8. Seite — Nr. 135
Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter
Dienstag, den 13. Juni 1839
DZWMM
i'LVS
WM
WV
Maschinengeivehr-Maillone im neuen Heer.
* Wie Wohl alle neuartigen Truppen der jungen deutschen Wehrmacht haben die Maschinengewehr - Bataillone ihren Ursprung auf den Schlachtfeldern des großen Krieges gefunden. Man bedurfte in den Materialschlachten, vor allem in der Verteidigung, einer starken Feuerkraft, mit deren Hilfe es gelingen sollte, einen in starker Uebermacht vordringenden und angreifenden Gegner wirksam niederzuhalten. Dazu erhol sich die Forderung nach erhöhter Beweglich keit, um Reserven ohne Zeitverlust schnell an einen neuen, gefährdeten Kampfplatz werfen zu können.
Bei den verschiedenen Versuchen der einzelnen Korps und Armeen kam das Marinekorps in Flandern einer guten Lösung dieser Aufgabe Wohl am nächsten, als es das 1. Bataillon des Matrosen-Regiments 6 aufstellte. Dieses Bataillon bestand aus vier Maschinengewehrkompanien und einer Schützenkompanie heutiger Stärke und Ausrüstung. Es kam jedoch kaum noch zum Einsatz, da bald darauf der Rückzug begann und der Gegner sich nur langsam vortastete, so dah eine Fühlung kaum erfolgte. So mußte bei der Demobilisierung das Bataillon ohne wesentliche Erfahrungen im Dezember 1918 aufgelöst werden. ' >
Waren hier die Kompanien bespannt gewesen — Bedienungen teilweise beritten, wenn nicht aufgesessen — so waren ein Jahr später die Mannschaften der freiwilligen „Deutschen Legion" in der russischen Westarmee auf Panjewagen beweglich gemacht worden. Die Truppe leistete, vor allem in der Verteidigung, vortreffliche Dienste; große Erfahrungen jedoch konnten auch dort nicht gesammelt werden, da wegen der stetigen Unterlegenheit überall die Zuteilung von Hilfskräften notwendig war.
Während dann in der Nachkriegszeit Deutschlands Reichswehr nicht an die Aufstellung selbständiger Maschinengewehr-Einheiten denken durfte, ging Frankreich 1923 in dem Bestreben, Menschen durch Maschinen zu ersetzen, dazu über, 13 MG.-Batail- lone aufzustellen. Jedes von diesen setzte sich aus Kommandozug, Stabskompanie und vier MGK. zusammen, die MGK. zu einem Kommandozug und drei Kampszügen mit je vier SMG. und LMG. gerechnet, so daß ein Bataillon über je 48 schwere und leichte Gewehre verfügte. Zudem war es motorisiert. Nach langen Versuchen, wobei den Bataillonen späterhin zur stärkeren Selbständigmachung j- eine Schützenkompanie organisch unterstellt wurde, zeigten die Truppenkorper sich sehr geeignet, vor allem bei Ueberraschungen und hinhaltenden Kämpfen. 1927 jedoch löste Frankreich diese vorzüglich bewährten Truppen plötzlich auf, ohne daß je die Gründe dafür bekannt wurden.
In Deutschland erlebten die MG.- Bataillone des Kriegsendes ein herrlich.- Auserstehen bei dem Ausbau des neuen Heeres: Als Heerestruppen wurden sie in großer Anzahl aufgestellt. Voll motorisiert mit einer Tagesmarschleistung von etwa 200 bis 250
Kilometer bei einer Marschgeschwindigkeit von etwa 30 Stundenkilometer bilden sie eine starke, jederzeit schnell bewegliche und, auch an entfernte Stellen, rasch verschiebbare Feuerkraft, wobei zur größeren Vielseitigkeit das neue MG. -Gerät als IMG. und sMG. verwendet wird. So können die Bataillone in vielen Lagen selbständig eingesetzt werden.
Foto: Scherl.
Schweres MG. wird in Stellung gebracht.
