z. Seite — Nr. 218
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter'
Dienstag, den 17. September 194Ü
WM der englischen Führung
Die „Schlacht um London", wie die Engländer den jetzigen für sie so niederschmetternden Kampfzustand im Bereich ihrer Hauptstadt nennen, ist iiymer mehr in ein entscheidendes Stadium eingetreten. Dis zweite Woche der deutschen Angriffe hat ebenso pausenlose Vergeltungsschläge gebracht wie die erste. Die Londoner Bevölkerung kommt aus den Luftalarmen bei Tag und bei Nacht nicht mehr heraus. In den spärlichen Pausen zwischen den deutschen Vorstößen gilt ihre einzige Sorge der Sicherung der Ernährung, die in vielen Londoner Stadtvierteln bereits katastrophale Formen angenommen hat. In den Luftschutzkellern selbst aber wechselt das dumpfe Hindämmern der Angst mit wütenden Anklagen gegen das Schicksal, das dem bisher so stolzen Engländer eine so schwere Heimsuchung auferlegte. Nach allem, was durchsickert und was ausländische Korrespondenten berichten, spielen dabei auch politische Ueberlegungen eine große Rolle. Die Engländer sind aus dem Phlegma ihrer Empire-Anmaßungen und ihres selbstverständlichen Lebensegoismus grausam hochgescheucht. Alle Versprechun- .gen und Prophezeiungen ihrer Regierung sind in den letzten Tagen als groteske Lügen entlarvt worden. Mit der Sprache der deutschen Bomber kann es auch Mr. Churchill nicht mehr aufnehmen. Das Schlimmste ist aber, daß irgend welche Aussichten auf Besserung nicht bestehen. Auch bei ungünstigstem Wetter erscheinen die deutschen Flieger mit unheimlicher Treffsicherheit über allen militärischen Objekten der Achtmillionenstadt und darüber hinaus wichtigen Stätten im Lande. Von der so oft angekllndigten „Abnutzung" ihres Materials und ihres Angriffswillens ist nichts zu spüren. Ganz im Gegenteil! Die systematische Durchkämmung der Hauptstadt nach lebenswichtigen Zielen hat sich in den letzten 48 Stunden noch gesteigert. Immer neue Brandherde sind zu den alten hinzugekommen. Im Gegensatz zu der unermüdlichen Gewalt der vernichtenden deutschen Schläge aber steht das Erlahmen der britischen Nervenkraft. Die Flieger der Royal Air Force stöhnen von Stunde zu Stunde mehr über die ungeheure Beanspruchung, über ihre Verluste und ihre Ermüdung. Es gibt gegenwärtig keine düstere Möglichkeit, die den Engländern noch unmöglich erschiene. Damit wächst zwangsläufig in der Bevölkerung der britischen Insel die „Weltuntergangsstimmung", die nüchtern blickende Kritiker der englischen Politik schon vor diesem Kriege vorausprophezeit haben. England erlebt praktisch, daß alleStützenseinesWe l t- reiches ins Wanken geraten. Es sieht zum erstenmal dem ganzen Ernst einer unaufhaltsam näherkommenden Niederlage in die Augen. i
Auch die britische Regierung hat diesen drohenden Verhältnissen gegenüber den Tonfall ihrer Aeußerungen wesentlich gewandelt. Auf der einen Seite versucht sie noch immer mit kühnen Behauptungen, die meistens nur eine Lebensdauer von wenigen Stunden haben, den Mut der Bevölkerung aufzupulvern. Hinter diesem zur Schau getragenen Optimismus aber verbirgt sich eine ständig wachsende Angst, die auch aus den Telegrammen nach Kanada und USA. ganz unverhohlen deutlich spricht. Besonders Churchill malt in jedem zweiten Satz das Gespenst der deutschen Invasion an die Wand, die ihm selbst wohl immer unvermeidlicher erscheint. Auch die Vorberei- tungenfürdieFluchtnachSchottland sind von allen amtlichen britischen Stellen überstürzt in die Wege geleitet worden, so daß ihr plötzliches Verschwinden kaum noch besondere Ueberraschungen Hervorrufen kann. Was bei einer solchen Flucht allerdings aus der Londoner Bevölkerung werden soll, scheint die verantwortlichen Pluto- kraten weit weniger zu kümmern. Seit Tagen tobt das Geschrei um die Evakuierung der Metropole. Bald wurde sie bekanntgegeben, bald wieder bestritten. Man erhält den Eindruck, daß je nach der Nervenlage Befehle ausgesprengt, widerrufen und erneut formuliert werden. Aber diese Chaotik der Führung wird von der Bevölkerung selbst kaum' mehr als Versagen des einheitlichen Abwehrwillens emp- mnden. Die Grenzen der Ordnung verwischen sich zusehends. Eigenmächtigkeiten, ja Plünderungen begleiteten den Eintritt in die zweite Bomben-Woche. Das Durcheinander der Seelen sprengt sich immer mehr Bahn in die Öffentlichkeit. Damit beginnen sich in London die panischen Schrek- kens zustande anderer von den Engländern in diesem Kriege preisaegebenen Städte zu wiederholen. Die Ereig- Mse in Warschau, Rotterdam und Dünkirchen werden für oie Londoner plötzlich bestürzende und schreckenvolle Gegen-
