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Wenn heute der Schrei in der Welt erhoben wird:Nie­mals wieder München!", dann ist dies die Bestätigung dafür, daß den Kriegshetzern die friedliche Lösung des Problems als das Verderblichste erschien, was jemals geschah. Sie bedau­ern, dag kein Blut geflossen ist. Nicht ihr Blut natürlich: denn diese Hetzer stehen ja nicht dort, wo geschossen, sondern nur dort, wo verdient wird. Sonder» es ist das Blut vieler namenloser Soldaten. Es wäre im übrigen aber auch gar nicht notwendig ge­wesen, dag die Konferenz von München stattfand, denn diese Konferenz war nur deshalb zustandegekommen, weil die erst zum Widerstand um jeden Preis aufhetzenden Staaten später, als das Problem so oder so zur Lösung drängte, in einer mehr oder we­niger anständigen Form versuchen mutzten, sich den Rückzug zu ermöglichen, denn ohne München, das heitzt ohne die Einmi­schung dieser westeuropäischen Staaten, wäre die Lösung des ganzen Problems wenn es überhaupt je zu einer solchen Zu­spitzung gekommen sein würde wahrscheinlich spielend leicht möglich gewesen.

Die MünchenerEntschei düng führte nun zu folgendem Ergebnis:

1. Rückkehr der wesentlichsten Teile der deutschen Randbesied­lung in Böhmen und Mähren zum Reich.

3. Offenhaltung der Lösung der übrigen Probleme dieses Staates, das heitzt der Rückkehr bzw. des Ausscheidens der noch vorhandenen ungarischen und slowakischen Minoritäten.

3. Blieb noch offen die Frage der Garantie. Die Garantie dieses Staates war, soweit es sich um Deutschland und Italien handelte, von vornherein abhängig gemacht worden von der Zu­stimmung aller an diesen Staat angrenzenden Interessenten und damit von der tatsächlichen Lösung der diese Interessenten be­rührenden und noch offen gebliebenen Fragen.

Folgende Fragen aber waren offen geblieben: 1. Rückkehr der magyarischen Teile zu Ungarn. 2. Rückkehr der polnischen Teile zu Polen. 3. Lösung der slowakischen Frage und 4. Lösung der ukrainischen Frage. Wie Ihnen bekannt ist, haben nun, nachdem kaum die Verhandlungen zwischen Ungarn und der Tschecho-Slo- wakei begonnen hatten, sowohl die tschecho-flowakischen als auch die ungarischen Unterhändler an Deutschland und an das an un­serer Seite Ziehende Italien die Bitte gerichtet, alsSchiedsrich­ter- die neue Grenzziehung zwischen der Slowakei, der Karpa- tho-Ukraine und Ungarn vorzunehmen. Damit haben die Betrof­fenen selbst von der Möglichkeit, an die vier Mächte zu appel­lieren, keinen Gebrauch gemacht, sondern ausdrücklich Verzicht geleistet, das heitzt, sie abgelehnt. Und dies war verständlich. Alle, die in diesem Lebensraum Wohnenden wollten Ruhe und Frieden erhalten. Italien und Deutschland waren bereit, die­sem Ruf zu folgen. Ein Einspruch gegen diese, an sich ja schon die Münchener Abmachung formell verlassende Abmachung wurde weder von England noch von Frankreich erhoben und konnten nicht erhoben werden, denn es wäre ja wahnsinnig ge­wesen, etwa von Paris oder London aus zu protestieren gegen eine Handlung Deutschlands oder Italiens, die allein auf Grund des Ansuchens der Betroffenen selbst stattfand.

Der Schiedsspruch von Italien und Deutschland hat wie in solchen Fällen stets keine Seite restlos befriedigt. Er krankte von vornherein daran, datz er von beiden Seiten freiwillig an­erkannt werde« muhte. Als daher dieser Schiedsspruch zur Ver­wirklichung kam, erhoben sich sofort in kurzer Zeit nach der An­nahme von zwei Staaten heftige Einsprüche. Ungarn forderte aus allgemeinen und besonderen Interessen die Karpatho- Ukraine, Polen forderte desgleichen eine direkte Verbindung mit Ungarn. Es war klar, daß unter solchen Umständen auch der Reststaat dieser einstigen Versailler Geburt zum Tode bestimmt war.

