V. Seite Nr. 82
Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter-
Dienstag. de« II. Marz 1939
„Leipziger Allerlei" !
Neues von der Erfinder-Messe
Leipzig bietet zur Zeit der Frühjahrsmesse viele Reize; j im „Schaufenster des ganzen Volkes", wie man die Heer- j schau der Eebrauchsgegenstände und Maschinen in den Metz- ! Palästen der Innenstadt und auf dem Gelände der Techni- ^ scheu Messe und Vaumesse einmal genannt hat, gibt es un- j endlich viel zu sehen. Und der aufmerksame Beschauer findet > neben den großen und gewichtigen Dingen, denen die Be» i mühungen einer auf hohen Touren laufenden Wirtschaft ! gelten, auch tausenderlei kleinere und kleine Neuheiten, mit i denen findige Köpfe ihren Mitmenschen und — auf dem ! Umweg über eine gefüllte Börse auch sich selber — das Da- ^ sein erleichtern vollen. Z
Es sind gestaltete Ideen, teils gute, teils auch kuriose, die ! sich hierin offenbaren. Die Erfinder-Messe, seit einigen Iah- ^ ren einer der Anziehungspunkte auf dem Gelände der Tech- : Nischen Messe, faßt sie zusammen. Vieles ist geschehen, um > das Rasieren zu erleichtern: bei einem neuen Rasierpinsel ist der Griff hohl und nimmt die Rasierkreme auf; durch Drehen einer Schraube wird soviel entnommen, wie man > braucht. Ein neuer Rasierapparat braucht nicht mehr aus- j einandergeschraubt zu werden. Eine Linksdrehung läßt den Deckel senkrecht hochklappen, eine Rechtsdrehung verschließt den Apparat. Mit Hilfe eines automatischen Reinigers und Trockners kann man jetzt übrigens die Klinge in drei Sekunden säubern und trocknen, man zerschneidet keine Handtücher mehr, kann sich nicht verletzen und schont die Klinge.
Man sieht: die Sache geht auch die Hausfrau an. Und für die Hausfrau arbeiten die erfinderischen Köpfe seit jeher besonders gern. Ihr stellen sie jetzt eine neue Fruchtpresse auf den Küchentisch, bei der das mitdurchgepreßte Fruchtfleisch vom Preß-Sieb abgehoben und getrennt vom Fruchtsaft abgeleitet wird. Ihr bescherten sie einen neuen, in Kochgefäße stellbaren Speisendämpfer, für dessen Benutzung man nicht an besonders eingerichtete Kochgefäße gebunden ist. Ein paar verstellbare Ringe, ein Dampfrohr, das teleskopartig in verschiedene Höhen eingestellt werden kann — fertig ist der Dämpfer! Auch die Pfannkuchenzange, mit der man den Pfannkuchen, oder was es sonst immer sei, bequem ablüften und wenden kann, ohne daß Fett verspritzt oder das Gebackene zerrissen wird, ist ein recht praktischer Eebrauchsge- genstand für die Hausfrau. Ein mit vielen Verbesserungen versehener Rundschneider für Brot und dergleichen, eine Dörrvorrichtung zum Trocknen von Obst und Gemüse, ein neuer Konservendosendeckel und ähnliche Neuerungen ergänzen dieses Gebiet.
Für den Bastler gibt es diesmal besonders interessante neue arbeitserleichternde Geräte die nicht mehr mit einem ! Motor, sondern nach dem Prinzip des Wechselstrommagneten arbeiten, also keine umlaufenden Teile haben. So gibt ! es Kleinsägen und Feilmaschinen, so einen Kombinationshammer für leichte Hammer-, Stemm-, Verputzarbeiten und dergleichen, so auch einen Haushalts-Bohner und sogar einen Händetrockner. Auch ein neues Verfahren zum Schürfen von Feilen, Raspeln und dergleichen, bei dem die Werkzeuge in einer Säurelösung geschärft werden, verdient hier Erwähnung. Und nicht minder ein recht bequemes Handpolier- und Scheuergerät, auf dem man einen Streifen Glaspapier oder Schmiergelleinen aufspannt, der oann nach i Bedarf von einer Rolle abgerollt werden kann. ?
