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Ragolder Tagblatt »Der Gesellschafter"

Freitag, den 28. Mai 1SSS

PMecho m TerstO

Was besagen die Glückwünsche Japans?

Wohl den bedeutsamsten Widerhall hat das deutsch-ita­lienische Bündnis im japanischen Kaiserreich gesunden. Die Glückwünsche, welche die japanische Regierung der deutschen : Regierung nach der Unterzeichnung des Bündnisses in Ber­lin telegrafisch übermittelte, zeugen für die außerordent­liche Teilnahme Tokios an den jüngsten europäischen Ent­wicklungen. Die Aufmerksamkeit Japans wird doppelt be­greiflich, wenn man sich die große Mission vor Augen hält, welche die japanische Nation seit einigen Jahren zur Neuor­ganisation Ostasiens übernommen hat. Man muß sich verge­genwärtigen, daß im Fernen Osten sich die Umwandlung ei­nes Zustandes anbahnt, der seit beinahe einem Jahrhun­dert für die Ordnung in diesem Teile der Welt verbindlich schien. 2m Fernen Osten diktierten Amerikaner und Eng­länder die Geschicke. Was gegen dieses Diktat aufstand. wurde entweder mit Kanonen zusammengeschossen oder mit­tels diplomatischer Kniffe und wirtschaftlicher Zwangsmaß­nahmen erdrosselt. Seit dem Tage aber, da Japan die Füh­rung im Aufstand aller politischen, militärischen und wirt- ichaftlichen Kräfte Ostasiens gegen die Vormundschaft der Angelsachsen entschlossen an sich riß, herrscht dort eine Zwei­teilung der Gewalten. Es geht heute ein großer Schnitt durch diesen unendlich wichtigen und reichen Teil der Welt. Auf der einen Seite stehen die Japaner und mit ihnen alle, die für die Selbstbestimmung des Fernen Ostens eintreten. Auf der anderen Seite die kapitalistischen Mächte England und ; Amerika und mit ihnen all jene, die ihr Schicksal an das des britischen Empire und der Vereinigten Staaten bewußt oder gezwungen gekettet haben.

Schon diese flüchtige Skizze des fernöstlichen Schicksals- ' tampfes vermittelt die Aehnlichkeit zwischen den weltpoliti- ^ ichen Auseinandersetzungen Ostasiens und den europäischen ; Konfliktsstoffen. Es ist ein Kampf der jungen und aufstre- - benden Nationen gegen überholte Vorrechte satter und rei- : cher Völker, die selbst vor einem Weltkriege nicht zurück- s scheuen, nur um einen mit Blut und Gewalt eroberten Be- s sitz nicht neu und gerecht aufteilen zu brauchen. Kann es , unter solchen Umständen irgendjemand verwundern, daß sich ! zwischen BerlinRom und Tokio jenes weltpolitische Drei- s eck herausgebildet hat, durch das die fernöstliche mit der i europäischen Schicksalsfrage auf das engste verknüpft wurde! Es ist zwar auch heute noch so, daß Europa die stärksten Konfliktstoffe in sich birgt. Deutschland und Italien haben s daraus die Schlußfolgerungen gezogen und sich verbündet. Allein die Mithilfe der Japaner an der europäischen Neu­ordnung wird dadurch nicht überflüssig. Im Gegenteil, die jüngsten Erklärungen japanischer Staatsmänner weisen i nachdrücklich auf die Rolle hin, die der japanischen Politik i angesichts der europäischen Spannung zukommt. Japan kann und will sich nicht an Europa desinteressieren. Es weiß, daß ^ es seine Mission im Fernen Osten nur dann erfolgreich be- ^ wältigen kann, wenn sich auch im Abendlande Politiker und , Nationen finden, die anders als die kapitalistischen Mächte, ^ als England, Frankreich und Amerika, Verständnis für die unerhörten Leistungen und Aufgaben Tokios im ostasiati- ^ schen Raume haben. i

