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Nagolvcr Taqblatt „Der Gciclüchaii
Samstag, den 4 Mürz 1939
Balevcra —
Las Neapel Spaniens
Von Alexander Stelzmann.
Valencia, die Viertelmillionenstadt an der spanischen Ostrüste, gilt voraussichtlich als das nächste Endziel der Reconquista, der Wiedereroberung Spaniens durch Franco. Damit wiederholt sich der geschichtliche Vorgang von der Rückeroberung der spanischen Halbinsel aus der Gewalt Asiens.
Vom 9. bis zum 15. Jahrhundert galt es, das Gebiet aus arabischen Händen zu befreien, eine Aufgabe, die mit dem Fall Granadas im Jahre 1492 durch die beiden sog. katholischen Könige endgültig gelöst wurde. Dieses Mal geht es wieder um den endgültigen Hinauswurf der neuzeitlichen Einfuhr des asiiatisch-tartarischen Bolschewismus, der mit dem weit vorgeschobenen Sappenposten Madrid noch immer mitten im Herzen des Landes sitzt und über das altmaurische Königreich Valencia den unmittelbaren Anschluß ans Mittelmeer und weiterhin die rückwärtige Verbindung mit Rußland aufrecht erhält.
Die Zerdrückung dieses Keils beginnt wohl mit der Abquetschung Madrids und der Besetzung der Bahnlinie Madrid — Aranjuez — Alcazax —Albacete—Alcira—Valencia. Die häufige Wiederkehr der arabischen Ortsbezeichnungen ist gleichzeitig ein Hinweis auf die Zeiten der arabisch-maurischen Herrschaft.
Bei Valencia tritt das Küstengebirge zurück und macht einer Ebene Platz, die infolge der Aufrechterhaltung des unübertrefflichen arabischen Bewässerungssystems noch heutzutage ein Garten Eden ist.
Wer auf dem uralten Domturm, dem Miguelete, Ausschau hält, dessen Blick schweift von dem Burgberg des römischen Sagunt im Norden nach Westen die Umrisse des hier zurückebbenden Gsbirgs entlang und endet im Süden mit den verblauenden Bergen hinter dem Ort Alcira.
Dazwischen dehnt sich an den Flanken des „weißen Flusses", des Euadalaviars, die Huerta de Valencia, „der Garten Valencias", in üppiger Fülle, bis ihm das große Haff der Albufera südlich der Stadt halt gebietet.
An einem bestimmten Wochentage tritt vor dem Apostel- tor der Kathedrale mittags das Wasfergericht seit den Tage« der Mauren unter freiem Himmel zusammen. Der freigewählte Vorsitzer und die Beisitzer sind Bauern, die ohne Kosten und Akten mündlich die Streitfälle entscheiden. Hat der Gerichtsdiener die Parteien aufgerufen, ist ihr und der Zeugen Verhör zu Ende, so berät der Gerichtshof öffentlich und verkündet den Beschluß. Nimmt man das Urteil nicht a», so bekommt man kein Wasser. Kanalaufseher bewachen das betreffende Feld und achten daraus, daß der Urteilsbeschluß befolgt wird.
Einfache weißgetünchte, ebenerdige Häuser, mit Schilf und Stroh gedeckt, erinnern an deutsche Bauernhütten. In ihnen ist der nüchterne und arbeitsame spanische Peon, Ackerer, daheim.
Inmitten dieser grünenden und blühenden Welt — reift doch die Apfelsine zu gleicher Zeit am nämlichen Baum, wenn der köstliche Duft der weißlichen Blüten sich ausbreitet? — baut sich die weiße Stadt auf.
lieber ihren flachen Dächern ragen die bunten Fliesen der Türme und Kuppeln und stechen mit schillerndem Glast ins Licht der Sonne. Wir bewegen uns bei Valencia auf den Breiten südlich Neapels, und dementsprechend sind die Häuser und Paläste gebaut, Auch die Engheit der Straßen dient dazu, der Macht der allzu freigebigen Sonne zu steuern. Nur spärlich sind hier breite Straßenzüge vertreten, wie etwa die mafestätifche und geräumige Ringstraße. Sie folgt dem alten Mauerring, der einst die alte Araberstadt behütete.
Der Verkehr geht über das meistens trockene Bett des Euadalaviar, in dem sich die Steine wie trockene Knochen lagern, durch das altrömische Stadttor „Torres der Ser- rano". Zwei wuchtige zinnengeschmiickte Türme mit prächtigem gotischem Maßwerk und einem Wächtergang ringsum bewachen den Eingang. Lang ist der Weg, aber nicht ermüdend, weil er auf Schritt und Tritt Neues, Ungewohntes bietet.
