5. Seite Nr. 138

Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter'

Dienstag, de« IS. Juni 1939

Neuer Sprung ins Ungewisse

Bolen spielt mit dem Gedanken einer Inflation

NSK. Die unerwartete politische Kehrtwendung, mit der Warschau sich in das außenpolitische Abenteuer mit England stürzte, ist für die polnische Wirtschaft nicht ohne Folgen ge­blieben. Schon befindet sich Polens Wirtschaft in einem Zu­stand der Desorganisation und der finanziellen Schwierig­keiten, von dem das Blatt der SchwerindustrieCzas" schmerzlich feststellt, daß dieganze Wirtschaft ins Wanken geraten sei". Polen hat seine Kräfte und die seiner politi­schen Freunde augenscheinlich zu hoch eingeschätzt, als es glaubte, sich eine Teilmobilisierung von rund einer Million Mann leisten zu können, die ihm nach oberflächlicher Berech­nung zumindest monatlich 60 Millionen Zloty kostet. Rech­net man hierzu noch die Kosten für die intensive Rüstung und Materialbeschaffung die mißglückte Jnnenanleihe in Höhe von 400 Millionen Zloty wird gerade für 250 Bomber reichen für den Rohstosfbezug, die Verringerung der Aus­fuhr nach Deutschland, so kann man ungefähr feststellen, daß die bereits jetzt entstandenen Ausgaben die finanziellen Kräfte des Landes erheblich übersteigen.

Angesichts dieser Entwicklung ist es verständlich, daß die großen auf die Wirtschaft drückenden Rllstungsausgaben Polens Eeldbestände erschöpft haben und maßgebliche pol­nische Finanzkreise heute bereits mit dem Gedanken einerLnflationspielen. Diese Geldabwertung soll gleichzeitig der Durchführung der staatlichen Jnvestitios- pläne dienen, deren beschleunigte Erfüllung man sich gegen­wärtig zum Ziele gesetzt hat. Seit der Verkündung dieser Pläne, die eine Etappe der staatlichen Wirtschaftspolitik auf dem Wege der Organisation der polnischen Wirtschaft im Dienste der Aufrüstung und Landesverteidigung darstellen, haben sich ihrer Erfüllung mannigfache Widerstände entge­gengestellt, die die widerstreitenden wirtschaftlichen Inter­essen und die mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit des Landes offenbarten. Das Schwergewicht dieser Wirtschafts­wünsche im Dienste der Aufrüstung liegt in dem Aufbau ei­nes zentral gelegenen Industriegebietes imRaumevon Sandomir und den benachbarten Bezirken. Zum ersten Male sind diese Pläne im Jahre 1930 aufgetaucht, scheiterten jedoch an dem Widerstand privater Jndustriekreise in den an der Grenze gelegenen Industriegebieten. Ende 1935 und stärker im Jahre 1936 setzten sich nun die polnischen Mili­tärs und die rechtsstehenden Parteien für eine Inangriff­nahme der Ausbaupläne dieses Industriegebietes an der oberen Weichsel ein und hatten den Erfolg, daß sich die Re­gierung zu einem Vierjahresprogramm des Jndustrieauf- baus im Rahmen eines zehnjährigen Jnvestitionsplanes entschloß, das Finanzminister Kwiatkowski im Februar 1937 verkündete. Dieses Vierjahresprogramm sollte in erster Li­nie dem Aufbau des wehrwirtschaftlich bedeutsamen zentra­len Industriegebietes dienen. Inzwischen ist dieser Plan durch das neue 15-Jahresprogramm des Finanzministers, das er Anfang Dezember 1938 bekanntgab, weitgehend überholt" worden.

