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Sir. 15
Srem-eulesio«Me verliere« Heimatrecht
Unser Schlußstrich unter 1V9 Jahre Fremdenlegion
Die Ausbürgerung, die jeden Deutschen ereilt, der in die
Fremdenlegion eintritt oder in ihr verbleibt, beendet ei«
Kapitel trüber Soldatengeschichte endgültig.
Schärfer als mit dem Ausbürgerungsgesetz für alle die, welche in der Fremdenlegion für andere Völker kämpfen und verbluten und ihre geistigen und körperlichen Kräfte dem Dienst an der eigenen Nation entziehen, konnte Deutschland keinen besseren Schlußstrich unter seinen Anteil an der nunmehr 109jährigen Geschichte der Fremdenlegion ziehen. Wer nach Erlaß des Gesetzes sich für die Fremdenlegion anwerben läßt oder nach Ablauf seiner gültigen Verpflichtungs- Zeit seinen Vertrag verlängert, der verliert nunmehr jedes Recht an feiner deutschen Heimat und jeden Schutz durch den deutschen Staat. Er wird staatenlos, d. h. recht- und heimatlos und ist damit eingereiht in jene traurige Legion von Emigranten, die vielfach zu schlimmen Landes- und Volksverrätern werden und als Kanonenfutter unter fremdem Befehl ihr Leben beschließen.
Es verlohnt sich, in diesem Augenblick einen Blick auf die vielfach trostlosen Zustände und erschütternde Vorkommnisse zu werfen, die seit der Entstehung der Fremdenlegion mit diesen auf der Welt einzig dastehenden Regimentern Zusammenhängen. Nichts kann diese Geschichte und diese Zustände besser charakterisieren als die ironische Anfrage eines frei und menschlich denkenden Franzosen beim französischen Kriegsministerium, weshalb über den Werbebüros für die Fremdenlegion nicht die Hölleninschrift Dantes angebracht sei: „Die Ihr hier eintretet, laßt alle Hoffnung fahren." Der französische Fragesteller hat nie eine Antwort bekommen. Anläßlich des 100jährigen Bestehens der Fremdenlegion im Jahre 1930 hat man für dieses Soldatenkorps den Begriff „Die Hölle auf Erden" geprägt und damit die Berechtigung jener ironischen Anfrage an das französische Kriegsministerium unterstrichen. Die Bezeichnung „Hölle auf Erden" konnte nicht ausbleiben. nachdem unter der Legionsfahne „Tapferkeit und Disziplin" (statt für Ehre und Vaterland, wie sonst auf dem französischen Banner steht). Tausende von Deutschen fielen, deren Gebeine im Wüstensande bleichen.
1830 entstand offiziell die französische Legion. Frankreich gibt heute unumwunden zu, daß es dieser Legion den größten Teil seiner Kolonien verdankt. Die 5000 Mann, die zu Beginn des Jahres 1831 nach Algier geworfen wurden und Frankreich in den Besitz von Algerien setzten, waren meistens alte Soldaten, die sich auf den Schlachtfeldern Europas ihre Erfahrungen und ihre Narben geholt hatten. Die Käuflichkeit der Truppe wurde schon damals, im Karlisten- kriege von 1836 durch die Abtretung unterstrichen, durch die Frankreichs König Louis Philipp sie dem spanischen König zum Kampf gegen den Kronprätendenten Larlos zur Verfügung stellte. Dieser Krieg hätte beinahe die Legion aufgerieben. Von den 7000 Soldaten, die in Tarragona landeten, kehrten nur 400 zurück.
Die spätere Organisation der Legion geht auf das Jahr 1884 zurück. Seit diesem Jahr führte die Truppe ununterbrochen für Frankreich Kolonialkriege, in Algerien und Marokko sowohl wie in Tonking und Madagaskar. Gegen geringen Lohn kämpften die Legionäre, die Leichtsinn und Abenteuerlust aus der Heimat hinaus getrieben hatten, gegen die Eingeborenen, opferten sich auf, wurden im Fieber zermürbt und kamen, meist früh gealtert, an Körper und Seele krank, wieder in ihre Heimat zurück, wenn die besten Mannesjahre verstrichen waren. Nur in den seltensten Fällen kamen sie voran, meistens lagen sie auf eintönigen trostlosen Vorposten, wurden zum Wegebau in der Sahara verwandt und mußten feststellen, daß sie einer grausamen Enttäuschung zum Opfer gefallen waren. Diese Enttäuschungen führten in vielen Fällen zur Gehorsamsverweigerung, die von den Militärgerichten mit furchtbaren Strafen geahndet wurden. Nach zahlreichen Berichten von Deutschen und anderen Ausländern, die in der Legion dienten und aus ihr zu entziehen suchten, stellte sich in manchen Jahren bei den Legionären eine Art von Delirium ein, in dem Enttäuschung und körperliche Strapazen selbst die besten Legionäre aufsässig werden ließ. Fast alle, auch die „guten" Legionäre, wurden und werden zuweilen mehr oder weniger heftig von derartigen körperlichen und seelischen Krankheitserscheinungen befallen.