Fur den Beobachter aus der Ferne erhebt sickj freilich .^ri vielen Einzelheiten dieses militärischen Infernos Wgleich die Erinnerung an die tausendfältigen Bekundungen der englischen Ueberheblichkeit, die seit Monaten und fahren der Welt wie ein unfehlbares Evangelium vor- Uragen worden sind. Was ist heute von den englischen «waadedrohungen, von dem Hungerkrieg gegen deutsche nrauen und Kinder, von der strahlenden Macht der Royal mr Force, von der Unverletzbarkeit der britischen Insel uns von der noch vor wenigen Tagen angekllndigten Offen- Kontinent übrig geblieben! Weniger als ein ,""lsts! Jedes Wort, das seit einem Jahr in England gebrochen wurde, hat sich als ü b l e r u n d v e r b r e ch e r i - l?» / ^"ff erwiesen. Auch die stärkste Garantie, die England bisher ausgeteilt hat, die Garantie für seine mqene Unbesiegbarkeit, ist von der deutschen Luftwaffe und ^enau so zusammengeschlagen und vernichtet wor- ^ anderen Garantien auf dem Kontinent. Jeder L ^dcmke. der im Hirn Churchills und seiner Krea- s,i?^ herumgespensterte, ist widerlegt und ad absurdum ge- uyrt worden. Kein Fü n k ch e n'W i r k l i ch k e i t lebte 7 ^- "H^Een Konstruktionen, die man als angeblich N^. 7 ^Mkuge Münze in allen Erdteilen in Umlauf brachte. Mn» - atten allein die warnenden Morte, die Adolf m Stunde der letzten Entscheidung dem eng- den Kanal zurief. Ans ihnen sprach die der Schicksals, die wahre Einsicht in dis Groß,
all» Entscheidungen, die das Jahr 1940 über
üt Völker heraufgeführt hatte. Alles ander«
eingegenuber heute verblaßt und versunken.
über!,* ^"Engländer mag diese Erkcnnims, wenn er sie fchon zu fassen vermag, etwas Furchtbares sein. Ri putsche ist sie die Bestätigung für die ünn» * * ^ ^ unseres Weges. Auch die kommenden
den j,n Zeichen unseres Glaubens an
London an "Kd unsere Weltmission Das brennende und in 'K für uns der Feuerschein einer überalterten m^^dr brechenden Vergangenheit. Die deutsch- ^gelangi bernandersetzung ^ ietzt auf ihrem Höhepunkt
..Ich schoß Lücken in den Geleitzug
und stieß hindurch"
Oberleutnant zur See Jenisch erzählt
Von Kriegsberichter Ulrich Kurz
DRV Bei der Kriegsmarine, 16. Sept. (PK.) Mit einem Ergebnis von 40 000 VRT. ist das Unterseeboot des Oberleutnants zur See Jenisch in einem deutschen Stützpunkt eingelausen. Einschließlich Anmarsch und Rückfahrt hatte diese erfolgreiche Unternehmung nur wenige Wochen gedauert. Zunächst hatte es eine Zeitlang wieder einmal so ausgesehen, als ob der Atlantik überhaupt keine Schiffahrt mehr hätte. Er lag Tag und Nacht wie eine Wüste da, aber, so erzählt nnn der Kommandant:
„Keine Wüste ohne Oasen! Unsere Oasen sind die feindlichen Celeitzüge. Nachdem uns ein Geleitzug in unsichtigem Wetter entkommen war und wir uns 24 Stunden lang schon geiirgerr hatten, kam aus dem Abendhimmel in der Ferne ein neuer Ee- leitzug in Sicht. Er bestand aus drer Kolonnen von Dampfern, zwischen denen sich Bewachungsfahrzeuge tummelten. Und nun spielte sich eine selbst für uns ungewöhnliche Szene ab. Wir hatten planmäßig unseren Anlauf angesetzt und kamen auf einen großen Dampfer von 8000 BRT. zu Schuß. Er sank sofort und so entstand in seiner Kolonne eine Lücke. Kurz entschlossen stießen wir durch diese Lücke hindurch und hatten nun die mittlere Kolonne der Dampfer vor uns, die sich noch sicher glaubte. Ich hielt es für richtig, mir wieder eine solche Lücke zu verschaffen, schoß einen Dampfer von 6000 BRT. heraus und stieß zum zweitenmal durch die Lücke. Jetzt standen wir an der dritten Kolonne und ein größerer Dampfer von über 7000 BRT. stand uns vor den Rohren. Um aus dem Geleitzug wieder herauszukommen, in dem es nun schon recht lebhaft wurde, brauchten wir wieder eine Lücke. Also schaffen wir den Dampfer heraus und stießen zum drittenmal durch. Das Ganze spielte sich in so kurzer Zeit ab, daß man kaum zur Besinnung kam. Wir waren quer durch den Geleitzug durchgestoßen, ehe wir es uns versahen, und hatten 21000 VRT. auf den Grund des Meeres geschickt.
