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Naaolder Taq blatt „Der Gesellschafter-
Dienstag, den 30. Mai 1933
Sport und Spiel
Deutsche Bereinsmeisterschaft der Leichtathleten ?
Ueberlegener Sieg der Münchener j
Am Samstag und Sonntag wurde auf dem Platz des Polizei- ! sportvereins Stuttgart ein Kampf um die Deutsche Vereinsmeisterschaft der Leichtathleten ausgetragen, an dem sich die zur ! Meisterklasse zählenden Stuttgarter Kickers, PSV. Stuttgart und s der vorjährige deutsche Vereinsmeister TSV. 1860 München be- i teiligten. Schon nach den zehn Uebungen,des ersten Tages lagen ! die Bayern mit 15 571,67 Punkten vor den Kickers (14 415,27 P.) und dem PSV. (13 092,27 P.) klar in Front. Auch den zweiten Tag, an dem sie 14 837,5 Punkte erreichten, entschieden sie klar vor den Kickers (13 717,84 P.) und dem PSV. (12 494,14 P.) zu ihren Gunsten, so dag sie als überlegener Sieger die „Jagd nach den 30 000 Punkten" beendeten: 1. 1860 München 30 409,17 P.;
2. Stuttgarter Kickers 28133,11 Punkte; 3. PSV. Stuttgart 25 586,51 Punkte. ^
Radrennen um deu »Trotzen Preis vom Hohentwiel" ,
Den Eröffnungsrennen der Radrennbahn Singen wohnten : etwa 3000 Zuschauer bei, die großartigen Sport zu sehen be- ^ kamen. Im einleitenden Fliegerrennen um den „Großen Preis : vom Hohentwiel" kam der Stuttgarter Nationalsahrer Scheitle ; zu einem schönen Sieg, nachdem er im Endlauf dem Münchener > Hörmann mit vier Radlängen klar das Nachsehen gab. Den : dritten Platz belegte Orflni-Basel vor Postler-Paderborn. Die Stuttgarter Bühler, Keilbach und Kimmig schieden bereits in den Hofsnnngsläufen aus. Ein 5-Kilometer-Punktefahren ge- wann der Schweinfurter Heller vor seinem Landsmann Müller- : klein. Im italienischen Jagdrennen über acht Runden konnte die j Mannschaft Kimmig-Stuttgart, Notter-Zürich, Strobl-München : und Kreis-Solothurn die Mannschaft Bühler, Keilbach (beide ! Stuttgart), Viehmeier-Paderborn, Kilian-Zürich in der siebenten j Runde einholen. Das 300-Runden-Mannschaftsrennen wurde eine ; Beute der Schweizer Orsini-Fuhrimann, die bereits im ersten ' Teil des Rennens zusammen mit Poster-Viehmeier (Paderborn) s das ganze Feld überrundeten; zu ihnen gesellten sich später noch i Hörmann-Mehltretter (München). Die Stuttgarter Bühler- s Scheitle kamen mit einer Runde Rückstand auf den vierten Platz. ;
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Oeffentliches Training ?
Von Schmeling und Heuser ^
Am Donnerstag, 1. Juni, beginnt das öffentliche Training von ; Max Schmeling und Adolf Heuser für ihren Kampf j um die Europameisterschaft am 2. Juli in der Stuttgarter Adolf- Hitler-Kampfbahn. Sowohl in der Hermann-Göring-Halle in Fellbach wie auch in Heusers Zeltbau am Weißenhof sind alle > Vorarbeiten abgeschlossen, und Heuser wie Schmeling haben sich ^ für den ersten Teil ihres Sparrings die Dienste dre>r Partner ^ gesichert, Heuser mit dem Leichtgewichtler Hans Heuser, dem I Mittelgewichtler Prodel und dem früher sehr bekannten Berliner Schwergewichtler Horst Hinzmann. Der Münchener Haymann soll erforderlichenfalls später eingesetzt werden. Schmeling hat sich in den letzten Wochen auf seinem Gut Ponickel in Pommern ' einem Konditionstraining unterzogen, so daß er am 1. Juni so- : fort mit dem scharfen Ringtraining beginnen kann. Er wird s dabei in der ersten Zeit mit den beiden Stuttgarter Berufsboxern, dem Mittelgewichtler Eurray und dem Halbschwer- : gewichtler Holz, sowie mit dem Frankfurter Schwergewichtler Jost arbeiten. Für später in Aussicht genommen wurde der Schwergewichtler Jakob Schönrath. ,
Deutscher Daoispokalsieg !