Tatsache war, datz an der Ausrechterhaltung des bisherigen Status vielleicht überhaupt nur ein einziger Staat interessiert war, nämlich Rumänien, das durch seinen berufensten Mund mir persönlich zum Ansdruck brachte, wie erwünscht es wäre» über die Ukraine und Slowakei vielleicht einen direkten Weg nach Deutschland erhalten zu können. Ich erwähne dies als eine Illu­stration für das Gefühl der Bedrohung durch Deutschland, unter der die rumänische Regierung nach den Auffassungen amerikani­scher Hellseher leiden soll. Es war aber nun klar, datz es nicht die Aufgabe Deutschlands sein konnte, sich auf die Dauer einer Entwicklung zu widersetzen oder gar für einen Zustand zu käm­pfen, für den wir niemals eine Verantwortung hätten über­nehmen können. - ^'

Es kam daher jener Augenblick, in dem ich mich namens der Neichsregierung entschloß, zu erklären, datz wir nicht daran däch­ten, uns länger mit dem Odium zu belasten, um etwa eine deut­sche Vormarschstratze nach Rumänien offen zu halten, dem ge­meinsamen Grenzwunsch der Polen und Ungarn zu widerspre­chen. Da außerdem die tschechische Regierung zu ihren alten Me­thoden zurückkehrte und auch die Slowakei ihre Selbständigkeits­wünsche offenbarte, war von einer weiteren Erhaltung des Staates keine Rede mehr. Die Versailler Konstruktion der Tsche- cho-Slowakei hat sich selbst überlebt. Sie verfiel der Auslösung, nicht weil Deutschland dies wollte, sondern weil man am Konfe­renztisch auf die Dauer nicht künstlich lebensunfähige Staate« konstruieren und aufrechterhalten kann.

Deutschland hat daher auch auf eine wenige Tage vor der Auf­lösung dieses Staates von England und Frankreich eingegangene Anfrage über die Garantie diese avgelehnt, denn es fehlten ja alle seinerzeit in München dafür vorgesehenen Voraussetzungen. Im Gegenteil. Als sich endlich die deutsche Reichsregireung nachdem das ganze Gebilde in Auflösung begriffen war und sich auch schon praktisch aufgelöst hatte entschloß, nunmehr ihrer­seits ebenfalls einzugreifen, geschah dies nur im Vollzug einer selbstverständlichen Pflicht, denn folgendes ist noch zu bemerken:

Die deutsche Reichsregierung hat bereits Leim ersten Antritts­besuch des tschechischen Außenminister Chvalkovsky in München ihre Auffassung über die Zukunft der Tschecho-Slowakei klar zum Ausdruck gebracht. Ich selbst habe damals dem Herrn Minister Chvalkovsky versichert, daß wir unter der Voraussetzung einer loyalen Behandlung der in der Tscheche! verbliebenen großen deutschen Minderheiten und in der Voraussetzung einer Beruhi­gung des ganzen Staates eine loyale Haltung Deutschlands si­cherstellen würden und von uns aus diesem Staat keinerlei Hin­dernisse bereiten wollten.

Tscheche! ein militärisches Arsenal in Mitteleuropa

Ich habe aber auch keine« Zweifel darüber gelassen, daß, wenn die Tschechei irgend welche Schritte unternehmen würde im Sinne der politischen Tendenzen des abgetretenen Herrn Dr. Be- nesch, Deutschland eine Entwicklung in dieser Richtung nicht hin­nehmen, sondern schon im Keime auslöschen würde. Ich wies da­mals auch darauf hin, datz die Aufrechterhaltung eines so ge­waltigen militärischen Arsenals in Mitteleuropa ohne Sinn und Zweck nur als Gefahrenherd angesehen werden müßte.