So haben denn auch die gewaltigen Veränderungen auf ! der europäischen Landkarte und im diplomatischen Kräfte­spiel der europäischen Nationen das japanische Kabinett zu einer Ueberprüfung seiner Außenpolitik veranlaßt. Die Her- i stellung einer Einkreisungsfront gegen die autoritären Staa- i ten und als Eegenschlag die Unterzeichnung des deutsch-ita­lienischen Bündnisses zwangen das Kabinett Hironuma, die s Rückwirkungen dieser Ereignisse auf den japanischen Kampf ! in China und seine Auseinandersetzungen mit der teils of- : jenen, teils geheimen Gegnerschaft der angelsächsischen ? Mächte abzutasten und für künftige Entschlüsse in Rechnung s zu stellen. Soweit die europäische Situation gegenwärtig s klar überschaut werden kann, soweit hat Japan den Weg ; seiner künftigen Außenpolitik abgesteckt. Dem Mikado sind die diesbezüglichen Entscheidungen aus den verschiedensten ! Sitzungen der Regierung mitgeteilt worden. Tokios Außen­politik muß sich stets zweierlei bewußt bleiben: einmal der ^ Abhängigkeit seiner ostasiatischen Mission von dem Ausgang der europäischen Spannung und zum andern der besonderen ^ Lage Japans, die sich aus der Gegnerschaft Englands, Ame­rikas, Frankreichs, Sowjetrußlands und eines Teiles der . Chinesen ergibt. Japan muß mit der Macht dieser mög- ? lichen Gegner rechnen, auch wenn es sich mit Recht sagen

Herr Professor Schüler liest!

Vor 130 Jahren hielt der Dichter seine Antrittsvorlesung

Von Fritz Lhelius.

Der 26. Mai 1789 war für die akademischen Kreise Jenas ein ereignisreicher Tag. Sollte doch ein gewisser Professor Friedrich Schiller seine Antrittsvorlesung halten. Nicht alle Mitglieder des Lehrkörpers der Universität waren davon begeistert, denn dieser Friedrich Schiller war doch der Dich­ter derRäuber". Er hatte, wie man sich erzählte, einen Fiesko verherrlicht, ja, er hatte sogar in seinemDon Car­los" Gedankenfreiheit gefordert der Mann war zum mindesten mit großer Vorsicht zu genießen. Und dann, hatte dieser Friedrich Schiller überhaupt Examina abgelegt und den vorschriftsmäßigen Weg beschritten? Mitnichten, der Herzog Karl August hatte einen Narren an ihm gefressen, das war die einzige Erklärung, daß dieser Mann ohne je­den Beweis einer Qualifikation einen Lehrstuhl erhielt. Die paar wissenschaftlichen Aufsätze, die er imMerkur" oder sonstwo veröffentlicht haben sollte gelesen hatten sie die wenigsten der Jenenser Gelehrten konnten doch unmög­lich als Beweis seiner Fähigkeiten gelten.

Die Verhältnisse, in die Friedrich Schiller an der Uni­versität Jena geriet, waren höchst rückständig. Von einem Fluge der Gedanken konnte keine Rede sein, zu schweigen davon, daß eine dieser Leuchten Forschung auf eigene Ver­antwortung getrieben hätte. Sie alle waren mehr oder we­niger zünftige Handwerker, die jahrein, jahraus im gleichen Trott die Körner der Erkenntnis aus der Vergangenheit picken, um sie ihren Studenten einzupauken. Wo sollte der Respekt Herkommen, wenn der Prosektor sich von seinen Studenten freihalten und die Taschen voll Tabak stopfen ließ und wenn die Studenten dann witzelten, in diesen Ta­schen befänden sich außer dem Tabak noch Butter, Brot und Käse neben anatomischen Präparaten?

Die angekündigte Antrittsvorlesung hatte aber auch un- Ar den Rabauken viel Staub aufaewirbelt. Der gefeierte Lichter derRäuber", dessen ..Ein freies Leben führen

darf, daß ein Teil dieser Gegner weitab vom Schauplatz die Entwicklung verfolgt und ein anderer Teil stets nur einen geringen Hundertsätz seiner Kräfte gegen es einsetzen kann.