lk-ber Pfingsten wurde die dritte Runde der Europa-Davis- s pomizone in Berlin erledigt, durch die 'Deutschland, Engand, ! Belgien und Jugoslawien als Sieger ermittelt wurden, während Schweden, Frankreich, Norwegen und Italien ausscheiden mußten. Bereits am nächsten Wochenende wird um den Eintritt in die Schlußrunde der Europazone gekämpft. In Berlin sind : vom 3. bis 5. Juni Deutschland und England die Gegner. ? Deutschland — Schweden endete 3:2 für Deutschland.
Länderspielen Polen — Belgien m Lodz 3:3. In Arnheim: Holland — Schweiz 3:8 (1:4).
Aufstiegspiele zur Eauliga Gau Baden: FV. Rastatt — VfR. Achern 5:2.
Gau Bauern: MR. Schweinsurt — Wacker München 3:1.
Tschammer-Pokal: SV. Weil — Karlsruher FV 0:l.
Endspiel um die Deutsche Hochschulmeisterschast in Würzburg: Universität Breslau — Universiität Bonn 3:0.
Freundschaftsspiele
FV. Saarbrücken — Stuttgarter Kickers 4:2; Stuttgarter SC. gegen Luftwaffe Göppingen 2:2; Sportfr. Stuttgart — Hamborn 07 4:3; SpV Feuerbach — SV. Sprendlingen 1:3; TSV. Botnang — FV. Sprendlingen (Mo.) 4:7; VfB Friedrichshafen gegen FC. Villingen 0:4; VfL. Lindenberg — BC. Augsburg 2:3; FL. Waldsee' — FC. Villingen 1:8; FC. Lustenau — FL. Singen 8:1; VfB. Kirchheim — FV. Mettingen 2:1; SpVgg. Freudenstadt — SC. Brandenburg 05 3:l; TSV. Mergelstetten gegen SpVgg. Cannstatt 3:5; FV. Backnang — SpV. Spai- chingen 3:3; SpVgg. Renningen — VfB. Erötzingen 1:0; SpVgg. Trossingen — FV. Tuttlingen 3:2; VsL. Meckenbeuren — STB. Münster 2:3; VfB. Böblingen — Viktoria Schafshausen 4:3; PSV. Freilassing — VfB. Ohertürkheim 0:4; VsL. Heidenheim gegen SpVgg. Cannstatt 0:6.
Handball
Gaukampf des Nachpwuchses: Baden — Württemberg in Konstanz 11:7 (8:3).
Städtespiel: Ludwigsburg — Stuttgart 5:8.
Gruppenspiel: SpV. Waldhof — TV. Altenstadt 12:3 (5:3).
Freundschaftsspiele: VfB. Friedrichshafen — Wiener Handball- Club 6:12; TB. Hohenems (Vorarlberg) — Stuttgarter TV. 6:16.
Hockey-Freundschaftsspiele: SSV. Ulm — TEem. Mannheim 5:1; Ulmer FV. 94 — TGem. Mannheim 1:3; Heidelberger HL. gegen VfR. Heilbronn (HI) 0:7; TV. Heidelberg — VsN. Heilbronn (H2.) 1:3.
Kleines Sportallerlsi
Altenstadt in Waldhof hoch geschlagen. Zum Abschluß der Eruppenspiele im Handball mußte der TV. Altenstädt noch nach Waldhof. Die Badener errangen dabei einen in der Höhe unverdienten 12:3-(5:3-)Sieg. Obwohl das Spiel keine Bedeutung mehr hatte, wurde äußerst hart gekämpft und die Altenstädter konnten dabei nicht ganz mithalten Der robuste Einsatz war in diesem Treffen ausschlaggebend, nicht etwa bessere Technik, so daß es sich erübrigt, den Kampfverlauf zu schildern.
Das große reichsossene Handballturnier der Hitlerjugend in Ludwigsburg wurde zu einem Triumph für die schwäbischen Mannschaften, die ihre Kameraden aus verschiedenen Gebieten des Reiches klar distanzierten. In der Vorschlußrunde standen allein drei württembergische Mannschaften. Den Turniersieg erkämpfte sich der SpV. Urach mit 8:4 (4:2) gegen den TV. Oßweil, der in den Vorentscheidungen die favorisierte Turngesellschaft Stuttgart ausgeschaltet hatte. Im Kampf um den dritten Platz siegte der TV. Karlsruhö-Rintheim gegen die TGem. Schwenningen mit 5:3 (4:0). In der Vorschlußrunde lauteten die Ergebnisse: SV. Urach — TV. Karlsruhe-Rintheim 6:2 (5:1), TV. Oßweil — TEem. Schwenningen 4:3 (2:3).
