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Mittwoch, de« S, April tti>

Die Wirlfchastswende

Deutschland finanziert seine Zukunft

Die vergangene Woche brachte in dein neuenFinan - zierungsplanderReichsregierung und in der Rede des Reichswirtschaftsministers Funk vor dem Zentral­ausschuß der Reichsbank zwei wirtschaftspolitische Ereignisse von allergrößter Tragweite. Sie stellen gleichzeitig die Ant­wort Deutschlands auf die Reaktion des Auslandes gegen­über den großen politischen Ereignissen der letzten Vergan­genheit dar. Bekanntlich versucht England erneut eine Ein­kreisung Deutschlands ins Werk zu setzen, da angeblich durch die Bildung des Reichsprotektorats Böhmen und Mähren die Münchener Abmachungen erledigt seien. Diesen politi­schen Bemühungen war allerdings bisher wenig Erfolg be- schieden, und zwar hauptsächlich deshalb, weil die für die Einkreisung in Aussicht genommenen kleinen Lander sehr wohl erkannten, daß England sie lediglich als Sturmtrup­pen gegen Deutschland mißbrauchen wolle, ohne rhnen im Ernstfälle mehr als eine papierene Hilfe gewahren zu kön­nen. Das großzügige Angebot sowjetrussischer Truppen als praktische Hilfe für den Ernstfall versagte zum großen Be­dauern Englands, weil die kleinen Staaten in Erkenntnis des bedenklichen Charakters einer solchen Hilfe antworteten: Lieber nicht". Den weiteren Bemühungen Englands nach dieser Richtung sehen wir mit Ruhe entgegen. Dagegen müssen wir energisch Front machen gegen die Versuche, wirtschaftliche Strafmaßnahmen gegen Deutschland-u verhängen. England glaubt uns da­mit strafen zu können, daß es die Wirtschaftsverhandlungen, die in Düsseldorf einen erfolgversprechenden Auftakt erlebt hatten, vorläufig nicht mehr sortsetzt, und Amerika legte einen 25prozentigen Zollzuschlag auf deutsche Waren. Au­ßerdem sperrte England die Auszahlung tschechischer Gut­haben. ^

Wenn wir sagten, daß wir gegen diese Maßnahmen ener­gisch Front machen müßten, so heißt das nicht etwa, daß wir sie fürchteten. So ist es nicht. Im Gegenteil. Genau so, wie man in England und Amerika die politische Situation, ins­besondere die politischen Kraftverhältnisse verkennt, genau so verkennt man auch die wirtschaftspolitische Situation. Man glaubt immer noch, Deutschland an dem Punkt seiner wirtschaftlichen Verflechtung so entscheidend treffen zu kön­nen, daß man von der Weltwirtschaft her die Durchführung der deutschen Rüstung auf die Dauer verhindern könnte. Der Führer einer englischen Regierungskommission in Au­stralien hat das auf eine Anfrage hin, welches denn Cham- berlains wirkliche politische Ziele seien, folgendermaßen aus­gedrückt:Den Frieden zu erhalten, bis die Diktaturen an ihrer eigenen wirtschaftli­chen Schwäche zusammengebrochen sind". DaswillalsoEngland! Wie aber sind die Aussich­ten dafür? Sind die Diktaturen wirklich wirtschaftlich so schwach, wie sie England sieht? Gewiß, wir besitzen nicht so­viel Gold und Devisen, wie erforderlich waren, um unsere Bedürfnisse an Lebensmitteln, Rohstoffen und sonstigen Waren zu befriedigen. Trotzdem aber haben wir sie bisher in ausreichendem Maße befriedigt. Beweis: die Stärke der deutschen Rüstung, die Vollbeschäftigung der deutschen Wirt­schaft, der gebesserte Lebensstandard des^ deutschen Volkes und seine gestiegene Sparfähigkeit. Gerade an diesen Bewei­sen der wirtschaftlichen Kraft Deutschlands scheiterte ja die englische Politik. Es ist also ein geradezu grotesker Irrtum, nun zu glauben, die deutsche Politik werde schließlich an ihrer Wirtschaft scheitern.