Zweifellos find die Entwicklungen der europäischen Po­litik, die mit der Errichtung des Protektorats Böhmen-Mäh­ren eine neue Richtung nahmen, noch nicht abgeschlossen. Das Tauziehen zwischen Moskau und London um den von Sowjetrußland geforderten Dreibund England-Frankreich- Sowjetunion wird fortgesetzt. Niemand vermag vorauszu­sagen, wann es beendet sein wird und wer Sieger bleibt. Es steht aber schon jetzt fest, daß Japan einer bedingungs­losen Militärallianz London-Moskau nicht tatenlos zusehen kann. Mit dem Augenblick, mit dem sich auch England der Außenpolitik der Komintern verbündet, reiht es sich in jene Mächtegruppe ein, die einen teils offenen, teils unterirdi­schen Kampf für dis Volschewisierung der Welt führt und zu deren Abwehr das Antikominternabkommen von Deutsch­land, Italien, Japan, Ungarn, Mandschukuo und Spanien unterzeichnet worden ist. Die Glückwünsche Tokios zum Ber­liner Bündnis und die jüngste Entschließung des japani­schen Kabinettsrates besagen deutlich, daß Japan sich seiner Rolle als Antikominternmacht bewußt ist. Tokio begrüßt den Zusammenschluß der autoritären Staaten gegen die eu­ropäischen Einkreiser. Es wird seinerseits den Einkreisern zu antworten wissen, wenn sich auch Sowjetrußland in die Kette fügt, welche Groß-Britannien gegen die jungen Völ­ker der Welt zusammenschmiedet.

Neue Offizierslaufbahu

Ueberführung der Ingenieure im die Offizierslaufbahu

Berlin, 21. Mai. Der Aufbau der Wehrmacht hat in unvorher­gesehenem Matze zum stärksten Einsatz der Technik, insbesondere der Motorisierung und des Festungsbaues, geführt. Zwangs­läufig entstand hierdurch in kürzester Zeit ein Truppen- ingenieur-Korps, das sich aus Fachleuten aus der In­dustrie ergänzte. Für den ersten Aufbau dieses Korps wurden die Truppeningenieure als Wehrmachtsbeamte übernommen. Die Truppeningenieure sind inzwischen mit den Truppenteilen völlig verwachsen und so ein Bestandteil der Truppen geworden. Aus diesem Grunde und aus den Erfahrungen der drei Einsätze der Wehrmacht seit Frühjahr 1938 ergab sich die Notwendigkeit der völligen militärischen Einreihung dieser Beamten. Daher hat der Führer die Gründung einer Offizierslaufbahn (Ing.) angeordnet und befohlen, daß die bisher beamteten Trup­peningenieure zu den Jngenieuroffizieren übergesührt werden, soweit sie die Voraussetzungen dafür erfüllen. Damit ist eine neue Offizierslaufbahu im Heere geschaffen. Außer den bereits im Heere vorhandenen Truppeningenieuren können Abiturienten, die in jeder Winsicht für den Offiziersberuf taug­lich find und technisches Interesse haben, diese Laufbahn ein- schlagen. Sie werden als Offiziersanwärter nach Ableistung eines Teiles der Wehrpflicht zur weiteren Ausbildung zur wehr­technischen Fakultät kommandiert, beenden dort ein vollständiges Hochschulstudium mit der Diplomingenieur-Prüfung der einschlä­gigen Fachrichtung, werden dann zwei weitere Jahre als Fähn­riche und Oberfähnriche zur Sonderausbildung zu verschiedenen Dienststellen des Heeres kommandiert und nach Ablegung der zweiten Staatsprüfung zum Offizier (Ing.) gewählt. Die Ve- förderungsaussichten in dieser Laufbahn sind günstig.

Studierende des Jngenieurwesens (Maschinenbau, Elektrotech­nik, Bauingenieur- und Vermessungswesen) oder für eine gewisse Ilebergangszeit auch bereits geprüfte Diplomingenieure, die im Jngenieurberuf tätig sind, können sich jederzeit für diese Lauf­bahn melden. (Inspektion des allgemeinen technischen Truppen­dienstes, Berlin W 35, Lützowufer 13.)