Beim 19. Teterower Bergring-Nenncn siegten die Vahnsahrer ganz klar vor den Straßenrennfnhrern, deren Maschinen auf dem nassen Graskurs zu schwer waren. Die 1000 Zuschauer feierten den Berliner NSKK.-Sturmmann Flemming für seine drei Siege bei den Ausweisfahrern. Einen packenden Kanipf gab es bei den Lizenzfahrern in der Halbliterklasse zwischen Eunzen- Hauser-Neidlingcn und Drews-Hamburg. Gunzenhauser führte über die ganze Strecke, mit 10 Meter Abstand hielt sich Drews hinter ihm und ging kurz vor dem Ziel vorbei, um in Tagesbestzeit mit 90 Stundenkilometer zu siegen. Bertram-Berlin und Eunzenhauser siegten in der kleinen und mittleren Klasse.
Einen ganz überlegene» S'eg feierte der Eifelsieger Nöse- Düsseldorf im Kampf um den belgischen Grenzpreis in Chimay. Im Sportwagenrennen überrundete er mit seinem BMW. sämtliche Gegner und wurde mit 123,89 Stundenkilometer vor dem Franzosen Bonnet Sieger.
Derbysieger Leo siegte in dem mit 10 000 NM. ousgestattetcn Jubiläumspreis über 2600 Meter in Maricndorf. Der Rstschim- mel mußte bis zu 120 Meter Vorgaben leisten, gewann aber trotzdem sicher vor Crispa und dem Vorjahressieger Athos.
Württembergs Tennissrauen feierten im Gauwetibewerb, den Pönsgen-Spielen, einen unerwarteten Erfolg. Württemberg schlug in der ersten Runde den Gau Baden mit 3:2 Punkten und unterlag in der zweiten Runds dem kampfstarken Gau Ottmark ehrenvoll 1:4. — 2m Medenwettbewerb der Männer in Duisburg verlor Württemberg gegen Niederrhein 6:0.
,iyüübifche Fraueuteuurs, das in den Ernjl-Poensgcn- ' Spielen zum erstenmal den Gau Württemberg zu vertreten hatte, § kam zu einem schönen Erfolg über die badische Mannschaft. Wie ! hart er zu erringen war, zeigt deutlich das Gesamtergebnis, das ^ Württembear mit nur einem Satz und einem Spiel nn Verteil . sah. 3:2 Punkte, 7:6 Sätze, 59:58 Spiele lautete das Endergebnis.
Weltbild (M).
Einsatzbereit zur Kolonisierung Italienisch Ostafrikas
Italienische Siedlersrauen, die ihre Männer nach Jtalienisch- Ostasrika begleiten, sind in der Handhabung der Waffe ausgebildet worden und werden vor ihrer Ausreise in einer großen Parade vor dem Duce oorbeimarschieren.
WeMAli
Außenhandel im April
Die Außenhandelsstatistik hat neuerdings einige einschneidende Aenderungen erfahren, die den Vergleich mit den vorausgegangenen Monaten beeinträchtigen. Vom April an ist der Warenverkehr der Ostmark und des Memellandes mit einbezogen worden, während der Außenhandel des Protektorats zunächst nicht in der deutschen Statistik erscheint. Da der Warenverkehr zwischen dem Protektorat und dem übrigen Reichsgebiet schon seit Mitte März nicht mehr als Außenhandel nachgewiesen wird, ergeben sich zum Teil beträchtliche Abweichungen gegen früher. Unter Berücksichtigung dieser Verschiebungen war im April die deu t- sche Einfuhr mit 402,6 Mill. RM. (Vormonat 513 Mill.) rückgängig, ebenso die Ausfuhr mit 437,2 (489,5) Mill. Der Ausfuhrüberschuß im April war also 35,1 Mill. In der Einfuhr sind im übrigen die ernährungswirtschaftlichen Bezüge stärker zurückgegangen auf 147,6 (192) Mill., darunter sind namentlich Südfrüchte, Obst, Oelfrüchte und Fleisch rückgängig. Die Ausschaltung des Protektorats im April ist dabei zu berücksichtigen. Auch die Fertigwareneinfuhr ist hauptsächlich durch den Wegfall der Bezüge aus Böhmen und Mähren auf 34,5 (68,5) Mill. gesunken. In der Rohstoffeinfuhr ist Wolle (minus 5,8 Mill.) stärker rückgängig, während die Erzeinfuhr (plus 4,3 Mill.) gestiegen ist.'Jn der Ausfuhr ist der Rückgang zum Teil mehr auf jahreszeitliche Erscheinungen zurückzuführen. Beträchtlich niedriger ist unter Berücksichtigung der statistischen Veränderungen der Absatz von Maschinen (minus 16,8 Mill.), von Geweben (minus i.1,1 Mill.) und von Spinnstoffwaren (minus 4,1 Mill.).
