8. Seite — Rr. 81_Raaolder Taqblatt „Der «eftSschafter*
Arbeitsausfall in der Karwoche
Die Eauwaltung der Deutschen Arbeitsfront gibt bekannt: In Anbetracht der kommenden Osterfeisrtage dürfte es sich als zweckmäßig erweisen, auf die entsprechenden gesetzlichen Regelungen über Nacharbeit und Lohnzahlung an Feiertagen und Werktagen vor den Feiertagen hinzuweisen:
Die folgenden, nicht unter die Eöring-Verordnung fallenden fünf reichsgesetzlich anerkannten Feiertage: Karfreitag, Himmelfahrt, Bußtag, Reformationsfest und Fronleichnam sind arbeitsrechtlich Sonntagen gleichzustellen, d. h. ebenso wenig wie der Arbeitszeitausfall an Sonntagen hereingeholt wird, ebenso wenig kann die durch einen gesetzlichen Feiertag entstandene Lücke durch sogenannte Vor- oder Nacharbeit aufgeholt werden. Wenn der Arbeitsausfall, der durch einen solchen Feiertag hervorgerufen wird, aufgeholt werden soll, so sind die dadurch entstandenen Nacharbeitszeiten als lleberstunden zu betrachten und somit mit Ueberstundenzuschlag abzugelten.
Anders ist es jedoch, wenn an Werktagen vor den Feiertagen nicht gearbeitet wird, z. B. am Karsamstag. 2n diesem Falle besteht nach der Arbeitszeitverordnung Paragraph 4, wenn es der Betriebssichrer anordnet, eine Verpflichtung der Gefolgschaft, diesen Arbeitsausfall entweder vor oder nach den Feiertagen aufzuholen. Der Ausgleich kann in einem Zeitraum von fünf zusammenhängenden Wochen, die den Ausfalltag einschließen, erfolgen. Ein Ueberstundenzuschlag ist für die dadurch entstandene Ueberzeitarbeit nicht zu bezahlen.
Die Frühjahrskur
Letzt ist es Zeit, die Winterschlacken ausznranmen
Wenn der Winter zu Ende geht, hat jeder Mensch das unbewußte Gefühl, daß es jetzt an de: Zeit sei, durch eine „Frühjahrskur" den gesamten Organismus van den winterlichen Schlacken zu reinigen und ihm dadurch neue Lebensenergien zu- zufiihren. Das kann auf vielerlei Weise geschehen. Eine der bekanntesten, erprobtesten und — billigsten ist die Frühjahrskur mit Hilfe von Kräutertees. Schon lange ehe sich die ärztliche Wissenschaft entwickelte, kannte die Menschheit den Wert der Heilpflanzen, die uns die Natur spendet. „Wo die Krankheit wächst, wächst auch ein Kraut dagegen", sagte schon Paracelsus, der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts lebte. Und wenige Jahrzehnte spater prägte Shakespeare das Wort: „Gar große Kräfte find's, weiß man sie recht zu pflegen, die Pflanzen, Kräuter, Stein in ihrem Innern hegen."
Gerade der Frühlingsbeginn ist für die Durchführung einer Heilkräuterkur die beste Zeit, da nach alter Erfahrung der menschliche Organismus gerade in dieser Zeit in einer grundlegenden Umwandlung begriffen ist. Der Grund liegt hauptsächlich in der zunehmenden Sonnenstrahlung, die die Bildung von Vitaminen im Körperhaushalt fördert. Der Erfolg einer Frühlingskur mit Kräutertee wird immer davon abhängen, ob man sie auch geduldig und regelmäßig ein paar Wochen lang durchführt. Acht bis zehn Wochen find dafür die mindeste Zeit, man kann aber die Kur auch auf ein Vierteljahr ausdehnen, um so sicherer wird der Erfolg sein.