Dem Reiselustigen wird ein sogenannter Reisegurt will- ! kommen sein, den man mit beiden Enden am Gepäcknetz be- s festigt und auf den man dann die Arme, Ellbogen, das Buch usw. wie auch einen Tisch auflegen kann, so daß man weniger leicht ermüdet. „Körperstütze" nennt sich dieser Gurt. — Ums Fensterbrett drehen sich zwei neue Erfindungen. Die eine geht von der Tatsache aus, daß die Fensterecken, in Denen das Mauerwerk auf das äußere Fensterbrett bzw. seine Verkleidung auftrifft, gewöhnlich durch Putzzerstörung j usw. recht schlecht aussehen. Sie setzt deshalb entsprechend > geformte Leisten in diese Ecken ein, die das Eindringen von ! Schmutzwasser in den Putz verhindern. Die zweite Erfindung ist das Schwenkfensterbrett, ein Fensterbrett für Vlu- > mentöpfe das man weqschwenken kann, wenn man das Fen
ster öffnen will, auch das ist eine recht praktische, hübsche Einrichtung.
Schließlich noch ein paar gemischte Rosinen aus dem großen Erfinder-Kuchen. Ein findiger Kopf aus Westfalen hat den abschließbaren Mantel- und Earderobehaken in besonders einfacher und billiger Ausführungsform erfunden. Ein Pommeraner hat eine Vorrichtung erdacht, mit, der man den Hosenträger genau, sozusagen nach Zentimetermaß, auf die Lange der Hose einstellen kann. Die staubfreie Aschenschaufel ist das Kind eines Greifswalder Erfinders; sie hat eine Klappe, die zugemacht wird, wenn die Schaufel mit Asche bedeckt ist. Aus Baden stammt die Erfindung des schlüssel- losen Sicherheits-Schlosses für Hotels. Der Gast bekommt eine Zimmerkarte, die in einer bestimmten Anordnung gelocht ist. Aus diese Anordnung wird das Schloß des Zimmers eingestellt. Der Gast kann dann sein Hotelzimmer mit der Karte öffnen und schließen. Aber er kann die Karte auch bei der Abreise ruhig mitnehmen. Sein Nachfolger bekommt eine neue mit ganz anderer Lochung! Dies möge als Kostprobe für die vielen, teils praktischen, teils originellen Einfülle des „kleinen Erfinders" von heute genügen.
Vermißte Kinder wiedergefunden i
Karlsruhe, 12. März. Wie in Presse und Rundfunk im Lauf« l des 10. und 11. März 1939 bereits durchgegeben worden ist, wur- j den in Bühlertal seit dem 8. März die sieben Jahre alte Paula Veith und der sechs Jahre alte Karl Veith vermißt. Die Nachforschungen haben ergeben, daß die Kinder schon mehrmals über Nacht das elterliche Anwesen aus Furcht vor ihrer Stiefmutter > verlaßen hatten. Mit Rücksicht auf die gegebene Sachlage wur- s den der Vater und die Stiefmutter der Kinder am Abend des ! 10. März in Polizeigewahrsam genommen. Die Nachforschungen s nach den vermißten Kindern wurden im Laufe des 10. und 11. > März mit größtem Nachdruck ausgeführt. Am Samstag, 11. , März gegen Mittag, hörte nun ein Bewohner des unmittelbar ! an die Wohnung der Familie Veith grenzenden Anwesens aus s dem Speicher seines Hauses verdächtige Geräusche. Als er sich ^ nach deren Ursache umsah, fand er hinter bzw. unter einem § Holzstoß die beiden Kinder versteckt vor. Sie waren stark verüng- > stigt und außerordentlich erschöpft. Durch die folgenden Unter- ' suchungen wurde der schon an und für sich bestehende Verdacht r der Vernachlässigung und Mißhandlung der Kinder im elter- s lichen Hause verstärkt und bestätigt. !