ZLaliens Armee

Vom Besuch des Oberbefehlshabers des Heeres

Im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des deutsch-italie­nischen Freundschafts- und Bündnisvertrages sind Darlegungen von besonderem Interesse, die die ZeitschriftDie Wehrmacht", herausgegeben vom Oberkommando der Wehrmacht, über den Be­such des Oberbefehlshabers des Heeres bei den Soldaten des Imperiums veröffentlicht. Aus langwierigen Kämpfen um die innere Einigung hervorgegangen, habe die junge italienische Wehrmacht, die uns nach Abschluß des deutsch-italienischen Mili­tärpaktes noch näher am Herzen liege als bisher schon, in einer ganzen Reihe von Feldzügen und Kämpfen im Laufe der letzten Menschenalter glänzend die Feuerprobe bestanden. In den afri­kanischen Kriegen, im Weltkrieg, bei der Eroberung Abessiniens,

wir..." auf allen Kneipen unzählige Male schon geschmet­tert worden war, als Professor in Jena das war ein Er­eignis! Auf sechs Uhr abends war das Kolleg angejetzt, aber bereits um fünf Uhr war der Hörsaal, der nur 80 Sitzplätze faßte, bei weitem überfüllt, denn jeder hatte den Wunsch, dasErzgenie" nun leibhaftig sprechen zu hören. Immer größer wurde die Zahl der Einlaß Begehrenden, und bald waren auch die Gänge und Treppen von Menschen gefüllt, und vor dem Gebäude bildeten sich starke Gruppen, die alle auf das Ereignis warteten. Der bescheidene Schiller hatte nur einen der kleineren Hörsäle belegt.

Indessen herrschte aber auch in dem Quartier Schillers in der Jenaergasse große Aufregung. Die Jungfern Schramm, die an Schiller drei Zimmer vermietet hatten, schossen wie aufgeregte Vögel durch die Räume, denn sie wußten sehr wohl, um was es beiihrem Professor" ging, und sie woll­ten alles tun, um ihm den Weg zu ebnen. Alls Augenblicke fragten sie nach Wünschen. Als dann Schiller sich zum Gehen anschickte, hatten sie ihre Erregung auch auf den Dichter übertragen.

Schiller war nicht wenig verblüfft, als er die wartende Menschenmenge vor der Universität gewahrte. So etwas hatte Jena noch nicht erlebt. Da mußte Rat geschaffen wer­den, und es gelang tatsächlich, Grießbachs Saal, den größ­ten Saal Jenas zu diesem Zweck zu bekommen. Nur lag die­ser Saal am anderen Ende der Stadt, so daß die ganze ver­sammelte Studentenschaft sich dorthin begeben mußte. Das gab natürlich eine förmliche Hetzjagd, denn wer zuerst da war, ergatterte den besten Platz. Die lange Johannisstraße hinunter ergossen sich erregte Menschenmassen. Bald rissen die Bürger ihre Fenster auf, um zu hören, wo es brenne. Die Schloßwache trat unter Gewehr aus Angst vor einem Aufruhr, aber jeder, der fragte, bekam im Vorbeirennen nur die eine Antwort:Der neue Professor liest!" So brau­ste der Zug durch die Stadt, und als letzte kamen Schiller und Professor Karl Leonhard Reinhold; sie mußten durch das Spalier der Philister förmlich Spießruten laufen.

Als sie Grießbachs Saal erreichten, der rund 400 Plätze aufwies, ergab es sich, daß auch dieser Saal nicht alle fassen konnte. Aber es war nichts zu machen; wer zu langsam ge­laufen war, mußte auf den Gängen und vor den Türen zu- feben. wie er noch etwas von dem Kolleg hörte. Als Schil-