Noch mehr Glück war uns bei diesem Angriff dann allerdings nicht beschieden. Wir waren noch einmal angelaufen und hatten
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Aegypten neuer Kampfraum
Streiflichter auf das Land zwischen Meer und Wüste
Die Ileberschreitung der Grenze der Cyrenaika Durch italienische Abteilungen rückt Aegypten als neuen Brennpunkt des Kampfes stärker in das Scheinwerferlicht der Weltöffentlichkeit.
Bei Kriegshandlungen im afrikanischen Raum sind gewaltige Entfernungen zu überbrücken. Das Mittelländische Meer schneidet an der Ostgrenze der italienisch-libyschen Cyrenaika mit dem Golf von Sollum weit in das afrikanische Küstenland ein. Von diesem Golf aus zieht sich die Grenze zwischen Libyen und Aegypten nach einigen schwachen Krümmungen wie mit dem Lineal gezogen nach Süden und stößt nach 1036 Kilometer auf den von Ost nach West verlaufenden Querriegel des anglo-ägyp- tischen Sudans. Von diesem Treffpunkt aus biegt die ägyptische Grenze in genau östlicher Richtung ab und endet nach 960 Kilometer am Roten Meer. Genau so lang wie die West- und Süd- grenze ist auch die Strecke, die im Norden von Sollum bis cn die Grenze von Palästina reicht und nach abermals 1000 Kilometer den Westen Aegyptens durch Sinai, den Golf von Akaba und das Rote Meer abschließt. Die von diesen Linien eingeschloffene Landfläche beläuft sich auf 993 000 Quadratkilometer, von denen jedoch nur 35 000 Quadratkilometer, also 3,5 Prozent, kulturfähig sind. Es handelt sich dabei um die schmalen langgezogene Uferstrecken im Niltal. im Nildelta und um einige Flächen in den spärlichen Oasen des Binnenlandes. Der große Rest ist öder Sand und felsige Hochcben. 15 Millionen Einwohner, meistens Mohammedaner, wohnen in diesem Land.
Die Lebensader Aegyptens ist der Nil, der den Baumwoll- kulturen das nötige Wasser liefert und auf dem die wirtschaftliche Existenz des ganzen Landes beruht. In den gewaltigen Etaudämmen von Kalliub, Assuan, Asiut, Esna Sifta und Nag Hamadi werden in den Monaten der Flut die Wassermassen gesammelt, die in den Monaten des Niedrigwassers wieder abgegeben werden.
Kairo, dis Hauptstadt, ist mit etwa 1 100000 Einwohnern nicht nur die größte Stadt Aegyptens, sondern die größte Stadt in ganz Afrika. Sie liegt am rechten Ufer des Nils, etwa 25 Kilometer vor der Teilung des Flusses in den Rosette- und Damiette» Arm. Von da ab ist das ganze Nildelta ein einziges Gewirr von schmalen und schwer passierbaren Wasseradern. Kairo selbst mit einer Grundfläche von 150 Quadratkilometer bietet mit seinen mittelalterlich-arabischen Quartieren und seinen modernen europäischen Vierteln eines der anziehendsten Bilder der Welt. Eine Industrie wird man in dieser Millionenstadt vergeblich suchen, aber der ägyptische Großhandel mit Baumwolle, Getreide, Holz und landwirtschaftlichen Maschinen liegt in der Hand der Kaufleute von Kairo.