Im Verlauf töten sich viele entweder selbst oder ihre Kameraden oder aber sie gehen tätlich gegen ihre Vorgesetzten vor. In der Legion ist dieses Delirium unter der Bezeichnung „Le cafard" (Käfer) bekannt. „Es ist", so berichtete einstmals ein amerikanischer Flüchtling aus der Fremdenlegion, „als ob ein Käfer im Gehirn herumkriecht. Je größer die Hitze, je monotoner der Dienst, je fürchterlicher die Ueberanstrengung, je forcierter die Märsche, desto toller kreist der Käfer im Gehirn umher." Selbstverständlich weichen die anderen Legionäre dem Besessenen aus. Es heißt dann „II anle cafard" (er hat den Käfer) und man nimmt sich vor ihm in Acht. Gewiß haben Verwendung und Zustände in der Fremdenlegion vielfach gewechselt. In jedem Falle aber empfand es jede Nation als eine Schmach, wenn ihre Angehörigen im Dienste fremder Völker sich verbluteten, auch wenn sie dabei mitunter tapfere Leistungen vollbrachten und für ihren Einsatz Anerkennung verdienten. Diese Leistungen wiegen die Verluste an Volkskraft nicht auf. Heutzutage, da die deutsche Nation jeden Mann braucht, ist die Ausbürgerung solcher „Fahnenflüchtiger" das beste und geeignete Mittel zur Unterbindung von Werbungen kür die Fremdenlegion.
' Wie lebt der englische König?
Ei« Tagesablauf — Nur wenig Umstände — Die Liste der Verpflichtungen
Auch die Engländer waren bis heute in der Regel der Ansicht, «s müsse ein wahres Vergnügen sein, König oder Königin zu ßpielen. Offenbar wollte man dieser Auffassung entgegentreten, als man sich entschloß, einmal etwas näher hinter die Kulissen «a» Buckingham-Palastes zu leuchten, um den Tageslauf bei ei- «em König und bei einer Königin zu enthüllen. Hören wir, was b«r Chronist uns zu erzählen weiß:
Der normale Tag beginnt bei König Georg VI morgens um 8Lp Uhr. Zuerst unternimmt er einen kurzen Spaziergang durch den Garten des Buckingham-Palastes. Sein Frühstück nimmt er meist allein ein. Es handelt sich um ein typisch englisches Frühstück mit Wurst, Eiern und einem recht starken Leylon-Tee. llm S .80 llhr sitzt der König im Arbeitszimmer. Seine Sekretäre be
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
Samstag den 25. Februar 1839
richten ihm über den Posteingang. Am 11.30 llhr beginnen die Audienzen, die in der Regel Mann für Mann IS Minuten dau-
> ern.
! Zum Mittagessen findet sich die Königin mit den Kindern ein.
- Nur selten sind Gäste zum Lunch anwesend. Nach dem Essen spielt der König eine Runde Golf oder Tennis. Nachmittags
! werden ihm die wichtigsten Staatspapiere vorgelegt, in die er
- sich hineinarbeiten muß. Zum Tee werden meist einige intime Freunde der königlichen Familie eingeladen. Einige dieser Freunde bleiben bis zum Diner. Die Prinzessinnen sind inzwischen schon zu Bett gebracht worden. Erst nach dem Diner hat der König Zeit, sich mit privaten Liebhabereien zu beschäftigen.
Der Tagesablauf der Königin ist nicht weniger stark besetzt. Allerdings schläft sie etwas länger als ihr Mann. Ihre Sekretärinnen teilen ihr mit, welche Pflichten im Laufe des Tages zu erledigen sind, Teilnahme an Wobltätiakeitsveranstaltungen,
- Besichtigungen usw. Immer muß die Königin äußerst erfreut sein, wenn ihr ein frischgewaschenes Mädchen einen Blumen- ! strauß überreicht. Diese häufigen Repräsentationen sind natür- I lich keine Annehmlichkeit. Aber sie gehören nun einmal zu dem > Beruf eines Königs, bzw. einer Königin.