^ tm spanischen Krieg sei der italienische Soldat ei» harter, muti­ger, entschlossener und begeisterter Waffenträger seines Volkes gewesen. Seiner materiellen und moralischen Stärke bewutzt, könne Italien heute eine unabhängige Politik der Freiheit und des Friedens führen, Hand in Hand mit dem Erotzdeutsche« Reich. In diesem Monat habe der Oberbefehlshaber des deut­schen Heeres, Generaloberst von Brauchitsch, sich davon über­zeugen können, daß das faschistische Italien rastlos au der Ver­vollkommnung seines Machtinstrumentes arbeite. Heute verfüge das italienische Heer über 21 Armeekorps einschließlich des libyschen Truppenverbandes. Motorisierte Divisionen, Alpen- und Panzerdivisionen im ganzen 14 verliehen dem italie­nischen Heer die schnelle Schlagkraft, die der moderne Krieg for­dere. Charakteristisch für Italien seien die Gebirgstruppen Alpini und vor allem die schnellen Bersaglieri, in deren Reihen einst der Duce gedient und gekämpft habe. Was dem italienischen Heer, wie der faschistischen Wehrmacht überhaupt, einen ganz besonderen Wert gebe, sei, genau wie in Deutschland, nicht allein die numerische Stärke und Qualität der Ausrüstung, sondern der soldatische Geist, die faschistische Er­ziehung und Haltung des Volkes, die jeden Italiener zum Waffenträger seines Volkes schon prädestiniere, bevor er überhaupt das dienstpflichtige Alter erreicht habe.

Das faschistische Italien sei heute auf dem Wege, eine See­macht aller st en Ranges zu werden. Der Marinehaus­halt habe sich zwischen 1934 und 1938 von 1,19 auf 2 Milliarden Lire erhöht. Das Programm des Jahres 1939 sehe wiederum eine erhebliche Verstärkung der Flotte vor. Die Notwendigkeit dieser Stärke zur See habe der Duce einmal in die knappen Worte zusammengefaßt:Während das Mittelmeer für die an­deren eine Straße ist, ist es für uns Italiener das Leben!" In den Mobilmachungsproben der letzten Zeit und auch bei der Be- ! freiung Albaniens habe es sich gezeigt, daß die Kriegsmarine des : faschistischen Italiens binnen weniger Stunden operatiousfähig j sein könne.

! Die italienische Luftwaffe, die von Mussolini nach dem ! Weltkriege aus den allerdürftigsten Resten der Kriegsbestände ! neu aufgebaut werden mußte, gehöre heute zu den stärksten und ! einsatzfähigsten der Welt. Das habe sie vor kurzem erst wieder j auf dem spanischen Kriegsschauplatz bewiesen, wo sie neben ! den deutschen Freiwilligen zu den schärfsten Waffen des spa- ! urschen Generalissimus' gehörte.

! Tagung

! der Deutschen Röntgen-Gesellschaft

Stuttgart, 24. Mai. Am Mittwoch wurde unter starker Be­teiligung im Konzertsaal der Liederhalle die 39. Tagung der Röntgen-Gesellschaft, Reichsgesellschast der deutschen Röntgen­ärzte, eröffnet. Die Veranstaltung ist die zweite großdeutsche Ta- i gung der Gesellschaft. Eine große Zahl von Ehrengäste« aus Partei, Staat, Wehrmacht, Stadt, Eesundheitsbehörden, wissen­schaftlichen Gesellschaften und Instituten, vor allem auch Dele- , gierte ausländischer wissenschaftlicher Gesellschaften, waren er- schienen. Der Vorsitzende des Deutschen Röntgen-Gesellschaft, Pro- . fessor Dr. Knothe, verband mit seinen Begrüßungsworten auch den Dank an die Stadt Stuttgart. Heißer Dank gebühre der Universität Prag, dem Bollwerk des Deutschtums, das mit dem z Einsatz aller Persönlichkeiten das Deutschtum auch in Zeiten . schwerster Bedrängnis gefestigt und erhalten habe. Im besonde- ! ren gedachte der Redner sodann des verstorbenen Reichsärztefüh» ! rers Dr. Wagner. In seinen weiteren Ausführungen betonte Professor Dr Knothe den sinnvollen Einbau des Röntgendienstes > im Gesundheitswesen, die Entwicklung der Röntgenologie als des jüngsten Fachgebietes der Medizin, das mit den Röntgenstrahleu entscheidend auf die Entwicklung der medizinischen Wissenschaft eingewirkt habe. In dem neuen Zweig der Medizin, der Rönt­genologie, sei ebenfalls eine Spezialisierung erforderlich gewesen. Der Röntgenologe müsse vor allem über ein ausgezeichnetes all- i gemeines medizinisches Wissen verfügen. Kameradschaftliche Be- ! reitschaft und verständnisvolle Zusammenarbeit mit den übrigen ! Fachgebieten sei anzustreben, denn auch die Röntgenologen ken- ? nen nur ein Ziel: die gemeinsame Arbeit an der Volksgesundheit.