Die ägyptischen Städte, die sich an der Mittelmeerküste hinstreckcn, sind jedem, der sie nicht schon früher kannte, durch die italienischen Wehrmachtsberichte hinlänglich bekannt geworden. Sollum, Ras Halaima, Sidi Varani und Marsa Ma- truk sind wiederholt Ziele der italienischen Bombengeschwader gewesen, weil die Engländer dort „zum Schutze Aegyptens" ihre militärischen Niederlassungen angelegt und motorisierte Einheiten zusammengezogen haben. Um die Schwere einer kriegerischen Operation selbst in diesem verkehrsmäßig immerhin erschlossenen Teil Nordafrikas zu ermessen, genügt der Hinweis, daß von der libyschen Grenze bis nach Marsa Matruk über Hunderte von Kilometern nur primitive Küstenstraßen angelegt sind. Erst dann beginnt eine Eisenbahnlinie., die am Meeresufer über Ralem-
emen großen Tanker aufs Korn genommen. Aber nun waren wir entdeckt, der Tanker drehte auf uns zu und wir legten zwischen ihn und uns eine respektvolle Entfernung.
Dann schaukelten wir wieder allein im Atlantik und luden neue Torpedos in unsere leergeschoffenen Rohre. Wieder war der Ozean eine Wüste, aber prompt stellte sich nach einiger Zeit die nächste Oase ein. Das war nun ein Geleitzug, auf den die Engländer ganz besonderen Wert legten. Zwei große transatlantische Passagierdampfer, denen sich noch ein Frachtdampfer angehängt hatte, waren von nicht weniger als sechs Zerstörern gesichert. Wir machten den einen Dampfer als einen Paffagierdampfer vom Typ „Scythia" aus, der nach Lloyds Register seine 19 761 VRT. hat. Unser Anlauf bringt uns an die geplante Stelle, und ein gut gezielter Torpedo trifft das Achterschiff. Eine heftige Explosion erschüttert die Luft. In die sechs Zerstörer gerät Bewegung. Wir sehen, wie einer längsseits geht und von dem sinkenden Schiff die Besatzung übernimmt. Er hat kaum abgelegt, als das große Schiff untergeht.
Wir entziehen uns den wütenden Angriffen der übrigen Zerstörer und bald befinden wir uns wieder allein auf weiter Flur."
Die Einnahme von Soüum
Schwierige klimatische Verhältnisse
Bon der ägyptischen Grenze, 16. Sept. Mit der Einnahme der ägyptischen Grenzstadt Sollum, die der italienische Heeresbericht vom Montag meldet, hat der Vorstoß der Armee des Marschalls Graziani in kurzer Zeit sein erstes Ziel erreicht. Die Truppen Erazianis haben trotz der zu dieser Jahreszeit noch außerordentlich großen Hitze den Vorstoß über die libysche Grenze unternommen und sind bereits im ersten Ansturm über den befestigten Ort Sollum hinaus in die wasserlose Sandwüste an der ägyptischen Mittelmeerküste vorgestoßen. An Wegen steht den vorrllckenden Truppen hier nur eine befahrbare Kara« wanenstrahe zur Verfügung. Wie bereits bei der Eroberung Britisch-Somali-Landes bereiten die klimatischen Verhältnisse und Fragen des Nachschubs einer militärischen Aktion größte Schwierigkeiten. Wasserstellen sind nur an wenigen Punkten zu finden; sie reichen nicht im entferntesten für die Wasserversorgung einer modernen Armee, auch dürfen sie von den zurückgeworfenen englischen Truppen unbrauchbar gemacht worden sein.
Sollum, ein kleines befestigtes Küstendorf, wird von einer Bergkette im Süden beherrscht, in die die Engländer ein kleines Fort eingebaut hatten, das von den italienischen Truppen gestammen wurde. Der Ort Sollum, der etwa 15 Kilometer von Her libyschen Grenze entsernt liegt, wurde erst 1911 von Aegypten besetzt und erst im Jahre 1925 von den Italienern Aegypten ve rtrag lich zuerkannt.
Anhaltende Trockenheit in Australien. Die „Neuyork Times" meldet aus Melbourne, die anhaltende Trockenheit habe Australiens Weizenanbau schwer geschädigt. Schätzungsweise werde die diesjährige Ernte im Höchstfälle 110 000 Bushel gegenüber 210 000 im letzten Jahre ergeben.
