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Nagolder Tagblatt .Der Sesellschafter"
Mittwoch, den IS. Februar 1939
2m Hechtsprung abwärts
Unvergleichlich schön ist dieses Bild der zahllosen geöffneten Fallschirme, die wie kleine wertze Lämmerwölkche» am blaßblauen Februarhimmel schwimmen und langsam zur Erde niederfallen. In wenigen Sekunden haben die zwölf Männer die Maschine verlassen. So wie sie es in langer, mühevoller Ausbildung gelernt haben, standen die Fallschirmschützen „fertig zum Absprung" in der Tür des Flugzeuges, das mit einer Geschwindigkeit von 16V Kilometer durch die Lüfte rast. Hart schlägt ihnen der Fahrtwind ins Gesicht. 2n Startstellung steht der erste Springer in der offenen Tür, den Blick zum äußeren Rand der Tragfläche gerichtet, die Hände um die Handgriffe geklammert, die Füße, die in besonderen hohen Schuhen mit dicken Gummisohlen stecken, gegen den Boden gepreßt, um dem Druck und dem Reiße« des Fahrtwindes standzuhalten. Da, ein leichter Schlag — das Signal zum Aussteigen —, und jetzt schießt der Körper in die Tiefe. Fast waagerecht schnellt der Mann hinaus, die Reitzleine des automatischen Fallschirms, die im Innern des Flugzeuges befestigt ist, reißt den Schirm auf Der Motorenlärm versinkt, die Eindrücke verwischen sich. Zwanzig, dreißig Meter stürzt der Mann in die Tiefe, und jetzt reißt der Entfaltungsstoß des sich öffnenden Schirms den Fallschirmschützen wieder in die senkrechte Lage. Langsam schwebt er nach unten.
So ist es jedem der 24 Fallschirmschützen, die vor wenigen Sekunden im Reihenabsprung zu je zwölf Mann die Maschinen verlassen haben, ergangen und so haben die vielen tausend Mann, die in den vergangenen Jahren bereits als Fallschirmschützen ausgebildet wurden, ihre Absprünge erlebt. Sekunden erst find vergangen, seit die Männer die Flugzeuge verlassen haben. Unendlich klein scheinen die Bäume und Buschgruppen. Mit kräftigen rudernden Beinbewegungen drehen sich die Fallschirmschützen „in den Wind", schweben langsam zur Erde. Größer werden die Bäume. Noch 50, 40 Meter schweben die Schützen über dem Boden, nähern sich zusehends, Sträucher huschen vorüber: Jetzt kommt die Landung! Den Körper völlig gelockert, die Beine zusammengenommen, die Füße fest aneinandergepreßt, hat der Fallschirmschütze den Aufprall erwartet, ihn federnd in den Knien, Hüsten und Fußgelenken abgefangen und jetzt — Rolle vorwärts — schon steht er wieder auf den Beinen, unterläuft seitlich die sich bauschende seidene Halbkugel und nimmt damit dem Schirm den Wind. Leise rauschend fällt die weiße Seid« in sich zusammen.
Nach zwei Minute» einsatzbereit
Blitzschnell wird das Eurtenzeug heruntergerissen, der Schirm bleibt liegen: Auf, Marsch, Marsch, zur Sammelstelle. Kaum zwei Minuten find vergangen, seit die 24 Fallschirmschützen aus den beiden „Ju 52" „ausgeftiegen" find, da stehen sie angetreten und ausgerichtet auf dem Platz, bereit zum weiteren Einsatz.