Aber alle finanziellen Anstrengungen waren nicht aus­reichend, um die Mängel zu beseitigen, die dem polnischen Heer und seiner Bewaffnung anhaften. Nutzlos wurden Gel­der ausgegeben, und es erhebt sich nun für die polnische Staatsführung die Frage, woher sie weitere Mittel nehmen soll, nachdem die Anleiheverhandlungen mit England er­folglos, die Reise des Ministers Roman nach den Vereinig­ten Staaten und die Vettelreisen des Ministers Kasprzycki und des Vizeministers Roze vergeblich waren. Maßgebliche polnische Finanzkreise spielen heute mit dem Gedanken einer Inflation, und in der polnischen Presse tauchen immer deut­licher die Hinweise auf, daß manneue Wege der Finanzie­rung" beschreiten müsse. Polen hat nun das System der star­ren Golddeckung des Notenumlaufs verlaßen und ist auf dem besten Wege, im gegenwärtigen Augenblick durch eine Inflation sich über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten hin­wegzuretten, die die seltsame polnische Außenpolitik hervor­gerufen hat. Damit unternimmt Polen einen neuen Sprung ins Ungewisse, der naturgemäß unpopulär und zudem höchst ungeeignet ist, das Vertrauen zur Regierung in der polni­schen Öffentlichkeit zu verbessern. Finanzminister Kwiat­kowski hat selbst verschiedentlich darauf hingewiesen, daß eine Ausweitung des bisherigen Wirtschaftsprogramms und eine Verstärkung der Afrüstüng nur denkbar sei, durch eine «stärkere Belastung des Volkes im Wege der Erhöhung von Steuern und Abgaben. Wenn er, als Verantwortlicher, für 'die polnische Finanzpolitik, sich jetzt anscheinend entschlossen

hat» durch eine Inflation die polnischen Rüstungen und Ko- ! sten für die Mobilisierung zu bestreiten, so kann man aus j dieser Tatsache allein den Grad der Verwirrung und der z finanzeillen Anspannung der polnischen Wirtschaft ermes­sen. Aus dem ausgepowerten Lande sind keine Gelder mehr für die außenpolitischen Exkursionen der Warschauer Macht­haber im Interesse der englischen Einkreisungsmanöver her- auszuhslen. Jetzt soll das polnische Volk mit seinen Spar- groschen'die Rechnung zahlen. Es scheint, als ob der bei uns nicht gcknz unbekannte Begriffpolnische Wirtschaft" im Augenblick an der Quelle seines Ursprungs Gültigkeit ge­winnt, HerbertStaake.

Gegner jedes ehrliches Friede«

Tatsachen klagen die Demokratien an

NSK. Was die sich gerade gegenwärtig so sehr um eine demokratischeEinheitsfront" bemühenden Vertreter der westeuropäischen Politik anstreben, ist neben der Ausdeh­nung ihrer Macht vor allem die Wiederholung jenes trauri­gen Vorkriegsschauspiels, das mit der restlosen Vergewalti­gung von Recht und Moral endete. Tausend Lügen, tausend Verdächtigungen, tausend Tatsachenverdrehungen werden aus diesem Grunde immer neu aus den verschiedensten Lon­doner, Pariser und Neuyorker Quellen in die Welt hinaus- posaunt. All diese Erzeugnisse sind immer wieder auf den einen gleichen Inhalt gestimmt: Deutschland und Italien bilden eine ständige akute Gefahr für den Völkerfrieden; wir Demokraten aber lieben den Frieden und schützen ihn.

Gegner eines wahrhaften, gerechten und fruchtbaren Frie­dens ist zunächst jener, der die natürlichen Lebensinteressen anderer Völker mißachtet und der irrigen Auffassung hul­digt, daß jeder Schade im Nachbarhaus zu einer Stärkung im eigenen führen würde. Wer Reibungen erzeugende Si-j tuationen schafft oder zu erhalten sucht, seine eigene Volks­wirtschaft in Unordnung geraten läßt und sich dann hem­mungslos auf dieWeltwirtschaft" stürzt, gehört ebenso zu den Störenfrieden wie jeder, der sich aus unmotivierten Gründen an allen Orten der Erde künstliche Interessensphä­ren anlegt oder über die eigene Macht hinaus geht und sich deshalb früher oder später gezwungen sieht, durch die För­derung und Bildung sich gegenseitig bekämpfender Mächte­gruppen selbst an Bewegungsfreiheit zu gewinnen. Wer ganz allgemein Geld und Geschäfte über das Wohlergehen der Völker stellt, von Gott und Moral spricht und im Grunde genommen nichts anderes als Kattun meint, wer schamlose Pressehetze entfacht oder duldet und wer schließlich Kolonialbesitz widerrechtlich den wirklichen Besitzern vor­enthält, ist nicht minder schuldig. Auch wer sich mit den Weltfeinden Judentum und Bolschewismus verbündet und mit ihnen Hand in Hand arbeitend vorgibt, für den Frie­den zu kämpfen, nimmt die Schuld für einen etwaigen Krieg auf sich.