Im Durchschnitt soll der Kräutertee zweimal täglich getrunken werden, morgens nüchtern und abends vor dem Schlafengehen. Die meisten Tees werden aufgebrüht, einige auch kurz gekocht, wieder andere müssen kalt angesetzt werden. Hier eine kleine Auslese der bekanntesten Kräutertees, bei den entsprechenden Krankheiten in Anwendung gebracht:
Abführend: Sennesblätter, kalt ansetzen, 14 Gramm je Tasse; Faulbaumrinde, kochen, 3—5 Gramm je Tasse.
Asthma: Eukalyptus, brühen, 3—4 Gramm je Taffe; Fenchel, kochen, 2—3 Gramm je Tasse.
Blähungen: Fenchel, kochen, 2—3 Gramm je Taffe; Pfefferminze, brühen, 2—3 Gramm je Taffe.
Blutreinigung: Birkenblätter, brühen, 8—8 Gramm je Tasse; Brennessel, brühen, 5—8 Gramm je Taffe; Stiefmütterchen, brühen, 6 Gramm je Tasse.
Durchfall: Frauenmantel, brühen, 3 Gramm je Taffe lziehen lasten); Schafgarbe, brühen, 2—3 Gramm je Tasse zweimal täglich.
Erkältung: Schafgarbe, brühen, 2—3 Gramm je Tasse, zweimal täglich; Lintenblüte, brühen, 2 Gramm je Tasse, Salbei, brühen, 2—3 Gramm je Taste.
Frostbeulen: Walnußblätter, 2 Gramm brühen, Frostbeulen baden.
Galletreibend: Löwenzahn, brühen, 3—5 Gramm je Taffe; Melisse, brühen 2 Gramm je Taffe.
Gicht: Birkenblätter, brühen, 5—8 Gramm je Tasse; Brennnessel, aufbrühen, 3—5 Gramm je Tafle.
Hämorrhoiden: Schafgarbe, brühen, 3—5 Gramm je ! Tasse; Faulbaumrinde, kochen.
Halsentzündung: Salbei, brühen, 1—2 Gramm je Taffe, gurgeln oder trinken; Stockrose 2—3 Gramm je Taffe, abkochen, gurgeln.
Harntreibend: Birkenblätter, brühen, 5—8 Gramm je Taffe; Wacholderbeeren, brühen, ein Eßlöffel je Tasse.
Hautpflege (innerlich): Brennessel, brühen 5 Gramm je Taffe; Stiefmütterchen, brühen, 6 Gramm je Taffe.
Husten: Spitzwegerich, brühen, 3—5 Gramm je Taffe, bis drei Tassen täglich; Fenchel, abkochen, 2—3 Gramm je Taffe.
Kopfschmerzen (Migräne): Schlüsselblume, brühen, 2—3 Gramm je Tasse.
Krampf st illend: Kamille, brühen, 1- 2 Gramm je Taffe, ein- bis zweimal täglich; Melisse, brühen, 2 Gramm je Taste, ein- bis zweimal täglich.
Leber, Galle, anreg: Löwenzahn, brühen, 3—5 Gramm je Tasse.
Magen- und darm stärkend: Enzian, aufkochen, ein Gramm je Tasse, löffelweise schlucken; Tausendgüldenkraut, brühen, 1—2 Gramm je Taffe, löffelweise schlucken.
Rheuma: Holunderblüten, brühen, 2—3 Gramm je Taste; Weidenrinde, abkochen, 5—10 Gramm je Tasse.
Säuglingstee: Fenchel, abkochen, 2—3 Gramm je Taffe.
Schlaftee: Baldrian, 1—2 Gramm je Tasse, kalt ziehe» lassen; Hopfenblüten, brühen, 2—3 Gramm je Tage.
Schweißmindernd: Salbei, brühen, 1—2 Gramm je Taffe.
Schweißtreibend: Holunderblüten, 3—4 Gramm je T., brühen; Kamille, 1—2 Gramm je Tasse, brühen.
Sodbrennen: Löwenzahn, brühen, 3—5 Gramm je Tasse.
Wurmmittel: Knoblauch, 14—1 Zehe zerkleinern in kalter Milch.