Für den jungen Soldaten, der sich freiwillig zur Fallschirmtruppe meldete — in das Fallschirmjägerregiment 1 werden nur Freiwillige eingestellt — bedarf es bis zum ersten Absprung einer sorgfältigen und eingehenden Vorbereitung, in der all die Schwierigkeiten und Eefahcenmomente des Absprungs vorher geübt, gedrillt und immer wieder so lange geprobt werden, bis der werdende Fallschirmschütze fast mechanisch die richtigen Griffe ausführt. Eigenartig konstruierte Geräte und Maschinen bergen die Hallen der Fallschirmschule Stendal. Alle dienen sie dazu, den jungen Soldaten auf den Augenblick des ersten Absprungs vorzubereiten. In einer der großen Flugzeughallen des Horstes, die heute Ausbildungshalle der Schule ist, wird geübt. In der besonderen Sprungkleidung — bestehend aus der knöpfelosen Sprungbluse, Skimilitärhose und hohen Stiefeln aus weichem Leder, das sich an das Fußgelenk anschmiegt, und dicken Gummisohlen — stehen die Männer vor den verschiedenen Geräten angetreten. Falliibungen auf den großen gepolsterten Matten, die die Gelenkigkeit und Reaktionsfähigkeit der Männer fördern und das richtige Verhalten beim Aufprallen auf dem Boden lehren sollen, gehören ebenso zum täglichen Brot, wie das Springen von der etwa anderthalb Meter hohen Absprungleiter. An einer drehbaren Aufhängevorrichtung wird die Beinarbeit — wichtig für das „Drehen in den Wind" — geübt und durch Ausklinken aus geringer Höhe wird die Landung geübt. Schnell hat es der Fallschirmschütze heraus, daß Hände, Schultern, Rücken und Knie zu den unempfindlichsten Körperstellen gehören unv daß sie beim ! Aufprall auf dem Boden benutzt werden müssen. s
Theorie mit dem „Windesel" !
Draußen auf dem Platz steht ein seltsames Flugzeug, ohne ! Tragflächen. Ein Flugzeugrumpf mit laufendem Motor ist hier verankert, dessen rasender Propeller den „Vodenwind" herstellt,
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Klar heitere GeWchte um Liede und Jagd in und um München von Hans Wagner
Urbeberrechtsschutz durch Verlagsanstali Manz. Regensburg. 25. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
VII.
Zwei unglückliche Menschen gab es in dieser Nacht. Ruhelos trieb es sie von Ort zu Ort. Der eine war der Herr Assessor. Der Papagei, ja wie konnte der Papagei die peinliche Sache mit der in der Schonzeit erlegten Häsin wissen, die er zu allem Unglück auch noch für einen Rehbock gehalten hatte? Wie konnte er es nur wissen?
Aber: Wissen, war das überhaupt das richtige Wort? Wissen kann so etwas ein Vogel nicht, es sei denn, er hätte an jenem Jagdtag auf der großen Eiche gegenüber der Kanzel gesessen, von der aus er geschossen hatte. Jemand anders mutzte es ihm eingelernt haben, mutzte es ihm sorgfältig einstudiert haben, und zwar — so folgerte sein geschulter Verstand — derart, daß der Papagei mit seiner Indiskretion gerade dann herausplatzte, wenn ihm das Stichwort ,Bock' gegeben wurde.
Das Stichwort sprach ja am heutigen Abend die Frau Huber aus, die mit einem recht verdächtig erscheinenden Eifer auf das Thema Jagd zugesteuert war. Also mutzte die Frau Huber, allein oder mit ihrer Tochter, denn nur von dieser hatte die Mutter Kunde von dem Jagdpech erhalten können, den Vogel abgerichtet haben.
Der Gatte schied von vornherein aus, denn der durfte schon wegen der Aussicht auf die Provision, die für ihn bei einem Eutsverkauf herausspringen würde, kein Interesse daran haben, ihn zu kränken. Die peinliche Ueberrafchung mutzte also von den beiden Frauen, vielleicht auch nur vom Hannerl, vorbereitet worden sein. Und ob nun die Frau Huber beteiligt war oder nicht, das Hannerl mutzte auf Zeden Fall seine Hand im Spiel gehabt haben.
der Schleifübungen mit dem Fallschirm möglich macht, bei denen der Fallschirmschütze lernt, wie er bei der Landung wieder auf die Beine kommt, den Schirm unterläuft und zum Einfallen bringt. „Windesel" hat der Humor der Fallschirmschützen diese». Flugzeugrumpf getauft. Springen aus der offenen Tür von alten Flugzeugrümpfen, die in verschiedene Hallen eingebaut wurden, dient dazu, dem werdenden Schützen die letzten Einzelheiten für den Augenblick des Sprungs aus dem Flugzeug klarzumachen und ihn auch in all den kleinen Aeußerlnhkeiten schon in die gleiche Umgebung zu stellen, die er im Flugzeug selbst haben wird.