Wenn es überhaupt eine moralische und nicht zuletzt auch politische Rechtfertigung für die Notwendigkeit und Durch­führung eines Krieges gibt, so kann diese einzig und allein darin bestehen, daß das Leben und damit das Fortbestehen eines Volkes durch äußere Umstände bedroht wird, an deren Zustandekommen jenes Volk keinerlei Schuld hat. Keiner der vorher aufgezählten Punkte kann in diesem Sinne als eine moralische Rechtfertigung betrachtet werden. Sie alle werden vielmehr von einem kurzsichtigen Egoismus getra­gen, der für alle Völker eine latente oder sogar offene Frie­densbedrohung darstellt. Es ist gewiß kein Zufall, daß man gerade bei den westlichen Friedensaposteln auf eine politische Haltung und Hebung stößt, die durch all jene schlechten Ei­genschaften gekennzeichnet wird, die wie bereits erwähnt den Keim der Kriegsgefahr in sich tragen.

So könnte man fraglos unzählige Beispiele dafür anfüh­ren, daß den Demokraten auch nicht ein Hauch der Ach- tungfremderLebensinteressenzu eigen ist. Ob man nun die einzelnen Handelsverträge, militärische Pakte oder die gesamten politischen Machenschaften als Unterlage der Beweisführung nimmt, überall leuchtet ein krasser und kaum überbietbarer Egoismus hervor, dessen einziger Da­seinssinn darin zu liegen scheint, die anderen Völker übers Ohr zu hauen und für die Durchführung der eigenen Bestre­bungen auszunutzen. Von wirklicher Gegenseitigkeit ist dabei auch nicht die Spur zu entdecken.

Was die Herbeiführung von Reibungen erzeugender Situationen betrifft, so sind die westlichen Demokratien hierin einfach Meister. Der Versailler Schandvertrag und

seine spätere Ausrechterhaltung sind dafür unwiderlegliche Zeugen. Selbst die heutigen europäischen Spannungen resul­tieren fast ausschließlich aus dieser Quelle, da sich die Sie­ger von Versailles auch jetzt noch alle erdenkliche Mühe ge­ben, das von ihnen begangene Unrecht als eine Art gött­liches Recht zu konsolidieren.

Weder England, die Vereinigten Staaten noch Frankreich können sich von dem Vorwurf reinwaschen, daß sie trotz ihres immensen Reichtums nicht über eine ausgeglichene und gut funktionierende Volkswirtschaft verfügen. Arbeitslosigkeit und mangelnde Absatzmöglichkeiten im eigenen Lande find vielmehr der tiefere Beweggrund für jene demokratische Weltwirtschaftspsychose, die zu ständigen Zollkriegen und Stockungen auf dem Weltmarkt führt, und somit jeden rei­bungslosen Güteraustausch unter den Nationen von vorn­herein unmöglich macht. Statt dessen bilden sich durch die de­mokratische Unfähigkeit allerorts Kampffronten, die ledig­lich geeignet sind, den natürlichen Interessen der Völker Abbruch zu tun und die politischen Spannungen noch zu ver­schärfen.

Wo sind je Geld und Geschäfte unzweideutiger über das Wohlergehen der Völker gestellt worden als bei den politi­schen Bestrebungen der Demokratien? Es gibt für jene Frie­densheuchler einfach nur ein Zauberwort, nämlich Verdienst. Dabei gehört es zu den demokratischsten Gepflogenheiten, von Gott und Moral zu sprechen, wenn irgendein Geschäft­chen in Gefahr ist.

Uebsr die demokratische Pressehetze und Völkervergiftung erübrigt sich einfach jedes Wort; denn hier sind die Demo­kraten mit einer solchen Gewissenlosigkeit behaftet, daß man ihnen nicht Unrecht tut, wenn man sie rundweg als Kriegs­treiber bezeichnet. Vergangenheit und Gegenwart sind für eine diesbezügliche gefährliche Entartung der Demokratien lebendiger und unvergeßlicher Beweis.

Wer im übrigen stets von Recht und Gerechtigkeit faselt, sollte es zu allerst einmal als seine Pflicht betrachten, ge­stohlenen Kolonialbesitz den rechtmäßigen Besitzern wieder zurückzugeben. Selbst der begrenzteste Horizont kann in dem jetzigen Verhalten der Demokratien keinen Beitrag zum Völkerfrieden erblicken. Aber das geniert England und Frankreich keineswegs, die deutschen Kolonien schon langsam als englisches bzw. französischesEigentum" zu betrachten und danach zu handeln.