Ihre Stärke liegt naturgemäß in der Massierung des Feuers, jedoch kommen in begrenztem Rahmen auch kleinere Einheiten — Züge oder auch Kompanien — zum Einsatz. Da ein breiter Raum bei Kampf- oder Spcrr- aufgaben natürlich nicht allein bewältigt werden kann, wird die Zuteilung von Schützen bzw. Abwehrverbänden notwendig sein, mit deren Unterstützung normalerweise alle Aufgaben zu lösen sind. Auch Spähwagerp finden mitunter Verwendung, besonders mit Funkenlage, da der Erkundungs- und Meldedienst T. ja mit den Aufgaben einer motorisierten ufklärungs-Abtcilung verbunden ist.
In den Jahren ihres Bestehens hat man mit den MG.-Bataillonen in Deutschland bereits ein starkes Maß an Erfahrungen gesammelt. Die Bevölkerung jedoch wußte noch wenig, was man unter einem MG.-Bataillon zu verstehen hat, wie es eingesetzt wird und welche Kampfaufgäben es zu erfüllen hat. Zu erkennen ist es leicht: Seine Angehörigen tragen über der Bataillonsnummer ein „K" ans den Schulterstücken bzw. -klappen.
Ernst Günther Schulz.
A.-M.-PI.
* Das soldatische Erlebnis in unserer :....en Wehrmacht findet mehr und mehr Schiloerer aus der Truppe heraus. Diese Berichte zeigen immer wieder den ausgezeichneten Geilt der jungen Waffenträger, sowie ihren Willen, mit Frohsinn und Humor selbst schwersten Lagen, die der Dienst mit sich bringt, gerecht zu werden. Das gilt auch von dem Büchlein „Pfeffer mang die Knochen", das Kurt Fr owe in verfaßt hat und im Limpert-Verlag, Berlin, erschienen ist. In ihm ist, wie es in der Einleitung heißt, versucht worden, „einen Katechismus zweier soldatischer Jahre zu schreiben, zu sagen, wie der Soldat des neuen Reiches lebt, wie er
denkt und fühlt, was er erlebt, was ihn beschäftigt, worüber er lacht". Nachstehend bringen wir eine Leseprobe aus diesem „Buch vom Alltag unserer Soldaten".
Wenn andere Leute an die See fahren und Niveakreme en gros einkaufen, wenn liebe Verwandte sich in Dirndlkleider stecken und Tirol heimsuchen, wenn alles sich auf die Feriensonderzüge stürzt und braun die einzig mögliche Gesichtsfarbe ist, dann hält der Landser Luftveränderung für ratsam. Er geht aus den Truppenübungsplatz.
Das ist ein Sonnenbad ohne Frauen, das mit 25 täglichen Marschkilometern für guten Schlaf garantiert.
Etwas wehmütig steckt man die Mottenkugeln in die erste Garnitur und bringt sie auf Kammer. Was in Tornister und Wäschesack keinen Platz hat, wird im Spind verschlossen. Die Stube, die uns im Herbst so kahl und verlassen vorkam, als wir sie bezogen, ist ein Stück Heimat geworden, das zu verlassen schwer fällt.
Der Fcldsoldat wird auf dem Truppenübungsplatz geboren. 40 Mann Hausen auf einer Stube, die Kompanie bewohnt eine bescheidene Baracke, sie ist längst nicht mehr de: Horizont aller Dinge. Hebungen in großen Verbänden beginnen, Schwesterwaffen sind zur Stelle, Artillerie und Panzerwagen fahren auf, Pioniere arbeiten mit der Infanterie zusammen.
Die kleinen Nöte des Innendienstes und die Sorgen des Exerzierplatzes treten in den Hintergrund. Felddienst wird groß geschrieben: höllisch lange Märsche, Nachtübungen und Biwak, Scharfschießen auf glutüberdeckter Heide. Schwitzen lernt der Infanterist auf dem Truppenübungsplatz. Er wird geländegängig und merkt, daß sich mit einer Feldflasche voll Kaffee und mit einem „Karo einfach" im Brotbeutel sehr viel leisten läßt.