Reichsbank in der dritten Maiwoche
Die Entwicklung der Reichsbank hat in der dritten Maiwoche einen normalen Verlauf genommen. Die gesamte Kapitalanlage hat sich um 134 Millionen RM. auf 8339 Millionen RM. ermäßigt. Die Eesamtabdeckung beträgt infolgedessen 73,7 v. H. gegenüber 56,9 v. H. in der Vorwoche und 89,1 v. H. im Vormonat. Die Bestände an Gold betragen unverändert 71 Millionen RM., diejenigen an Devisen 6 Millionen RM. Der Umlauf an Reichsbanknoten hat sich um 207 Millionen RM. auf 7800 Millionen RM., an Rentenbankscheinen um 4 Millionen auf 374 Millionen RM. und an Scheidemünzen um 25 Millionen ans
Roman von Klara Laidhausen.
LrheberrechtSschritz durch Verlagsanstalt Manz, Regensburg. 56. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
Die Füße steckten in Söckchen und ausgeschnittenen Schuhen — die kräftigen Bergstiefel, welche ste ihm gestern auf seine vorsorgliche Frage triumphierend gezeigt hatte, waren wohl in der Tiefe des Rucksackes verpackt, den ste bereits auf dem Rücken trug. -
Unter der weißen kleidsamen Baskenmütze ringelten fich eigenwillig die krausen Löckchen in die Stirn, die Wangen erglühten noch tiefer unter seinem bewundernden Blick. Er konnte nicht anders, er mußte es ihr sagen — aber er sagte es nicht wie eine plumpe Schmeichelei, sondern mit einer Selbstverständlichkeit, die vollkommen entwaffnete: „Wie reizend Sie aussehen! Man wird mich ordentlich beneiden um so ein goldiges Dirndel."
Ditha lachte glücklich auf. Wie schön das war, sein Wohlgefallen und seine sprühende, sonnige Laune so über sich Hingleiten zu fühlen! Wie köstlich dieser Kontakt, den die frohe Ausflugsstimmung schon jetzt zwischen ihnen hergestellt hatte! Alle Hemmungen, die ihr Verhältnis in den letzten Wochen so jäh getrübt hatten, schienen gelöst — befreit von dem drückenden Alpdruck schwerer Gedanken und unerfüllbarer Wünsche schlugen ihre Herzen in beglückendem Eleichklaug den Freuden des gemeinsamen Manderns entgegen.
Bergkameraden! Sie waren es schon jetzt im vollsten Sinn des Wortes, als sie Seite an Seite durch die taubenetzte Blumenpracht in Franz' geliebtem Gärtchen schritten. Und sie hatten beide den gleichen Wunsch: Daß es so bleiben dürfte! Daß all das Weh, das vor und hinter ihnen lag, sich ausmerzen, vergessen, verwinden ließe in den acht Tagen, die verheißungsvoll vor ihnen winkten — was für köstliche Tage zu zweien würden es dann secnl
-2n dem kleinen, behaglichen Bahnhofrestaurant, das trotz der frühen Stunde schon in vollem Betrieb stand, saßen sie sich an einem runden Marmortischchen gegenüber und ließen sich den guicn heißen Frühstückskaffee schmecken. Manch ein Blick von den Nachbartischen flog zu den beiden schönen, fröhlichen Menschen hinüber — zu dem dunklen Mädchen, das mit soviel Anmut und Harmonie in jeder Bewegung den Begleiter umsorgte und zu diesem selbst, der offenbar nur Augen für fein reizendes Gegenüber hatte und immer wieder fein volles warmes Lachen über ste ausgoß.
