprach-, Schreib- und Eram-

matikübungen ist auch Gelegenheit zum Erlernen der deutschen Stenographie und zum Schreiben auf deutschen Schreibmaschinen gegeben.

Trotz aller Beschleunigung des Aufbaues im Elsaß ist es un­vermeidlich, daß zunächst auch einmal Stockungen in der Arbeits- Vermittlung und Arbeitsaufnahme eintreten. In vielen Fällen iläßt sich das dadurch vermeiden, daß man elsässischen Frauen und Mädeln Arbeit im Reich vermittelt. Die gute Absicht stieß ver- sschiedentlich auf Schwierigkeiten. Die Elsässerinnen hatten ja Während des Exils in Frankreich und in all den Jahren vorher ist» viel Schlechtes von Deutschland gehört, daß sie sich auch mit Dem besten Willen zur Einsicht nicht sofort von all diesen dunklen und erschreckenden Vorstellungen lösen konnten. Aber bald faßten einige Mädel und Frauen Mut, sie nahmen Arbeit, hauptsächlich im nahen Baden, an und jetzt schreiben sie so begeisterte Briefe vom guten Verdienst, von der liebevollen Sorgfalt, mit dei^ie Letreut werden und von frohen und schönen Erlebnissen in Deutschland, daß immer mehr Freundinnen und Bekannte sich ^ur Arbeit jenseits des Rheins melden.

^ Vielleicht ist manche Mutter erstaunt, daß ihr Mädel auf ein-

Keiner soll frieren!

Damm beachte, was DirFlämmchen", Deine Zeitung und der Rundfunk überRichtiges Heizen mit wenig Brenn.

,mal so selbständig ist, vielleicht wundert sich manche Frau Lar- chber, daß sie plötzlich mitverantwortlich im geschäftlichen und Politischen Leben steht. In der französischen Zeit war die Frau hus wohlhabenden Kreisen ja viel mehr Luxusgeschöpf und die Frau des Volkes nur Arbeitstier. Das selbständige mitverant- jwortliche Einstehen für die Aufgaben des Volkes und damit auch Die neue Achtung und Wertschätzung fraulicher Kräfte scheint jür manche Elsässerin auf den ersten Blrck noch ungewohnt zu sein. Aber die frohe Beritschaft zur Mitarbeit und zur Ueberwindunx Der ersten Schwierigkeiten und die Dankbarkeit für die bisher Ungewohnte Betreuung sind der beste Beweis dafür, daß die ^Elsässerinnen bald mit der gleichen Freude und inneren Be­friedigung für Deutschland schaffen werden wie^alle ihre Kame- stadinnen^im^Reich. " ' '' Z.

Als brennende Fackel geflogen

Vom Englandflug zurück zur französischen Küste

NDZ_, 14. Nov. (PK.) In einem Marinelazarett an der

französischen Küste brennen nur noch wenige Lampen. Es ist schon Abendruhe. Plötzlich werden alle Lampen eingeschaltet. Schwe­stern machen Betten klar, Zugang kommt Kurz darauf liegen vor einigen Betten einige schmutzige, blutbefleckte Fliegerkombi­nationen. Im Operationssaal ist Betrieb. Zwei Feldwebel einer Stuka-Besatzung liegen, nur mit kleinen Verletzungen, zur Unter­suchung bereits im Bett. Alle Kranken im Saal sind hellwach ge­worden, haben sich in den Betten aufgerichtet und sind mäuschen­still geworden, um möglichst viel mitzubekommen, was die Män­ner erzählen:

Heute nachmittag sind wir nach England gestartet. Je mehr wir uns der englischen Küste näherten, um so schlechter wurde das Wetter. Wind und Regen. Neblige Undurchsichtigkeit knapp über der Küste bis auf 6000 Meter Höhe. Ein aussichtsloses Be­ginnen bei dieser Waschküche. Runter bis auf 100 Meter und zu­erst mal die Küste gesucht. Das ist aber auch alles, was wir zuerst machen können. Wir haben Glück. Wir finden unser Ziel. Ern Flugplatz mit großen Hallen bauten, ein Halbs- Dutzend Flugzeuge auf dem Rollfeld. Wir fliegen An.grisf, ver- Ireren aber in der Waschküche das Ziel. Nochmals dasselbe, in­zwischen knallt die englische Flak, was sie überhaupt hercuis- bekommt. Unser MG.-Feuer spritzt in die Hallen, mit Brand­bomben garniert, und der Luftdruck unserer großen Brocken, die sich auf dem Flugplatz austoben, schaukelt unsere Maschin^ wah­rend wir aus dem Hexenkessel herauskommen mit dem Eestchl etwas geschafft zu haben. Da brüllt der Bordfunker:Die Ma- schine brennt!"Wo?"Am Rumpfdeck, ist nicht ,« schlimm", antwortet der Beobachter und denkt sich dabei: auf al e Fälle ruhig Blut. Große und gelbe Flammen knistern. Die Ma­schine fliegt mit Vollgas nach Süden. Hier gibt es nichts zu wählen. Landen in England bietet fast die gleichen Aussichten wie Aussteigen bei dieser See. Nur weiterfliegen. Beobachter u Flugzeugführer drehen sich nicht nach dem Brandherd um, adsr alle denken: Wie lange noch, und dann wird die Munitren los­chen, die in der Ecke liegt. Einen Kometenschweif von Feuer und Qualm zieht die Maschine hinter sich her. Gestank von ver­branntem Gummi verbreitet sich in der Maschine. Noch aoer

Wenn öle WlMglocken läuten

Hochland-Roman von Haus Ernste

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Ach, woher denn. Die sind froh, wenn wieder eins von der Schüssel wegkomml. Im Frühjahr hätt ich mich sowieso am was umschaun müssen. Daheim hält ich ja nix verdient. Der Vater hat g'meint g'habt, ob mich die Frau Baronin net nimmt. Aber bei euch da is mir orel lieber."

Mir is schon auch lieber", sagte Florian und lachte.

Auch das Gittli mußte lachen.

Jetzt geht es ja wieder", meinte sie.Aber gleich wie euer Knecht kommen is heut früh zu uns und hat g'sagt. ich wllt rüberkommen, weil die Oberhoferin mit mir was zu reden hätt. da bin ich so erschrocken, daß ich kein'n Tropfen Llut mehr geben hätt."

Geh, du Angsthas'. Meinst, daß mei Mutter so a Hitzige is? Na ja. du wirst sie ja kennenlernen dann " Er schaute sich nach allen Seiten um. Nein, die Luft ist nicht ganz rein. Im Schuppen hantierten die Knechte, und alle Augenblicke lief eine Magd über den Hof. Auch konnte die Mutter vom Küchenfenster aus hersehen. Und darum schlug er vor:

Hilf mir ein Roß neinführen in den Stall. Weißt, do sind wir dann allein "

Ja. da waren sie allein, und der Florian holte sich zu­nächst ein halbes Dutzend Küsse, bevor er das Gittli wieder freigab.

Wenn du fo bist, da werden j' bald was merken", meinte Gittli.

Ah woher, da denkt kein Mensch dran", zerstreute er ihre Bedenken.

Jetzt muß ich aber heimgehn. Florian, meine Leut werden ickon neuaieria fein, was ich zu tun g'habt Hab da.'

Sie reichte ihm die Hand und huschte durch die Hintere Stall­türe hinaus, gerade noch rechtzeitig, bevor die Bäuerin herüberkam. um dem Florian zu verkünden:

Das Gittli wird wahrscheinlich auf Lichtmeß kommen. Sie will nur mehr ihre Eltern fragen."

Florian antwortete darauf nur mit einem pfiffigen Lächeln:

Warum soll das Gittli zu uns auch net kommen wollen."