Wie richtig diese meine Warnung war, wurde durch die spä­tere Entwicklung erwiesen. Durch eine fortgesetzt sich steigernde Flüsterpropaganda sowohl, als ^durch,ein allmähliches Abgleiteu

Ragolde» TagblattDer Gesellschafter-

tschechischer Zeitungen in die frühere Schreibart mutzte auch dem Einfältigsten klar werden, datz in kurzer Zeit die alten Zu­stände wieder vorhanden sein würden. Die Gefahr einer mili­tärischen Auseinandersetzung war umso größer dann, als ja im­mer damit gerechnet werden mutzte, datz sich irgend welche Wahn­sinnige der aufgestapelten ungeheueren Kriegsmaterialien be­mächtigen konnten. Dies barg in sich die Gefahr von Explosionen unabsehbaren Umfangs. Ich kann nicht umhin, zum Beweis des­sen Ihnen, meine Abgeordneten, einen Einblick zu geben in die geradezu gigantisch anmntenden Zahlen dieses mitteleuropäischen internationalen Sprengstofflagers. Seit der Besetzung dieses Ge­bietes wurden beschlagnahmt und sichergestellt:

a) Luftwaffe: Flugzeuge 1582, Flak-Geschütze 561.

b) Heer: Geschütze (leichte und schwere) 2175, Minenwerfer 785, Panzerkampfwagen 469, Maschinengewehre 43 876, Pistolen 114 000, Gewehre 1090 006.

c) Munition: Infanterie-Munition über 1096 066 006 Schutz, Artillerie- und Gasmunition über 3 066 060 Schutz.

d) Sonstiges Kriegsgerät aller Art wie: Vrückengerät, Horch­gerät, Scheinwerfergerät, Meßgerät, Kraftfahrzeuge und Son­derkraftfahrzeuge in größten Mengen!

Ich glaube, es ist ein Glück für Millionen und aber Mil­lionen von Menschen, datz es mir gelungen ist, dank der in letzter Minute wirksam werdenden Einsicht verantwortlicher Männer auf der anderen Seite, eine solche Explosion verhindert und eine Lösung gefunden zu haben, die meiner Ueberzeugung »ach dieses Problem als einen mitteleuropäischen Gefahrenherd endgültig aus der Welt schafft.

Die Behauptung, datz nun diese Lösung im Gegensatz zur Ab­machung von München stünde, kan» durch gar nichts begründet oder erhärtet werde«. Die Münchener Lösung konnte unter kei­nen Umständen als eine endgültige gelten, denn sie hat ja selbst zugegeben, datz weitere Probleme noch der Lösung be­dürften und gelöst werden sollten. Daß sich nun die Betroffenen und dies ist entscheidend nicht an dievier Mächte" ge­wandt haben, sondern nur anItalien und Deutschland", kann wirklich nicht uns vorgeworfen werden. Ebensowenig auch, datz der Staat endlich als solcher von selbst zerfallen war und damit eine Tschecho-Slowakei nicht mehr existierte. Datz aber, nachdem das ethnographische Prinzip schon längst außer Kraft gesetzt worden war, nunmehr auch Deutschland seine immerhin tausend­jährigen Interessen, die nicht nur politischer, sondern auch wirt­schaftlicher Art sind, in seine Obhut nahm, ist wohl selbstver­ständlich.

Ob die Lösung, die Deutschland gefunden hat, richtig oder nicht richtig ist, wird die Zukunft erweisen. Sicher aber ist das eine, daß die Lösung nicht einer englischen Kontrolle oder eng­lischen Kritik untersteht. Denn die Länder Böhmen und Mähren haben als letztes Restgebiet der ehemaligen Tschecho-Slowakei mit der Münchener Abmachung überhaupt nichts zu tun. So we­nig, als etwa englische Maßnahmen, sagen wir in Nordirland, mögen sie richtig oder falsch sein, einer deutschen Kontrolle oder Kritik unterstellt sind, so wenig ist dies bei diesen alten Kur­fürstentümern der Fall.