! Georg VI. hat übrigens noch immer damit zu tun, seine Rede- ' gäbe, die zu Beginn seiner königlichen Laufbahn recht bescheiden ! war, zu entwickeln. Er hat es allerdings schon erheblich weiter ! gebracht, als man noch vor einem Jahr anzunehmen hoffte. Für ; die Briefmarken seines Vaters hat er allerdings weder Zeit noch Interesse. Die königliche Briefmarkensammlung, deren Wert ^ aus eine Million Pfund Sterling geschätzt wird, wird heute von ^ Spezialisten betreut, die im Aufträge des Sohnes darauf achten, daß das Erbe des Vaters sorgfältig verwaltet und narb Mög- ^ lichkeit vergrößert wird. H. K.
Die politischen Aussprachen im Donauraum
- Dis oft- und südosteuropäische Staatenwelt ist auch hsute, >
> mehrere Monate nach der Münchener Konferenz und dem Wiener Schiedsspruch bunt und mannigfaltig. Die politi- ^ schen Probleme innerhalb dieses Staatengeschiebes haben - sich seitdem auch nur geringfügig vereinfacht. Die veränderte ! Sachlage beeinflußt nur insofern das europäische Gesamt- ! bild, als die südost- und osteuropäischen Probleme nicht mehr s die gleichen akuten Keimstoffe der Gefahr enthalten wie > vorher. Daß indes alle Nationen des Ostens sowie Süd- ^ ostens nach wie vor kräftig an der Lösung offener Fragen, ! an der Beseitigung politischer Spannungen zu Nachbarstaa- ! ten und dem Abbau innerpolitischer Schwierigkeiten arbei- ^ ten, das hat die jüngste Tagung des Valkanbun- > des ebenso erwiesen wie die Kabinettswechsel in ! Belgrad und Budapest. Und wenn in dieser Woche j KrafCianoinWarschau Besprechungen mit Polens ^ Außenminister Beck führt, so darf man auch diesen poliü- ! schen Besuch auf das Konto jener Anstrengungen verbuchen, die Solidarität der Interessen aller östlich der Achse Rom— ^ Berlin liegenden Staaten mit Deutschland und Italien auf einen klaren Nenner zu bringen.
Die Umstellungen in Belgrad und Budapest, die einmal : zu einem Kabinett Zwetkowitsch und zum anderen einem ! Kabinett Teleki führten, waren zwar in erster Linie Aus- ! ; druck innerpolitischer Kräfteverschiebungen. In Ungarn stan- ^ ! den Großagrarier und Juden gegen die Regierung Jmredy ! : und deren Bodenreform-Pläne wie antisemitischen Gesetze ^ s aus. In Jugoslawien führten Gegensätze innerhalb der Re- ^ s gierungspartei über die Lösung der Kroatenfrage zu dem ^
> Regierungswechsel. Außenpolitische Zielsetzungen spielten : in beiden Fällen eine untergeordnete Rolle. Sie stellten ei- !
! gentlich nur eine mehr oder weniger unbeachtliche Begleit- ^
, musik zu den innerpolitischen Kämpfen dar. Anders liegt j s der Fall in Bukareft, in dem in diesen Tagen die vier ! Außenminister des Balkanbundes, also der Grieche Meta- ! xas, der Jugoslawe Linar Markowitsch, der Türke Schüknü s Zarakuglu und der Rumäne Gafencu sich über die Stellung l dieses politischen Verbandes in einem neuen Europa aus- > sprachen. Der Balkanbund tagte zum letzten Mal vor dem Anschluß Oesterreich und der Heimkehr des Sudetenlandes, . also auch vor der praktischen Liquidation der Kleinen En- ! 's tente zwischen der Türkei, Rumänien und Jugoslawien. ^
s Als er vor fünf Jahren ins Leben gerufen wurde, mußte ^ k er als Seitenstück der Kleinen Entente angesehen werden ^ ! Wie der kleine Verband die Einkreisung und Niederhal- j s tung Ungarns zum Ziele hatte, so versuchten sich die Staa- ^ j ten des Balkanbundes durch ihren Zusammenschluß gegen ! l die Revisionsansprüche Bulgariens zu sichern. Der Schiff- ^ bruch der Eedankenaänge, die der Kleinen Entente z'mrund« ^ lagen, ist heute jedermann ersichtlich. Der Balkanbund hat ! dasselbe Schicksal nicht geteilt. Er hütete sich wohlweislich, ; mit den gleichen tönernen Ansprüchen auf eine Großmacht- > stellung aufzutreten und gegenüber Bulgarien in derselben ! Weife zu drohen, wie es die Kleine Entente jahrelang fer- ! iig gebracht hat. Bereits vor den umwälzenden Ereignis- ! sen des Vorjahres gestanden die vier Balkanbundstaaten , 8 ulgariendie Rüstungsgleichheit zu. Jugoslawien hatte ^ schon vorher freundschaftliche Beziehungen zu dem bulgari- s schne Nachbar angebahnt und ausgenommen, sodaß die s Spannungen auf dem Balkan durch freiwillige Beiträge > des Valkanbundes sich von selbst verminderten, in schnei- : j dendem Gegensätze zu den Handlungen der Kleinen Entente, !
