Seite Nr. 175_Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter-Montag, den SS. Juli 194«

Links: Reichsminister Funk vor der Auslandspreise. Zur Grasten Deutschen Kunstausstellung München 1940. Karl Truppe,Dresden:Sein und Vergehen". (Presse-Hoffmann Z.-M.-K. 2).

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Englands Kriegshaushalt

Als der englische Schatzkanzler Kingsley Wood das Unterhaus betrat, um die neuen Steuererhöhungen für England bekanntzugeben, wurde er mit dem bezeichnenden Ruf empfangen:Haltet Euer Geld bereit!"... Englands Parlamentarier^ haben nichts dazu gelernt, sie meinen im­mer noch, man könnte auch diesen Krieg, den letzten, den England als Weltreich zu führen haben wird, mit dem Eeldsackgewinnen. Sie denken dabei weniger an den eigenen Eeldsack, den sie bereits jenseits des großen Teichs in Sicherheit gebracht haben, als an den Eeldsack der klei­neren Leute, auf deren Rücken sie bisher schon in ihre Ta­schen gearbeitet haben.

Was hat Mister Kingsley seinen gläubigen Hörern von seinem neuen, dem dritten Kriegsbudget erzählt? In nack­ten Zahlen ausgedrückt: Die ungedeckte Spanne zwischen Einnahmen wenn die neuen Steuern unverändert be­willigt werden und den wöchentlich weiter steigenden Ausgaben beträgt bereits jetzt 2^ Milliarden Pfund Ster­ling, während die gesamten Staatsausgaben des laufenden Jahres nach Woods Angaben 3,5 Milliarden Pfund betra­gen. Gedeckt werden können also nur 1,3 Milliarden Pfund aus den Einnahmen, und das nur, wenn das vom sozialen Standpunkt aus geradezu ungeheuerliche Steuerprogramm des Schatzkanzlers angenommen wird.

Es gab einmal eine Zeit sie ist noch nicht ein Jahr her in der man täglich in englischen Zeitungen davon lesen konnte, wie hoch die Steuerabzüge des deutschen Ar­beiters seien man log etwas von 50 v. H.! und daß der englische Arbeiter noch immer einkommen- und lohn- steuerfrei sei. Denn die englische Einkommensteuer beginne erst bei einem Jahresverdienst von 250 Pfund Sterling, was nach alter Eoldumrechnung immerhin 5000 RM., und nach damaligem englischen Geldwert noch rund 4000 RM. waren. Man verschwieg damals geflissentlich, daß unsere Einkommen- und Lohnsteuer klar und einwandfrei sozial aufgebaut ist, also den Mann mit großer Familie stark be­günstigt und ihn schon bei mehr als 4 Kindern fast steuer­frei sein läßt, man verschwieg erst recht, daß die angebliche Lohnsteuerfreiheit des englischen Arbeiters mit hohen indi­rekten Steuern auf Tee, Zucker, Mehl, Gas, Strom, ja sogar Wasser und viele andere Bedarfsnotwendigkeiten erkauft war, von der die Arbeiterfamilie um so mehr braucht, also um so mehr Steuern zahlen muß, je mehr Kinder sie hat.

Heute liest man ganz andere Ziffern! Jetzt wird die Ein­kommen- und Lohnsteuer bei einem Jahreseinkommen von M Pfund beginnen und dabei bereits 6 Schilling auf das Pfund, also sage und schreibe 25 v. H. betragen, und diese M Pfund sind im Kaufwert bereits fast auf die Hälfte des Friedenswerts herabgesetzt, wenn man berücksichtigt, daß die letzte Lebenshaltungskennzahl bereits an 190 gegen 100 vor dem Krieg grenzte. Was sind denn 160 Pfund Ster­ling? Im Vierteljahr, also für 13 Wochen, 40 Pfund, für me Woche also 3 Pfund oder weit unter 30 RM., und da­von abgesehen von den in England fast nur vom Ar­beiter zu zahlenden Sozialabgaben noch über 6 RM. für Lohnsteuer. Steigt das Einkommen nur wenig über die neue Aimdestbesteuerungsgrenze, dann steigt auch der Steuersatz und erreicht bei 250 Pfund im Jahr oder 4,8 Pfund in der Woche rund 40 RM. bereits den Normsatz von achtein­halb Schilling aufs Pfund, d. h. von den 40 RM. müssen rund 15 bis 16 RM. als Steuern bezahlt werden.