Valencia behütet einen Hort von Schätzen der Kunst und Wissenschaft. Die Bibliothek der altertümlichen Universität birgt Kobarkeiten in ihren Handschriften und viele Wiegendrucke, darunter zahlreiche Ritterromane, wie sie im Don Quichotte erwähnt werden. Ihr gegenüber erhebt sich der Prachtbau im Renaissancestil eines Herrera, der als Patriarchenkolleg bekannt geworden ist.
Valencia, das Neapel Spaniens, wetteifert in seiner Lebensfreude und der Reihe schöner Feste mit der lebensfreudigsten Stadt Italiens. Es ist der Sitz der berühmt gewordenen Blumenspiele im Juli jedes Jahres, die das Vorkriegsdeutschland als Kölner Eürzenich-Vlumenspiele mit- rererte.
Valencia ist aber auch die Stadt des heldischen Cid, der es den Arabern — allerdings durch Verrat — abnahm. Es nennt sich deshalb noch el Valencia del Cid. Fünf Jahre nach dem Fall der Stadt segnete der Held das Zeitliche. Seine Gemahlin bemühte sich, die Stadt zu halten, mußte aber mit dem Leichnam ihres Mannes hoch zu Pferde weichen.
Erst wenn man die wenigen Kilometer bis zum Hafen Grao mit der Elektrischen zurücklegt, wird man sich der Bedeutung Valencias als Seehafen bewußt. Hier schlägt seine andere Pulsader, die allerdings seit den letzten drei Jahren durch die Roten unterbunden worden war.
lem aus den Vereinigten Staaten und im Aufträge der Sowjetunion Baumwolle, die von den Textilfabriken Kataloniens verarbeitet wurde, damit viele Schiffsladungen mit Stoffballen nach Rußland gebracht werden konnten. Da vorausblickende Betriebsführer sich bemühten, statt des immer wertloseren roten Geldes möglichst viel Rohstoffe zu lagern, und die Produktion dadurch außerordentlich sank, kamen die roten Machthaber auf den Gedanken, den Arbeitern von Textilfabriken Lebensmittel in Höhe von 6 o. H. des ausgeführten Warenwertes nach jeder Lieferung zu verkaufen. Unter Ausnutzung des Hungers wollte man also die Arbeiter zu größeren Leistungen anspornen.
Zum Glück für das spanische Volk sind die katalanischen Fabriken durch das rasche Vorgehen der nationalen Truppen zum weitaus größten Teil gerettet worden. Gewiß, in Sabadell hat man zum Beispiel fünf Textilfabriken in Brand gesteckt, in Eranollers eine andere, die allein 1500 Menschen beschäftigte; Städte wie Tortosa und Figueras sind gänzlich zerstört; aber in Barcelona selbst und in Katalonien im allgemeinen sind die meisten Maschinen gerettet worden, und viele Stammarbeiter haben sich wieder eingefunden, so daß mit beachtlicher Schnelligkeit die Produktion wieder ausgenommen und nun im Sinne der nationalen Erfordernisse gelenkt werden kann. Wie nach der Eroberung des Nordens die Eisen- und Kohlenbergwerke, Hochöfen und Fabriken in Kürze ein Mehrfaches leisteteil als während der roten Zeit, deuten alle Bemühungen und bisherigen Maßnahmen darauf hin, daß das wichtigste spanische I n d u st r i e g e b i e t, Katalonien, schon bald mit vollem Einsatz für Nationalspanien arbeiten wird.
Die katalanische Textilindustrie konnte früher nicht nur den Bedarf des Landes decken, sondern beträchtliche Mengen zur Ausfuhr bringen, zum Beispiel allein Baumwollwaren im Werte von jährlich etwa 50 Millionen Goldpeseten. Dank der Arbeitsamkeit, Fähigkeit und Ausdauer der Katalanen haben die Textilfabriken von Sabadell und Tarrasa eine Leistungshöhe erzielt, die hinter derjenigen der besten Textilländer durchaus nicht zurückblieb. Sehr bedeutend sind für Nationalspanien ebenso die katalanischen Kork- und Metallfabriken, Elekrizitätswerke, Elektro-, chemische und pharmazeutische Industrie, die Fabriken von Kunstseide, Wäsche aller Art, Strümpfen, Baumaterialien, Seife und viele andere, die der katalanische Ge- werüefleiß zu beachtlichen Leistungen brachte.