> die in der Zeit ihrer praktischen Wirksamkeit fast bis an ! ihr Lebensende Aeußerungen zur Verschärfung der Gegen- ^
s sätze und Heraufbefchwörung von Konflikten tat. !
s Wie aus der diesjährigen Tagung in Bukarest hervor- ! geht, konnte allerdinas trotz der «roßen Umwälzunaen des !
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Weltbild (M).
Das Schild, a« de« man ih« erke«»t Das «eu« Heilpraktiker-Gesetz läßt für Kurpfuscher, die früher durch marktschreierische Reklame viel llnheil anrichteten, keine» Platz mehr. Der wirkliche „Heilpraktiker", wie die Berufsbezeich- nuug heute lautet, wird an dem vom Heilpraktikerbund Deutschlands herausgegebenen Schild zu erkennen sein.
Vorjahres die Spitze gegen Bulgarien nicht völlig aus dem Programm des Bundes verschwinden. Bei aller Bereitwilligkeit Rumäniens, Jugoslawiens, Griechenlands und der Türkei zur Verstärkung der gutnachbarlichen Beziehungen hielten sämtliche vier Außenminister an der Unverletzlichkeit ihrer Grenzen, für die sie im Weltkriege gekämpft haben, fest. Da aber Bulgarien zum mindesten eine R e - vision der Grenzen, soweit sie mit den Volkstumsprinzipien nicht übereinstimmen, nicht aus seinen außenpolitischen Zielsetzungen streichen kann, so bleibt es nach wie vor aus dem Balkanbund ausgeschlossen. Unter anderen Umständen hätte dieser Teil des Bukarests! Ergebnisses auf dem Felde der europäischen Politik mancherlei Rückwirkungen und Verschiebungen zur Folge gehabt. Da aber heute die Gestaltung des europäischen Südostens in ungleich größerer Weise als früher von der Einstellung Deutschlands und Italiens mitbeftimmt wird, so gibt die Bukarests! Entschließung keinen Anlaß zu irgendwelchen unmittelbaren Krisenbefürchtungen, wie sie in früheren Jahren nach derartigen Konferenzergebnissen oftmals an der Tagesordnung waren.
In Warschau endlich treffen Graf Ciano und Oberst Beck als Wortführer der politischen Zielsetzungen zweier Staaten zusammen, die nach Deutschland das größte Gewicht in die Waagschale zur Bereinigung der mitteleuropäischen Probleme werfen. Zweifellos kommt deshalb dem Ciano-Vesuch in Polen eine ungleich größere Bedeutung zu als den Verlautbarungen von Bukarest. Polen und Italien haben in gleicher Weise Interesse an einer Stabilisierung der innerpolitischen Verhältnisse in Ungarn und Jugoslawien. Sie gehören beide zu jener Gruppe von Nationen, deren Ansprüche auf kolonialen Besitz und auf eine vernünftige Vereinbarung über die Rohstoffragen trotz wiederholter Forderungen bisher unerfüllt geblieben sind. Schließlich spielt für die italienische Politik als Partner der Achse Berlin—Rom auch eine große Rolle, welche Bindungen zwischen Polen und Frankreich für den Fall eines internationalen Konfliktes entstehen. So reichen die kommenden Warschauer Gespräche über das Gebiet mittel- und südosteuropäischer Fragen weit hinaus. Ganz besonders auch deshalb, weil Außenminister Beck in Kürze die Belange Polens auf einer England-Reise vertreten will.