Ungemütlich früh beginnt der Tag. 2.30 Uhr ist Wecken. Wir sind damit zufrieden, weil wir so der Sonne einige Stunden zuvor- kommcn. „Bei mir ging det Geschäft früher och um die Zeit los", sagt der kleine Barmirer aus der Schwesterkompanie, als wir uns am Waschbecken gurgelnd und Prustend gegcn- überstehen.
Der Tag fängt früh an, aber der Dienst geht dafür auch früher zu Ende. Nachmittags hat man die Auswahl zwischen Sportplatz, Milchbude, Schwimmbad, Kantine und Zeitungsstand. Die Tuchröcke hängen nach dem Dienst im Spind. Sporthemd und Sporthose sind der Gesellschaftsanzug auf dem Truppenübungsplatz.
Beruhigt steht man vor den Ställen der Artillerie, vor den Wagenschuppen der motorisierten Einheiten. Die sind mit ihrem Dienst noch nicht fertig, waschen und striegeln die schweren Zugpferde und drohen mit dem Schraubenschlüssel unter der Motorhaube hervor. als wir ihnen zurufen: „Seid aber schön fleißig!"
Das sind die Vorzüge des Tippclns: Schusters Rappen lassen sich schnell Putzen.
So hart der Dienst ist. so ausgelassen schäumt der Unsinn in den Stunden zwischen Dienstschluß und Zapfenstreich. Die Fußballmannschaft der Kompanie tritt auf den Plan und erhält die nötige moralische Unterstützung durch ein wahres Höllengerassel auf alten Blechkisten, Kraulstasfeln schinden im Schwimmbad die Sekunden, in den Kantinen sammeln sie sich um die Ziehharmonikaspieler, irgendwo veranstalten Landser einen Umzug in Weißen Bettlaken und hochgetürmten Kopfkissenturbanen.
Was in der Kaserne nicht möglich ist, weil der enge Rahmen des Rekrutendienstes, der notwendig schematischen Einteilung in Flure und Stullen das bedingt, — hier schmilzt die Kompanie zu einer Einheit zusammen. Die Leute vom 2. Zug merken, daß die kleinen Stöpsel am Ende der Kompanie eigentlich auch tüchtige Kerle sind. Die „Flitzer", die sonnabends im Nu aus der Kaserne verschwanden zur angelobten Braut, zu Onkel und Tante, hier wartet auf sie kein aufgewärmtcs Mittagessen und keine Mutti, die dem „armen Jungen" die Blasen an den Füßen kühlen kann. Die Tanzkönige haben keine Gelegenheit zu Eroberungen. 'Der Kantinenwirt stellt nämlich nur fest vergebene weibliche Wesen an.
Abends wird das Soldatenkino gestürmt, das Filme niit viel Liebe und Revolverknallen bringt. Es ist herrlich, hier mitten im Leinwandgeflimmer seine Meinung zu der schwarzweißen Kunst da vorne sagen zu können und nicht, wie im Bereich der Zivilisation, aus die
tränengerührte Frau Dr. Meher-Müller Rücksicht nehmen zu müssen, die den teuren Logei« platz bezahlt hat.
„Na, los doch!", rufen sie wenn sich der Filmliellhaber nicht zum Einbruch in die bereits gewonnene Stellung entschließen kann. „Aufstehen", wenn das Filmgespräch auf der Couch gefährlich wird und „Anziehen", wenn sich die Diva im tiefsten Dekollete auf den Barschemel schwingt,
Braungebrannt und abgehärtet kommt die Truppe in die Kaserne zurück. Im Duschraum schwimmen Wolken von Staub und Sand unter heißen Dampfstrudeln hinweg und hervor kommt der in Strapazen und Hitze ausgeglühte manövertaugliche Feldsoldat.
Sie letzten Meiler
um Bismarcks Reich.
* Es mutet fast wie ein Märchen an, daß es heute noch alte Soldaten geben soll, die bei Düppel oder Sedan, beim Todesritt von Mars la Tour dabeigewesen sind. Und doch leben heute in allen Teilen des Reiches noch immer solche Altoeteranen, die die Einigungskriege mitmachten. Ihre ganze Zahl ist schwer anzugeben, man schätzt sie auf etwa 10 000. Diese Zahl ist naturgemäß in stetem und sehr schnellem Schwinden begriffen, da ja auch der damals jüngste Teilnehmer von 1870/71 heute minde» stens so um 85 Jahre alt sein muß. Als vor kurzem in Berlin eine große Anzahl dieser alten Soldaten zu einer Feier vereinigt wurde zählte der Jüngste von ihnen 84 Jahre, der Aelteste 87. Dieser Senior war ein früherer Schiffer, der als Pionier 1864 noch den Uebergang auf die dänische Insel Alsen mitmachte.