Glücklicherweise sind noch genügend Rohstoffe gefunden worden, zum Teil sogar ansehnliche Mengen von halb- verarbeiteten Fabrikaten, um die Bedürfnisse des Anfangs zu decken. Schwierige Aufgaben stellen sich je
doch, um Rohstoffe, vor allen Dingen Baumwolle und Kohle für längere Zeit sicherzustellsn. 2n verschiedenen sonst gar nicht francofreundlichen Ländern rechnet man damit, durch die wirtschaftliche Abhängigkeit in der Beschaffung einiger Rohstoffe von Nationalspanien auch politische Konzessionen erzwingen zu können. Franco und die Männer um ihn sind jedoch entschlossen, nur auf dein Wege eines gesunden Handelsaustausches zwischen gleichberechtigten Partnern die Bedürfnisse Spaniens zu decken. Mit Recht. Denn der lange Bürgerkrieg, der ungeheure Summen verschlang, hat gezeigt, was das spanische Volk zu leisten vermag und wie unerschöpflich die natürlichen Reichtumsquellen, vor allem Bergwerke und Landwirtschaft, sind. Wenn Franco aus einem Teilgebiet Spaniens die Mittel zu so riesigen Leistungen beschaffen konnte, so wird dies um so leichter sein, nachdem einmal ganz Spanien iin nationalen Staate zusammengesaßt ist und nach nationalsyndikalistischen Grundsätzen arbeitet. Die gewaltige Kraftentfaltung des spanischen Volkes wird auch nach der Beendigung des Krieges Wunder wirken.
Der landwirtschaftliche Reichtum Kataloniens steht hinter dem industriellen kaum zurück. Es wird jedoch eine angestrengte Arbeit nötig sein, bis die Schäden einer unvorstellbaren Vernachlässigung überwunden sind, sind doch im hungernden Katalonien 50 bis 60 v. H. der Felder und Kulturen nicht bestellt oder nicht gepflegt worden! Wertvoll werden sich schon in kurzer Zeit die besser behandelten Küstengebiete auswirken, wo so viel Gemüse und Frühkartoffeln angepflanzt werden, daß in normalen Zeiten allein nach England Frühkartoffeln im Werte von jährlich 10 Millionen Eoldpeseten, nach Frankreich große Mengen Gemüse geliefert werden konnten.
Das Olivenöl Kataloniens machte fast ein Drittel der spanischen Oelausfuhr aus. Die Haselnüsse der weiten Pflanzungen der Provinz Tarragona waren ein wichtiger Exportartikel. Der Weinder Provinz Tarragona ist weltbekannt. Die Korkeichen Kataloniens bestimmten Spaniens Stellung als zweites Korkland der Welt nach Portugal. Im Ebrodelta liegen ausgedehnte Reisfelder. Dazu ist Katalonien reich an Früchten. Es bietet sich also ein landwirtschaftliches Panorama, das ebenso unverständlich erscheinen läßt, daß in einem solchen Gebiet Menschen Hunger leiden mußten, wie es heute zu erkennen gibt, daß Franco für Spanien ein Land von unschätzbarem Wert zurückgewonnen hat. Man unterläuft keiner Gefahr des Irrtums, wenn man behauptet, daß die Katalanen nach den zweiundeinhalb Jahren bolschewistischer Erfahrung für alle Zeiten vom Marxismus und Separatismus geheilt sind und im Rhythmus des neuen Svaniens mit vollem Einsatz Mitarbeiten werden. W. F. W.
Wirtschaftliche Ursachen der Landflucht
Dem spanischen Volke gerettet
Kataloniens Wirtschaft» eine unerschöpfliche Quelle der Rohstoffe
Von dem in Spanien befindlichen NSK.-Sonderberichterstatter
RSK. In einer der schönsten und breitesten Straßen Barcelonas, der Diagonal, blieb nach der Befreiung durch die Truppen Francos ein „Büro für den Handelsaustausch mit Rußland" zurück. Der Luxus der Räume mit all den Klub- Asseln, wertvollen Teppichen und kostbaren Raucheruten- Mlien bildete einen eindrucksvollen Gegensatz zu der Armut und Not, die ringsum zu beobachten war. Es gehört nicht wiel Phantasie dazu, sich in diese dicken Klubsessel opulente Äuden hineinzudenken, die nun während der roten Herrschaft die Geschicke des spanischen Volkes weitgehend bestimmen konnten.