Vorfrühling
In Armut stehen Büsche, Berg und Baum, Verharschter Schnee tupft schmutziggrau den Hang, Und nur die Birken schmücken hell und schlank Den farblos-dunklen, fernen Waldessaum.
Und doch weiß jener Woike feiner Flaum,
Der alle Morgensüße in sich trank,
Bon einer Himmelsharfs erstem Klang,
Bon eines Lenztags holdem, nahem Traum.
Und hin und wieder bleibt in grauer Stadt Ein Mensch inmitten seiner Arbeit steh'n,
Als riefe ihn ein Lied zum Fenster hin ...
Denn leis' im Herzen, das noch wintermatt,
Fühlt er ein zages, scheues Wissen weh'n Bon eines Wunders frohem Anbeginn.
Margarete Koch.
Ausscheidnngskämpfe des U-Oberabschnitts Südwest
Der Reichsführer U hat bestimmt, daß der „Reichsgepäckmarsch ft 1939" am Sonntag, den 30. April 1939, in Stuttgart stattfindet. Er hat mit der Durchführung den ft-Oberabschnitt Südwest beauftragt. Der „Reichsgepäckmarsch 1939" führt vom Schützenhaus „Feuerbachtal" unter außerordentlich schwierigen Geländeverhältnissen und Wertungsbedingungen über eine Strecke von 25 Kilometer zum Schloß Solitude, wo das Ziel ist. Zu diesem „Reichsgepäckmarsch 1939" entsenden sämtliche ft-Ober- s abschnitte des ganzen Reiches, sowie jede Standarte bezw. jeder > selbständige Sturmbann der ^-Verfügungstruppe und der ft- ! Totenkopfverbände, sowie die ^-Führerschulen Vraunschweig und Bad Tölz ihre in langwierigen Ausscheidungskämpfen ermittelte beste Wettkampfmannschaft in Stärke von einem Führer und 36 Mann. Insgesamt werden am „Reichsgepäckmarsch U 1939" rund 30 Mannschaften mit nahezu 1200 Marschteilnehmern teilnehmen. Die Sturmbanne und Standarten der ^ in Württem- s berg und Baden traten am letzten Sonntag in Stuttgart zur Ausscheidung an. Als Sieger aus diesem Entscheidungskampf s ging hervor und wird infolgedessen beim „Reichsgepäckmarsch ^
; 4939" den j)-Oberabschnitt vertreten die Mannschaft IHM ! Geislingen a. St. 85 Punkte dahinter plazierte sich an zweiter Stelle die Mannschaft III/86 Baden-Baden. Die nächsten Plätze belegten die Mannschaften 11/13 Heilöronn und 11/79 Ulm.
Mittwoch, den 5. Ap ril 1839
Miklsüiosl
Die Kennziffer der Großhandelspreise stellt sich für den 29. März auf 106,5 (1913 gleich 100); sie ist gegenüber der Vorwoche (106,8) um 0,3 v. H. zurückaegangen. Die Kennziffern der Hauptgruppen lauten: Agrarstoffe 107,1 (minus 0,9 v. H.), Kolonial- ! waren 93,5 (minus 0,2 v. H.), industrielle Rohstoffe und Hald- ! waren 94,6 (unv.) und industrielle Fertigwaren 125,9 (plus 0,1 v H-).