Sin Tag Lei einer Tnfanlerie-Kompanie
Es ist 10 Minuten vor 6, als ich über den weiten Hof der Kasernengebäude des 1. Bataillons zum Revier der 1. Kompanie gehe. Noch liegt alles in friedlichem Dunkel da. Fast freundlich schimmert über dem Eingang zu den Räumen der 1. Kompanie die elektrische Lampe. Ich trete in den Flur. Zum ersten Male seit langer Zeit umfängt mich wieder der unbestimmbare und doch so charakteristische Geruch der Kaserne. Trotzdem, er ist nicht mehr derselbe wie vor 25 Jahren, zu „meinen" Zeiten. Der FliesenLelag der Fußböden, die Hellen, hohen Fenster, die Zentralheizung, die freundliche Bauweise haben ihm das Dumpfe genommen, das ihm früher unbedingt anhaftete. Und doch, so riecht es nur, wo Soldaten wohnen. — In dem Flur über mir höre ich die festen, gleichmäßigen Schritte des Uvaudee (von militärischen Säuglingen auch „Unteroffizier vom Dienst" genannt). Im Klange seiner Stiefel wandern meine Gedanken zurück zu jenen Tagen im August und September 1914, als wir, die kriegsfreiwillige Jugend Deutschlands, die Kasernen im weiten Reiche füllten. Als wir solange Soldat waren wie die Rekruten, die wir heute in der Ausbildung sehen sollen, da war der Tod von Flandern schon über uns hinweggegangen. Da waren die — Ueberlebenden schon „alte Krieger" geworden... „Aufstehen" schlägt es plötzlich wie ein Hammer in meine Gedanken. Ich sehe eine Sekunde im Rahmen einer Tür die straffe Gestalt des Uvaudee. Das Schauspiel wiederholt sich von Stube zu Stube, den ganzen Flur entlang, ergreift den zweiten und dritten Stock, die ganze Kompanie. Mit der Ruhe und dem Frieden der nächtlichen Kaserne ist es nun vorbei, den« mit dem Wecken beginnt auch der Dienst. Und schon kommen aus den einzelnen Stuben, in Hose und Stiefeln, aber mit bloßem K" rkörper, die großen, kräftigen Gestalten der Männer der 1.
panie — in der Hand die Seifenschale und das Zahnputzzeug, das Handtuch lose um den Hals geschlungen. Ja, so gut hatten wir es damals noch nicht. Eigene Waschräume waren uns noch keine Selbstverständlichkeit, und von einer Zentralheizung hätten wir noch nicht einmal zu träumen gewagt. Aber schon ist der Uvaudee bei seinem zweiten Durchgang. „Stube Triberg alles gesund" schallt es ihm entgegen. Äha, auch neu! Unsere Stuben hatten damals nur Nummern. Heute aber haben bei vielen Regimentern die Stuben Namen von Städten, Ortschaßten usw., die mit der Regimentsgeschichte irgendwie im Zusammenhang stehen.
Jetzt treten die Kaffeeholer an. Die Kannen kenne ich- Die gab es vor 25 und wahrscheinlich auch schon vor 50 Jahren. „Das nennen Sie sauber" höre ich die Stimme des Uvaudee grollend wie ein heraufziehendes Gewitter, „das ist ja —" Ja. den Ton kenne ich auch, der ist sogar noch älter als die blechernen Kaffeekannen. Aber der Unteroffizier hat recht, Sauberkeit und Reinlichkeit sind die Grundvoraussetzungen eines geordneten Zusammenlebens. Gerade die Erziehung dazu ist eine der wichtigsten für das ganze Leben. Mit strammer Kehrtwendung zieht der „Sünder" ab, um die Kanne nochmals zu reinigen, „begeistert" begrüßt auf der Stube von den Kameraden. Denn diese bekommen nun den Kaffee als letzte. Möglicherweise werden sie sogar noch im letzten Augenblick schnell einen Becher voll mit dem Stahlhelm auf dem Kopfe Herunterstürzen können. Denn bis zum Antreten ist noch viel zu erledigen. Kaum sind die Frühportionen empfangen — es gibt ein mächtiges Stück Wurst zu dem guten Kommißbrot —, schrillt die Pfeife des Uvaudee schon wieder. Der Flurdienst tritt in Aktion. Inzwischen sind auch die Betten „gebaut", die Stuben ausgefegt. Jetzt heißt es