Die Hauptsache: Der Fallschirm
Sorgfältigste Pflege erfordert der Fallschirm, den jeder — der jüngste Fallschirmschütze ebenso wie der erfahrene Mann des Erprobungszuges oder der Offizier — selbst packt, denn der Schirm entscheidet letztlich den Erfolg des Absprungs. „Der Tod lauert in der Packtasche", sagt uns der Kommandeur der Fallschirmfliegerschule Stendal, Major Reinberger, und es mag ein Zeichen für die gute Ausbildung und die sorgfältige Vorbereitung der Fallschirmschützen auf ihren Dienst sein, daß dieser lauernde Tod in der Fallschirmschule Stendal noch nicht Gelegenheit zum Zupacken hatte. So ist es verständlich, daß der Fallschirmschütze beim Packen des Fallschirms Zeit zur Genüge hat. Schafft er es in einem Vormittag, so ist es gut. Braucht er den Nachmittag auch noch dazu, dann schadet es gleichfalls nicht. Hier wird nicht getrieben und gehetzt, denn der Fallschirmschütze muß Vertrauen in seinen Schirm haben, wenn er springen soll. Auf langen Tischen werden die Schirme — automatische Fallschirme, die sich nach langen Versuchen am besten bewährten — gepackt und vor dem Packen sorgfältig überprüft. Bahn für Bahn des Seidenschirmes wird untersucht, die Fangleinen „klar" gemacht und schließlich unter Mithilfe eines Kameraden der Schirm vom Springer selbst gepackt.
Rur sSr Freiwillige
Jung, sehr jung ist diese Waffengattung, die am Erntedank- tag 1936 zum erstenmal am Bückeberg mit Reihenabsprüngeu vor die deutsche Öffentlichkeit trat Im Herbst 1935 wurde der Befehl zum Aufstellen eines Fallschirmbataillons aus dem Regiment „General Eöring" gegeben. Der erste Lehrgang für Fallschirmschützen, die sich freiwillig gemeldet hatten — wie auch heute noch Freiwilligkeit Grundsatz für den Dienst in der Fallschirmtruppe ist —, fand in der fliegertechnischen Schule in Neukölln statt, nachdem die werdenden Fallschirmschützen in Jüterbog erste Eindrücke von den ihnen gestellte» Aufgaben erhielten. Hier wurden ihnen Filme von den Fallschirmtruppen fremder Mächte vorgeführt und schließlich der Fallschirmabsprung eines Verufs- fallschirmspringers. Nach dem Abschluß des ersten Lehrgangs im Juli 1936 ging die Ausbildung schneller voran, und ab 1. Januar 1937 wurde aus den Lehrgängen die Schule in Stendal aufgebaut, die jedoch schon in Kürze nach Wittstock an der Dosse umziehen wird, wo neue Räume für die Fallschirmspringer warten.
Waffendienst für ganze Kerle
Auch die Bekleidung der Fallschirmspringer wurde hier in der Schule entwickelt und hat sich jetzt nach viele« Tausenden von Sprüngen immer wieder bewährt. Bandagen um Knie und Fußgelenke schützen diese gefährdeten Gelenke gegen Zerrungen. Ein Erprobungstrupp, der als Stammannschaft der Schule die Erprobung aller Neuerungen vornimmt, hat einen wesentlichen Anteil an der Entwicklung dieser kleinen, aber schlagfertigen Waffengattung unserer Wehrmacht. In Sumpfgelände, über Flüssen und Seen, in Wäldern und im Gebirgen sprangen die Männer des Erprobungszuges ab und schufen so die Möglichkeiten zu immer neuem Einsatz. Ein Oberleutnant und ein Unteroffizier ! der Fallschirmschule Stendal halten die Höchstleistung an Fall- j schirmabsprüngen mit je 48 Absprüngen.
