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Nr. 53
Freitag, äen 3. März 1939
113. Jahrgang
Pacelli zum Papst gewählt
Nom, 2. März. Der im dritten Wahlgang des Konklave gewählte nene Papst ist der bisherige Kardinal-Staatssekretär Pacelli, der als Papst den Namen Pius XU. angenommen hat.
Um 17 llhr kündete die traditionelle „Sfutmata", ein leichter weißer Rauch auf dem Kamin der Sixtinischen Kapelle, die erfolgte Wahl an. Fast gleichzeitig teilte der Ansager über die Lautsprecher der Menge auf dem Petersplatz mit, daß der Kardinal-Dekan in etwa einer halben Stunde von der Hauptloge der Peterskirche aus „urbi et orbi" den Familiennamen des neugewählten Papstes und den Namen bekanntgeben wird, den er für sein Pontifikat angenommen hat.
Eugen Pacelli, nunmehr Papst Pius XII-, der am 2. März 1876 in Rom als Sohn eines päpstlichen Konviktorial-Advoka- ten geboren wurde, erhielt am 2. April 1899 die Priesterweihe. Bereits als junger Priester seit 1901, war er im päpstlichen Staatssekretariat tätig. In den Jahren 1969 bis 1914 lehrte er als Professor für kirchliche Diplomatie an der päpstlichen Akademie der Nobili Ecclesiastici. 1917 wurde er als Sukkurar-Erz- bischof von Sardes Nuntius in München, drei Jahre später ging er in der gleichen Eigenschaft nach Berlin. wo er die
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Nuntiatur bis 1829 inne hatte. 1929 wurde er von Papst Pius XI. zum Kardinal ernannt und ei» Jahr später zum Kardinal- Staatssekretär.
Polen und Italien
Festignng der Freundschaft
Rom, 2. März. Das Schluß-Lommuniqu« über de« Besuch des italienischen Außenministers Graf Ciauo i« Pole» findet in den römischen Morgenblättern besondere Beachtung. Es wird dabei unterstrichen, daß „Ordnung und Gerechtigkeit die wesentlichen Ziele der Politik Italiens und Polens" bilden. Der Besuch habe, wie „Popolo di Roma' betont, dazu beigetragen, die zwischen den beiden Ländern bestehenden Bindungen einer natürlichen Freundschaft noch mehr zu festigen. Es wird hervorgehoben, daß Polen das nördliche Bollwerk gegen jeglichen astatischen Einfluß bilde und ein von westlichen Interessen unabhängiger Faktor sei, der sich nicht in politische Pläne verwickeln lassen dürfe, die seinen Notwendigkeiten und feiner besonderen geographischen Lage nicht entsprechen würden. Polens politische Aktion, so hebt auch der Sonderberichterstatter des „Messaggero" hervor, werde im Gegensatz zu gewissen Behauptungen des Auslandes durch das Verhältnis zu Frankreich keineswegs einseitig gebunden, sondern entfall sich vollkommen frei und un- abhängig. Für Gras Ciauo handelte es sich nicht darum, Verträge abzuschließen oder besondere Fragen zu lösen, sonder» die bestehende jahrelange Freundschaft zu vertiefen.
Marschall Petain Botschafter bei Francs
Paris, 2. März. Der Ministerrat hat auf Vorschlag des Ministerpräsidenten Daladier und des Außenministers Bonnet den Marschall Petain zum französischen Botschafter bei der nationalspanischen Regierung ernannt.
Den Blättern zufolge soll Petain trotz seines hohen Alters von 83 Jahren den Auftrag wenigstens für einige Zeit angenoin- men haben. Die Pariser Presse benutzt diese Gelegenheit, um ihrer Genugtuung über diese Wahl Ausdruck zu geben und noch einmal die Laufbahn Petains in Erinnerung zu bringen.
Die „Epoqne" ist der Ansicht, daß die französische Negierung den zukünftigen Beziehungen zwischen Frankreich und Spanien einen besonderen Glanz verleihen wolle, indem sie Marschall Pstain zum Vertreter Frankreichs ernannte.