Wenn man nun noch berücksichtigt, daß es wieder einmal- die Demokratien sind, die trotz aller laut verkündeten Frie­densliebe sich auf der ganzen Linie mit den Weltfeinden Judentum und Bolschewismus eindeutig verbunden haben, so darf man zumindest feststellen, daß man in London, Paris und Neuyork doch recht eigenartige Vorstellungen vom Frie­den der Welt zu haben scheint. Denn niemandem kann man heute mehr einreden, Judentum und Bolschewismus seien die geeigneten Verbündeten, um auf dieser Erde den Frie­den, die Eintracht und das Zusammenleben der Völker zu festigen. Millionen Opfer sprechen eine zu klare und unmiß­verständliche Sprache.

Alle Punkte der Friedensgefährdung find de« Demokra- tien geradezu auf den Leib geschrieben. Diese Tatsache läßt sich auch durch die scheinheiligsten Redensarten nicht aus der Welt schaffen. Deun die Tatsachen klagen an. H. B.

Kleine Nachrichten

Deutschland das Musterland des sozialen Fortschritt». Am Samstag wurde die Deutsche Abteilung auf der Aus­stellungSozialer Fortschritt" inLille feierlich eröffnet. Der deutsche Botschafter Graf Welczek dankte allen französi­schen Stellen, die die deutsche Teilnahme ermöglicht habe«. Im neuen Deutschland bilde die Frage des sozialen Fort­schritts die brennendste Sorge der nationalsozialistischen Führung. Im Aufträge des Führers erklärte der Botschaf­ter dann die deutsche Abteilung für eröffnet.

Stabschef Lutze in Graz. Stabschef Lutze traf am Sams­tag nachmittag in Graz ein, um dem ersten Südmark-Treffeu der. beizuwohnen. Auf dem Trabrennplatz-nahm er die Siegerehrung vor. Er lobte die gezeigten Leistungen der SA.-Männer.

Der Reichsstudeutenführer hat für den Landdienst der deutschen Studenten einen Aufruf erlassen, in dem die Stu­denten zur Erntehilfe im Osten aufgerufen werden. Haupt» dienstleiter Dr. Todt unterstützt diesen Aufruf des Reichs­studentenführers durch einen besonderen Appell an die Stu­denten der Te Lnik.

Roman von Klara Laidhausen.

Lrheberrechtsschrch durch Verlagsanstalt Manz, Regensburg. SV. gsiirtsetzung. Nachdruck verboten.

Ohne Hilfe? Nein, doch nicht ganz. Wo im­mer ehrliches Ringen nach Wahrheit, nach dem Rechten und muh dem Guten strebt, da bleibt es niemals ganz auf sich !Mbst gestellt. Zur guten Stunde wird ihm die beste Hilfe: Gott selbst in seiner Güte neigt sich ihm zu und gibt Kraft n«d Klarheit und rechtes Erkennen sei es, daß er un­mittelbar einen Enadenstrahl seines ewigen Lichts in die siechende Seele gießt, der alles Dunkel erhellt oder sei «, daß er in irgend einer Gestalt seinen rettenden, helfen­den Lstgel sendet. Unendlich mannigfaltig wie die Schöp- simg selbst sind ja auch die Wege des Schöpfers und die Äußerungen seiner Allmacht, seiner Weisheit und seiner un­endlichen Vatergllte.

--Ein kleiner, recht schwacher Engel, ist es, den

er zu Franz und Ditha schickt, damit er sie endlich für im­mer zusammenführe. Zwei zitternde schweitzfeuchte Kinder­händchen find berufen, die starken Arme des Mannes sei­nem Glück zu öffnen ein vom Todesengel schon fast ge­büßter Mund wird das erlösende Wort des Lebens für zwei zagende, zögernde Seelen sprechen.

. Klein-Erika begann unruhig zu werden und schlug di« Augen auf. Zärtlich beugte sich Ditha näher zu ihr, ge­spannt, ob das Kind sie erkennen werde. Und wirklich! In den anfänglich leeren, abwesenden Blick kam allmähliches Vewußtwerden und nach ein paar vergeblichen Versuche« begannen die fieberzerrissenen Lippen matt, aber völlig klar zu sprechen.

Tante Lore, Du? Bist Du noch immer das Schnee­wittchen?"

Und weiter wanderten die dunklen Augen zu dem zwei­ten Gesicht, das sich über das Bett neigte:Und Du bist auch da. Onkel Doktor? Oh. das ist schön!"

