8. Seite Nr. 74

Naaolder TagblattDer Eejellschaster

Dienstag den 28 März 1838

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(D^ie Wahl des Titels für einen Win erfordert viel Überlegung und Abwägung, denn von einem gutgewählten Titel hängt das Interesse ab, das für einen Film geweckt werden soll, noch be­vor er zur Aufführung gelangt. Der Titel eines

Films mutz Werbekraft haben, darf aber heute

Titel meist auch für den Film beibehalten. Daniit wird der Inhalt zwar verraten, aber trotzdem das Interesse nicht herabgemindert, denn ein erfolgreiches literarisches Werk sieht man gern in seiner Verfilmung, und andernteils muh man damit rechnen, daß doch nur ein verhältnismäßig kleiner Prozentsatz der Massenbesucher der Licht­spielhäuser das Werk bereits gelesen oder auf der Bühne gesehen hat.Der grüne Kaiser" ist der gleichnamige Titel eines Romans von Hans Medin, der jetzt nach einem Drehbuch von Göza v. Cziffra und Frank Thieß verfilmt wurde. Das ist ein auch für den Film gutgewählter Titel, ein Titel, der im Ohr haften bleibt, der das Publikum mit der Frage beschäftigt:

Wer istder,Grüne Kaiser'?" So erzählte uns Gustav Dießl, daß er von vielen Sei­ten gefragt worden sei, welche Bewandtnis es mit diesem FilmDer grüne Kai­ser" habe. Statt aber Aus­kunft zu geben, stellte er an die Neugierigen die Frage,' was sie sich denn bei dem Titel des Films oorstellen. Er erhielt die verschiedensten Antworten, von denen wir nur eine herausgreisen wol­len:

N)enn eine junge Dame antwortete, das werde doch sicher ein Film mit Karl Ludwig Diehl sein, dem Dar­steller des FilmsDer grüne Domino", so hat sich diese etwas sonderbare, oberfläch­liche Kombination: Grüner Domino K. L. Diehl Grüner Kaiser nur aus der Schwärmerei für einen Dar­steller ergeben können. Hof­fentlich ist diese junge Dame nicht enttäuscht, weil Diehl imGrünen Kaiser" überhaupt nicht spielt, son-

nicht mehr, wie das früher oft der Fall war, ! der» Gustav Dießl und Rens Deltgen die Trä- rcißerisch und ohne Rücksicht auf den Inhalt j ger der männlichen Hauptrollen sind. Jmmer- des Films erfunden fein. Bei der Verfilmung ^ hin ließ sich folgendes feststellen: Ein Mann, eines Romans oder Theaterstücks wird der ! der wegen angeblichen Mordes verurteilt wurde

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und seine Strafe abgcbüßt hat, sieht plötzlich denErmordeten" wieder. Es stellt sich her­aus, daß dieser seinen Tod nur vorspie­gelte, um den Gegner ins Zuchthaus zu brin­gen. Aber jetzt schießt dieser den heimtückischen Verbrecher wirklich nieder, er begeht also aus Rache jene Tat, wegen der er unschuldig so­lange gefangen saß. Damit erhebt sich die juristisch komplizierte Frage, ob ein Mann zweimal wegen des gleichen Delikts bestraft werden kann.

Kriminell nicht weniger interessant ist der Trick desDoppelgängers" oder der Austilgung früherer Existenz, mit der ein Verbrecher arbei­tet. Im Grunde gehört diese Methode zu den Gipfelleistungen je­des internationalen Hochstaplers. In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts drang ein einfacher europäischer Kellner in die amerikanische Gesellschaft mit dem Titel eines Kapitäns ein. Er verlobte sich mit der Tochter eines Senators und verüb­te in dieser Rolle die tollsten Betrügereien.

Als er sich nicht mehr halten konnte, gon­delte er über den Ozean und tauchte in London als leibhafti­ger Herzog wieder auf. Kein Mensch zweifelte an seiner feudalen Herkunft, er eroberte im Nu das Herz einer Lady, und sie hätte ihn geheira­tet, wenn nicht im letzten Moment ein mißtrauischer Onkel das Spiel durch­kreuzte.

Unglaublich erscheint, daß der liebenswürdige Halunke auch jetzt noch von den getäuschten Frauen entschuldigt und mit Geldmitteln unterstützt wurde. Solange die Welt sich täuschen läßt, wird auch oft der Hoch­

stapler über die menschliche Dummheit trium­phieren. Gibt es ein Mittel gegen solche ver­brecherischen Doppeleristenzen? Theoretisch ganz gewiß! Aber nur die unablässige Belehrung des Publikums, vor allem der Frauen, kann hier Wandel schaffen und den Mann derDoppelexistenz" end­gültig ausrotten.

Nus allem ergibt sich jedenfalls, daß der Titel Der grüne Kaiser" zumindest nicht verspricht, was handlungsmäßig nicht erwartet werden könnte, ja, daß er sogar zu Mutmaßungen über den Inhalt führt, die sich in irgendeiner Richtung mit Inhalt, Form, Charakter dieses Ufa-Films decken, der von Paul Mundorf inszeniert wurde und in den: außer

den genannten Dießl und Deltgen noch Carola Höhn, Ellen Bang, Hilde Hildebrand, Paul Wester­meier, Hans Leibelt, Aribert Wäscher, Alexander Engel, Edwin Jürgenseu u. a. spielen.

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