Der Sitz der neuen französischen Vertretung in Spanien ist noch nicht festgelegt. Man erinnert in diesem Zusammenhang an den Platzmangel in Vurgos und rechnet unter diesen Umständen damit, daß die französische Vertretung sich ebenso wie die deutsche, italienische und zahlreiche andere sich in San Sebastian niederlassen werde.
Die Ernennung des Marschalls Petain zum Botschafter in Burgos ist nicht, wie ursprünglich verlautete, irgendwie zeitlich begrenzt. Marschall Philippe Petain wird im April 83 Jahre alt. Im Weltkrieg ist sein Name mit der Verteidigung von Verdun verknüpft. 2m April 1917 wurde er zum Chef des Ee- neralstabes und kurz daraus zum Generalissimus ernannt. Im November 1918 erhielt er den Marschallstab. 1934 war er Kriegsminister. Viele Gegner der Volksfront sahen in der darauffolgenden Zeit in ihm ein Symbol der Erneuerung und Einigung, doch ist er in politischer Hinsicht nur in Aufrufen an die Oeffentlichkeit getreten, die an die Jugend gerichtet waren, zur Einigkeit mahnten oder der Idee des französischen Imperiums galten.
Paris glaubt nicht an Widerstand
Sind die Rote» zu weiterem Widerstand fähig?
Paris, 3. März. Havas berichtet aus de« Wandelgängen der Kammer, die Teilnehmer an der Sitzung des Auswärtigen Ausgusses hatte« aus den Berichten, die Außenminister Bannet ihnen über die Lage in Rotspanien zur Kenntnis brachte, den Eindruck gewonnen, daß der Widerstand der Bolschewisten nrcht mehr lange dauern könnte. Der Befehlshaber der roten Truppen, Miaja, der die Seele des Widerstandes gewesen sei, habe fernen Posten aufgegeben. Die „höheren Offiziere", die sich noch rn Madrid befänden, seien der Ansicht, daß die Fort- setzung des Kampfes unmöglich sei. Der „Oberst" t^assado, der jetzt das Kommando in Zentralspanien habe, sei einer der unbedingtesten Befürworter sofortiger Ein- der Feindseligkeiten. Er habe bereits Schritte unternommen, um ferne bevorstehende Abreise mrch (Frankreich z» sichern, von wo er sich nach Amerika begeben werde. Wie weiter bestätigt wird, hat die französische Regierung auf ihre dringenden Ersuchen an mehrere ausländische Regierungen, eine Anzahl rotspanischer Flüchtlinge aufzunehmen, bisher nur negative Antworten erhalten. Nur einige wenige Regierungen hätten versprochen, einen finanziellen Beitrag für die is nt-r- Haltung der Flüchtlinge zu leisten.
Die britische Luftaufrüstung
London, 2. März. Der Haushaltsvoranschlag der britische« Luftwaffe für 1939, der sich auf 226 Millionen Pfund beläuft, stellt die höchste Ausgabe dar. Re jemals r» Frie
denszeiten für die britische Luftwaffe gement worden ist und übersteigt die Haushalte für Flotte und Armee um VV Lzw. 79 Millionen Pfund. 1934 wurden für die Luftwaffe etwas über 17 Millionen ausgegeben, so daß sich die Ansgabe« für Rest Waffe in fünf Jahren verdreizehnfacht haben. Die Erhöhung gegenüber dem Vorjahr beläuft sich auf mehr als 50 v. H.
Am Ende des Finanzjahres 1938 verfügt die britische Heimatluftwaffe über 1750 Frontflugzenge. Die entsprechenden Zahlen für die Ueberseeluftwaffe sind nicht bekannt. Von den Ausgaben für das Kriegsmaterial, deren genaue Höhe nicht angegeben ist, kann man sich eine Vorstellung machen, wenn man bedenkt, daß nach Abzug der für diese Zwecke aus der Rüsiungsanleihe zu verwende« Mittel rnnd 115 Millionen Pfund, d. h. 43 Millionen Pfund mehr als im Vorjahre, aufgewendet werden sollen. Der Mannschaftsbestand der Luftwaffe, der 1934 nur 30 000 Manu betrug, wurde bis Ende des Jahres 1938 auf 96 000 Mann er- höht, während für das Jahr 1M9 eine weitere Erhöhung auf 118 000 Mann vorgesehen ist. Dazu kommt noch die Freiwilligen- Reserve, die nach bisher vorliegenden Zahlen über annähernd 3000 Piloten verfügt. Auch hier rechnet man mit einem stärkeren Zuwachs im kommenden Finanzjahr. Die Ballonsperre verfügt jetzt über zehn Geschwader für den Bezirk Groß-London, während 37 Geschwader, die auf die wichtigsten Industriegebiete verteilt werden, in der Bildung begriffen sind.