Nun war das englische Steuerwesen bisher auf die Steuer­zahlungen sokleiner Leute", wie Arbeiter, gar nicht einge- Met, die Einkommensteuer wurde vielmehr ausnahmslos in nur z w ei I a h r es r a te n eingehoben. Kingsley Wood und sein Vorgänger John Simon haben deshalb geradezu grausige Erfahrungen gemacht, als sie versuchten, von den '»zwischen einkommensteuerpslichtig gewordenen Arbeitern me erste fällige Halbjahresrate einzutreiben, denn soviel weld hatte natürlich kein Arbeiter übrig behalten, um ein arertel oder mehr seines Einkommens nachträglich als Lohn­steuer bezahlen zu können. Also: Wood ändert zugleich die Linhebeform und führt man höre und staune Lohn- st euer karten nach deutschem Muster ein, und , e Arbeitgeber müssen nun mitten in diesem von England selbst heraufbeschworenen Krieg rückwirkend ab 1. Juli, oem Beginn des neuen englischen Steuerjahres, die Steuern vom Lohn und Gehalt einbehalten und an den Staat ab- iuyren, eine nette neue Belastung für Betriebe, die dank ^staatlichen Räumungsmatznahmen heute wirklich nur M »sozusagen" produktive Arbeit leisten und sich meist Mn rm Zustand der inneren Auflösung befinden. Davon, wie das alles bewerkstelligt oder bester gesagt wenigstens ,?st*ovifiert werden soll hat Kingsley Wood vor seinem Unterhaus nicht viel verlauten lasten, zumal er noch andere Überraschungen für seine Hörer bereit hatte.

^ Aoreich der größeren Einkommen machen sich die Erhöhungen natürlich ebenfalls sehr gründlich be- dab *?"öoi den Betroffenen allerdings zugute kommt, vatz sich viele Sachwertgewinne angesichts des wachsenden

Pfundwertverfalls leicht verheimlichen lasten, wie z. B. die Steigerung der Eisenbahnaktienkurse durch die staatliche Dividendenbürgschaft von 34 v. H., wobei viele Besitzer, dar­unter der frühere Premier Lhamberlain, ihre Aktien an der New Parker Börse sehr gut verschachert haben sollen. Wood kündigte an, daß bei Einkommen über 2000 Pfund Sterling, also über 18 000 RM., die Steuerzuschläge (über 8,5 Schilling aufs Pfund) ebenfalls erhöht werden sollen, sie enden dann bei insgesamt 17 Schilling, also 85 v. H. des Einkommens, ein Satz, der aber nach der allgemeinen Ver­mögensflucht über den Ozean wohl kaum noch zur Erhebung kommen wird. Die Höchstsätze sind also nur zur Beruhigung des Arbeiters da, dem vorgetäuscht werden soll, daß auch die reichen Leute blechen müssen.

Dem Arbeiter selbst werden nämlich außer der neuen oder erhöhten und im voraus eingehobenen Lohnsteuer auch noch kräftige Erhöhungen der Biersteuer, der Tabaksteuer, der Wein- und Spirituosensteuern und der Vergnügungs­steuern auferlegt, und, was das wichtigste ist, eine neue, vom Groß- und Zwischenhandel abwälzbare Umsatz- steuer zugemutet, die Wood trotz des erheblichen Wider­standes der Labour-Partei als unerläßlich mit ein­gebracht hat, wenn auch einige wichtige tägliche Lebens­mittel. weil schon im voraus besonders besteuert, hier frei- gelassen werben sollen. Kurzum: Wie nicht anders zu er­warten war, soll ber englische Arbeiter diesen Kriegbezahlen, den Englands Plutokraten vom Zaun gebrochen haben, weil sie die neuen Sozialordnungen fürch­ten, die das nationalsozialistische Deutschland und das fa­schistische Italien ihren Arbeitern geschenkt haben.