Die Fallschirmschützen selbst, die nach ihrer militärischen Grundausbildung zur Schule nach Stendal kommen, haben im Laufe der Fallschirmausbildung sechs Absprünge durchzuführen, davon einen in der Dämmerung und einen mit anschließendem Schulschießen, damit der Schütze sich daran gewöhnt, nach dem Fall- , schirmabsprung sofort gefechtsmäßig eingesetzt zu werden. Denn ! der Sprung selbst bringt ihn ja erst auf das Eefechtsfeld, auf dem er wirken und kämpfen soll.
Der taktische Einsatz der Fallschirmschützen ist von unerhörter Vielseitigkeit, wenn man überlegt, wie störend und entscheidend sie auf die rückwärtigen Verbindungen oder wichtige Anlagen des Gegners wirken können. Hier ist ihnen ein weites Feld der Betätigung gegeben, auf dem sie beweisen können, daß sie wirkliche Soldaten mit schneller Entschlußkraft, und Kühnheit sind.
Wenn je für eine Truppe, so gilt für die Fallschirmschützen das Wort Friedrichs des Großen: Je mehr Kniffe ihr anwendet, desto mehr Vorteile werdet ihr über den Feind haben.
H. Staake.
Slratzenriwver zum Tobe verurteilt
1»-JSHriger stellt Autofalle
Königsberg, 13. Febr. In Riesenburg (Westpreußen) fand dir Verhandlung des Elbinger Sondergerichtes gegen den 19jährigen Walter Porsch aus Eunthen statt. Die Anklage warf Porsch das Stellen einer Autofalle, Transportgefährdung sowie versuchten Mord vor. Der Angeklagte hatte in der Nacht vom 31. Januar zum 1. Februar auf der Straße Riesenburg—Marienburg mit einer Eisenkarre und Strauchwerk eine Autofalle gestellt, weiter durch Heranwälzen eines fast vier Zentner schweren Betonblockes auf die Schienen der Eisenbahn Menschenleben und Transportmaterial gefährdet. Er hatte die Absicht, Menschen zu töten, um diese dann zu berauben. Durch die umsichtige Arbeit, des Marienburger Vahnschutzes konnte jedoch der Angeklagte erkannt und verhaftet werden. Glücklicherweise kam es auch nicht zu dem beabsichtigten Unglück. Beweisaufnahme und Sachverständigengutachten ergaben, daß bei weniger glücklichen Umständen unübersehbares Unheil angerichtet worden wäre. Die Autofalle war raffiniert hergestellt, und auch das Eisenbahnattentat hätte zur Entgleisung eines Personenzuges geführt, wenn nicht zufällig der Betonblock noch neu, also verhältnismäßig weich gewesen wäre. So zerschnitt der Zug den Block, ohne ernste Beschädigungen davonzutragen. Nach fast dreitägiger Verhandlung wurde um Mitternacht vom Sonntag zum Montag das Urteil verkündet. Porsch wurde wegen Verbrechens des Straßenraubes mittels Autofalle und versuchten Mordes zum Tode, wegen Verbrechens der Eisenbahntransportgefährdung in besonders schwerem Falle und Tateinheit mit versuchten Mordes zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt, weiter zu lebenslänglichem Ehrverlust und zur Tragung der Kosten des Verfahrens. Zulässigkeit der Polizeiaussicht wurde ebenfalls anerkannt.