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Devisenschieber zu Gefängnis verurteilt ?
Stuttgart» Ict. März. Wie die Justizpressestelle Stuttgart m.'t- teilt, hat in dem Strafverfahren gegen den schweizerisch: Staatsangehörigen Ernst Bossin ger, wohnhaft in Schramberg, und zwei andere Angeklagte die Große Strafkammer des Landgerichts Rottweil in der Hauptverhandlung am Donnerstag den Hauptangeklagten Vossinger wegen verbotener Et»- und Ausfuhr von Zahlungsmitteln zu der Gesamtgefängnisstrafe von einem Jahr zwei Monaten, sowie zu Geldstrafen von insgesamt 10 000 RM. verurteilt. Seine Gehilfen, der ledige Gustav Wiedmann aus Neckarsulm und der verheiratete Anton Hoffmann, der ebenfalls schweizerischer Staatsangehöriger ist, wurden wegen Beihilfe zu der von Vossinger betriebenen Zahlungsmittelausfuhr verurteilt, und zwar Wiedmann zu zwei > Monaten Gefängnis und 100 RM. Geldstrafe, Hossmann zu einem Monat Gefängnis und SO RM. Geldstrafe. Außerdem wurde die Einziehung der bei Vossinger beschlagnahmten 3300 Silbermerk, sowie der zur Verschiebung der Geldbeträge verwendeten, Geheimfächern ausgestatteten Kraftfahrzeuge verfügt. Nach den vom Gericht getroffenen Feststellungen hat Vossinger in der Zeit von Herbst 1937 bis 29. Oktober 1938 insgesamt rund 50 000 Silbermark in die Schweiz verschoben, dort in deutsche Reichsmarknoten umwechseln laßen und diese in das Reich zu- rückgebracht. Da die Silberme.rk in der Schweiz h <«er bewertet
wird als die Rotenmark, hat der Angeklagte Vossinger aus den Geldschiebungen einen Gewinn in Höhe des jeweiligen Kursunterschiedes gezogen. Die Mitangeklagten Wiedmann und Hoffmann waren dem Vossinger in der Weise behilflich, daß sie einen beträchtlichen Teil des hernach in die Schweiz verschobenen Silbergeldes aufgebracht haben.
Jnvalidenmarken unterschlagen Heilbronn, 12. März. Ein Heilbronner Handwerksmeister, der von 1920 bis 1932 Geschäftsführer seiner Innung gewesen wai und als solcher die Krankenkassen- und Invalidenversicherung-!' beitrage der Mitglieder einzuziehen hatte, hatte sich an den Gel. ern seiner Berufskameradcn und der Landesversicherungsan- stalt vergriffen, indem er Marken von geringerem Wert oder ^werhaupt keine Marken geklebt oder aber schon entwertet- Marken unter Abänderung des Datums noch einmal verwende; hatte. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten wegen Unterjchlagung zu drei Atonalen Gefängnis und 300 RM. Geld-
Halbjüdi» vor dem Sondergericht Mannheim, 11. März. Das Sondergericht verurteilte die aus Bochum stammende 57jührige Halbjüdin Nora Köhler, wohnhaft in Pforzheim, wegen hetzerischer Aeußerungen zu fünf Monaten Gefängnis unter Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft. Die Beweisaufnahme ergab, daß die nach ihrer Behauptung bis zur Machtübernahme sehr national eingestellt gewesene Frau, die sogar dem Nationalsozialismus nahegestanden haben will, besonders nach Erlaß der Nürnberger Gesetze, die natürlich auf diese von einer Volljüdin abstammenden Person ihre Anwendung fanden, gegen die nationalsozialistische Regierung und deren Maßnahmen abträgliche Aeußerungen gemacht hat. So hat sie u. «. offen ihre Sympathie für die Tschechen gelegentlich der Heimsuchung der Sudetendeutschen gezeigt, für die Juden bei jeder Gelegenheit Partei ergriffen und durch diese Aeußerungen ihren echt jüdischen Charakter belegt.