Tatsächlich war die katalanische Industrie — das bedeutet im besonderen die Textilindustrie — vorwiegend zur Arbeit für die UdSSR, eingespannt. Die Schiffe brachten vor al-
^ Neichshauptamtsleiter Dr. Hermann Neischle schreibt . in der DAZ.:
! Es ist ein verhängnisvoller Irrtum, zu glauben, die Landflucht habe lediglich seelische und geistige Ursachen. Gewiß , ist die Haltung des bäuerlichen Menschen und des Landar- j beiters letztlich entscheidend, denn „Flucht" ist eine Angele- ! genheit der Haltung des Menschen. Aber es ist ein Unter- i schied, ob jemand aus Feigheit flieht oder deswegen, weil ; ihm mangels geeigneter Waffen jeder männliche Wider- ! stand einfach unmöglich geworden ist. Jeglicher Widerstand, also auch der gegen die Landflucht, ist schließlich neben seelischen und geistigen auch von gewissen technisch-materiellen - Voraussetzungen abhängig. Es ist deswegen notwendig, sich j gerade bei einem so wichtigen Problem, wie es die Land- l flucht wirtschaftlich und völkisch gesehen, darstellt, auch über j die wirtschaftlichen Ursachen klär zu werden. Denn, wenn die „Armut von der Poverteh" kommt, so wird man eben die „Poverteh" beseitigen müssen!
Wie bei fast allen volkswirtschaftlichen Problemen gibt es auch bei der Frage der Landflucht nicht nur eine Ursache, sondern viele. Teilweise laufen die Ursachen nebeneinander her, teilweise überschneiden sie sich und sicher beeinflussen sie einander, wobei sich ihre Wirkung erfahrungsgemäß verstärkt. Wichtigste Ursache der Landflucht ist die Unterbewertung der bäuerlichen und landwirtschaftlichen Arbeit. Dis Tatsache dieser Unterbewertung wird in Deutschland seit-dem letzten Reichsbauerntag in Goslar wohl von niemandem mehr bestritten. Lediglich über das Ausmaß der Unterbewertung kann man verschiedener Meinung sein, wobei aber wiederum Einigkeit darüber besteht, daß die Landwirtschaft insgesamt mehrere Milliarden RM. Einkommen zu wenig bezieht, wenn man das landwirtschaftliche Einkommen mit dem Volkseinkommen in Beziehung setzt. Die Ursache „Unterbewertung" birgt in sich eine ganze Reihe weiterer Ursachen der Landflucht.
Wenn der Bauer aus dem Verkauf seiner Erzeugnisse nicht genügend erlöst, kann er weder ausreichende Löhne an seine Landarbeiter und an die mithelfenden Familienangehörigen zahlen, noch kann allgemein auf dem Lande ein Lebenszuschnitt erreicht werden, wie er für den Städter — namentlich aber den Großstädter — selbstverständlich geworden ist. Das gilt für die Wohnung wie für kulturelle Einrichtungen, für die Freizeitgestaltung wie für die maschinelle Unterstützung und Intensivierung der Handarbeit, die nun einmal für bäuerliche Arbeit entscheidend bleibt. Alle Maßnahmen bleiben „Theorie", wenn der wirtschaftliche Unterbau fehlt.
Hinzu kommt als weitere wirtschaftliche Ursache, daß bäuerliche Arbeit nicht nur hart ist, sondern auch durchschnittlich erheblich länger dauert als die Arbeit in Büro und Fabrik. Eine Arbeitszeit von zwölf und mehr Stunden ist mindestens heute auf dem Lande die Regel. Die Bauersfrau muß heute sogar erheblich mehr leistem Mehr arbeiten und weniger verdienen, das ergibt schließlich einen verstärkten Antrieb zur Landflucht, zumal nun noch eine Unterschätzung der bäuerlichen Arbeit selbst hinzukommt. Sehr zu Unrecht wird nämlich — auch heute noch — die bäuerliche Handarbeit als zweitrangig, als irgendwie primitiv und nicht „fein" angesehen.
Sodann fehlt es an Aufstiegsmöglichkeiten. Schließlich will jeder strebsame Mensch im Leben vorankommen, auch der Landarbeiter und der bäuerliche Nachwuchs. Er will rechtzeitig eine Familie gründen, vielleicht auch einmal „selbständig" werden. Voraussetzung dafür ist nicht nur ein ausreichender Verdienst, sondern auch eine Wohnung, für den Bauern und Landarbeiter aber nicht zuletzt auch eine „Ackernahrung". Daß der Verdienst knapp ist, wurde bereits erwähnt. Daß die ländlichen Wohnungsverhältnisse vieles zu wünschen übrig lasten, ist bekannt. Und daß es schwer ist ' — wenn nicht teilweise überhaupt unmöglich —, genügend Siedlungsraum zur Verfügung zu stellen, ist allen klar, die
wissen, -ätz wir ein „Volk ohne Raum" find. Daß schließlich unsere Siedlungsmethode noch kapitalistisch ist, hat der Reichsbauernführer in Goslar festgestellt.