Deutschland
wieder in der Donau-Kommission
Abkomme« in Bukarest unterzeichnet
Bukarest, 2. März. Am Mittwoch abend wurde im Vukarester Außenministerium ein Abkommen unterzeichnet, durch das Deutschland wieder in die europäische Donau- Kommrssrou eintritt, in der es seit dem Diktat von Versailles nicht mehr vertreten war. Das Abkommen Unterzeichnete im Namen des Deutschen Reiches der deutsche Gesandte, rumänischerseits Außenminister Eafencu. Für die übrigen Mitgliedsstaaten der Kommission, und zwar für Italien, England und Frankreich Unterzeichneten deren Vukarester Gesandten. Gleichzeitig hat Italien den Beschlüßen der Tagung von Si- naia der europäischen Donau-Kommission zu gestimmt. Dieses im August 1938 getroffene Abkommen, das zunächst nur von Rumänien, England und Frankreich unterzeichnet worden war, stellte auf der unteren Donau von Vraila bis zur Mündung die volle staatliche Hoheit Rumäniens wieder her und beschränkte die Rechts der europäischen Donaukommisston dahingehend, daß sie in Zukunft die Schiffahrt und die Arbeiten zur Instandhaltung der schiffbaren Wasserrinnc zwar überwacht und leitet, jedoch keinerlei vollziehende Gewalt mehr ausübt, die völlig auf den rumänischen Staat übergegangen ist. Bei der Unterzeichnung des Abkommens hielt Außenminister Gafencu eine Ansprache, in der er den Eintritt des Deutschen Reiches in die Donau-Kommission warm begrüßte und seiner Genugtuung darüber Ausdruck gab, daß nunmehr das Abkommen von Sinai« i« Kraft treten könne.
Nmftrrrzpläne für Belgien?
Die Internationalen Brigaden als „Kerntruppe- der Revolution
Brüssel, 2. März. „Bingticme Siecle" bringt bemerkenswerte Enthüllungen über die bolschewistischen Zuknnstspliine hinsichtlich der Weitervcrwendung der Jntcrnatio nalen Brigade nach Beendigung der Kämpfe in Spanien. Rach den Anweisungen der Komintern sollen die Kommunisten der Internationalen Brigade als „Kerntruppe" in Frankreich Belgien und anderen Ländern verwendet werden. Zu diesem Zweck sei in Belgien ein „Freiwilligen-Verband der Freiheit- gebildet worden. Die erste Abteilung von 500 Mann der für Belgien bestimmten Kommunisten sei bereits in Lille eingetros- ftn. Sie seien bewaffnet und erwarten einen geeigneten Augenblick, Re sranzösisch-belgische Ercuze zu überschreiten.
Die Kommmunistische Partei Belgiens habe die notwendige» Maßnahmen getroffen, um den bolschewistischen Stoßtrupp zu empfangen und in der belgischen Hauptstadt in vier Sektoren zu verteilen. Zum Befehlshaber sei ein Jude aus Polen bestimmt worden Das Blatt weist im übrigen darauf hin, daß schon jetzt ein Drittel der gesamten Kommunistischen Partei Belgiens ans Fremden besteht. Die belgische Regierung wird aufgefordert, scharfe Maßnahmen gegen die bolschewistischen Machenschaften zu ergreifen.