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Das um so mehr, als die Weltwirtschaft, deren man sich dabei als Mittel bedienen will, selbst in hoffnungs­loser Lage ist. Sind etwa dieenglisch-deutschenJn- dustriebesprechungen nur begonnen worden, um Deutschland zu helfen? Ein solcher Wunsch Deutschlands hätte sicherlich keinen Hund über den Kanal gelockt, ge­schweige denn englische Industriekapitäne. Nein, gerade um­gekehrt war es, England hatte selbst das größte Interesse daran, seine Ausfuhr zu heben und sah den erfolgverspre­chenden Weg darin, mit Deutschland zu Abmachungen über die Ausschaltung einer ruinösen Preiskonkurrenz auf dem Weltmarkt zu gelangen. Nicht umsonst wunderten sich die Engländer darüber, daß dieorganisatorisch doch so befähig­ten Deutschen" zu diesen Besprechungen ohne Programin ge­kommen seien, während die englischen Delegierten einhun­dertprozentiges" Programm vorlegen konnten. Sie haben sich also offensichtlich intensiver mit den Dingen beschäftigt als wir. Das dürfte aber ein Zeichen dafür sein, daß ihr Interesse an der Regelung größer war als das deutsche. Und in der Tat ist es auch so. Der Weltmarkt steht im Zeichen der Abs atz nöte. Der gestiegenen Produktionskraft der großen Industrieländer steht eine ungenügende Kaufkraft gegenüber. Wer ist nun bei einer solchen Si­tuation im Vorteil? Derjenige, der nur verkaufen will, oder derjenige, der auch im großen Umfange znm Kauf be­reit ist? Offenbar doch wohl der letztere. Also folgt schon aus dieser allgemeinen Situation des Weltmarktes, daß Deutschlands wirtschaftliche Position keineswegs schwach ist.

Man braucht sich nur einmal die Entwicklung einiger amerikanischer Standardwaren anzusehen. Weizen notierte Anfang 1937 an der Lhikagoer Börse mit 127, heute mit 68, Baumwolle einst mit 13, heute mit 8,94, Kupfer 1937 mit 12,70, heute mit 11,25, und dies trotz einer starken Einschränkung der Kupferproduktion und bei einem Ansteigen der Kupfervorräte auf rund 100 000 Tonnen. Amerikas unverkäufliche Vaumwollvorräte beziffern sich aus 1011 Millionen Ballen. Angesichts dieser Verhältnisse ist der 25prozentige Zollzuschlag auf deutsche Waren, der na­türlich eine Verringerung der deutschen Warenbezüge aus Amerika zur Folge haben muß, geradezu ein Wirtschaft- licherIrrsinn. Man sagt, der deutsche Außenhandel be­deute nichts für Amerika. Nun, 454 Mill. RM. (Deutsch­land und Oesterreich) sind angesichts einer deutschen Aus­fuhr nach Amerika von 156,87 Mill. RM. immerhin nicht zu verachten. Wenn man weiter bedenkt, daß der überwie­gende Teil des tschecho-slowakischen Handels mit Amerika nunmehr auchdeutsch" ist, gewinnt diese Größe noch an Be­deutung. Vor allem aber zeigen ja die Pläne des Herrn Roosevelt, der jetzt die Vaumwollvorräte auf den Markt wer­fen will, und zwar mit Unterstützung durch den Staat, wie groß allmählich die landwirtschaftlichen Nöte Amerikas ge­worden sind. Ein größeres Dumping als diese Maßnahme kann man sich kaum vorstellen. Aber wenn Amerika das tut, ist es natürlich ganz etwas anderes, als wenn Deutschland seinen Export unterstützt, um den Währungsvorsprung der Abwertungsländer wettzumachen. Erhebliches Aufsehen er­regt die Maßnahme, auch in den südamerikanischen Ländern, weil diese init Recht um ihre eiaene Baumwollausfubr