Wer alle diese wirtschaftlichen Ursachen dieser Landflucht sieht, wird gezwungen, sie zu bekämpfen. Der Reichsnährstand hat in den letzten Jahren nichts unversucht gelasten, zu seinem Teile die Ursachen der Landflucht abzuschwächen oder zu beseitigen. Aber weder er selbst noch das Bauerntum können aus eigener Kraft die Unterbewertung der landwirtschaftlichen Arbeit beseitigen. Hier handelt es sich um eine Aufgabe, die der ganzen Volkswirtschaft gestellt ist und nur von der ganzen Volkswirtschaft gelöst werden kann. Jhre Lösung erfordert sozusagen einen inneren Umbau der Wirtschaft, den Abbau überhöhter Kosten, die Beseitigung kostspieligen Leerlaufs, die Eindämmung jeglicher, die Gesamtheit belastender unproduktiven Arbeit und — als notwendige Ergänzung — die Steigerung des landwirtschaftlichen Einkommenanteils. Alle diese Aufgaben können nicht von heute auf morgen gelöst werden. Aber wir dürfen davon überzeugt sein, daß der Nationalsozialismus sie lösen wird. Die an den Bauern und Landarbeiter gerichtete Mahnung, nicht fahnenflüchtig zu werden, ist deswegen keine billige und leere Forderung, sondern ein Appell an den Menschen und seine Haltung, der durch praktische Maßnahme« und eingelcitete Bemühung:n bereits fundiert wird.
Rückgang der Grippe
Stuttgart, 2. März. Der Leiter der Allgemeinen Ortskrankenkasse Stuttgart berichtete dem Beirat seiner Verwaltung über die Entwicklung und den Verlauf der Grippe-Erkrankungen. Der Krankenstand sei von 3,11 v. H. im Durchschnitt des Monats Dezember 1938 auf 4,76 v. H. im Monat Januar 1939 hinaufge- schnellt und habe Mitte Februar einen Höchststand von 7,83 v. H. erreicht. An einzelnen Tagen seien über 1000, einmal sogar 1732 Krankmeldungen erfolgt, während die durchschnittliche Zahl der Krankmeldungen etwa 380 betrage. Dabei seien nur die Krankheitsfälle gezählt, die Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatten. In der zweiten Februarwoche seien 3270 Erippefälle, in der dritten Februarwoche 8823 Erippefälle und in der vierten Februarwoche 3078 Erippefälle gemeldet worden. Man könne auch heute noch nicht davon reden, daß die Grippe im Abklingen sei, nachdem am Montag noch 436, am Dienstag 268, am Mittwoch 388 und am Donnerstag 180 neue Erippefälle gemeldet worden seien. Immerhin habe der Zugang an Erippefällen erheblich nachgelassen. Die Gesamtzahl der arbeitsunfähig erkrankten Kas- jenmitglieder habe im Durchschnitt des Monats Dezember 8187 betragen, sei im Durchschnitt des Monats Januar auf 9328 gestiegen und habe am 18. Februar mit 13 482 den Höchststand erreicht, ein Krankenstand, der in den letzten zehn Jahren von der Kaffe nicht erlebt worden sei.
Heber die Ursachen dieser Erippe-Epidemie würden die Meinungen auseinandergehen. Die Grippe sei im allgemeinen gut- artig verlaufen. Man habe aber die Wahrnehmung gemacht, daß Versicherte, welche die Grippe nicht ausgeheilt haben, nach kurzer Zeit rückfällig geworden seien.
Die finanzielle Auswirkung der Grippe könne noch nicht übersehen werden. In der Hauptverwaltung und in den Geschäftsstellen seien in der letzten Woche an 10 899 Versicherte 269943 RM. Krankengeld ohne die übrigen Barleistungen gezahlt worden. Die finanzielle Situation der Allg. Ortskrankenkaste Stuttgart sei aber trotzdem durchaus gesichert. Die Kaste sei nach ihrem Vermögen auch durchaus in der Lage, diese außerordentliche Belastung durchzuhalten.
Württemvergische Bevölkerungsstatistik
Geburtenzahl stieg erheblich
Nach mehrjährigem Ansteigen ist, laut Mitteilungen des Statistischen Landesamts, im 4. Vierteljahr 1938 die Zahl der Eheschließungen erstmals wieder etwas abgesunken: sie belief sich