Wie man aber die in München zwischen Herrn Chamberlai« und mir persönlich bestätigte Abmachung auf diesen Fall beziehen kann, ist mir gänzlich unverständlich, denn dieser Fall der Tsche­cho-Slowakei war ja in dem Münchener Protokoll der vier Mächte geregelt worden, soweit er eben damals geregelt werden konnte. Darüber hinaus war nur vorgesehen, datz, wenn die Be­teiligten nicht zu einer Einigung kommen würden, sie sich an die vier Mächte würden wenden können. Und diese wollten dann nach drei Monaten zu einer weiteren Beratung zusammentreten.

Nun haben aber diese Beteiligten sich überhaupt nicht mehr an die vier Mächte gewandt, sondern nur an Deutschland und Italien. Wie sehr diese dazu doch letzten Endes berechtigt waren, geht daraus hervor, datz weder England noch Frankreich dage­gen Einspruch erhoben haben, sondern den von Deutschland und Italien gefällten Schiedsspruch ohne weiteres auch selbst ak­zeptierten. ... - ...

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Nein, die Abmachung, die zwischen HerM Chamberkain Mb mir getroffen wurde, hat sich nicht auf dieses Problem bezogen, sondern ausschließlich aus Frage», die das Zusammenleben Eng­lands und Deutschlands betreffen. Das geht auch eindeutig her­vor aus der Feststellung, datz solche Fragen im Sinne des Mün­chener Abkommens nud des deutsch-englischen Flottenvertrages in Zukunft also freundschaftlich behandelt werden sollten, und zwar auf dem Wege der Konsultierung. Wenn sich aber dieses Abkommen auf jede künftige deutsche Betätigung politischer Art bezogen haben würde, dann dürfte auch England keinen Schritt mehr unternehmen, sei es zum Beispiel in Palästina oder an­derswo, ohne sich mit Deutschland erst zu konsultieren. Es ist selbstverständlich, datz wir dies nicht erwarten, ebenso aber leh­nen wir jede ähnliche Erwartung, die an uns gestellt wird, ab. Wenn nun Herr Chamberlain daraus folgert, datz diese Mün­chener Abmachung damit hinfällig sei, weil sie von uns gebrochen worden wäre, so nehme ich nunmehr diese Auffassung zur Kennt­nis und ziehe daraus die Konsequenzen.

Ich habe während meiner ganzen politischen Tätigkeit immer den Gedanken der Herstellung einer enge» deutsch-englischen Freundschaft und Zusammenarbeit vertreten. Ich fand in mei­ner Bewegung ungezählte gleichgesinnte Menschen. Vielleicht schlossen sie sich mir auch wegen dieser meiner Einstellung an. Dieser Wunsch nach einer deutsch-englischen Freundschaft und Zu­sammenarbeit deckt sich nicht nur mit meinen Gefühlen, die sich aus der Herkunft unserer beiden Völker ergeben, sondern auch mit meiner Einsicht in die im Interesse der ganzen Menschheit liegenden Wichtigkeit der Existenz des britischen Weltreiches.

Ich habe niemals einen Zweifel darüber gelassen, datz ich im Bestände dieses Reiches einen unschätzbaren Wertfaktor für die ganze menschliche Kultur und Wirtschaft sehe. Wie immer auch Großbritannien seine kolonialen Gebiete erworben hat ich weiß, es geschah dies alles durch Gewalt und sehr oft durch bru­talste Gewalt so bin ich mir doch darüber im klare«, datz kein anderes Reich auf anderem Wege bisher entstanden ist und daß letzten Endes vor der Weltgeschichte weniger die Methode als der Erfolg gewertet wird, und zwar nicht im Sinne des Er­folges der Methode, sonder« des allgemeine« Nutzens, der aus einer solchen Methode entsteht. Das angelsächsische Volk hat nun ohne Zweifel eine unermeßliche kolonisatorische Arbeit auf dieser Welt vollbracht. Dieser Arbeit gehört meine aufrichtige Be­wunderung. Der Gedanke an eine Zerstörung dieser Arbeit er­schiene und erscheint mir von einem höheren menschlichen Stand­punkt aus nur als ein Ausfluß menschlichen Herostratentums. Allein dieser mein aufrichtiger Respekt vor dieser Leistung be­deutet nicht einen Verzicht auf die Sicherung des Lebens meines eigenen Volkes. Ich halte es für unmöglich, eine dauernde Freundschaft zwischen dem deutschen und dem angelsächsischen Volk herzustellen, wenn nicht auch auf der anderen Seite die Er­kenntnis vorhanden ist, daß es nicht nur britische, sonder» auch deutsche Interessen gibt, datz nicht nur di« Erbaltuna des bri-