Wiederaufbau im Elsaß

Praktische Gemeinschaftsarbeit im Rheindorf Drusenheim

Das Volksgemeinschaftsgefllhl der Elsässer setzt sich in national­sozialistische Tat um. So wird z. V. in Drusenheim vorbildliche Gemeinschaftsarbeit geleistet. Drusenheim, das direkt am Rhein liegt, gehörte früher zum Hanauerland und war Rheinübergang. Es ist ein echt elsässisches Bauerndorf. Diese Gemeinde, die voll­kommen evakuiert war, litt besonders schwer in den letzten zehn Monaten. Die Franzosen haben hier übel gehaust. Sie beschädig­ten die Inneneinrichtungen der Wohnhäuser, stahlen und plün­derten. Einen Teil des Viehs schossen sie einfach nieder und ließen es liegen. Den Rest schlachteten sie und verzehrten das Fleisch. Betten mitsamt allem wurden fortgeschleppt. Pflüge und sonstiges landwirtschaftliches Gerät hatte man aufgestapelt, um es nach Frankreich zu transportieren, kam aber nicht mehr dazu, so daß es nun halb verrostet im Freien liegt. Doch nicht genug des Elends, die Franzosen mußten noch ein Andenken Hinterlasten, in­dem sie die mitten durchs Dorf gehende Brücke sprengten, so daß einige Häuser beschädigt wurden. Indes saßen etwa 2000 bis 2500 Einwohner in der Haute-Vienne bei solchen Leuten, deren Soldaten das Elsaß verwüsteten.

Die Drusenheimer, die zuerst nach der Befreiung zurückkamen, waren entlassene Soldaten sowie Eisenbahner. Zur Zeit sind über 300 Männer und einige Frauen und Kinder im Ort 2m Zeichen des neuen Geistes, den sie gleich begriffen und be­herzigten, machten sich diese Menschen ans Werk des Wieder­aufbaues und zwar geschah dies im Geiste der Gemeinschafts­arbeit. Zuerst wurde die durch die Sprengung versperrte Straße freigemacht. Hierauf ging man an die Ausbesserung der Dächer, von denen etliche vollkommen abgedeckt waren. So konnten in kurzer Frist wieder 400 Dächer hergestellt werden. Da es auch an Betten fehlte, suchte man nach denen, die noch zu retten waren. Etliche davon wurden in den verlassenen französischen Bunkern

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Die Lnsel Malta

Malta liegt 100 Kilometer von Sizilien und 325 Kilometer von Afrika entfernt und umfaßt mit den Nebeiunseln Eozo, Comino, Lominetto und einigen kleinen Eilanden 316 Quadratkilometer mit 250 000 Einwohnern. Malta wurde 1800 von den Engländern besetzt und ist der wichtigste Flottenstützpunkt im Mittelmeer mit vielen Befestigungen, Schwimmdocks, Reparaturwerkstätten, Ma­gazinen, Werften und Flughäfen. Hauptstadt ist La Valetta mit 48 000 Eniwohnern.

gesunden. Auch Wäsche fand .an noch vor, jedoch in unbrauch­barem Zustand. Man sorgte auch dafür, daß die Evakuierten bei ihrer Rückkehr Unterkunft finden, indem man die Inneneinrich­tungen der Wohnungen wieder instandsetzte. Ferner wurden not­wendige Reparaturen an den Häusern vorgenommen, während andere Arbeiter sich der Felder, die sich in ganz schlechtem Zu­stande befinden, annahmen.

Große Freude löste in Drusenheim die Nachricht des Bürger­meisters und Ortsbauernführers von Greffern, der badi- Ichen Nachbargemeinde, aus, daß die Landwirte seiner Gemeinde mithelfen werden an der Bestellung des brachliegenden Feldes. Ferner wird Greffern Pferde zur Verfügung stellen und auch bei der Herbstsaat behilflich sein. Dank dieser Nachbarschafts­hilfe wird es möglich sein, den durch die Evakuierung entstande­nen Schaden einigermaßen wiedergutzumrchen.

Beaverbrooks Kampferspritze

Phantastische Riesenziffern über amerikanische Flugzeug­tieferungen

Berlin, 27. Juli. Nach einer Reuter-Meldung aus London hielt Lord Beaverbrook in seiner Eigenschaft als Minister für die Flugzeugproduktion eine Rundfunkansprache, in der er sich mit den amerikanischen Flugzeuglieferungen nach England befaßtd. Er habe soeben eine telephonische Botschaft von Morris Wilson, dem Vertreter des britischen Ministeriums für Flugzeugproduk­tion in den Vereinigten Staaten und Kanada, erhalten, wonach dieser zu der Erklärung ermächtigt sei, daß die Pläne zur so­fortigen Herstellung von Flugzeugen für englische Rechnung ge­billigt würden. Diese Pläne, die eine Eesamterzeugung von 3000 Flugzeugen pro Monat vorsehen, würden unverzüglich entwickelt und zur Durchführung kommen.