„Mutter hat doch recht gehabt, Fräulein Lore," stellte er eben hochbefriedigt fest, „als sie uns riet, das Auto zu Haufe zu lassen und den Zug zu benützen. Ich habe gar nicht mehr gewußt, was für eine herrliche Reisestimmung so ein Bahnhof auf einen ausströmen kann. Und ich freue mich jetzt wie ein Kind darauf, einmal ganz unbekümmert um Straße, Wagen, Motor, Reifen und weiß der Kuckuck was noch alles, im Zug sitzen und in die Welt hineinkutfchieren zu dürfen. Wir werden ungefähr zwei Stunden Fahrzeit haben, bis wir am Ziel sind. Stellen Sie sich das einmal vor! Zwei Stunden lang nichts tun — ein moderner Mensch fein und zwei Stunden wirklich Zeit haben — wie ein Märchen klingt das, nicht wahr?"
Ditha nickte. „Sie haben recht, Herr Doktor. Wir kranken alle daran, daß wir niemals so richtig Zeit haben. Wir leben dauernd unter der Hetzpeitsche unserer Nerven, die uns vom Hundertsten ins Tausendste treibt."
„Es ist der Rhythmus unserer schweren Zeit — der grausame Kampf ums tägliche Brot, der alles so vorwärts treibt," sagte Franz Hormann sinnend. Doch Ditha unterbrach ihn lebhaft.
„Doch nicht allein, Herr Doktor! Es ist ebensosehr auch die Art, in der der moderne Mensch seine Erholung sucht. Das ist kein Ausruhen mehr, kein Berebbenlassen der auf- gepeitfchten Nerven, sondern ein immer erneutes Anspannen. Eine unersättliche Gier nach stets neuen Erregungen, M Hetzen von Mer Sensation zur anderen — das ist es,
was unseren Vergnügungen, mögen sie nun Reifen, Kino. Sport, Geselligkeit oder wie immer heißen, den Stempel aufdrückt. Wie eine Epidemie ist diese Hetzjagd — man ist davon angesteckt, ehe man sich's versieht und wird davon mitfortgerissen."
Franz lächelte über ihren Eifer. „Jedenfalls wollen wst beide 'mal den Beweis liefern, daß man sich doch davon emanzipieren kann, und der Menschheit ein Exempe! liefern, wie man's machen soll, um in Ruhe zu reifen. Da; Programm des heutigen Tages oder vielmehr das Niülpro- gramm ist ja ein vielversprechender Anfang dazu, und wie heute, so wollen wirs auch in den nächsten Tagen halten: Keine unumstößlichen Tagespläne, nichts, was irgendwie nach Stunden- oder Höhenrekord riecht. Wandern, wann wir wandern mögen, schauen, wo es was zu schauen gl' : und bleiben, wo es uns zu bleiben einlädt. — Doch w : wird's allmählich Zeit — in den Zug müssen wir schon eiu- stsigen, wann er fährt, auch wenn's noch so gemütlich hier ist. — Herr Ober, zahlen! Zwei Kaffee . .
„Das geht nicht, Herr Doktor!" Energisch legte Ditha, als der Kellner sich entfernt hatte, die Hand auf seinen Arm.
„Was geht nicht?" Er beugte sich näher zu ihr und hielt ihren Blick mit seinen warmen, braunen Augen fest.
Ditha spielte nervös mit der kleinen schwarzen Börse, die sie ihrem Handtüschchen entnommen hatte. Mein Gott, wenn es nur nicht so furchtbar schwer wäre, diesem bittenden Blick zu widerstehen! Aber sie konnte doch nicht annehmen, daß er dauernd für sie bezahlte. „Ich möchte . . ." Da fehlten ihr schon wieder die Worte, wie einem schüchternen Backfisch.
Der Doktor kam ihr rasch zu Hilfe. „Ich weiß, was Sie möchten, Fräulein Lore, aber . . . Nein, bitte, lassen Sie mich jetzt ruhig sprechen! Es wäre mir ein Leichtes, Ihnen mit Hilfe meiner noch geretteten juristischen Kenntnisse zu beweisen, daß ich nicht nur das Recht sondern sogar die Pflicht habe, für Sie aufzukommen. Sie haben auf Grund unseres Übereinkommens freie Station zu beanspruchen."