„Kaffeetanten"
Reichsminister Dr. Goebbels wendet sich in einem „Kasfee- tanken" überschriebenen Artikel im „Völkischen Beobachter" gegen die Disziplinlosigkeit gewisser Volksgenossen, die sich bemerkbar gemacht, weil der Kaffee da und dort etwas knapp geworden ist. „Es muß", so schreibt Dr. Goebbels, betont werden, „daß der Kaffeeverbrauch an sich seit 1933 in Deutschland um rund 50 Prozent gestiegen ist. 1933 wurden 216ÜOckO und im Jahre 1938 3 290 000 Sack Kaffee nach Deutschland importiert... Das ist ein durchaus verständlicher Vorgang. Während im Jahre 1932 nur die Begüterten Kaffee trauten, die Arbeitslosen aber kein Geld besaßen, um sich Kaffee zu laufen und somit schon aus Mangel an Verbrauchern eine Kasseeknappheit überhaupt nicht eintretcn konnte, ist das im Jahre 1938 wesentlich anders geworden." „Wir wollen", so heißt es an anderer Stelle, „zwar hier nicht die scharfe Antithese „Zuerst Kanonen — dann Kaffee" zur Anwendung bringen, aber immerhin erscheint es uns notwendig, im Hinblick auf die Weltlage eine konsequent durchgeführte deutsche Aufrüstung für richtiger zu halten als die Versorgung unserer Kaffeetanten mit ausreichendem Kaffee... Der Kaffee pellt auch in Deutschland nur eia zusätzliches Gennßmittel dar.. Er ist keineswegs ein tägliches Bedürfnis für die breiten werktätigen Maßen."
„Das deutsche Volk vergißt aber ganz, daß wir trotzdem auf diesem Gebiete selbst der Vorkriegszeit gegenüber eine in die Augen fallende Steigerung zu verzeichnen haben. 1913 kamen auf den Kopf der deutschen Bevölkerung 2, im Jahre 1932 1,6 und im Jahre 1938 2,3 Kilogramm Kaffee. Die Dinge sind also absolut in Ordnung"...
„In der deutschfeindlichen Auslandspreise erschienen vor einigen Wochen Bilder, in denen die vor den Geschäften stehenden Schlangen der Spießer, der Kaffeetanten wiedergcgeben wurden. Diese deutschfeindliche Auslandspresse sagte natürlich nicht, daß es sich um Kaffee, sondern sie behauptete, daß es sich um Kartoffeln oder Brot handelt und verbreitet damit in der Weltöffentlichkeit das Märchen, daß in Deutschland eine Hungersnot ausgebrochen sei. Wenn wir uns aus solchen Märchen nichts machen, so wenden wir uns, wenn es de« deutschen Prestige in der Welt abträglich zu werden beginnt, dagegen, und das war hier der Fall." Im übrigen sei diesen intellektuellen Spießern
Der verlorene Haufen
Bilder aus dem Heldenkampf um Deutsch-Kamerun Von Oskar E. Foerster
August 1915...
Das Mondlicht liegt auf einer verwüsteten Landschaft. Das grüne Meer der Grassteppe umschließt die kleine deutsche Siedlung Mora mit ihren Reis- und Hirsefeldern. Auf den Feldern und Weiden gähnen tiefe, finstere Trichter, von Granaten aufgewühlt, und um sie herum ist alles Leben erstorben. Oelpalmen und Affenbrotbäume, deren Kronen fortgerifsen sind, ragen leer in die Dunkelheit. Zwischen ihnen, seltsam gezackt, Mauern eines zerschossenen Hanfes, Schutt, Ziegel und Balkenfetzen.