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Als der Niederhofer-Vinzenz erfuhr, daß das Gittli aus den Oberhof kommen sollte, da packte ihn eine ohnmächtige Wut. Er bildete sich ein. daß man ihn schmählich hinters Licht geführt habe, denn es konnte den Anderlschusterleuten doch wohl nicht mehr ganz verborgen geblieben sein, warum er diesen Winter so oft zu ihnen gekommen war. Sie konnten und mußten seine Absicht erraten haben, denn er hatte nicht mehr sorgsam hinter dem Berg gehalten mit seiner Neigung zum Gittli. Wenn auch das Mädchen selbst unnahbar war gegen ihn, fo hoffte er doch, daß er ihre Eltern auf seine Seite bringen könnte, die dann dem Gittli zureden würden. Das heißt: nach seiner'Ansicht gäbe es ja da kein Zureden mehr, denn jedes Mädl. oder zum mindesten alle Eltern, so­fern sie nur ein armseliges Gütl ihr eigen nannten, würden da mit beiden Händen zugreifen, wenn so ein mordsmäßiges Glück in Aussicht stünde. In einen Niederhof kann man nicht alle Tage hineinheiraten.

Ja, das stimmt, der Anderlschuster sowie seine Frau merkten alsbald, weshalb der Vinzenz so oft kam. Und sie hätten nicht die mit aller Not des Lebens kämpfenden Häuslerleute sein müssen, wenn sie nichr im verborgenen Werben des großen Bauernsohnes ein gütiges Schicksal er­kannt hätten, das einem ihrer Kinder wenigstens ein besseres Los zuteil werden ließ. Und darum fragte der Anderl- ichuster das Gittli eines Abends schnurstracks:

..Sog einmal, Gittli, warum kommt denn j»er Vinzenz

von w mr -tt IMS?"

Wie soll ich dös wissen, Bater?" antwortete oas Mädchen.

Dann muß ich's dir wahrscheinlich sag'n. Meinst du, daß ich und d' Mutter fo dumm sind und merken es net. daß er deinetwegen kommt."

Meinetwegen könnt er sich den Weg sparen."

Der Anderlschuster strich sich feinen Bart und meinte überlegend: '

No ja. so dumm wär's ja grad net, wenn er es ehrlich meinte. Not und Sorgen wären vorbei für dich."

Ich mag aber doch den Vinzenz net, Vater."

Also dann is ja die Sach erledigt", sagte der Anderl­schuster abschließend. Aber die Mutter gab noch zu wissen:

Ehrlich g'sagt, Vater, ich möcht ihn ja auch net. den Vinzenz. Er hat so was Falsches, so was Verschlag nes an sich. Wenn man dagegen den Oberhofer-Florian anjchaut, das ist ein Vergleich wie Tag und Nacht."

Ja mei, der Florian is freilich ein anderer Kerl. pflichtete der Anderlschuster bei.

Die beiden merkten nicht, daß das Gittli ganz leuchtende Augen bekam und schnell die Stube verließ.

Und auf einmal blieb dann der Vinzenz aus. Als er es von dritter Seite erfuhr, daß das Gittli zum Oberhoser kommen sollte, da soff er zunächst die halbe Nacht drunten nn Wirtshaus. Dann grübelte er tagelang darüber nach, wie er das verhindern könnte, aber es fiel ihm nichts ein, und zum Schluß sah er nur eine günstige Lösung für sich

der Oberhofer das Gittli schließlich doch wieder weiterichilie würde, wenn er von der Liebschaft des Florian mit M erfuhr.

So kam Lichtmeß heran, und das Gittli siedelte einen Tag früher auf den Oberhof über, weil der Lichtmeßtag e> Freitag war. an dem man nichteinstehen" soll, weil es nacy dem Volksmund wenig Glück brächte.

' (Fortsetzung folgt-)