furchten. Und wie ist Deutschlands Stellung hierzu? Wird sie etwa schwächer? Doch wohl kaum. Denn einmal muß der Erfolg einer solchen Aktion der sein, daß der Weltmarkt­preis für Baumwolle noch weiter sinkt. Wir werden also billiger kaufen. Zweitens aber werden die Länder, die in Deutschland eine gesicherte Abnahme ihrer Baumwolle fin­den, gern bereit sein, dafür auch weiteres Entgegenkom­men zu zeigen. Uns kann die Aktion des Herrn Roosevelt nur recht sein. Sie wird allen übrigen Ländern der Welt eine eindringliche Lehre erteilen, welche Methoden der Weltwirtschaft nun besser sind, die egoistischen und brutalen Marktmanipulationen des Kapitalismus oder die langfristi­gen, auf gegenseitiger Ergänzung und Steigerung der Pro­duktionskräfte beider Partner begründeten Wirtschaftsver­träge nach Art des deutsch-rumänischen. Wir können also auch hier in Ruhe den Erfolg abwarten, denn er wird für uns sprechen. Aehnlich liegen die Dinge mit England.

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Der Kampf der Anschauungen über die Weltwirtschaft tritt damit in ein entscheidendes Stadium. Die alte Weltwirtschaft ist bankrott. Nur mit neuen Me­thoden kann auch eine neue Weltwirtschaft errichtet werden. In dieser Hinsicht hat Deutschland einen klaren und unzwei­felhaften Vorsprung durch die Entwicklung solcher neuer Methoden bereits gewonnen. Mehr und mehr werden di« Völker erkennen, wo ihr wahrer Vorteil liegt. Von der Weltwirtschaft aus wird man jedenfalls Deutschland nicht mehr vernichtend treffen können. Es werden sich immer Staaten finden, die bereit sind, auf der Grundlage natür­licher Ergänzung und gegenseitigen Nutzens mit Deutschland Handel zu treiben.

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Und in der eigenen Wirtschaft? Nun, da dürften wir erst recht nichts zu befürchten haben, besonders jetzt nicht, wo der neue Finanzierungsplan der Reichsregierung uns die Mög­lichkeit gibt, die riesengroßen Aufgaben, die zu schwer sind für die Schultern der gegenwärtigen Generation, auf die Zukunft zu verteilen. Die Schaffung der Steuergut­scheine I gibt uns die Möglichkeit dazu. Sie bedeuten Geld für die Finanzierung der nationalpolitischen Aufga­ben, und zwar Geld, das nur diesem Zwecke dienen kann, von dem nicht befürchtet zu werden braucht, daß es den Geldumlauf in der Konsumtionssphäre erweitert und also inflatorisch wirkt. Das Reich wird dadurch von untragbaren Zinslasten befreit, und die Wirtschaft wird diese Steuergut­scheine sehr gern annehmen, da sie mit einem Vorteil ver­bunden sind, den der Unternewmer sehr hoch einschätzt, näm­lich der Möglichkeit, Anschaffungen möglichst weitgehend so­fort vom gegenwärtigen Gewinn abzusetzen, während der Staat dadurch keinerlei Verlust an Steuereinnahmen hat; denn was der Unternehmer infolge der höheren Bewer­tungsfreiheit heute absetzt, was er also weniger an Steu­ern zahlt, muß er in der Zukunft mehr zahlen. Der Staat kommt also auf jeden Fall zu seinen Steuereinnahmen, der Unternehmer aber hat den Vorteil eines verringerten zu­künftigen Risikos. Dieser Finanzierungsplan gibt die Garantie dafür, daß aucham Kapitalmangel" die Dik­tatur Deutschland nicht zusammenbrechen wird. Was hofft also Herr Chamberlain noch? Wäre es nicht besser, diese trügerische Hosinung zu begraben und wirklich ernsthaft in

Zusammenarbeit mit Deutschland, Italien usw. an die Si­cherung eines wahren Friedens für Europa und die Wekt heranzugehen? _ P- 8.