Elektrizitäts-Versorgung Württemberg AE. Der dauernd steigende Bedarf an elektrischer Energie hat 1938 an die Leistungsfähigkeit der Anlagen der Elektrizitäts-Versorgung Württemberg AE., Stuttgart, die in sich diejenigen württembergischen Elektrizitätswerke zusammengeschloflen hat, die 85 Prozent des Gesamtumsatzes aller Werke Württembergs umfassen, große Ansprüche gestellt, die aber betrieblich sowohl als auch leistungs- mäßig erfüllt wurden. Der Stromabsatz ist um 14,3 Prozent von 362 auf 402 Millionen Kilowatt gestiegen. Außerdem wurden über die Anlagen der Gesellschaft für die Zwecke der Reichsbahn weitere 24,4 Mill. kWh geleitet. Die Gesellschaft hat sich an der Kapitalerhöhung der Jll-Werke AE. in Bregenz von 21 auf 36 Mill. RM. beteiligt. Die EVW. erzielte 1938 eien Rohüberschuß non 2,84 (2,62), wozu noch 0,11 (0,12) Erträge aus Beteiligungen und sonstige Einnahmen einschließlich der außerordentlichen kommen. Nach Absetzung der Beiträge an Berufsvertretnngen der sozialen Abgaben und nach Zuweisung von 0,03 (unverändert) Mill. RM. an die gesetzliche Rücklage wird ein Reingewinn von 0,58 (0,59) Mill. aüsgewiesen, der sich durch den Ee- winnvortrag auf 0,63 (0,63) Mill. RM. erhöht. Hieraus werden nach Absetzung von wieder 50 000 zum Fürsorgefonds eine Dividende von 5 Prozent (wie im Vorjahr) ausgeschüttet, sodaß als Portrag 58 884 (56 363) RM. verbleiben.
stundfunk
Programm des Reichssenders Stuttgart
Donnerstag, K. April: 6.00 Morgenlied, Zeitangabe, Wetterbericht, Wiederholung der 2. Abendnachrichten, Landwirtschaftliche Nachrichten, 6.15 Gymnastik, 6.30 Frühkonzert, Frühnachrichten, 8.00 Wasserstandsmeldungen, Wetterbericht, Marktberichte, 8.10 Gymnastik, 8.30 Ohne Sorgen jeder Morgen, 9.20 Für Dich daheim, 11.30 Volksmusik und Bauernkalender mit Wetterbericht, 12.00 Mittagskonzert, 13.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetterbericht, 13.15 Mittagskonzert, 14.00 Franz Schubert, 16.00 Musik am Nachmittag, 18.00 Jetzt müssen wir marschiere»..., 18.30 Aus Zeit und Leben, 19.00 „Rutsch hin, rutsch her". 19.45 Kurzberichte, 20.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, 20.15 „Unser singendes, klingendes Frankfurt", 22.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetter- und Sportbericht, 22.30 Volks- und Unterhaltungsmusik, 24.00 Nachtkonzert. L
Karfreitag, 7. April: 6.00 Frühkonzert, 8.00 Wafferstandsmel- j 'düngen, Wetterbericht. „Bauer hör' zu!", 8.15 Jndustrie-Schall- ! platten, 8.30 Evangelische Morgenfeier, 9.00 Morgenmusik, 10.00 i Orgelkonzert, 10.30 Musik am Vormittag, 12.00 Mittagskonzert.
> 13.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetterbericht, 13.15 Mittagskonzert, 14.00 Ludwig van Beethoven, 15.00 Das Prisca- i Quartett spielt, 16.00 Und nun klingt Danzig auf. 18.00 Meister j des Instruments, 19.00 Der KdF.-Volkswagen. 19.50 Herbert von ; Karajan dirigiert die Berliner Staatskapelle, 20.00 Nachrichten i des Drahtlosen Dienstes, 20.10 Abendkonzert, 21.10 Sinfoniekon- ! zert, 22.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes. Wetter- und ! Sportbericht, württembergische und badische Sportvorschau, 22.30 ! Abendunterhaltung, 24.00 Nachtkonzert. >
Samstag, 8. April: Morgenlied, Zeitangabe, Wetterbe- ! richt, Wiederholung der 2. Abendnachrichten, Landwirtschaftliche ! Nachrichten, 6.15 Gymnastik, 6.30 Frllhkonzert, Frühnachrichten,
! 8.00 Wasferstandsmeldungen, Wetterbericht, Marktberichte, 8.10 ; Gymnastik, 8.30 Morgenmusik, 9.20 Für Dich daheim, 11.30 Volks- s musik und Bauernkalender mit Wetterbericht, 12.00 Mittagskon- i zert, 13.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes. Wetterbericht, 1316 Mittagskonzert, 14.00 Bunte Volksmusik. 15.00 Gute Laune!, 16.00 Uebernahme, 18.00 „Tonbericht der Woche". 19.00 i In der Dämmerstunde. 20.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, 20.10 Operettenkonzert, 22.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetter- und Sportbericht. 22.30 Unterhaltungsmusik,
, 24.00 Nachtkonzert.