Mit diesen ans Phantastische grenzenden Riesenziffern, die Lord Beaverbrook mit großem Stimmaufwand in den Aether hinausposaunt, versucht der Minister, beim englischen Volk den Anschein zu erwecken, als ob die Durchführung dieser Pläne für England einen ungeheuren Erfolg darstellt. In Wirklichkeit ver­schweigt er aber den wahren Sachverhalt, der nach amerikanischen Pressestimmen in fachmännischen Kreisen dahingehend erläutert wird, daß eine Lieferung derartiger Mengen, selbst nach Lösung des überaus schwierigen Jnvestierungs- und Finanzierungs­problems, überhaupt erst nach eineinhalb bis zwei Jahren in Frage kommen kann. Daß Lord Beaverbrook in dieser Stunde der höchsten Not dem englischen Volk diese Kampferspritze ver­abfolgen muß, um es bei der Stange zu halten, beweist eindeu­tig, wie schlecht es heute um England bestellt ist.

Fernsprechverkehr zwischen Kontinenten

Immer neue Wunder des Kurzwellsnverkehrs «Hallo, hier Berlin, spricht dort Neuyork?-

In Berlin ist in diesen Tagen der direkte Fernsprechverkehr mit Neuyork eröffnet worden. Damit besteht von jetzt an für jeden deutschen Fernsprechteilnehmer die Möglichkeit, sich über sein Fernamt mit dem Inhaber einer beliebigen Telephonnum­mer in jedem Ort der Vereinigten Staaten fernmündlich zu unterhalten. Mitten im Kriege hat die deutsche Technik dieses neue Wunder vollbracht.

Das Erstaunliche daran ist, daß man noch vor zwölf Jahren keinen internationalen überseeischen Fernsprechverkehr kannte. Die ersten Versuche hierzu wurden allerdings bereits im Jahre 1926 gemacht. Man hatte damals entdeckt, daß sich die Kurz­wellen, die bis dahin nur zu Morsezwecken benutzt wurden, auch zur Führung von Ferngesprächen über Erdteile und Weltmeere hinweg verwenden ließen. Gegen Ende des Jahres 1926 waren die Vorbereitungen mit dem Bau eines Kurzwellensenders und eines einfachen Richtstrahlers in Nauen so weit fortgeschritten, daß tägliche Sprechversuche mit dem südamerikanischen Kontinent ausgenommen werden konnten. In der Neujahrsnacht 1926/27 wurde dann um Mitternacht zwischen Nauen und Buenos Aires jenes historisch denkwürdige erste Ueberseegespräch geführt, das in der Geschichte der deutschen Funktechnik für immer fortlebe.r wird. Zwei Brüder, die, ohne voneinander zu wissen, zufällig an ihren Sende- und Empfangsgeräten saßen, tauschten damals über 11000 Kilometer hinweg herzliche Neujahrsgrüße aus. Offiziell wurde der Fernsprechverkehr DeutschlandArgentinien allerdings erst am 10. Dezember 1928 eröffnet.

In der Folgezeit hat man rastlos daran gearbeitet, weitere Funksprechvsrbindungen mit fremden Erdteilen herzustellen. Wie ist es nun eigentlich möglich, die Menschenstimme deutlich ver­nehmbar und ungeschwächt über Erdteile und Weltmeere hinweg zu übertragen? Die Worte des Sprechenden werden zunächst mit Hilfe eines Mikrophons von Luftschwingungen in elektrische Wel­len umgewandelt, die wie ein gewöhnliches Telephongespräch per Draht dem örtlichen Fernamt zugeleitet werden. Von dort ge­langen sie dann durch eine Kabelleitung über den deutschen Kurzwellensender, der sie in Aetherwellen umsetzt, in der un­glaublich kurzen Zeit von einer sechzigstel Sekunde drahtlos nach Neuyork. In umgekehrter Richtung wird bei der Eesprächsüber- mittlung natürlich in derselben Weise verfahren. An beiden Or­ten ist lediglich je eine Sende- und Empfangsstation erforderlich.

Der Laie nimmt wohl vielfach an, daß ein derartiges Fern­gespräch Tausende kosten muß. Das ist jedoch in Wirklichkeit durchaus nicht der Fall. Von Berlin aus kann Man z. B. schon für den verhältnismäßig geringen Betrag von 60 RM. sich mit