Der Fürst von Liechtenstein beim Führer
Berlin, 2. März. Am Donnerstag morgen traf der Fürst von Liechtenstein zu einem Besuch beim Führer in der Reichshauptstadt ein. Zur Begrüßung auf dem Anhalter Bahnhof hatten sich im Auftrag des Führers Staatsminister und Chef der Präsidialkanzlei Dr. Meißner, im Auftrag des Reichsministers des Auswärtigen von Ribbentrop der Chef des Protokolls, Gesandter von Doernberg, eingefunden. In der Begleitung des Fürsten von Liechtenstein befinden sich Regierungschef Dr. Hoop, der stellv. Regierungschef Dr. Vogt, Kabinettsdirektor Martin und Kabinettssekretär Ritter.
Der Führer empfing den Fürsten von Liechtenstein zusammen mit seinem Regierungschef Dr. Hoop mittags in der neuen Reichskanzlei, wo ihm im Ehrenhof eine Ehrenwache des Heeres militärische Ehrenbezeugungen erwies.
Vorher hatte der Fürst von Liechtenstein am Ehrenmal Unter den Linden einen Kranz niederaelegt und anschließend dem Reichsminister des Auswärtige» von Ribbentrop einen Besuch abgestattet. Der Reichsaußemminfier gab zu Ehren des Gastes ein Frühstück ün Hotel Kafferhos.
Der Fürst von Liechtenstein, Franz Joseph I!., hat seit dem 25. Juli vergangenen Jahres, dem Todestage seines am gleichen Tage verstorbenen Großonkels, die Regierung des Fürstentums übernommen. Das Fürstentum Liechtenstein, das zwischen Vorarlberg und der Schweiz gelegen ist, wurde ja an dem Tage, da Oesterreich ins Reich heinikehrte, ein direkter Nachbar Deutschlands. Die Beziehungen, die zwischen dem Reich und dem Fürstentum bestehen, reichen jedoch weit in die Geschichte zurück.
Der Staat Liechtenstein, der nur wenig über 19 006 Einwohner hat und slächenmäßig ein Gebiet von 157 Quadratkilometer umschließt, ist aus zwei jener reichsunmittelbaren
Gebiete yervorgegangen, deren es besonders im Westen uns Süden des alten Reiches eine große Anzahl gab. Fürst Hans Adam von Liechtenstein kaufte im Jahre 1699 die Reichsherrschaft Schellenberg und 13 Jahre später die Reichsgrasschaft Vaduz, um auf der Fürstenbank des Reichstages Sitz und Stimme zu erhalten. Kaiser Karl VT erhob im Jahre 1719 die beiden Länder zu einem „reichsunmittR- baren Fürstentum". Als damals die Reichsarmee ei» neues Kontingent erhielt, hatte Liechtenstein fünf Infanterist« zu stellen. Außerdem mußte das Fürstentum d« Kost« für einen balben Kavalleristen ausbringen.
Die Oberhäupter des Staates verbrachten jedoch die meiste Zeit ihres Lebens nicht in Vaduz, der Hauptstadt des Fürstentums, die heute etwas mehr als 1700 Einwohner zählt. Sie fühlten sich im Grunde in Wien zu Hause, wo Fürst Hans Adam von Liechtenstein auch die bekannte „Liechtensteinische Gemäldegalerie" gründete. Ernst Alois der Zweite, der von 1836 bis 1858 regierte, besuchte sein Land insgesamt nur zweimal auf kurze Zeit. Auch der im Jahre 1929 verstorbene Fürst Johann II. hat fich im Lasse seiner über 70jährigen Regierung nur sechsmal in Liechtenstein anfgehalten. Die neue reformierte Verfassung stammt «ns dem Jahre 1921. Danach ist Liechtenstein eine konstitutionelle, im Mannesftamm des Hauses Liechtenstein nach den Regeln der Erstgeburt erbliche Monarchie. Der Landtag besteht aus 15 Abgeordneten. Von 1806 bis 1814 gehörte Liechtenstein dem von Napoleon gegründeten Rhem- bund an. Es war dann von 1815 bis 1866 Mitglied des Deutschen Bundes, nach dessen Verfall es sich eng au Oesterreich anschloß. Von 1876 bis 1918 bildete es mit dem österreichischen Kronland Vorarlberg ein gemeinsames Steiler- gebist.