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Programm des Reichssenders Stuttgart
Donnerstag, IS. Februar: 6.00 Morgenlied, Zeitangabe, Wetterbericht, Wiederholung der 2. Abendnachrichten. Landwirtschaftliche Nachrichten, 6.15 Gymnastik, 6.30 Frühkonzert, Früh- nachrichten, 8.00 Wasserstandsmeldungen, Wetterbericht, Marktberichte, 8.10 Gymnastik, 8.30 Ohne Sorgen jeder Morgen, 9.20 Für Dich daheim, 10.00 Volksliedsingen, 11.30 Volksmusik und Bauernkalender mit Wetterbericht, 12.00 Mittagskonzert, 13.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetterbericht, 13.15 Mittagskonzert, 14.00 „Zur Unterhaltung", 16.00 Musik am Nachmittag. 18.00 Aus Zeit und Leben, 19.00 „Was wir gerne hören", 19.45 Hermann Stehr, der Schlesier, 20.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes. 20.15 „Unser singendes, klingendes Frankfurt". 22.W Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetter- und Sportbericht, 22.30 Volks- und Unterhaltungsmusik, 24.00 Nachtkonzert.
Freitag, 17. Februar: 6.00 Morgenlied, Zeitangabe, Wetterbericht, Wiederholung der 2. Abendnachrichten, Landwirtschaftliche Nachrichten, 6.15 Gymnastik, 6.30 Frühkonzert, Frühnachrichten. 8.00 Wasserstandsmeldungen, Wetterbericht, Marktberichte, 8.10 Gymnastik, 8.30 Morgenmustk, 920 Für Dich daheim. 10.00 Kartoffeln gehören in den Keller?, 10.30 Fröhliches Turnen, 11.30 Volksmusik und Bauernkalender mit Wetterbericht, 12.00 Mittagskonzert, 13.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes. Wetterbericht, 13.15 Mittagskonzert, 14.00 Zauber der Stimme. 16,00 Und nun klingt Danzig auf!, 17.00 „Zum 5-Uhr-Tee", 18.00 Aus Zeit und Lehen, 19.00 Konzert für Cello, B-dur, 19.15 „Dre Fledermaus", dazwischen um 20 Uhr Nachrichten des Drahtlosen Dienstes. 21.45 Jan Steurs und sein Musette-Orchester, 22.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetter- und Sportbericht und württembergische und badische Sportvorschau, 22.30 Musik zur Unterhaltung und zum Tanz, 24.00 Nachtkonzert.
Samstag, 18. Februar: 6.00 Morgenlied, Zeitangabe, Wetterbericht, Wiederholung der 2. Abendnachrichten, Landwirtschaftliche Nachrichten, 6.15 Gymnastik, 6.30 Frühkonzert, Frühnachrichten, 8.00 Wasserstandsmeldungen, Wetterbericht, Marktberichte, 8.10 Gymnastik, 8.30 Morgenmusik. 9.20 Für Dich daheim. 10.00 Kaspar Storm. 11.30 Volksmusik und Bauernkalender mit Wetterbericht, 12.00 Mittagskonzert, 13.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes. Wetterbericht, 13.15 Mittaqskonzert. 14.00 Bunte Volksmusik. 15.00 Gute Laune!, 16.00 Der frohe Samstagnachmittag. 18.00 „Tonbericht der Woche", 19.00 Operettenreigen, 20.00 Nachrickiten des Drahtlosen Dienstes, 20.10 Fantasie in Moll, 22.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetter- und Sportbericht, 22.30 Tanzmusik, 24.00 Nachtkonzert.
So war also das Hannerl! War es da, trotz der Kränkung die ihm widerfahren war, nicht doch ein Glück, daß der Papagei gesprochen hatte? Oeffnete er ihm durch sein Eingreifen in die Unterhaltung nicht die Augen und bewahrte ihn so vorsorglich vor einer falschen, boshaften Frau und einer intriganten Schwiegermutter? —
Immerhin, verdorben war der heutige Abend auf jeden Fall. Was sollte er noch beginnen? Die Freunde wußte er nicht zu erreichen, auch fehlte ihm alle Stimmung, ihre lustige Gesellschaft zu ertragen. Und schon ins Hotel gehen? Dazu war es denn doch noch zu früh. Ein Kaffeehaus? Die waren um diese Zeit meist schon alle besetzt, das wußte er von früheren Besuchen, und heute hätte er auch am Konzert keine Freude gehabt. Also dann ein Bierlokal, aber welches?