Nicht so viel sprechen, Liebling!" In sanfter Abwehr legte Ditha ihre Hand auf den kleinen Mund.Du bist sehr, sehr krank gewesen und mußt jetzt schön still «nd ruhig bleiben, gelt? Dann bist Du bald wieder ganz gesund."

Gehorsam schwieg das Kind und ließ es willig ge­schehen, daß Dithas weiche, geübte Hände den feuchten Körper frottierten und mit Franz' Hilfe in warme, trockene Wäsche hüllten. Dann aber, als sie in wohligem Behagen frisch gebettet in den Kissen lag «nd Franz Hormann stch abwandt«, «m die glücklichen Eltern z« rufen, hielt Erika ihn nochmals zurück:Sag', Onkel Doktor, hast Du «ich gesund gemacht?"

Er schüttelte leicht den Kopf.Nein, Mäuschen, Tante Lore hat Dich gesund gemacht. Die mußt Du immer recht lieb haben dafür!"

Ditha kniete neben dem Bettchen und schmiegt« ihre Wange in das feuchte, dunkle Lockengeringel.Wir haben uns schon lieb, gelt Erika?"

Ja," sagte Erika leise,ich Hab' Dich sehr lieb, Tante Lore. And Du auch, gelt Onkel Doktor?"

Zwei Augenpaare forderten Antwort mrf dies« Frage ein dunkles voll Zuversicht und gläubigen Vertrauens, und ein blaues, unendlich banges in rührendem Flehen.

Doktor Hormann nickte dem dunklen zu, seine Antwort aber galt viel mehr dem blauen:Ja mein Liebling, sehr, sehr lieb!"

Das Kind war zu matt, um den schweren Unterbon her- auszuhören, der diesem Geständnis für Dithas Ohr noch immer einen bitter wehen Klang gab. Es nickte befriedigt «nd schloß die Lider ermattet zu neuem Schlummer. Aber es durfte noch nicht ruhen noch war seine Mission nicht ganz beendet. Ein neuerlicher Gedanke ließ Erika die mü­den Augen nochmals öffnen und fordernd auf Doktor Hor­mann heften:

Gelt, Onkel Doktor, Du läßt die Tante Sore nie, nie mehr fort?"

Da richtete Franz Hormann seine kraftvolle Gestalt voll auf. ..Nein, nie mehr!"

Wie ein befreites Aufjauchzen klang das Wort durch de« Raum, und seine Arme breiteten sich weit aus:Kommst D«, mein Lieb?"

Auf leisen Sohlen ging der Engel der Genesung durchs Zimmer. Unter seinem Kuß schlossen sich die Augen Klein- Erikas zum langen, ruhigen Schlummer der Genesung. Und unt« seinem Kuß öffneten sich die Herzen der beiden Gro­ßen endlich von allen Hemmungen frei weit, weit dem seligen Wunder ihrer Lieb«.

XI.

Auf dem Perron des Münchener Hauptbahnhofes schrit­te« Franz und Ditha in Erwartung des Lindau« Zuges fröhlich plaudernd auf und ab. Rings um sie her schlug der Trubel des Großstadtverkehrs seine bewegten Wellen, aber sie achteten wenig darauf. Nur über ihre« Häuptern spannte« sich die rußgeschwärzten Scheiben der mächtigen Bahnhofhalle über ihren Herzen aber blaute nichts als der endlich, endlich wolkenlose Himmel ihrer großen Liebe. Und obwohl schon mehr als eine Woche darüber hingegan­gen war, daß sie sich am Krankenbettche« der kleinen Erika gefunden hatten, genossen sie doch in jeder Stunde des Bei­sammenseins stets von neuem das Glück des Sichgehörens.

Es war die dritte Nachmittagsstunde eines reichausge» füllten Tages. Schon in aller Frühe waren sie diesmal mit dem schönen Kraftwagen von B. aufgebroche« nochmals ins liebe Schlierseerkand hinüber, um ihrem Ver­sprechen getreu das kranke Liefert zu holen und mit in die Landeshauptstadt zu nehmen.

Vorher hatte« sie auch noch einen Abstecher in den klei­nen Bergwällfahrtsort gemacht. Der Kranz lieber Erin­nerung, der sich ihnen um das schöne Plätzchen wand, hatte sie beide dorthin zurückgezogen. Und namentlich Dithas tiefreligiöses Empfinden war es gewesen, als könne sie die Dankesschuld, die sie dem Höchsten gegenüber in ihrem über­vollen Herzen trug, nirgends besser abstatten als in der trauten Stille der kleinen Kapelle.

(Fortsetzung folgt.)