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Für die Schließung der Fettlücke ist die verstärkte Echweine- ! Haltung und Schweinemästung besonders vordringlich. Damit er- ' hält die Eberhaltung wieder eine wichtige Bedeutung und es wäre verkehrt, die Eberhaltung irgendwie in ihrer Bedeutung für die Veredelungswirtschaft zu unterschätzen. Der Reichssender Stuttgart bringt am 5. April 11.30 Uhr in seinem „Baiern- kalender" einen Vortrag „Der Eber ist kein Mastschwein", der die Schweinezucht und im besonderen die Merhaltung zum Gegenstand hat. — ^
Roman von Klara Haidhausen.
Arheberr»cht«schuh durch Verlagsanstalt Manz, RegenSburg. 1Z. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
Da er sich nicht so bald von mir trennen wollte, erhielt ich den Unterricht bis zur sechsten Gymnasialklasse durch tüchtige Hauslehrer, die letzten drei Jahre bis zum Absolu- torium besuchte ich das Gymnasium in Zürich. Dort war meine liebste Mitschülerin und Freundin die Tochter eines Münchner Rechtsanwaltes, Ilse Richter, durch sie lernte ich später den Mann kennen, det mein Schicksal wurde.
Als wir als selige Absolventinnen das Gymnasium verließen, erlaubte mir Papa, Ilse für ein paar Wochen nach München zu begleiten. Sie führte mich schon in den ersten Tagen in der Familie des Forstrates Hormann ein, dessen gütige, unendlich liebe Frau an Ille vielfach die Stelle der früh verstorbenen Mutier vertrat. Der älteste Sohn des Hauses hatte eben sein medizinisches Doktorexamen bestanden. Die gleichen beruflichen Interessen führten uns zusammen, alles übrige kam dann sehr rasch. Ich glaube, wir wußten beide schon am ersten Abend des Beisammenseins, daß wir zueinander gehörten für Zeit und Ewigkeit. Unsere Herzen flogen sich entgegen und schon nach vierzehn Tagen war ich Franz Hormanns glückselige Braut.
Papa gab telegraphisch seinen Segen, stellte aber natürlich die Bedingung, daß Franz mich zurückbegleiten und sich ihm vorstellen solle. Die Wochen in München waren uns beiden ein einziger seliger Traum von Liebe und Glück. Und als Franz dann mit hierherkam als unser lieber, lieber Last, als ich ihm all die Schönheit unseres Ländles zeigen durfte, als ich ihn, je mehr ich ihn kennen und seine wertvollen Charaktereigenschaften schätzen lernte, um so inniger und schrankenloser liebte, da war ich so unsagbar glücklich, daß mir oft selbst bange wurde vor dem Übermaß meines Eeftihls. —
Verzeihen Sie mir, Gert, wenn ich Sie mit diesen Schilderungen quäle, aber nur wenn Sie wißen, aus welcher Höhe des Glücks ich mich fühlte, können Sie auch ermessen, wie tief ich stürzte, als ich alles verlieren mußte. Meine ganze selige Liebe war ja nur der Traum einer kurzen Sommerzeit!
In der letzten Woche vor Franz' Abreise machten wir einen Ausflug nach Jnterlaken. Es war ein herrlicher, heißer Tag, und während Papa nach Tisch im Hotel seine Siesta hielt, stiegen Franz und ich zu einem bekannten, schönen Aussichtspunkt hinauf, von dein'man einen herrlichen Blick auf den See und die Jungfrau hat. Wir waren um diese heiße Mittagsstunde ganz allein. Ich stand lange in das wundervolle Bild versunken und wandte mich dann begeistert an meinen Verlobten: „Ist sie nicht ein herrlicher Berg, unsere Jungfrau, Franz?" Er aber zog mich heiß in seine Arme. „Ich sehe nur meine Jungfrau, Dich, mein Lieb! Und jetzt, wo wir so bald auseinandergehen, mußt Du mir das eine sagen, was ich Dich so lang schon fragen möchte. Ditha, nicht wahr, ich darf Dich bald, bald heimholen als mein geliebtes Weib — ich möchte Dich nimmer lang entbehren müssen!"