Zollbefreiungen nach dem neuen Zollgefetz

Zum neuen deutschen Zollgesetz sind bereits die Durchführungs­bestimmungen, die sogenannte allgemeine Zollordnung, ferner eine Eisenbahn-Zollordnung, die Zoll-Lager-Ordnung, die Zoll- vormerk-Orduu-ig und weitere Sonderbestimmungen ergangen. In den Durchführungsbestimmungen werden u. a. auch ausführ­lich die Zollbefreiungen erläutert.

Die Zollbefreiung für die grenzdurchschnittenen land­wirtschaftlichen Grundstücke ist unverändert übernommen woroen. Für die Reichssinauzverwaltung find aber diese Grundstücke in­sofern ein Gegenstand der Sorge, als der über sie betriebene Schmuggel besonders schwer zu bekämpfen ist, besonders wenn die Zollgrenze durch einen Stall oder durch den Hof verläuft. Den Oberfinanzpräsideuten ist daher die Befugnis erteilt wor­oen, die Zollbefreiung für Betriebe zu entziehen, in denen sie zur Umgehung des Zolls oder eines Einfuhrverbotes mißbraucht wird. Neu ist die Zollbefreiung für Waren zum Gebrauch oder Verbrauch fremder Staatsoberhäupter bei vorübergehendem Auf­enthalt im Zollgebiet. Zollfreiheit gilt ferner für Geschenk« fremder Regierungen, Orden usw., für die bisher schon der Zoll aus Billigkeitsgrönden erlassen wurde, ferner für Geschenke für den Führer. Auch die Zollbefreiung für Geschenke für das Wrn- terhilfswerk, soweit es sich um Nahrungs- und Genutzmittel des täglichen Bedarfs und um einfache Gegenstände des häuslichen Gebrauchs handelt, entspricht der bisherigen Verwaltungsübung im Billigkeitswege. Als Genutzmittel des täglichen Be­darfes werden Tabak, Bier, Wein usw. nicht aner­kannt. Weiter sind zollfrei Geschenke, die deutsche Staats­angehörige von Reisen aus dem Zollausland einbringen, wenn die Reisen im Belange des Reiches ausgeführt sind und die Geschenke vom Standpunkt des Reiches nicht abgelehnt werden konnten. Auch Gegenstände für öffentliche Sammlungen sowie Lehr-, Anschauungs- und Forschungsmittel für öffentliche oder gemeinnützige Anstalten sind zollfrei. Wie bisher find kleine Warenmengen vom Zoll befreit. Allgemein gilt dies für nach Gewicht zu verzollenden Waren in Mengen unter 50 Gramm bis zu 250 Gramm, wenn die Waren einem Zollsatz von weniger als 300 RM. unterliegen. Für Teeproben erfolgt insofern eine Einschränkung der Zollfreiheit, als sie ebenso wie für rohen Kaffee nur bei Sendungen für einschlägige Handelsunternehmen f gewährt wird.

! Allgemein ausgeschlossen von der Zollvergünstigung sind neben ! Seidentüll, Klöppelspitzen und Reiherfedern Tabakerzeugnisse. ! Von allgemeinem Interesse ist weiter das zollfreie Reisegut. ! Die Abfertigungsbeamten entscheiden wie bisher nach ihrem Er- ^ messen. Zur Beseitigung von Zweifeln werden als zollfrei aus- f drücklich mit aufgeführt Arzneien, Blumensträuße in der üblichen f Größe und Musikinstrumente. Bezüglich der Nahrungs- und Ge- j nußmittel wird beim großen Reise- und Durchgangsverkehr nicht kleinlich verfahren, bei Grenzbewohnern dagegen ein strenger Matzstab angelegt. Tabakerzeugnisse, die unverpackt sind oder sich in angebrochenen Packungen befinden, werden bis zu 10 Zigar­ren und 28 Zigaretten, auch nebeneinander, zollfrei gelaffen Dem Reisenden bleibt es überlaffen, die Zollbefreiung auch noch bei der Abfertigung durch Beschädigung der Umschließung her- f beizuführen.