Samstag, den 29. April 1933

tischen Weltreiches für die britische« Männer Lebensinhalt und Lebenszweck ist, sondern für die deutschen Männer die Freiheit und Erhaltung des Deutschen Reiches! Eine wirklich dauernde Freundschaft zwischen diesen beiden Nationen ist nur denkbar unter der Voraussetzung der gegenseitigen Respektierung. Das englische Volk beherrscht ein großes Weltreich. Es hat dieses Weltreich gebildet in einer Zeit der Erschlaffung des deutschen Volkes. Vordem war Deutschland ein großes Weltreich. Es beherrschte einst das Abendland. In blutigen Kämpfen und religiösen Streitigkeiten sowie aus den Gründen einer inneren staatlichen Aufsplitterung ist dieses Reich an Macht und Größe gefalle» und endlich in tiefen Schlaf versunken. Allein als dieses alte Reich sein Ende zu nehmen schien, da wuchs bereits der Keim zu seiner Wiedergeburt. Aus Brandenburg und Preußen entstand ein neues Deutschland, das Zweite Reich, und aus ihm wurde nunmehr endlich das Deutsche Volksreich. Es möchten nun alle Engländer begreifen, datz wir nicht im geringsten da» Gefühl einer Inferiorität den Briten gegenüber besitzen. Dazu ist unsere geschichtliche Vergangenheit zu gewaltig.

England hat der Welt viele große Männer geschenkt, Deutsch­land nicht weniger. Der schwere Kampf um die Lebensbehaup­tung unseres Volkes hat im Laufe von drei Jahrhunderten nur in der Verteidigung des Reiches von uns Blutopfer gefordert, die weit darüber hinausgingen, was andere Völker für ihre Existenz zu bringen hatten. Wenn Deutschland als ewig an­gegriffener Staat dabei trotzdem seinen Besitzstand nicht zu wah­ren vermochte, sondern viele Provinzen opfern mutzte, dann nur infolge seiner staatlichen Fehlentwicklung und der daraus be­dingten Ohnmacht! Dieser Zustand ist nun überwunden. Wir habe» daher als Deutsche nicht im geringsten die Empfindung, dem britische« Volk etwa unterlege« zu sein. Die Achtung vor uns selbst ist genau so groß wie die eines Engländers vor Eng­land. Die Geschichte unseres Volkes hat in ihrer nunmehr fast 2660jährigen Dauer Anläße und Taten genug, um uns mit einem aufrichtigen Stolz zu erfüllen.

Wen« nun England für diese unsere Einstellung kein Ver­ständnis ausbringt, sondern in Deutschland glaubt vielleicht einen Vasallen-Staat erblicken zu können, dann ist allerdings nufere Liebe und unsere Freundschaft an England umsonst dar- geboteu worden. Wir werden deshalb nicht verzweifeln oder verzagen, sondern wir werden dann gestützt aus das Bewußt­sein unserer eigenen Kraft und aus die Kraft unserer Freude die Wege finden, die unsere Unabhängigkeit sichcrslellen und un­serer Würde keine« Abbruch tun.

Ich habe die Erklärung des britischen Premierministers ver­nommen, «ach der er meint, in Versicherungen Druischlsuds kein Vertrauen setzen zu können. Ich halte unter diesen Umständen es für selbstverständlich, datz wir weder ihm noch dem englischen Volk weiterhin eine Lage zumuten wollen, die nur unter Vertraue« denkbar ist. Als Deutschland national­sozialistisch wurd« und damit seine Wiederauferstehung einlei­tete, habe ich i« Verfolg meiner unentwegten Frenndschasts- politik England gegenüber von mir aus selbst den Vorschlag einer freiwillige« Begrenzung der deutschen Seerüstung gemacht. Diese Begrenzung setzte allerdings eines voraus, näm­lich den Willen »nd die Ueberzeugung, datz zwischen England und Deutschland niemals mehr ein Krieg möglich sein würde. Diesen Willen und die Ueberzeugung besitze ich auch heute noch.