So steht es in Mora aus, der deutschen Station im Norden der Kolonie Kamerun, nachdem die Engländer und Franzosen mit einer ganzen Brigade gegen die paar hundert Mann der deutschen Schutztruppe vorstießen. Nach tapferem Widerstand zog die kleine Schar westwärts davon. Und in London und Paris jubelte mau: „Großer Sieg in Afrika!"
Aber niemand ahnt dort wohl etwas von dem Wunder, das sich im eroberten Kamerun begibt...
Aus der weiten Ebene der Grassteppen und der dunklen Wälder steigt mit schroffen, zerklüfteten Hängen der Mora- berg an, ein Stück Urwildnis über Viehweiden und Feldern, ein Berg, von dem die Eingeborenen erzählen, er fei der Sitz böser Geister.
Dorngebüsch, Moos und spärliches Gras wachsen auf den -felsigen Abhängen, auf der Bergkuppe türmen sich mächtige Velsen auf — die steinernen Zauberer, die mit drohenden Väusten ins Land hinausdrohen. Das Volk von Kamerun steht abergläubisch zu ihnen auf.
Da ist der Moraberg neben der alten deutschen Station Mora, dis nun von Engländern besetzt ist.
Aber auf seiner höchsten Kuppe flattert seit einem Jahre «och immer die deutsche Flagge!
Die 3. Kompagnie der deutschen Schutztruppe, 10 Deutsche «nd 120 schwarze Soldaten und Unteroffiziere, halten den Berg besetzt.
Das ist das Wunder im „sickerten" Kamerun ...
*
Terrassenförmig steigt der Berg an. Auf der untersten Stufe der natürlichen Felfentreppe rauchen die Lagerfeuer der Engländer. Höher sind sie in den vergangenen Monaten nicht gekommen. In jeder Woche versuchten sie, zu den steinernen Zauberern stürmend hinaufzudringen. Aber die kleine Schar, die oben hinter Felsen und Verschanzunqrn
kauerte, jagte sie mit Salveufeuer und Maschinengewehrgarben zurück. !
Der englische Generalstab wettert und schickt täglich den Befehl, die deutsche Stellung zu nehmen. In der Nähe der j Siedlung stehen englische und französische Batterien und ' speien Granaten gegen die Vergkuppe. Aber die steinernen s Zauberer recken hohnlachend ihre Fäuste und schütteln die ! Eisengeschosse wie Spielüälle von sich ab. !
Hauptmann von Raben ist der Führer der deutschen j Kompagnie auf dem Moraberg. Seine Askaris lieben ihn j als einen gerechten und tapferen Offizier, sie vertrauen sei- > nem Wort und glauben an ihn wie an einen Gott. ^
„Wir sind ein verlorener Haufen, Kameraden!" sagt der § Hauptmann in dieser Nacht zu den Posten, die am Rande der Kuppe stehen und mit angespannter Wachsamkeit in die Dunkelheit hinauslauschen. „Von unseren Kameraden aus Earua kommt keiner mehr zu uns durch. Wir sind ganz auf uns gestellt."
„Wir wissen es, Hauptmann!" sagt ein schwarzer Unteroffizier ruhig. „Unsere Fahne weht allein, soweit dis Steppe reicht."
„Unsere Vorräte gehen zu Ende!" fährt der Hauptmann fort. „Die Schafe sind fast alle geschlachtet. Brot und Nets reichen nur noch für vier oder fünf Wochen."
„Wir werden in den dunklen Nächten in die Dörfer gehen und neue Vorräte holen!" erwidert der Korporal.
Und in den folgenden Nächten wagen sich tollkühne Askaris ins Ungewisse hinaus steigen unhörbar und sicher wie > Bergziegen die Hänge hinunter und schleichen unbemerkt durch die feindliche Postenkette. In den Negerdörfern der Umgegeno kaufen sie mit deutschem Geld Brote, Reis und getrocknetes Fleisch, die Eingeborenen nehmen das Geld freudig an — sie haben dazu noch immer mehr Vertrauen als zu den Schillingmünzen und Pfundnoten der Engländer, und sie bleiben treu und schweigsam. Unter schweren Lasten keuchend, das Bufchmesser in der Rechten, schleichen die Träger in der nächsten Nacht wieder durch den englischen Postenring und bringen glücklich ihre Beute zu den Kameraden auf den Berg.