Bon der Reichsgartenschau

Stuttgart, 3. April. In den letzten warmen Tagen ist auf dem Gelände der Reichsgartenschau hoffnungsvolles Leben eingekehrt. Da. wo noch vor kurzem Schnee auf den Fluren lag und das riesige, Hunderttausende von Quadratmeter umfassende Garten­land unter einer einzigen Eiskruste erstarrte, reckt und streckt es sich allenthalben von Millionen und Abermillionen Blumen und Pflänzchen, die lebenshungrig und vorerst noch fürwitzig ihre kleinen, zarten Häupter in das milde Licht des jungen Lenzes lauchen. Mit den ersten Primeln sind zugleich auch die ersten Vorboten einer Flora erschienen, die schon in wenigen Wochen die unzähligen Blumenbeete des einzigartigen Kleinods am Kil- lesberg mir ihrer Pracht ausfüllen werden. Es wird noch wahr­haft großer Anstrengungen bedürfen, um eine Ausstellung dieses Ausmaßes in der kurzen noch zur Verfügung stehenden Zeit unter Dach und Fach zu bringen Es wird allüberall gepflanzt und ge­buddelt, planiert und trassiert, gehämmert und gestampft, so daß das weitgespannte Gelände von einer einzigen Sinfonie der Arbeit widerklingt. Da werden die letzten Wegeplatten gelegt, Raine befestigt, Terrassen und Treppen vollendet, Wege geebnet, Gartenmänerchen zurechtgehauen, oder wird an der Fertigstellung der im Maulbronner Buntsandstein ausgeführten Hochbauten gearbeitet. Schon stehen die Siedlungshäuser in ihrer schlichten Schönheit, umgeben von den Lehrschauen des Reichsnährstandes für Baumschulen. Obst- und Gemüsebau, schon stehen auch die verschiedenen Gaststätten, von denen sich ein wundervoller Blick in das schwäbische Land, in das Neckar- und Filstal sowie auf die sanften Hänge des Schnrwaldes nuftut. Sogar die Schienen der Kleinbahn, die auf richtiggehenden Wagen die lustige Fracht der Ausstellnnosbesucher durch das künftige Märchenparadies führen wird, sind bereits gelegt. Einen besonderen Anziehungs­punkt werden vor allem auch die terrassenförmig angeordneten und mit allerlei Wasserspielen bedachten Zierteiche bilden, die in diesen Tagen mit Wasser gefüllt wurden und einen wesentlichen Bestandteil des Dreiklangs Licht, Lust und Wasser ausmachen. Am 22. April wird die Reichsgartenschau Stuttgart 1939 durch Reichsminister Darre feierlich eröffnet.

Parjifal" in neuer Inszenierung. Die Wiirtt. Staatstheater haben seit langen Jahren an dem schönen Brauch festgehalten, um Ostern herum Richard Wagners unsterbliches Bühnen-WeihefestspielParstsal" aufzuführen. Die am Palmsontag von Karl Schwieger vor einem vollbesetzten andächtig lauschenden Haus herausge­brachte Neuinszenierung wurde dem inneren Wesen der Schöpfung in jeder Hinsicht gerecht. Sie war mystisch stark betont, wobei insbesondere der bedeutungsvolle symbolische Gehalt des Erlösungsdramas in den Vordergrund gearbei­tet wurde. Was die Besetzung der Solopartien anbelangt, jo hatten die Staatstheater auch hierin eine überaus glück­liche Hand. *

Schwarzach, 1. April. (Armer" Hausierer !) Die- ser Tage beging hier der ledige 59jährige Händler Ernst Gingrich Selbstmord. Anfang dieses Jahres war seine Schwester gestorben, mit der er ein armseliges Leben geführt hat. Ihren Tod nahm er sich so zu Herzen, daß er freiwillig aus dem Leben schied. In der ganzen Umgegend kannte man ihn und da ^r eine verkrüppelte Hand hatte, kauften die Hausfrauen gern seine Waschmittel und Haushaltungsarti­kel. Beide wurden lausend vom WHW. unterstützt. Um so größer war das Erstaunen, als sein Nachlaß festgestellt wurde, denn man fand große Vorräte an Lebensmitteln,