! Der Vorsitzende der Deutschen Röntgen-Gesellschaft sprach eine ! Reihe von Ehrungen aus: Professor Dr. Frick-Berlin wurde die i Rieder-Medaille verliehen. Zu Ehrenmitgliedern wurde« er- s nannt: Professor Dr. Dietlen-Saarbrücken, Prof. Hans Meyer- , Bremen; zu korrespondierenden Mitgliedern: Professor Nakaid- ! zumi-Tokio, Dr. Gil-Spanien, Dr. Esgluerra-Bogota, Dr. Pen- dergraß-Philadelphia, Dr. Reynolds-Detroit, Dr. Camp-Roche- ster, Dr. Chamberlain-Philadelphia. Dr. Sosman-Boston, Dr.

, Moore-Saint Louis. An den Führer,den großen deutschen : Arzt, der unser Volk wieder gesunden läßt", wurde ein Tele- I gramm übersandt. Stadtkämmerer Bürgermeister Lirzel über-

ler den Saal betrat, donnerte ihm ein Höllenlärm entgegen, denn wenn die Jenenser Studenten jemand ihre Sympathie bekundeten, dann war dies auch für Taube verständlich.

Schiller war es etwas bänglich zumute, als er durch diese tobende Menschenmasse zum Katheder schritt. Doch kaum hatte sich die Ruhe gelegt und die ersten Sätze waren sei­nem Munde entflohen, als er seine Sicherheit wiederfand. Klar und stolz warf er seine im Grunde revolutionären Sätze unter die gebannt horchende Jugend, die ja gar nicht so rückständig, die nur falsch geleitet war und im tiefsten In­nern ielbst die Notwendigkeit dieses revolutionären Drangs verspürte. Schiller zeigte ihr zum ersten Male die großen Zusammenhänge der Geschichte und setzte ihr ein ideales, er­strebenswertes Ziel, das bis dahin völlig unbekannt gewe­sen. Seine Universalgeschichte soll das Ganze der morali­schen Welt umfassen, auf engem Raum beginnend immer höher steigen bis der Kosmos zu übersehen ist und die Wei­terbildung des Menschen ihre denkbar höchste Stufe erreicht bat. Und am Ende dieser Entwicklung steht die Frage nach dem Zweck des Daseins, nach den Absichten der Vorsehung in dem Gesamtpläne des Weltlaufs. Schiller schloß mit den Worten:

,Ein edles Verlangen muß in uns entgliihen, zu dem rei- : chen Vermächtnis von Wahrheit, Sittlichkeit und Freiheit, das wir von der Vorwelt überkamen und reich vermehrt an ! die Folgewelt wieder abgeben müssen, auch aus unseren Mitteln einen Beitrag zu legen und an dieser unvergäng­lichen Kette, die durch alle Menschengeschlechter sich windet, unser fliehendes Dasein zu befestigen. Wie verschieden auch die Bestimmung sei, die in der bürgerlichen Gesellschaft Sie erwartet etwas dazu steuern können Sie alle! Jedem Verdienst ist eine Bahn zur Unsterblichkeit aufgetan, zu der wahren Unsterblichkeit, meine ich, wo die Tat lebt und wei­ter eilt, wenn auch der Name ihres Urhebers hinter ihr Zu­rückbleiben sollte!"

Solch einen Jubel und dröhnenden Beifall hatte Erieß- bachs Saal noch nicht erlebt, wie nach dem Ende dieser Rede. Die Jugend stand völlig im Banne dieses Dichters, der ihr aus der stumpfen und dumpfen Luft dieses akademi­schen Betriebs einen Weg, ein Ziel gewiesen hatte.