Ich mutz aber nunmehr festsiellen, datz die Politik Englands inoffiziell und ossiziell leinen Zweifel darüber läßt, daß man in London diese Ueberzeugung nicht mehr teilt, sondern im Gegenteil der Meinung ist, daß, ganz gleich in welchen Kons litt Deutschland einmal verwickelt werden würde, Großbritannien stets gegen Deutschland Stellung nehmen müßte. Man sieht also dort den Krieg gegen Deutschland als etwas Selbstverständliche« an. Ich bedauere dieses tief, denn die einzige Forderung, die ich an England stelle, ist die nach Rückgabe unserer Kolonien. Ich ließ aber keine Unklarheit darüber, datz dies niemals der Gruud für «ine kriegerische Auseinandersetzung sein würde. Ich war immer des Glaubens, datz England, für das diese Kolonien kei­nen Wert haben, einmal Verständnis für die deutsche Lage auf­bringen würde und die deutsche Freundschaft dann höher be­werten mühte als Objekte, die keinerlei realen Nutzen für Eng­land abwerfea, während sie für Deutschland lebenswichtig sind.

Ich habe aber, davon abgesehen, nie eine Forderung gestellt, die irgendwie britisches Interesse berührt haben würde oder die dem Weltreich hätte gefährlich werden können und mithin sür England irgend einen Schaden bedeutet haben könnte. Ich habe mich immer nur im Rahmen jener Forderungen bewegt, die auf das engste mit dem deutsche« Lebensraum und damit dem ewigen Besitz der deutsche» Nation Zusammenhängen. Wen» nun Eng­land heute in der Publizität und offiziell die Ausfassung ver­tritt, datz man gegen Deutschland unter allen Um­stände» anftreten müßte «nd dies durch die uns bekannte Politik der Einkreisung bestätigt, dann ist damit die Voranssetzung sür den Flottenvertrag beseitigt.

Ich habe mich daher entschlossen, dies der britischen Re­gierung mit dem heutigen Tage mitzuteilen. Es handelt sich dabei für uns nicht um eine materielle Angelegenheit, den« ich hoffe noch immer, datz wir ein Wettrüsten mit England vermeiden können, sondern um einen Akt der Selbstachtung. Sollte die britische Regierung aber Wert daraus legen, mit Deutschland über dieses Problem noch einmal in Verhandlungeu einzutrete», dann würde sich niemand glücklicher schätzen als ich, «m vielleicht doch noch zu einer klaren und eindeutigen Ver­ständigung komme« zu können.

Im übrigen kenne ich mein Volk und ich baue darauf. Wir wollen nichts, was uns nicht einst gehört hat, kein Staat wird von uns in seinem Eigentum jemals beraubt werde», allein jeder, der Deutschland glaubt angreifen zu können, wird eine Macht und einen Widerstand oorsinden, gegenüber denen die des Jahres 1914 unbedeutend waren.

Rückführung des Memellandes

Ich möchte im Zusammenhang damit auch gleich jene An­gelegenheit besprechen, die von denselben Kreisen, die einst die Mobilisierung der Tschechoslowakei veranlatzten, als Ausgangs­punkt der neuen Kampagne gegen das Reich gewählt wurde. Ich habe schon eingangs meiner Rede Ihnen, meine Abgeord­neten, versichert, datz ich niemals, sei es im Falle Oesterreich oder sei es im Falle der Tschechoslowakei, in meinem politischen Leben eine andere Haltung eingenommen habe, als sie sich mit den nunmehr vollzogenen Ereignissen vereinbaren ließ. Ich habe daher auch dem Problem des Memeldeutschtums gegenüber stets darauf hingewiesen, daß diese Frage, wenn sie nicht von Litauen