! So wanderte der arme Walter ziellos durch die Straßen der Stadt München. Der Zufall führte ihn auf den Marienplatz. „Hackerbräubierhallen" las er über einer Wirtschaft und ging aufs Geratewohl in das Lokal, fand einen ruhigen Platz und bestellte sich eine Halbe.
Das Bier mundete ihm besser als er es bei seiner niedergeschlagenen Stimmung erwartet hatte, ja es besserte sich seine Laune sogar, so daß er bei der nächsten oder übernächsten Halben schon an eine große Kalbshaxe heranging und : sie mit Appetit verzehrte. Früher hatte er eine solche als ein barbarisches Gericht, etwa für Lohnkutscher und Dienstmänner geeignet, aber nicht für den Freund erlesener Küche, gering geschätzt, vielleicht auch nur wegen des Wörtleins ,Haxe', das ihm bisher einen gar zu unästhetischen Klang zu haben schien.
Und während der Gastgeber von vorhin der Ansicht war, der Herr Doktor müsse furchtbar erbost und beleidigt i fein, vergaß dieser mit der steigenden Anzahl der genossenen Halben immer mehr das peinliche Geschehen, ja er fühlte sich ein wenig frei und erlöst, weil nichts ihm die Ueber- i zeugung zu rauben vermochte, daß ihm durch den lapidaren i Ausspruch des bunten Vogels vielleicht viel Enttäuschung, i Ärger und Unfrieden in der Zukunft erspart blieb. 2a,
wenn er einem dankbar sein mutzte, dann dem Jockl, dem Papagei. Darum weihte er ihm im Geiste auch die schäumende Blume der sechsten Halben.
Mit einem tiefen Gefühl der Dankbarkeit für die Freundschaftstat des buntgefiederten Gesellen machte er sich hernach auf den Heimweg ins Hotel, denn es kam ihm allmählich so vor, es wäre an der Zeit, mit dem Zechen ein Ende zu machen.
Auf der Straße sah er einen rundlichen Herrn vor sich herspazieren, er hätte ihm kaum Aufmerksamkeit gezollt, wenn er nicht im Augenblick des Überholens ein paar Worte aufgefangen hätte aus einem Gespräch, das der rundliche Herr mit sich selber führte. „Der Jockl, dös Luader," hörte der verblüffte Herr Assessor, „aber wart nur, wann i hoam kimm!" Da wurde er gewahr, daß es auch den Herrn Huber daheim nicht gelitten hatte.
Der Herr Alois Huber hatte ja eigentlich in sein Stammlokal gehen wollen, weil er aber feine Spezln nicht antraf, trank er dort nur eine Matz und brach wieder auf. Dann ließ er sich noch in der und jener Wirtschaft sehen, wo er hoffen konnte, ein paar Bekannte zu treffen. Aber es schien, als wenn sie alle den vom Unglück verfolgten Mann meiden würden. >
Der Herr Assessor hatte sich ja mit Hilfe der nötigen Quantität Hackerbräu das seelische Gleichgewicht wieder zu verschaffen gewußt. Und da mutzte ihm nun der Herr Huber in den Weg kommen! Sollte er ihn ignorieren? Aber nein, der arme Mann wußte sicherlich vorher nichts von der Bosheit von Frau und Tochter.
Man hatte ihm ja vorhin die Bestürzung über die Einmengung des Papageis zu deutlich vom Gesicht ablesen können. Und der Zustand beginnender alkoholischer Umnebelung, in dem er sich jetzt unverkennbar befand, der kam sicher nur daher, daß der Herr Huber seinen Ärger hätte hinunterschwemmen müssen, genau so wie er selber es tun mutzte, konnte also als der beste Beweis für die völlige Unschuld des Herrn Huber gelten.
(Fortsetzung folgt.)