Es ist ein rührendes Bild, diese-alten Herren anläßlich eines solchen Zusammenkommens einmal beieinander zu sehen. Voller Stolz tragen sie die Orden und Ehrenzeichen ihrer Zeit, dis heute über denen des Weltkrieges fast vergessen scheinen. Das ist überhaupt das Wesentliche: Diese alten Soldaten, die zu ihrer Zeit ihre Pflicht dem Vaterlande erfüllten, freut nichts mehr, als wenn man sich dieser Verdienste von einst noch heute erinnert und sie anerkennt. Diese Alt-Veteranen dürfen zu keiner Zeit das Gefühl empfinden, daß man sie vergehen habe. Die Fürsorge für ihren Lebensabend haben neben den staatlichen Stellen der NS.-Reichskriegerbund und ein besonderer Reichsverband zur Unterstützung deutscher Veteranen und Kriegsbeschädigter übernommen. In diese Fürsorge sind selbstverständlich auch dis noch lebenden Witwen der Altveranen einbezogen, je nach der vorhandenen Bedürftigkeit werden den Betreuten neben Geldzuwendungen auch Sachspenden gemacht, die meistens zur Weihnachtszeit, zu den Geburts« oder anderem Ehrentagen zur Verteilung gelangen.
Diese zusätzliche Unterstützung der Altveteranen wird hauptsächlich durch die Uebernahme von Patenschaften ermöglicht, die vornehmlich der genannte Reichsverbänd, der unter dem Ehrenprotektorat des Generalfeldmarschalls von Mackensen und unter der Führung des Generalleutnants Freiherrn von Matter steht, vermittelt.
In sehr nachhaltiger und erschöpfender Weise setzt sich auch der NS.-Reichskriegerbund für dis Altveteranen unter seinen Kameraden ein. Alljährlich. am Reichsgründungstag, jenem Tag, der die stolzesten Erinnerungen für diese alten Soldaten birgt, läßt der Bund eine Altvete» ranenspends zur Auszahlung gelangen. Zum 90. Geburtstag eines alten Kameraden erfolgt eins Sachspende. In jedem Jahre veranstaltet der' NS.-Reichskriegerbund ein Altveteranen- Reichstreffen, das immer in die Zeit um den Tag von Sedan fällt und in einem Badeort abgehalten wird So trafen sich die alten Kameraden in den letzten Jahren in Herings- dors, Bad Harzburg und in Bad Ems. jener Stätte, die ebenfalls so viel historisches Erinnern an ihre Soldatenzeit birgt. Der NS.- Reichskriegerbund hält es für seine schönste Ehrenpflicht, gerade diese alten Soldaten, dis ersten Bannerträger eines geeinten Deutschlands, in seine umfangreichen Betreuungsmaßnahmen einzubeziehen und ihnen die Anerkennung zu zollen, auf die sie berechtigten Anspruch haben.
Auch Formationen des Heeres haben es sich angelegen sein lassen, durch die Uebernahme von Patenschaften alte und bedürftige Feldzugsteilnehmer aus den Kriegen von 1864, 1866 und 1870/71 zu betreuen. Wenn auch der Kreis der fürsorgebedürftigen Altveteranen und .Veteranenwitwen sich mit jedem Jahre in ständig zunehmendem Maße verkleinert, so erhöht sich dagegen der Grad der Unterhaltungsbedürfmsse dieser alten Soldaten. Für die noch vorliegenden wenigen Jahre einer Fürsorge bleibt es daher nach wie vor unerläßlich, alle Mittel anzuwenden. um der Dankesschuld des Volkes an diese alten Krieger immer wieder sichtbaren Ausdruck zu verleihen.
Johannes von Kunowski.
WM