Cangsterüborfaü auf eine Bank von Peru. Eine sechsköpfige maskierte Gangsterbande überfiel am Freitag nachmittag die Filiale der National Citybank of New York in Lima und raubte nach einer Schießerei gegen 140 000 Soles. Von den Tätern, die zunächst entkamen, konnte bisher einer gefaßt werden. Dieser Bandenüberfall auf die Bank ist erstmalig in der Geschichte Limas.
Ram, Ralem-el-Khamais und Ehuka zunächst nach Alexandrien und dann weiter in das Suez-Gebiet führt. Diese Bahnstrecke hatte bisher eine besondere Bedeutung, da sie die englischen Material- und Truppentransporte von Suez und Alexandrien in der Richtung nach Jtalienisch-Libyen erleichtert hat. lleber den jetzigen Zustand der Bahnlinie ist allerdings nicht viel bekannt, denn die italienischen Bombengeschwader haben hier verschiedentlich sehr heftig gewirkt. Transportzüge und Bahnanlagen waren ein lohnendes Ziel, weil jede Unterbrechung des Verkehrs mit langwierigen Stockungen verbunden ist. Erst vor einigen Tagen ist auf der Strecke nach Marsa Matruk nach dem Abwurf einer Sprengbombe ein ganzer englischer Transportzug in die Lust geflogen. Unsere eigenen Erfahrungen aus Fran^ reich beweisen, daß ein explodierender Munitionszug nicht nur die Ladung und das rollende Material in Atome auflöst, sondern daß er auch die Gleisanlagen und den Unterbau der Bahnstrecke gründlich und nachhaltig zertrümmert.
Die Engländer haben Alexandrien zu ihrer wichtigsten Flottenbcrsis gewählt. Nach der Aufgabe des dauernd bombardierten Stützpunktes Malta und nach der Heranziehung eines großen Teiles der früher in Gibraltar stationierten Flottenein- heiten ist Alexandrien zum Hauptfammelpunkt geworden. Die auf der Reede und dem Binnenhafen von Alexandrien liegenden Kriegsschiffe sind schon wiederholt dem erfolgreichen Angriff italienischer Bomber ausgesetzt gewesen. England zieht aber immer neue Einheiten nach Alexandrien, Rosette, Damiette und Port Said, weil es vom Mittelmeer her die Zugänge zum Suezkanal mit allen Mitteln verteidigen will. Die Verteidigung des Suez-Seeweges nach Indien ist im Grunde genommen der Kernpunkt aller militärischen Maßnahmen, dis England in Aegypten getroffen hat. Es wird sich erweisen, daß auch die englische Mittelmeerflotte nicht in der Lage ist, die eifersüchtig gehütete Machtposition am Suezkanal zu retten.
Bei einem Marsch durch das Innere Aegyptens geht der Weg über die Karawanenstraßen. Der wichtigste Knotenpunkt liegt etwa 200 Kilometer südlich des Mittelmeers und dicht hinter der italienisch-libyschen Grenze bei der Oase Siwa. Wie aus dem Zentrum eines Spinnennetzes strahlen von dort die Wege in die italienische Cyrenaika und zu den ägyptischen Oasenplätzen von Chargha, Dachla und Vaharija aus. Von da aus zieht sich das Wegenetz zu den Küstenplätzen und zu den Handelszentren am Nil weiter. Es sind dabei wohl ungeheure Räume zu durchmeffen, aber das Beispiel des Vormarsches durch das Somaliland hat den Nachweis dafür erbracht, daß italienische Soldaten den Strapazen eines solchen Wüstenmarsches durchaus gewachsen sind. Die englische Position am Suezkanal ist auch von der Landseite her gefährdet; nicht nur durch italienische Streitkrüfte, sondern auch durch die unruhige einheimische Bevölkerung, die lieber heute als morgen das englische 2oL » 0 - schütteln will.
Der anglo-ägyptische Sudan zieht sich unterhalb von Jtalienisch-Libyen und Aegypten 700 Kilometer bis nach Jtalie- nisch-Ostafrika herunter. Etwa nach zwei Dritteln des Nord-Süd- Weges erreicht man am Westufer des Roten Meeres die Eisenbahnausgangspunkte Port Sudan und Suakin. Von da aus geht die Hauptstrecke mit vielen Abzweigungen nach Talgwareb, Ad- barar, Omdurman, Khartum, Kellalaü und Caffala weit ins Innere des gewaltigen Sudans hinein. Von Jtalienisch-Ostafrika aus sind schon vor Wochen Vorstöße in das Sudangebiet unternommen worden Sie haben die Eroberung des Gebietes von Cassala und den Rückzug der englischen Truppen zur Folge gehabt. Der Rückzug wird auch in der Zukunft die Marschroute der Briten sein.