Kleidern und Stoffen und dazu noch 1153 RM. Ebenfalls fand man in einem Rucksack 1650 RM. in Goldmünzen, 85 RM. in alten Silbermünzen sowie 405 Schweizer Franken. Der Tote hatte noch 35 000 Mark altes Papiergeld aus der Zeit vor dem Kriege zu Hause liegen, die seine Eltern hin­terlassen hatten.

berichtisoal

Der Vilderfälschnngsprozeß vor der Strafkammer Stuttgart. 3. April. Zu Beginn des ausgedehnten Bilderfäk- schungsprozesses vor der 3. Strafkammer des Landgerichts wurde zunächst der wegen fortgesetzter schwerer Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug angeklagte 80jährige verheiratete Anton Steichelc aus Herrsching am Ammersee über seine persönlichen Verhältnisse vernommen. Er entwickelte sich vom Banklehrling zum Kunstmaler und Kunsthändler, in welcher Doppeleigenschaft er als Fälscher von Eemäldesignaturen zu Wohlstand kam. Seine nach Auffassung des Staatsanwaltes in die Hunderte gehenden Fälschungen er selber gibt etwa 45 zu, von denen 26 vom Gericht mit Beschlag belegt werden konnten erstreckten sich in der Hauptsache auf Meisterwerke der Münchener Schule des l9. Jahrhunderts. Sein Versuch, einen Nervenchock, den er in, Feld erlitt, als geistige Ursache seiner Straftaten entlastend an­zuführen, wurde vom Eerichtsarzt zurückgewiesen, der seine volle Zurechnungsfähigkeit jetzt und bei Begehung seiner Straftaten betonte. Andererseits ging sein Verteidigungsvorbringen dahin, er sei innerlich überzeugt davon gewesen, daß die unsigniertcn Gemälde von den Künstlern stammten, denen er sie durch die von ihm angebrachte Signierung zuschrieb. Den Rest des Tages füllten die Darlegungen der drei Sachverständigen zu den der Reihe nach vorgeführten Fälschungen aus.

ZweiHeimtücker" mit Gefängnis bestraft Neckarsulm, 3. April. Zwei heimtückische Schwätzer erhielten vom Sondergericht verdiente Gefängnisstrafen für ihre haltlosen Verdächtigungen, die sie über den nationalsozialistischen Staat und führende Persönlichkeiten ausgesprochen hatten. Nicht ge­nug damit, daß das Wehrmeldeamt wegen Befehlsverweigerung über einen in Neckarsulm wohnhaften ehemaligen Angehörigen der verbotenen Bibelforscher-Sekte eine dreitägige Haftstrafe hatte verhängen müssen, erdreistete sich dieser, während der Ver­büßung dieser Strafe einem Mitgefangenen gegenüber nieder­trächtige Aeußerungen zu tun. Da er auch in der Verhandlung ein außerordentlich verstocktes Wesen an den Tag legte und durch nichts zu belehren war, wurde er zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt, wobei vier Monate Untersuchungshaft in Anrechnung kamen. Im zweiten Falle hatte ein Mann aus Bad Friedrichs- Hall-Kochendorf in angetrunkenem Zustande in einer Neckar- sulmer Gastwirtschaft sogenanntepolitische Witze" verzapft und sich dabei in Gegenwart von vier Zeugen zu so gehässigen Aeutze- rungen verstiegen, daß der Vorsitzende des Sondergerichts sich zu der Feststellung veranlaßt sah, daß zwar der politische Witz nicht strafbar sei, daß aberder Ton die Musik" mache und es ganz auf die Gesinnung ankomme, aus der heraus ein solcher Witz erzählt werde. Mit Rücksicht auf seine Teilnahme am Weltkrieg und seine Angetrunkenheit während der Tat wurde der An­geklagte zu vier Monaten Gefängnis abzüglich drei Monate Untersuchungshaft verurteilt.