Ein wenig erschreckt von seinem Ungestüm, machte ich mich wohl etwas zu rasch von seinen Armen frei, meine Antwort klang vielleicht in unbewußtem Zurückbeben vor der unerwarteten Leidenschaftlichkeit seines Werbens herber, schroffer, als ich es selbst wußte. „Aber, Franz, so schnell geht das doch nicht! Ich muß doch erst fertig studieren."
„Fertig studieren!?" — er trat in höchster Erregung einen Schritt von mir zurück. „Was — was soll das heißen?" Seine Augen brannten drohend in die meinen.
Da warf ich trotzig den Kopf in den Nacken und sagte mit erkünstelter Ruhe und Festigkeit: „Das soll Heißen, daß ich erst Deine Frau werde, wenn ich mein Studium beendet habe, wenn ich mir das Recht erworben habe, Seite an Seite mit Dir als Kinderärztin zu wirken."
„Aber Ditha," — er war leichenblaß geworden und riß mich auss neue in seine Arme. Besch wören d fluteten seine
hastigen Worte über mich hin. „Das kann doch nicht Dein Ernst sein! Sieh, Du sollst ja mit mir arbeiten als meine treueste Gehilfin, als mein bester Kamerad, sollst meinem Hause vorstehen als mein süßes, angebetetes Weib, als die geliebte Mutter unserer Kinder — ist denn das nicht reichlich genug? Ich weiß, ich fordere viel von Deiner Liebe, wenn ich Dich bitte, auf ein weiteres Studium zu verzichten, aber ich fordere doch nichts Unmögliches. Ich kann nicht noch sechs, acht Jahre auf Dich warten, Ditha, Du kannst doch im Ernst nicht wollen, daß wir die schönsten Jahre unserer Jugend opfern sollen!!" —
Sehen Sie, Doktor, wenn ich an jene Stunde zuriick- denke, dann weiß ich mir selbst nicht recht zu deuten, was für ein unseliger Trotz so plötzlich in mich gefahren war, daß ich all diese lieben, treuen Worte kalten Herzens zurückwies. Ich glaube gar nicht, daß es mir so vollkommen ernst mit meinem Studium war, ich hatte ja Franz so unsinnig lieb, daß mir die lange Wartezeit jedenfalls sehr bald schon unerträglich geworden wäre. Wenn ich mich später in stillen Stunden der Reue so ganz ernst und schonungslos prüfte, was ich damals eigentlich wollte, so mußte ich mir gestehen: ich wollte wohl nichts anderes, als Franz auf die Probe stellen, ob ihm kein Preis zu teuer sein wurde, mich zu erringen. — In meinem romantischen Jungmädchenkopf lebte so etwas von der Vorstellung, daß er in Demut und Treue um mich dienen sollte wie einst Jakob um seine Rahel, dann wäre ich wohl eines Tages bereit gewesen, huldvollst von meinem Sockel herabzusteigen und den Rest der ausbedungenen Wartezeit in Gnaden zu erlassen.
Aber es kam, ach, so ganz anders. Franz war Plötzlich sehr ruhig geworden und stellte mich kühl und kurz vor die Alternative: „Wähle, Ditha — ich oder Dein Berus! Wenn es Dir so leicht fällt, unsere Vereinigung sechs und mehr Jahre hinauszuzögern, dann liebst Du mich nicht, wie das Weib den Mann lieben soll, um dessentwillen es alles verläßt, wie es in der Bibel heißt."
Ich schluchzte leidenschaftlich auf: „Und wenn es Dir so leicht fällt, mich zu lassen, dann geh !"
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