In jenen Augusttagen 191.5 trifft auch ein Bote aus Garua ein. Der Hauptmann hatte ihn nach der großen deutschen Station im Südwesten Kameruns gesandt, um Verstärkungen und Munition zu erbitten. Aber Earua, so berichtet der Askari nun, ist zerschossen wie Mora, und auf den Wällen flattern die Fahnen der Engländer und Franzosen . .
Da ist der Momberg neben der alten deutschen Station wirklich aogeschnitten von jeder Hilfe und ganz auf sich selbst angewiesen.
Ein Unterhändler kommt im Schutze der weißen Fahne vom Feinde den Berg hinaufgestiegen. „Wir bieten euch ehrenvolle Bedingungen, wenn ihr kapituliert. Alle Gegenwehr ist zwecklos. In den nächsten Tagen wird eure Stellung von drei Regimentern gestürmt."
Der Hauptmann weist nur auf die schwarz-weiß-rote Fahne über sich. „Solange noch ein Mann hier oben kampffähig ist, hole ich die Fahne nicht herunter!"
Die Askaris lachen vergnügt über das verblüffte Gesicht des Engländers. Sie sind genau so treu und standhaft wie ihr Hauptmann.
Der Feind setzt kn der folgenden Zeit alles daran, um den Berg zu besetzen. Seine Kanonen brüllen täglich ihre Grüße hinaus, und von den steinernen Zauberern fliegt mancher Brocken fort. Aber die hunderr Männer hinter ihnen bleiben auf ihrem Posten. Sobald die Gegner den Hang hinaufstürmen, nehmen die Askaris ihre alte Stellung hinter Schanzen und Felsen ein und feuern bedächtig. Es gilt, Munition zu sparen, keine Kugel darf fehlgehen. Und immer wieder werden die Engländer zurückgetrieben, ihre Toten und Verwundeten kollern den steilen Abhang hinunter und reißen manchmal qanze Kolonnen mit.
Sce Fayne Deutschlands weht noch immer. Winterliche Kälte. Mangel an Nahrung, Fieber, Verwundungen rissen Lücken in die Schar der Verteidiger. Fiebernd ruhen die Verletzten und Kranken hinter den Felsen.
Aber die Fahne weht nock aus dem Moraberg.
Sie flattert noch im Frühfahr 1916, das in Kamerun schon im Februar wohltuende Sonnenwärme und erfrischenden Regen bringt.
Die Männer unter der Fahne sind arg mitgenommen, die zerfetzten Uniformen schlottern um die abgemagerten Körper, der Hunger schwächt sie Aber keiner murrt. Die schwarzen Soldaten vertrauen ihrem Hauptmann. Er will den Berg halten -- ein Schuft, wer ihn im Stiche ließe!
Vis am 18. Februar abermals englische Parlamentäre erscheinen. Die Reste der deutschen Schutztruppe haben Kamerun verlassen und sind auf spanisches Gebiet übergetreten. Der Krieg in Kamerun ist beendet.
Da darf auch Raben die Waffen strecken. In straffer Ordnung marschiert die kleine Truppe aus ihrer Stellung. Die Truppen des Gegners präsentieren das Gewehr vor dieser Heldenschar, und die steinernen Zauberer auf der Kuppe halten die Wacht über den Gräbern der Gefallenen, die auf dem Berge Zurückbleiben.
Schweigend trennen sich die Askaris von ihren deutschen Offizieren, die als Gefangene fortzrehen müssen. Aber noch heute fingt das Volk in Kamerun das Heldenlied des verlorenen Haufens vom Morabera.